Typisches Verhalten und Symptome bei Magersucht (Anorexia Nervosa)

Anorexia nervosa ist gemeinhin auch unter dem Namen Magersucht bekannt. Essstörungen wie Anorexie, Bulimie, Binge-Eating-Störung oder andere Formen von gestörtem Essverhalten sind ernstzunehmende psychische Erkrankungen, die eine individuelle Betreuung durch qualifizierte Fachkräfte erfordern. Hierbei handelt es sich um ernstzunehmende psychosomatische Erkrankungen, die durch Verhaltensstörungen rund um das Essen gekennzeichnet sind. Essstörungen können langfristige körperliche und psychische Schäden nach sich ziehen.

Was ist Magersucht?

Magersucht (Anorexie oder Anorexia Nervosa) ist eine Essstörung, bei der Menschen, die diese Erkrankung haben, meist sehr wenig essen oder Nahrung gänzlich verweigern. Dadurch nehmen sie sehr viel an Gewicht ab, wodurch meist ein starkes Untergewicht entsteht.

Von Anorexia nervosa betroffene Menschen besitzen eine verzerrte Einstellung gegenüber Nahrungsaufnahme, Lebensmitteln und ihrem Körpergewicht. Sie verweigern weitgehend das Essen und schränken die Nahrungszufuhr strikt ein, wodurch ein Gewichtsverlust herbeigeführt wird. Um möglichst viel abzunehmen, treiben viele Betroffene bis zur totalen Erschöpfung Sport, erbrechen absichtlich oder nehmen Medikamente, die abführend wirken oder Hunger unterdrücken. Dadurch nimmt der Körper kaum noch Nährstoffe auf. Dann kommt es oft zu einer Mangelversorgung und auf diese Weise zu körperlichen Beschwerden.

Bei dieser Erkrankung handelt es sich um eine Körperschema-Störung. Der eigene Körper wird verzerrt wahrgenommen und Betroffene erleben starke Ängste vor Gewichtszunahme. Magersucht zählt außerdem zu den psychiatrischen Erkrankungen. Viele Menschen, die mit einer Magersucht leben, haben große Angst davor zuzunehmen und/oder dick zu sein. Sie selbst fühlen sich meist nicht so dünn, wie sie es gerne wären. Oft verspüren sie einen Zwang Gewicht zu verlieren. Dabei ist dieses Gefühl unabhängig vom tatsächlichen - meist schon geringen - Körpergewicht.

Magersucht tritt sowohl bei Männern als auch bei Frauen auf, wobei Frauen etwa zehnmal so häufig eine Magersucht entwickeln. Das Risikoalter, in dem es am wahrscheinlichsten ist, an Magersucht zu erkranken, liegt zwischen 15 und 35 Jahren.

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Formen der Magersucht

Die Erkrankung kann in zwei unterschiedlichen Ausprägungen vorliegen:

  • Einerseits als restriktiver Typ, wobei Erkrankte keine Essanfälle erleiden und auch kein abführendes Verhalten praktizieren. Der Restriktive-Typ erreicht den Gewichtsverlust bzw. die fehlende Gewichtszunahme durch Essensverweigerung, Meidung von kalorienreichen Speisen und/oder exzessivem Bewegungsverhalten.
  • Andererseits kann es im Rahmen der bulimischen Ausprägung bei Betroffenen zu Essanfällen kommen. Beim Binge-purging-Typ wird durch Erbrechen oder den Gebrauch von Abführmitteln bzw. entwässernden Medikamenten versucht das Gewicht zu reduzieren.

Typische Symptome der Magersucht

Magersucht ist vor allem durch ein starkes Untergewicht charakterisiert. Laut Definition wird dann von Untergewicht gesprochen, wenn der Body Mass Index (BMI) unter 18,5 liegt. Beim BMI handelt es sich um einen Kennwert, der Gewicht und Körpergröße in Zusammenhang beurteilt. Der BMI wird nicht als alleiniges Diagnosekriterium für Magersucht verwendet, dient jedoch häufig als objektives Maß für Untergewicht. Bei der Bestimmung, ob jemand untergewichtig ist oder nicht, dient der Body-Mass-Index (BMI) als wichtigstes Instrument.

Untergewicht führt meistens zu einer Reihe verschiedener körperlicher Symptome.

Weitere Symptome die auftreten können sind:

  • Gestörte Regelblutung, bzw. Ausbleiben der Regelblutung (Amenorrhö) bei Frauen. Dieser Begriff bezeichnet das Aussetzen von mindestens 3 aufeinanderfolgenden Regelblutungen. Aufgrund des Untergewichts kommt es zu einer hormonellen Störung - es wird zu wenig Östrogen ausgeschüttet, was zum Ausbleiben der Regelblutung führt.
  • Haarausfall oder Lanugo-Behaarung: Lanugo-Behaarung beschreibt einen Flaum unpigmentierter (farbloser) Haare, vor allem an den Unterarmen.
  • Bradykardie (langsamer Herzschlag)
  • Niedriger Blutdruck (Hypotonie)
  • Erhöhter Blutzuckerspiegel (Hyperglykämie)
  • Ödeme
  • Osteoporose

Starkes Untergewicht kann unter anderem zu Schlafstörungen, Mangeldurchblutung und bei Frauen zum Ausbleiben der Regelblutung führen. Als Folge kann es bei Frauen zum Ausbleiben der Regelblutung, bei Männern zu Libido- und Potenzverlust kommen. Im längerfristigen Verlauf können Symptomen wie Herzkreislaufprobleme, Blutarmut (Anämien), Störungen der Immunabwehr und hormonelle Störungen auftreten.

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Magersucht wirkt sich häufig auf den gesamten Körper und dessen Organe aus. Vor allem entstehen oftmals Leber- und Nierenschäden, da diese Organe als erstes versuchen, den Nährstoffmangel auszugleichen. Zusätzlich wirkt sich Magersucht oft auch auf die Psyche aus. In den meisten Fällen fühlen sich Menschen, die Magersucht haben, in ihrem Körper nicht wohl und haben ein geringes Selbstbewusstsein. Häufig führt dies dazu, dass sie sich aus ihrem sozialen Umfeld zurückziehen und Familie wie auch Freunde und deren Hilfe von sich stoßen. Einige entwickeln Depressionen, Angststörungen und Zwangsstörungen.

Verhaltensweisen bei Magersucht

  • Betroffene einer Magersucht (Anorexie) halten sich aufgrund einer verzerrten Selbstwahrnehmung bzw. einem gestörten Körperselbstbild für viel zu dick. Obwohl Betroffene stark untergewichtig sind, haben sie große Angst davor, Gewicht zuzulegen, dick oder übergewichtig zu werden.
  • Um Gewicht zu verlieren, wenden die Betroffenen verschiedene Strategien an. Fettreiche und kalorienhaltige Lebensmittel werden vermieden. Auch gemeinsame Mahlzeiten werden gemieden, dabei fühlen sich die Betroffenen häufig unter Druck gesetzt.
  • Die eigene Körperwahrnehmung in Hinblick auf Gewicht, Größe und Form ist gestört. Die Betroffenen empfinden sich oder bestimmte Körperteile als zu dick, obwohl sie stark untergewichtig sind.
  • Vortäuschen zu essen, z.B. Ignorieren bzw. Verstecken der Konturen des Körpers, z.B. weite Kleidung tragen.
  • Häufige Ausreden, um Mahlzeiten auszulassen (z.B. kein Hungergefühl, bereits gegessen).
  • Übertriebene sportliche Aktivität, jede Gelegenheit wird genutzt um sich zu bewegen (v.a. Ausdauersport).

Ursachen und Risikofaktoren

Fälle von Magersucht sind bereits seit dem 17. Jahrhundert dokumentiert, dennoch sind die Ursachen bis heute nicht ganz geklärt. Unter Essstörungen versteht man Verhaltensstörungen im Zusammenhang mit der Nahrungsaufnahme, die auf eine Kombination verschiedener Ursachen (multifaktoriell) zurückzuführen sein können. Psychische Faktoren spielen dabei oft eine zentrale Rolle, können jedoch durch biologische, soziale und kulturelle Einflüsse verstärkt oder ergänzt werden. Essstörungen sind komplexe Erkrankungen mit multifaktoriellen Ursachen, weshalb in der Diagnose und Behandlung stets systemorientiert vorgegangen werden muss.

Ob eine Person besonders anfällig dafür ist, magersüchtig zu werden, hängt zu Teilen von der genetischen Veranlagung ab. So werden verschiedene Gene, die zum Beispiel bestimmte Charaktereigenschaften bestimmen oder den Hormonstoffwechsel beeinflussen, vererbt. Auch Grunderkrankungen erhöhen die Wahrscheinlichkeit an Magersucht zu erkranken. Zum Beispiel sind Menschen mit Diabetes mellitus Typ 1 eher von Magersucht betroffen als Menschen ohne diese Erkrankung. Außerdem wird bei Magersucht das Belohnungssystem im Gehirn aktiviert, wenn lange Zeit gefastet wird. Dadurch laufen ähnliche Reaktionen im Gehirn ab, wie sie auch bei Suchterkrankungen ablaufen.

Mögliche Ursachen bzw. begünstigende Faktoren sind unter anderem ein niedriges Selbstwertgefühl, private Probleme und perfektionistische Tendenzen.

Weitere Risikofaktoren sind:

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  • Erziehung: Wenn es in der Kindheit viele Regeln bezüglich Essgewohnheiten gab, steigt dadurch oft das Risiko magersüchtig zu werden.
  • Persönlichkeit: Verschiedene Charaktereigenschaften tragen dazu bei, ob eine Magersucht entsteht oder nicht. Magersüchtige Personen sind oft sehr ehrgeizig und starrköpfig.
  • Gesellschaft: Oft wollen Magersüchtige einem bestimmten Schönheitsideal entsprechen, das in der Gesellschaft allgemein weit verbreitet ist. Fragwürdige Schönheitsideale und hoher gesellschaftlicher Druck haben in den letzten Jahrzehnten leider dafür gesorgt, dass immer mehr junge Menschen - insbesondere Mädchen - eine Essstörung entwickeln.

Alle genannten Punkte sind Risikofaktoren für eine Magersucht. Die Aspekte selbst führen allerdings in der Regel nicht sofort zur Erkrankung, dafür benötigt es einen direkten Auslöser wie ein emotional belastendes Erlebnis: Zum Beispiel eine starke Trauer oder Mobbingerfahrungen. Solche Trigger-Situationen gibt es häufig vor allem im Laufe der Pubertät, weswegen meist junge Menschen magersüchtig werden.

Diagnose von Magersucht

Zur Diagnose von Anorexia nervosa werden die Kriterien der American Association of Psychiatry verwendet. Um Magersucht zu diagnostizieren, führt der Arzt einige körperliche Untersuchungen durch. Dazu zählen beispielsweise das Wiegen, um Untergewicht festzustellen, und es wird auch überprüft, ob weitere Symptome wie trockene Haut, Haarausfall oder Lanugo-Behaarung vorliegen. Zusätzlich ist ein ausführliches Arztgespräch (Anamnese) wichtig. Dabei gilt es Aspekte wie Essverhalten, aber auch die mentale Gesundheit zu besprechen. In der Regel erkundigt sich der Arzt danach, wie regelmäßig gegessen wird, was gegessen wird und ob Kalorien gezählt werden.

Oft wird Magersucht erst sehr spät diagnostiziert. Dies liegt meist daran, dass Menschen mit Magersucht nicht selbst erkennen, dass sie eine Erkrankung haben und deswegen nicht zum Arzt gehen. Je länger die Erkrankung jedoch voranschreitet, desto stärker wird sie oft.

Diagnosekriterien

Die Diagnose Magersucht erfolgt, wenn die folgenden vier Symptome vorliegen:

  • Untergewicht (BMI von unter 18,5)
  • Selbst herbeigeführter Gewichtsverlust
  • Körperschema-Störung
  • Bei Frauen Amenorrhö (Aussetzen von mind. 3 Regelblutungen)

Therapie von Magersucht

Magersucht wird in der Regel mittels einer Psychotherapie behandelt. Das Ziel der Behandlung ist es, ein gesundes Essverhalten aufzubauen, Stoffwechselprozesse zu stabilisieren und wieder Gewicht zuzunehmen. Dabei gibt es die Möglichkeit, die ärztliche Versorgung stationär, ambulant oder in einer Tagesklinik zu nutzen. Die Therapie besteht meist aus einer Ernährungsberatung, in der es darum geht zu lernen, regelmäßige Mahlzeiten zu konsumieren. Außerdem wird sich in der Regel dafür eingesetzt, dass die betroffene Person ein gesundes Bewusstsein für Nährstoffe und Kalorien aufbaut.

Zu Beginn der Therapie steht die Herstellung des Normalgewichts. Ist aufgrund des Hungerns ein lebensbedrohlicher Zustand aufgetreten, so wird zunächst durch künstliche Ernährung (parenterale Ernährung) und Flüssigkeitszufuhr der Kreislauf stabilisiert. Bei parenteraler Ernährung werden Lösungen intravenös verabreicht.

Um die Rückfallgefahr möglichst gering zu halten, ist die Nachsorge einer Magersuchtbehandlung sehr wichtig. Neben der Psychotherapie werden manchmal Medikamente wie Antipsychotika verschrieben. Diese tragen in der Regel dazu bei, Depressionen zu lindern. Eine medikamentöse Therapie der Magersucht gibt es nicht. Hat sich aufgrund der Magersucht allerdings eine Depression entwickelt, so kann eine Behandlung mit Antidepressiva durchaus sinnvoll sein.

Viel wichtiger bei der Behandlung von Magersucht ist die psychotherapeutische Behandlung, die dem Patienten dabei helfen soll, eine andere Selbstwahrnehmung zu entwickeln. Als besonders wirksam haben sich verhaltenstherapeutische, systemische und psychoanalytische Ansätze erwiesen. Bei der Therapie wird versucht, die Ursache der Magersucht ausfindig zu machen, um dann gezielt daran zu arbeiten. Vor allem bei jungen Patienten werden auch Familie und Angehörige in die Therapie miteinbezogen.

Ein häufiges Problem bei der Therapie von Anorexie ist die fehlende Motivation des Betroffenen, welcher oft nicht wahrhaben will, erkrankt zu sein. Der Übergang zwischen "normaler" Unzufriedenheit mit dem Körper bzw. einem "normalen" Diätverhalten und einer Magersucht ist fließend. Die Betroffenen glauben, ihr Essverhalten noch unter Kontrolle zu haben, spielen die Erkrankung sich selbst und anderen gegenüber herunter. Viele Betroffene merken aber früh, dass sie magersüchtig sind, verleugnen es jedoch. Die Angst, Gewicht zuzunehmen, veranlasst sie dazu, keine Hilfe in Anspruch zu nehmen.

Im Rahmen der Magersucht-Behandlung ist es wichtig, die Kalorienzufuhr langsam zu steigern. Werden zu schnell zu viele Kalorien zugeführt, kommt es manchmal zum Refeeding-Syndrom. Das bedeutet, dass der Körper als Reaktion auf die Nahrungszufuhr zu schnell zu viel Insulin freisetzt. Folglich verschiebt sich in manchen Fällen der Salzhaushalt des Körpers. Daraufhin kommt es manchmal zu Herzrhythmusstörungen.

Was Sie selbst tun können

Ein besonders wichtiger Schritt bei der Behandlung von Magersucht ist es allerdings, dass Sie sich Ihre Erkrankung eingestehen. Um eine erfolgreiche Therapie zu machen, müssen Sie vor sich selbst zugeben, dass Sie Probleme mit dem Essverhalten haben. Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber dem Therapeuten können die Heilung nicht nur beschleunigen, sondern sind auch Voraussetzung für die Diagnose.

Überlegen Sie sich, wie die Krankheit Ihr Leben verändert hat. Wie hat sie sich auf soziale Beziehungen in Ihrem Leben ausgewirkt - auf den Partner, Familie oder Freunde? Wie hat sich Ihre Stimmung, wie haben sich Ihre Leistungen in Schule oder Beruf verändert? Welche Ziele und Träume in Ihrem Leben können Sie nicht erreichen, wenn sie magersüchtig sind? Was würden Sie gewinnen, wenn Sie die Magersucht besiegen?

Wenn Sie sich dazu entschlossen haben, die Magersucht bekämpfen zu wollen, so sollte Ihr nächster Schritt der Gang zu einem Arzt (z.B. Hausarzt), einem Psychologen, Psychotherapeuten, einer Beratungsstelle oder einer Selbsthilfegruppe sein. Dort wird dann gemeinsam entschieden, welche Behandlungsform die beste für Sie ist und ob ambulant oder stationär therapiert wird.

Es ist völlig normal, dass Sie Ihre problematischen Verhaltensweisen nur langsam aufgeben können. Auch das Erleben von Rückschlägen und Misserfolgen während der Behandlung ist nicht ungewöhnlich. Der wichtigste Beitrag zum Erfolg Ihrer Behandlung sind Offenheit und Ehrlichkeit gegenüber den Therapeuten. Wenn Sie Probleme oder Schwierigkeiten haben, haben Sie Mut, diese anzusprechen. Auch Zweifel an der Behandlung, oder wenn Sie glauben, dass eine Maßnahme nicht zielführend ist, können gegenüber Ärzten oder Therapeuten angesprochen werden. Überlegen Sie sich, wovor Sie Angst haben und sprechen Sie mit Ihrem Therapeuten darüber. Lassen Sie sich auf neue Erfahrungen ein und haben Sie den Mut, neue Verhaltensweisen auszuprobieren.

Neben der eigentlichen Therapie der Magersucht ist auch die Nachbetreuung durch Psychotherapeuten und das Gespräch mit Angehörigen wichtig. Magersucht wirkt sich meist auch direkt auf das Umfeld des Betroffenen aus. Unverständnis, aber auch Schuldgefühle können sich breit machen. Spannungen und Konflikte, oft innerhalb der Familie, sind die logische Folge. Daher ist es wichtig, Alarmzeichen richtig zu deuten und die Krankheit nicht zu verleugnen.

Falls Sie mehrere dieser Verhaltensweisen bei einer Ihnen nahestehenden Person bemerken, sprechen Sie mit ihr über Ihren Verdacht oder sprechen Sie mit jemandem, der dieser Person nahesteht. Schauen Sie nicht weg! Versuchen Sie, Vorwürfe zu vermeiden. Bieten Sie Unterstützung an, aber drängen Sie nicht.

Wenn Sie mit der Situation überfordert sind, zögern Sie nicht, sich Hilfe zu holen. Wenn sich Ihr Verdacht erhärtet, suchen Sie einen Arzt auf. Nur eine Fachkraft - z.B. Arzt, Psychotherapeut oder Mitarbeiter einer spezialisierten Beratungsstelle - kann diagnostizieren, ob es sich um Magersucht handelt oder nicht. Sie müssen mit dieser schwierigen Situation nicht alleine zurechtkommen.

Andere Essstörungen

Essstörungen werden in drei Hauptformen unterschieden: Anorexie, Bulimie und Binge-Eating-Störung. Oftmals lassen sich die Symptome nicht eindeutig einer der Hauptformen zuordnen, und es können auch Kombinationen auftreten. Typische Formen wie Magersucht (Anorexie), Ess-Brech-Sucht (Bulimie) oder die Binge-Eating-Störung zeigen, wie vielseitig die Problematik ist.

Bulimie

Bulimie ist eine Essstörung, die von wiederholten Essanfällen gekennzeichnet ist, allerdings ohne signifikante Gewichtsveränderung auftreten kann. Dabei wird in kurzer Zeit eine große Menge an Nahrung aufgenommen, teilweise bis hin zum Kontrollverlust. Um in Folge dieses Überessens einer Gewichtszunahme entgegenzuwirken, greifen Erkrankte zu extremen Maßnahmen - darunter erzwungenes Erbrechen, Abführmittel, Fasten oder übermäßiger Sport. Häufig lassen sich bei bulimischen Personen vorherige Episoden einer Anorexia nervosa nachweisen. Die Übergänge sind fließend, sodass sich beispielsweise Magersucht in Bulimie oder eine Binge-Eating-Störung verwandeln kann.

Die Bulimie lässt sich in zwei Untergruppen einteilen: Purging-Typ und Non-purging-Typ. Beim Purging-Typ wird nach Essattacken durch selbst herbeigeführtes Erbrechen oder Substanzmissbrauch (Abführmittel oder entwässernde Medikamente) der befürchteten Gewichtszunahme entgegengewirkt.

Bulimie Symptome sind u. a.:

  • Das selbst herbeigeführte Erbrechen
  • Das Treiben von übermäßig viel Sport

Binge-Eating-Störung

Charakteristisch für die Binge-Eating-Störung (BES) sind wiederholte Essanfälle, bei denen Betroffene sehr große Nahrungsmengen in unkontrollierter Weise zu sich nehmen. Typisch sind schnelles Essen, Essen bis zum unangenehmen Völlegefühl oder Essen ohne körperlichen Hunger. Diese Episoden sind oft mit negativen Gefühlen wie Scham, Ekel oder Schuld verbunden. Im Gegensatz zur Bulimia nervosa folgen auf die Essanfälle keine kompensatorischen Maßnahmen wie Erbrechen oder Fasten, was häufig zu Gewichtszunahme führt.

Binge Eating Disorders werden auch Essattacken mit Kontrollverlust genannt. Hierbei handelt es sich um eine Essstörung, die durch wiederkehrende Essanfälle gekennzeichnet ist, wobei in diesem Fall keine gewichtsreduzierenden Maßnahmen durchgeführt werden.

Betroffene nehmen, wie bei der Bulimie, sehr schnell sehr viel Nahrung auf. Häufig kommt es vor, dass Betroffene stundenlang nicht mehr aufhören können zu essen. Ein Hungergefühl haben sie dabei nicht. Ein Stopp gibt es erst bei einem unangenehmen Völlegefühl.

ARFID

Bei dieser Form der Essstörung schränken Menschen ihre Nahrungsaufnahme ein. Anders als bei bisher erwähnten Erkrankungen haben Betroffene allerdings kein verzerrtes Bild von ihrem Körper. Vielmehr fokussiert sich diese Form, die kurz auch ARFID (englisch: avoidant-restrictive food intakte disorder) genannt wird, auf ein sehr wählerisches Essverhalten. Das kann sowohl die Textur, den Geruch, die Farbe aber auch den Geschmack betreffen.

Das selektive Essverhalten macht sich bemerkbar durch wichtige Kriterien der Betroffenen an Lebensmittel, z. B. an die Form, die Farbe oder den Geruch. Alle Lebensmittel, bei denen die Kriterien nicht erfüllt werden, werden vermieden.

Orthorexie

Zu diesen ARFID zählt etwa die Orthorexie. Lateinisch Orthorexia nervosa genannt, beschreibt sie ein zwanghaftes Streben nach gesunder Ernährung. Dabei geht es allerdings nicht um das Erfüllen der allgemeinen Ernährungsempfehlungen, sondern um das Essen oder Nicht-Essen gewisser Lebensmittel, die von den Betroffenen individuell als gesund oder ungesund betrachtet werden. Das kann im schlimmsten Fall zu einer starken Mangelernährung führen, weil Betroffene Personen Lebensmittel aus ihrem Speiseplan ausschließen, deren Nährstoffe der Körper eigentlich braucht.

Betroffene setzen sich strenge Ernährungsvorschriften und schränken ihre Lebensmittelauswahl immer weiter ein. Frauen sind von Orthorexie häufiger betroffen als Männer. Da Betroffene ihre Essgewohnheiten als gesund ansehen, wird das problematische Verhalten zunächst oft übersehen.

Wo gibt es Hilfe?

In Österreich gibt es eine Vielzahl an Hilfsangeboten für Menschen, die mit Essstörungen aller Art zu kämpfen haben - sowohl für Kinder als auch für Jugendliche und Erwachsene. Die Palette reicht von professionellen Beratungsdiensten über spezialisierte Therapeutinnen und Therapeuten bis hin zu Selbsthilfegruppen.

Wenn du oder jemand, den du kennst, mit Essstörungen zu kämpfen hat, suche bitte umgehend Unterstützung bei einer Ärztin oder einem Arzt, einer Psychotherapeutin oder einem Psychotherapeuten oder einer spezialisierten Beratungsstelle.

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