Hilfe bei Depressionen im Alter: Ursachen, Symptome und Behandlung

Depression ist eine ernstzunehmende Erkrankung, die auch im Alter nicht ignoriert werden sollte. Es ist wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen, um die Depression zu behandeln und die Lebensqualität wieder zu verbessern. Jede Lebensphase hat ihre Herausforderungen, auch das Alter. Depressiv zu sein, ist aber sicher nicht der Normalzustand im fortgeschrittenen Alter.

Was ist eine Altersdepression?

Wenn Menschen ab 65 Jahren an einer Depression leiden, sprechen Mediziner von einer Altersdepression. Sie ist neben der Demenz die häufigste psychische Erkrankung bei älteren Menschen. Bei manchen Betroffenen entwickelt sich die Depression schon in jüngeren Jahren und setzt sich dann im Alter fort. In anderen Fällen tritt die Krankheit erstmals im höheren Alter auf. Frauen sind - sowohl im jüngeren als auch im höheren Alter - stärker gefährdet, depressiv zu werden, als Männer. Durch den wachsenden Anteil älterer Menschen in der Gesellschaft werden auch Depressionen im Alter in den kommenden Jahren zunehmen.

Ursachen und Risikofaktoren

Die Ursachen einer Altersdepression werden - ebenso wie bei Depressionen bei jüngeren Menschen - in einem Wechselspiel zwischen biologischen und psychosozialen Faktoren gesehen. Mediziner gehen also von einer multifaktoriellen Krankheitsentstehung aus. Studien zufolge weisen manche Menschen eine genetische Anfälligkeit, sogenannte Vulnerabilität, für eine Depression auf. Im Zusammenspiel mit diversen Stress-Faktoren kommt es dann möglicherweise zum Ausbruch einer depressiven Erkrankung.Solche Stress-Faktoren, die insbesondere eine Altersdepression begünstigen, sind vielfältig. Es zählt dazu beispielsweise der Verlust des Lebenspartners und anderer enger Kontaktpersonen. Zudem sind mit zunehmendem Alter Körper und Geist weniger leistungsfähig, sodass es im Alltag leicht zu einer Überforderung kommt - etwa, weil eine Person an Selbstständigkeit verliert und zunehmend auf Hilfe angewiesen ist. Auch dies trägt bei vielen Betroffenen zur Entstehung einer Depression im Alter bei. Der Übergang vom Erwerbsalter in den Ruhestand ist ebenfalls eine große Herausforderung für viele Menschen: Die tägliche Routine fällt weg. Viele fühlen sich nicht mehr gebraucht. Auch Medikamente, die Ältere häufiger einnehmen, zum Beispiel Herz-Kreislauf- und Parkinsonmedikamente, begünstigen möglicherweise Depressionen. Darüber hinaus gibt es vielfältige Wechselwirkungen zwischen Depressionen und körperlichen Beschwerden wie Herz-Kreislauf-Erkrankungen, rheumatischen Erkrankungen und Krebs. Von besonderer Bedeutung - vor allem im höheren Alter - ist der Zusammenhang zwischen Depression und hirnorganischen Erkrankungen, zu denen neben Schlaganfall beispielsweise Parkinson, Alzheimer und andere Demenzerkrankungen zählen. Bei Frauen besteht durch die Hormonumstellung in den Wechseljahren zudem ein Risiko für eine Depression.

Risikofaktoren für Altersdepression:

  • Weibliches Geschlecht
  • Negative Lebensereignisse
  • Somatische Erkrankungen
  • Behinderungen
  • Institutionalisierung
  • Geringe soziale Netzwerke und Unterstützungen
  • Zerebrale organische Komponenten, wie zerebrovaskuläre Läsionen und Hirnatrophien
  • Depressiogene Medikamente
  • Frühere psychiatrische Erkrankungen
  • Positive Familienanamnese
  • Geringer Bildungsgrad
  • Persönlichkeitsfaktoren
  • Alkohol-, Nikotinabusus
  • Psychosoziale Faktoren

Symptome einer Altersdepression

Wenn Sie sich häufig ohne erkennbaren Grund traurig, mutlos, verzagt fühlen, sprechen Sie mit Ihrer Hausärztin bzw. Ihrem Hausarzt oder einer:m Psychiater:in darüber! Niedergeschlagenheit, allgemeine Interesselosigkeit, Verlust der Lebenskraft und Freudlosigkeit können Anzeichen einer Depression sein.Typische Symptome einer Depression:
  • Anhaltende negative Gefühle wie Niedergeschlagenheit, Traurigkeit, Angst und Hoffnungslosigkeit.
  • Verlust von Interesse und Freude an Aktivitäten, die früher Spaß gemacht haben.
  • Gefühl der Leere, Isolation und des inneren Leids.
  • Gedächtnisprobleme und das Gefühl, nicht mehr so leistungsfähig zu sein wie früher.
  • Pessimistische Sicht auf die Zukunft.
  • Schlafprobleme, Magen-Darm-Beschwerden, Appetitlosigkeit oder Schmerzen.
Es überwiegen die typischen Depressionssymptome, wie wir sie von der Erwachsenenpsychiatrie kennen. Das Mortalitätsrisiko ist nach Kontrolle aller somatischen und sozioökonomischen Faktoren bei Alterspatienten auf 1,8 deutlich angehoben. Dauert die Depression über ein Jahr an, so steigt auch das Mortalitätsrisiko ganz wesentlich. Die Suizidhäufigkeit ist ebenfalls alterskorreliert, wobei 36 bis 90 Prozent laut anamnestischen Angaben an depressiven Störungen gelitten haben.

Diagnose einer Altersdepression

Die Altersdepression ist auch für Experten nicht auf Anhieb zu erkennen - zumal die Patienten oft aufgrund körperlicher Beschwerden zum Arzt gehen. Die Depression wird dann schnell übersehen, etwa weil Symptome wie Schlafstörungen, Müdigkeit und Antriebslosigkeit als normale Alterserscheinungen betrachtet werden. Die Altersdepression wird auch leicht mit einer Demenz oder einer natürlichen Trauerreaktion, etwa nach dem Tod des Partners, verwechselt. Eine falsche Diagnose zieht jedoch eine Fehlbehandlung nach sich. Der Leidensdruck des Betroffenen bleibt dadurch bestehen. Eine ausführliche Diagnose durch einen Arzt ist daher besonders wichtig. Erster Ansprechpartner ist der Hausarzt. Bei Verdacht auf eine Altersdepression wird er den Patienten an einen Psychiater oder Psychotherapeuten überweisen. Dieser klärt ab, ob tatsächlich eine Altersdepression vorliegt.Der erste diagnostische Schritt ist ein umfassendes Arzt-Patient-Gespräch zur Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Dabei fragt der Arzt nach den genauen Beschwerden, eventuellen Vor- oder Grunderkrankungen sowie der Einnahme von Medikamenten. Außerdem interessiert sich der Arzt für die allgemeine Situation des Patienten zum Beispiel, ob dieser alleine lebt. Anhand von körperlichen Untersuchungen werden organische Erkrankungen als Ursache für die Symptome ausgeschlossen. Wichtig sind zum Beispiel Blutuntersuchungen und Untersuchungen des Gehirns mittels EEG (Elektroenzephalografie) oder MRT (Magnetresonanztomografie = Kernspintomografie). Um eine Altersdepression von anderen Erkrankungen zu unterscheiden, gibt es spezielle Fragebögen, wie zum Beispiel die Geriatrische Depressionsskala (GDS).Fachleute teilen Depressionen in drei Schweregrade ein:
  1. Leichte depressive Episode: Mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
  2. Mittelgradige depressive Episode: Vier oder mehr der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
  3. Schwere depressive Episode: Darunter verstehen Fachleute eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen quälenden Symptomen. Der Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit sowie Schuld sind stark ausgeprägt. Suizidgedanken sowie Suizidhandlungen sind häufig. Bei einer schweren depressiven Episode können auch psychotische Beschwerden auftreten. Dazu zählen zum Beispiel Halluzinationen oder Wahnideen. Aber auch Bewegungsstörungen oder ein Stupor können vorhanden sein. Der Alltag ist stark beeinträchtigt.

Behandlung einer Altersdepression

Steht die Diagnose "Altersdepression" fest, wird der Arzt mit dem Patienten über eine individuell passende Therapie sprechen. Grundsätzlich kommen hierfür hauptsächlich Psychotherapie sowie eine Behandlung mit Medikamenten infrage.

Psychotherapie

In einer Psychotherapie werden Depressionen und ihre Begleiterscheinungen in Gesprächen und Übungen mit einem Therapeuten behandelt. Das hat sich auch bei einer Depression im Alter als wirksam erwiesen. Gegebenenfalls wird das therapeutische Vorgehen an individuelle Besonderheiten angepasst. So bekommen etwa Patienten, die in ihrer Mobilität eingeschränkt sind, oft die Möglichkeit, dass der Psychotherapeut zu ihnen kommt oder die Psychotherapie-Sitzungen online abgehalten werden. Es gibt verschiedene psychotherapeutische Methoden, die zur Behandlung einer Altersdepression in Betracht kommen, zum Beispiel eine kognitive Verhaltenstherapie oder Problemlösetherapie. Patient und Arzt besprechen gemeinsam, welche Methode im Einzelfall am besten geeignet ist.

Antidepressiva

Auch spezielle Medikamente, sogenannte Antidepressiva, kommen zur Behandlung einer Altersdepression zum Einsatz. Die Wahl des richtigen Antidepressivums ist bei älteren Menschen mitunter etwas schwierig, denn sie nehmen oft viele weitere Medikamente, wie zum Beispiel Herz- und Blutdruckmedikamente, ein und tragen eine höheres Nebenwirkungsrisiko. Die möglichen Wechselwirkungen und Nebenwirkungen verschiedener Antidepressiva berücksichtigt der Arzt bei der Planung der medikamentösen Therapie einer Altersdepression also besonders sorgsam.Sehr oft werden Serotoninwiederaufnahmehemmer (SSRI) wie Sertralin, Fluoxetin oder Paroxetin bei einer Depression im Alter verschrieben. In manchen Studien zeigten sie eine insgesamt bessere Verträglichkeit bei älteren Patienten als sogenannte "trizyklische Antidepressiva" (TZA wie Nortriptylin oder Clomipramin) - ebenfalls gängige Medikamente gegen Depressionen. Entscheidend bei der Wahl eines geeigneten Antidepressivums ist also, was der einzelne Patient besser verträgt - vor allem im Zusammenhang mit eventuell bestehenden anderen Erkrankungen und den dagegen eingenommenen Medikamenten. Es ist wichtig, dass verordnete Antidepressiva genau nach den ärztlichen Anweisungen eingenommen werden. Falls unter der Therapie neue Beschwerden auftreten oder sich bestehende Beschwerden verschlechtern, muss der Arzt darüber informiert werden. Möglicherweise ist eine Dosisanpassung oder ein Umstieg auf ein anderes Präparat notwendig.

Arten von Antidepressiva:

  • Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI)
  • Trizyklische Antidepressiva (TZA)
  • Alpha2-Rezeptor-Antagonisten
  • Monoaminooxidase-Inhibitoren (MAO-Hemmer)
  • Nicht selektive Monoamin-Rückaufnahme-Inhibitoren (NSMRI)
Wichtig: Antidepressiva wirken nicht sofort. Es dauert ungefähr 14 Tage, bis Antidepressiva wirken. Nach ungefähr drei bis vier Wochen rechnet man mit der vollen Wirkung. Antidepressiva sollten so lange eingenommen werden, bis die Ärztin oder der Arzt feststellt, dass die Erkrankung abgeklungen ist, um mögliche Rückfälle zu vermeiden. Die gesamte Behandlung kann, je nach Art und Schweregrad der Depression, mehrere Monate bis Jahre dauern; wenn eine Depression immer wieder auftritt, kann auch eine lebenslange Behandlung erforderlich sein.

Weitere Therapiemaßnahmen

Manchmal sind andere beziehungsweise weitere Therapiemaßnahmen sinnvoll. In manchen Fällen ist eine Lichttherapie hilfreich, wenn die depressiven Symptome wie bei der Winterdepression einem saisonalen Muster folgen. Bei einer schweren, lebensbedrohlichen oder therapieresistenten depressiven Episode wird manchmal eine Elektrokrampftherapie (elektrokonvulsive Therapie) erwogen. Dabei werden dem Gehirn des Patienten unter Narkose kurze Stromstöße versetzt. Weitere Maßnahmen unterstützen im Einzelfall die Behandlung einer Depression im Alter ebenso wie in jüngeren Jahren. Dazu gehören zum Beispiel körperliches Training, Ergotherapie oder ambulante psychiatrische Pflege.

Wie verläuft eine Altersdepression?

Altersdepressionen müssen unbedingt behandelt werden. Unbehandelt besteht die Gefahr, dass sie chronisch werden, die Lebensqualität der Betroffenen noch stärker einschränken oder sogar zum Suizid des Depressiven führen. Eine Therapie schafft in vielen Fällen Abhilfe. Die Depression gilt als heilbar.

Vorbeugung einer Altersdepression

Es gibt keine spezielle, sichere Methode, um einer Altersdepression vorzubeugen. Eine aktive Teilhabe am Leben sowie ein gestärktes Selbstwertgefühl wirken schützend. Um dies zu erreichen, ist es wichtig, die motorischen Fähigkeiten und das Gedächtnis zu trainieren.

Weitere vorbeugende Maßnahmen sind:

  • Ein strukturierter Alltag mit regelmäßigen Schlafens- und Essenszeiten
  • Aktive Freizeitgestaltung
  • Pflege sozialer Kontakte und Austausch mit Bezugspersonen wie Freunden, Kindern oder Enkelkindern
  • Bewegung und Sport, idealerweise an der frischen Luft
  • Gesunde Ernährung und Training, um die Mobilität zu erhalten
  • Gut eingestellte Brillen und Hörhilfen, die eine sichere Bewegung und Kommunikation ermöglichen

Was können Angehörige tun?

Für Angehörige ist es oft schwierig mit anzusehen, wenn Ältere in eine Depression verfallen. Und sie fragen sich vielleicht: Wie kann ich meinen Eltern helfen? Das Wichtigste, das Angehörige tun können, ist, dem älteren Familienmitglied immer wieder zu versichern, dass man auch in dieser schweren Zeit fest an ihrer*seiner Seite steht. Sicherheit und Gelassenheit zu vermitteln ist entscheidend. Um sich selbst zu schützen, sollten Angehörige sich über Depressionen sowie den Alterungsprozess informieren. Wenn die Patientin oder der Patient damit einverstanden ist, können Angehörige in die Behandlung eingebunden werden. Zum Beispiel klärt die Ärztin oder der Arzt diese über die Erkrankung auf.

Zögern Sie daher nicht, Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt von Ihren Sorgen oder negativen Stimmungen zu berichten. Erste Anlaufstelle ist oft der Hausarzt bzw. die Hausärztin. Von dort werden Sie zu einer:m Psychiater:in überwiesen werden, denn die Behandlung einer Depression gehört in die Hand der Fachärztin oder des Facharztes. Er bzw. sie wird die Therapie - medikamentös und ev. psychotherapeutisch - individuell für Sie anpassen. Fachliche Hilfe ist wichtig, aber viele ältere Menschen zögern, Unterstützung zu suchen. Doch je früher die Therapie beginnt, desto besser sind die Erfolgsaussichten.

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