Psychotherapie ist in Österreich ein eigenständiger, wissenschaftlich fundierter Heilberuf. Psychotherapeut*innen behandeln Menschen in seelischen Konflikt- und Krisensituationen, bei Beschwerden und psychischen Leidenszuständen.
Viele Menschen leiden und verdrängen Schwieriges und ertragen das seelische Leiden oft jahrelang ohne professionelle Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Der Begriff „Psychotherapie“ stammt aus dem Altgriechischen und bedeutet ursprünglich, den ganzen Menschen, das heißt seine Seele, sein Gemüt, seinen Verstand, seine Lebenskraft, zu unterstützen, zu heilen, zu pflegen. Psychotherapie ist also eine Heilbehandlung die seelische und körperliche Leidenszustände, heilen oder lindern soll.
Psychotherapie ist in Österreich so gefragt wie nie. Aktuell gibt es in Österreich über 10.415 Personen die entweder in freier Praxis oder in Einrichtungen des Gesundheitswesens durchschnittlich 12 Stunden pro Woche Psychotherapie anbieten. Im Jahr 2019 verursachten sie Kosten von rund 13,9 Milliarden Euro, was 4,3 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) entspricht. Im Rahmen der COVID-19-Folgeerkrankungen wird eine aktuelle weitere Steigerung um rund 20 Prozent in ersten Erhebungen sichtbar. Doch wer soll diese Kosten tragen?
Kosten und Krankenkassen: Ein Überblick
Anders als bei Ärzt*innen, wo es einen Gesamtvertrag der Sozialversicherungsträger mit den Ärzt*innen gibt und eine Inanspruchnahme einer ärztlichen Leistung daher bei Kassenärzt*innen gar nichts kostet, ist Psychotherapie grundsätzlich eine private Leistung, die NICHT von den Krankenkassen getragen wird. Die Honorare bewegen sich in der Regel zwischen 70.- € und 150.- € für eine Einzelsitzung von 50 Minuten.
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Obwohl es keinen Gesamtvertrag für Psychotherapie gibt, ermöglichen Vereinslösungen für eine gewisse Zahl an Klient*innen auch die vollständige Übernahme der Psychotherapie-Kosten (je nach Bundesland unterschiedliche Lösungen und Modelle). In der Regel haben einzelne Psychotherapeut*innen dann zwei bis vier Kassenplätze zur Verfügung. Hat der*die Klient*in einen solchen Kassenplatz gefunden, wird meist für bis zu 40 Stunden (entspricht einem vollen Jahr Psychotherapie, abzüglich der Ferienzeiten) die volle Kostenübernahme von der Krankenkasse gewährt. Dies ist auch abhängig von der Diagnose.
Viele Psychotherapeut*innen bieten auch einzelne Plätze mit Sozialtarif für Personen an, die wenig oder kein Einkommen haben (z.B. bei AMS-Bezug, Sozialhilfebezug, o.ä.). Spezielle Beratungsstellen (Suchtberatung, Familienberatungsstellen, Männerberatung, etc.) bieten ein beschränktes Kontingent an Psychotherapie an, das für den*die Klient*in kostenlos ist. Je nach Beratungsstelle können teilweise nur 10 bis max. 15 Stunden in Anspruch genommen werden, manchmal ist auch eine langfristige Begleitung möglich.
Psychotherapie ist derzeit größtenteils eine private Leistung, deren Kosten von Bundesland zu Bundesland variieren. Eine Einzeltherapiesitzung von 50 Minuten Dauer kostet in der Regel zwischen 50 und 130 Euro, eine 90-minütige Gruppensitzung zwischen 24 und 50 Euro.
Im Rahmen der Strategie „Psychische Gesundheit fördern - Psychisch Erkrankte optimal versorgen“ der Trägerkonferenz wurde ein Ausbau der Psychotherapiekapazitäten in Österreich in Aussicht gestellt.
Möglichkeiten der Finanzierung
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für die Finanzierung der Kosten für die Psychotherapie.
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- Die Kosten für Psychotherapie trägt entweder der/-ie Patient/in in voller Höhe ('Selbstzahler')
- Ein Teil der Kosten wird von der Krankenkasse erstattet ('Teilfinanzierung').
Voraussetzung für eine (Teil-)Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse ist immer eine krankheitswertige Störung. Krankenkassen übernehmen keine Kosten, wenn die Therapie als allgemeines Coaching genutzt wird, oder wenn es sich um Paar- bzw. Familientherapien handelt. Es können maximal 50 Therapiestunden auf einmal beantragt werden. Für den Besuch ist keine ärztliche Zuweisung nötig.
Wenn Sie eine diagnostizierte psychische Störung haben, übernimmt die Krankenkasse einen Teil der Kosten. Die österreichische Gesundheitskasse übernimmt 28,00 Euro pro Psychotherapieeinheit. Wer bei der BVAEB versichert ist, darf sich über einen Zuschuss von 40,00 Euro freuen.
Seit 1. Jänner 2024 ist klinisch-psychologische Behandlung in Österreich Kassenleistung. Um den Kostenzuschuss zu erhalten, ist eine ärztliche Untersuchung nötig.
Hier eine Tabelle mit den recherchierten Zuschüssen einiger Kassen:
| Krankenkasse | Leistung |
|---|---|
| ÖGK | Gruppensitzung (max. Betrag nicht angegeben) |
| ÖGK | Familiensitzung (min. Betrag nicht angegeben) |
| SVS (BSVG und GSVG) | Gruppensitzung (max. Betrag nicht angegeben) |
| BVAEB | Zuschuss von 40,00 Euro pro Einheit |
| ÖGK | 28,00 Euro pro Psychotherapieeinheit |
Ablauf der Kostenerstattung
Erstgespräch: Sie suchen sich über das Internet, durch Empfehlungen von Bekannten oder Ärzten eine Psychotherapeut*in Ihrer Wahl. Diese kontaktieren Sie und vereinbaren einen Termin für ein Erstgespräch.
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10 Einheiten bewilligungsfrei: 10 Einheiten können Sie ohne Bewilligung absolvieren.
Antrag stellen: Sollten Sie mehr als 10 Einheiten Psychotherapie benötigen, stellen Sie einen Eintrag für die weitere Kostenrefundierung. Dies muss noch vor der 11. Einheit passieren. Die Formulare dazu liegen auch bei der Psychotherapeut*in auf.
Es gibt auch die Möglichkeit, sich direkt eine Psychotherapeut*in zu suchen, die einen Kassenvertrag hat und einen Termin für ein Erstgespräch zu vereinbaren. In diesem Fall entstehen keine Kosten. Vollfinanzierte Therapieplätze sind jedoch rar und oft mit längeren Wartezeiten verbunden.
Psychotherapeut*in in Ausbildung unter Supervision
Eine dritte Möglichkeit ist die Wahl eines*einer Psychotherapeut*in in Ausbildung unter Supervision, deren Honorare meist unter denen eingetragener Psychotherapeut*innen liegen.
Als „Psychotherapeut*innen in Ausbildung unter Supervision“ bezeichnet man Psychotherapeut*innen, die am Ende Ihrer Psychotherapieausbildung angelangt sind und bereits befähigt sind, selbständig mit Klient*innen zu arbeiten. Sie sind gesetzlich verpflichtet den Passus „in Ausbildung unter Supervision“ zu ihrer Berufsbezeichnung hinzuzufügen.
Was ist Psychotherapie und wann ist sie hilfreich?
Psychotherapie kann Ihnen helfen, wenn es Ihnen gelingt die Dinge anders zu sehen:
- Sie übernehmen Verantwortung für sich und Ihre Gesundheit!
- Sie sind es sich wert auf sich zu achten und in sich zu investieren.
- Therapie ist Arbeit die auch aufwühlt und die unterschiedlichsten Gefühle zum Vorschein bringt, doch sie kann auch unheimlich entlastend und heilend sein
- Sie lernen sich selbst besser kennen und stehen für sich ein
Psychotherapie kann als wissenschaftlich fundierte und wirksame Methode in mehreren Lebensbereichen angewandt werden:
- Psychotherapeutische Verfahren
- Was passiert in der Psychotherapie?
Unterschiedliche therapeutische Ansätze
Die systemische Familientherapie, die Verhaltenstherapie und die Personenzentrierte Psychotherapie sind die häufigsten therapeutischen Ansätze in Österreich. Psychotherapeut*innen werden nach den jeweiligen Schulen ausgebildet und wenden entsprechende Methoden an. Alle Ausrichtungen haben ein theoretisches und praktisches Wissen zu allen psychischen Störungen zu bieten. Alle Richtungen können mit Kindern, Jugendlichen, Paaren oder Familien arbeiten. Außerdem geht der Trend in Richtung Annährung der Methoden- die sich gegenseitig durchaus oftmals bereichern können.
In Österreich sind zurzeit 23 psychotherapeutische Methoden gesetzlich anerkannt:
- Tiefenpsychologisch-Psychodynamisch
- Humanistisch
- Systemisch
- Verhaltenstherapeutisch
Was passiert in der Psychotherapie?
Auf die Frage „WAS PASSIERT IN DER PSYCHOTHERAPIE“ gibt es keine allgemeingültige Antwort. Allen Methoden gleich ist allerdings das zentrale Element „das Gespräch“. Zusammenhänge, Ursachen und innere Überzeugungen können sich zeigen. Letztendlich zielt das Gespräch auch darauf ab innere Überzeugungen zu verändern oder neu einzurahmen, um dann das eigene Verhalten anpassen zu können.
Je nach therapeutischem Verfahren werden in der Psychotherapie verschiedene Methoden zum Einsatz gebracht. So können Familienaufstellungen, künstlerische Tätigkeiten, schreibende Impulse, Flipchartzeichnungen, therapeutische Geschichten uvm. den therapeutischen Prozess bereichern.
Psychotherapie kann auch als Gruppentherapie ablaufen. Je jünger die Kinder sind, umso mehr ist das Spiel das Mittel der Wahl. Sie können außerdem in andere Rollen schlüpfen, Strategien ausprobieren und lustvoll mit der Therapeut*in in Kontakt treten.
Kosten einer Psychotherapie in Wien
Eine Psychotherapie in Wien kostet zwischen 80-130 Euro bei einer eingetragenen Wahltherapeut*in. Wenn Sie eine diagnostizierte psychische Störung haben, übernimmt die Krankenkasse einen Teil der Kosten. Beratungen, Paartherapien oder Therapien zur Persönlichkeitsentwicklung müssen vollständig selbst bezahlt werden- hier wird nichts übernommen.
Eine Möglichkeit Kosten einzusparen, besteht darin, eine Psychotherapeut*in in Ausbildung unter Supervision zu wählen.
In der Therapie für Kinder und Jugendliche gelten was die Kosten betrifft die selben Richtlinien wie für Erwachsene. In Wien ist die BOJE eine bekannte Institution die vollfinanzierte Plätze für Kindertherapien anbietet. Außerdem bieten die MÖWE und das KRISENSCHUTZZENTRUM Hilfe bei Gewalterfahrung an.
Die Rolle von Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiatern
Oftmals kann es verwirrend sein zu erkennen was nun der Unterschied zwischen Psycholog*innen und Psychiater*innen ist. Wo muss ich nun mit meiner Thematik hin? Wer kann mir am besten helfen?
Psychiater*innen sind Fachärzte die sich auf Psyche und Psychosomatik spezialisiert haben. Sie bieten manches mal auch Gesprächstherapien an haben allerdings als großes Alleinstellungsmerkmal unter den Psy-Berufen die Qualifikation zur medikamentösen Therapie.
Psycholog*innen die einen klinische Zusatzausbildung haben, legen oftmals einen großes Schwerpunkt auf psychologische Diagnostik. Außerdem behandeln sie auch bei psychischen Problemen und begleiten in herausfordernden Lebenssituationen.
Psychotherapeut*innen können sowohl psychische Diagnosen stellen als auch Personen therapeutisch begleiten. Sie arbeiten dabei nach einem bestimmten therapeutisch- methodischen Schwerpunkt (z.B Verhaltenstherapie, systemische Familientherapie).
Die Ausbildung zum Psychotherapeuten
Seit 1990 ist “Psychotherapeut*in" in Österreich ein eigenständiger, freier und wissenschaftlicher Heilberuf. Die psychotherapeutische Ausbildung dauert etwa sieben Jahre (Propädeutikum + Fachspezifikum) und ist im Psychotherapiegesetz geregelt. Die Berufsbezeichnung "Psychotherapeut" und "Psychotherapeutin" ist gesetzlich geschützt.
Die Psychotherapie-Ausbildung wird von Ausbildungs-Instituten und -Vereinen angeboten und ist für Ausbildungskandidat*innen zur Gänze selbst zu finanzieren. Es gibt dafür keine staatlichen Stipendien oder Zuschüsse!
Der Beruf des*der Psychotherapeut*in ist immer eine sekundäre Ausbildung und kann auf verschiedenen Quellberufen aufbauen (z.B. Ärzt*in, Psycholog*in, Theolog*in, Pädagog*in, Diplomkrankenpfleger*in, Pflichtschullehrer*in, etc.). Aus diesem Grund gibt es auch akademische und nicht-akademische Psychotherapeut*innen.
Alle Ausbildungsvereine und -Institute müssen die Psychotherapie-Ausbildung gemäß Psychotherapiegesetz anbieten und hier sehr strenge Mindeststandards erfüllen.
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