In den letzten Jahren ist weltweit ein signifikanter Anstieg psychischer Erkrankungen zu beobachten. Experten warnen vor einer wachsenden „mental health crisis“, die besonders in den westlichen Industrienationen zunehmend besorgniserregende Ausmaße annimmt. Depressionen, Angststörungen, Burnout und andere psychische Leiden scheinen immer häufiger aufzutreten - doch was sind die Gründe dafür?
Ursachen des Anstiegs psychischer Erkrankungen
Die Gründe für den Anstieg psychischer Krankheiten sind vielfältig und komplex.
- Hohe Arbeitsbelastung und Leistungsdruck: Der heutige Lebensstil ist oft von hoher Arbeitsbelastung, Leistungsdruck und Stress geprägt. Besonders in der Berufswelt wird von vielen Menschen eine permanente Erreichbarkeit erwartet, was zu Überlastung und Erschöpfung führen kann.
- Veränderung der sozialen Interaktion: Mit der Digitalisierung und dem Wandel der Kommunikation hat sich die soziale Interaktion verändert. Soziale Medien und digitale Plattformen ersetzen zunehmend persönliche Kontakte, was zur Isolation und Einsamkeit beitragen kann.
- COVID-19-Pandemie: Die COVID-19-Pandemie hat den Anstieg psychischer Erkrankungen noch verstärkt. Lockdowns, Quarantäne-Maßnahmen, wirtschaftliche Unsicherheit und der Verlust sozialer Kontakte haben das Wohlbefinden vieler Menschen negativ beeinflusst.
- Finanzielle Sorgen und Zukunftsängste: Finanzielle Sorgen und Zukunftsängste belasten immer mehr Menschen. Der Anstieg von befristeten Arbeitsverträgen, steigenden Lebenshaltungskosten und wirtschaftlicher Unsicherheit führt dazu, dass sich viele Menschen in einer instabilen Lebenssituation befinden.
- Stigmatisierung: Zwar wird zunehmend mehr über psychische Gesundheit gesprochen, aber in vielen Kulturen ist sie immer noch ein Tabuthema. Diese Stigmatisierung führt dazu, dass Betroffene häufig keine Hilfe in Anspruch nehmen, da sie Angst vor sozialer Ablehnung haben.
Folgen psychischer Erkrankungen
Psychische Erkrankungen wirken sich nicht nur auf die betroffenen Personen selbst aus, sondern auch auf deren Umfeld. Menschen mit psychischen Erkrankungen - sowie ihre Angehörigen und alle mit diesem Themenfeld befassten Berufsgruppen - erfahren aufgrund von Stereotypen und Vorurteilen viele Benachteiligungen. Die Folgen sind oft geringere Chancen auf dem Arbeits- und Wohnungsmarkt, Verlust naher Beziehungen und sozialer Kontakte sowie Schwächung des Selbstwertgefühls. Diese Belastungen erhöhen das Risiko für Rückfälle oder für einen chronischen Krankheitsverlauf. Expertinnen und Experten sprechen daher von Stigma als „zweiter Erkrankung“.
Psychische Erkrankungen führen nicht nur zu persönlichem Leid, sondern auch zu hohen Kosten für das Gesundheitssystem. Burnout und andere stressbedingte Erkrankungen sind inzwischen zu häufigen Ursachen für Krankheitsausfälle geworden. Der wirtschaftliche Schaden durch Produktionsausfälle, verminderte Arbeitsleistung und hohe Krankheitskosten ist enorm. Schwere psychische Erkrankungen sind eng mit einem erhöhten Suizidrisiko verbunden. Der Anstieg von Depressionen und anderen schwerwiegenden psychischen Leiden hat weltweit zu einer Zunahme der Suizidraten beigetragen.
Das britische Amt für Statistik schätzt, dass 20 Prozent der Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter unter Symptomen leidet, die mit psychischen Erkrankungen in Verbindung gebracht werden, aber nicht die Diagnosekriterien einer psychischen Störung erfüllen. Dazu zählen Symptome wie Schlafprobleme, chronische Müdigkeit, Irritierbarkeit und Sorgen. Jede 5. Die Zunahme psychischer Erkrankungen ist eine Herausforderung, die nicht ignoriert werden kann.
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Maßnahmen zur Reduzierung der Stigmatisierung und Förderung der psychischen Gesundheit
Um der zunehmenden Belastung durch psychische Erkrankungen entgegenzuwirken, sind umfassende Maßnahmen notwendig.
- Aufklärung: Um psychische Erkrankungen besser zu verstehen und Menschen dazu zu ermutigen, frühzeitig Hilfe in Anspruch zu nehmen, ist eine breitere Aufklärung erforderlich.
- Verbesserung des Zugangs zu psychologischer Unterstützung: Der Zugang zu psychologischer Unterstützung ist in vielen Ländern immer noch begrenzt. Es sind mehr Psychotherapeuten, Beratungsstellen und niedrigschwellige Hilfsangebote nötig, um die wachsende Nachfrage abzudecken.
- Programme zur Stressbewältigung und Burnout-Prävention: Unternehmen können einen großen Beitrag zur Förderung der psychischen Gesundheit leisten, indem sie Programme zur Stressbewältigung und Burnout-Prävention anbieten.
- Förderung von Resilienz und Achtsamkeit: Die Fähigkeit, mit Stress und Krisen umzugehen, kann trainiert werden. Programme zur Förderung von Resilienz und Achtsamkeit, die bereits in Schulen oder am Arbeitsplatz integriert werden, können langfristig die psychische Gesundheit stärken.
- Finanzielle Mittel für Forschung und Behandlung: Regierungen sollten mehr finanzielle Mittel in die Erforschung, Prävention und Behandlung psychischer Erkrankungen investieren.
Kompetenzgruppe Entstigmatisierung
Wegen der Komplexität und Hartnäckigkeit des Phänomens Stigma wurde von der Arbeitsgruppe zum Gesundheitsziel 9, das Etablieren einer „Kompetenzgruppe Entstigmatisierung“ angeregt. Diese soll Expertise aus Wissenschaft, Versorgungspraxis, Verwaltung, Kultur, Medien sowie Erfahrungswissen bündeln und ein koordiniertes Vorgehen gegen das Stigma psychischer Erkrankungen entwickeln.
Die Kompetenzgruppe Entstigmatisierung ist eine Initiative des BMASGPK, des FGÖ und des DVSV. Kooperationspartner sind u.a. BMB und BMWKMS. Durch die interdisziplinäre und multiperspektivische Expertise der Kompetenzgruppe soll ein breites, gemeinsames, wirkungsorientiertes und koordiniertes Vorgehen gegen Stigmatisierungen psychischer Erkrankungen gebündelt werden. Hierfür wird ein akkordiertes Produkt in Form eines Empfehlungskatalogs erarbeitet. Grundlage für dieses koordinierte multistrategische Vorgehen ist die Entwicklung von Empfehlungen für unterschiedliche Ebenen von Stigma in Form von Zwischenberichten.
Zwischenbericht direkte Stigmatisierung: Empfehlungen zur Reduktion direkter Stigmatisierung von Menschen mit psychischen Erkrankungen. Letzte Aktualisierung: 11.
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