Autismus-Spektrum-Störung: Symptome und Diagnose

Die Autistische-Spektrum-Störung fasst die sehr variablen Ausprägungen autistischer Symptome zusammen. Die Autismus-Spektrum-Störungen (ASS) sind komplexe Entwicklungsstörungen, die insbesondere die Fähigkeit betreffen, in Beziehung mit anderen zu treten und zu kommunizieren. Darüber hinaus sind Interessen und Verhaltensweisen betroffener Menschen eingeschränkt und repetitiv.

Laut der internationalen Klassifikation von Erkrankungen der WHO gehört Autismus zu den tiefgreifenden Entwicklungsstörungen und wird derzeit unter dem Oberbegriff „Autismus-Spektrum-Störung“ (ASS) zusammengefasst. Der Begriff „Spektrum“ weist darauf hin, dass einzelne Personen in sehr unterschiedlichem Ausmaß und Schweregrad betroffen sein können. Die Erkrankung hat immer neurobiologische Ursachen und manifestiert sich in der Regel bereits in der sehr frühen Kindheit.

Beim „Autismus“ handelt es sich laut Definition um eine Entwicklungsstörung. Der Begriff setzt sich aus den griechischen Worten „autos“ (selbst) und „ismos“ (Ort) zusammen und bedeutet frei übersetzt: „bei sich selbst“.

Die Symptome bei Autismus, also der Autistischen-Spektrum-Störung, können in Erscheinung und Intensität sehr unterschiedlich ausfallen. Dabei ist das Symptomspektrum äußerst weitreichend und zeigt eine sehr hohe Varianz. Die meisten autistischen Menschen zeigen drei Hauptmerkmale: Ihre sozialen Fähigkeiten sind gestört, Kommunikation und Sprache sind beeinträchtigt und sie zeigen wiederholte, stereotype Verhaltensweisen und spezielle Interessen. Art und Schweregrad der Symptome sind jedoch individuell unterschiedlich.

Symptome der Autismus-Spektrum-Störung

Grundsätzlich liegen allerdings in drei wesentlichen Lebensbereichen Einschränkungen vor.

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Soziale Interaktion

Vielen Autisten fällt es schwer, Beziehungen zu ihren Mitmenschen aufzubauen. Das fällt oft schon im Säuglingsalter auf. So können viele autistische Kinder keine enge Bindung zu den Eltern aufbauen und nicht auf Reize aus der Umgebung reagieren. Betroffene Kinder tendieren dazu, übermäßig fokussierte Interessen zu haben.

Beispielsweise suchen Babys normalerweise den Blick der Mutter und körperlichen Kontakt, um Nähe aufzubauen. Autistische Babys hingegen weichen meist einem Blickkontakt aktiv aus. Viele ahmen auch das Lächeln ihres Gegenübers nicht nach. Das lässt sie oft teilnahmslos oder starr erscheinen. Manche Eltern vermuten anfangs sogar, ihr Kind sei taub oder blind, weil es kaum Reaktionen auf die Umwelt zeigt.

Auch im späteren Kindesalter sowie im Jugend- und Erwachsenenalter haben Autisten oftmals Probleme, Blickkontakt aufzubauen und zu halten. Bei einer ausgeprägten autistischen Störung können Betroffene zudem kaum freundschaftliche Beziehungen eingehen. So spielen betroffene Kinder am liebsten allein. Ihre Mitmenschen nehmen sie oft nur wahr, wenn diese ihre Bedürfnisse erfüllen sollen (z. B. bei Hunger).

Im sozialen Miteinander haben Autisten/-innen große Schwierigkeiten, da ihnen häufig die Fähigkeit fehlt, sich in Andere hineinzuversetzen. Empathie und das Verständnis für die Gedankengänge des Gegenübers fallen ihnen äußerst schwer. Das führt sehr oft dazu, dass sie sich nicht an gesellschaftliche Konventionen halten oder Schwierigkeiten dabei haben, enge Bindung zu anderen Menschen aufzubauen.

Menschen mit Autismus tun sich oft schwer, die Gefühle anderer Menschen nachzuvollziehen und sich in andere hineinzuversetzen. Auch ihre eigenen Gefühle können sie oft nur schlecht oder gar nicht ausdrücken. So zeigen sie häufig kaum spontane Gefühlsregungen wie Freude oder Interesse an anderen Personen und an verschiedenen Tätigkeiten. Außerdem können Autisten ihre Reaktion oftmals nicht der allgemeinen Stimmungslage anpassen. So kann es etwa passieren, dass sie scheinbar grundlos einen Lachanfall bekommen.

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Kommunikation

Die Sprache von Autisten ist ebenfalls häufig gestört. So können viele Kinder mit frühkindlichem Autismus keine normale Sprache erlernen. Sprechen sie doch, wiederholen sie oft gleiche Sätze. Auch die Sprachmelodie fehlt. Dadurch entsteht manchmal ein roboterhafter Eindruck.

Bei Patienten mit Asperger-Syndrom hingegen ist die Sprache oft sehr hoch entwickelt. Sie wirkt aber manchmal seltsam monoton und gestelzt. An Autismus Erkrankte zeigen sehr oft Auffälligkeiten in der sprachlichen Entwicklung. In einigen Fällen erlernen sie das Sprechen gar nicht oder mit zeitlicher Verzögerung.

Die Sprache wird ferner nicht, wie bei gesunden Personen, interaktiv und dynamisch eingesetzt. Viel mehr sprechen Kinder mit Autismus oder autistische Erwachsene häufig monoton, wiederholen bestimmte Worte immer wieder oder kreieren ganz neue Vokabeln. Darüber hinaus haben sie Probleme, „zwischen den Zeilen“ zu verstehen.

Auch für die Sprache haben Experten wichtige allgemeine Autismus-Symptome definiert:

  • Die Sprachentwicklung hinkt hinterher.
  • Die Kinder versuchen nicht, sich durch ihre Gestik oder Körpersprache auszudrücken.
  • Die Kinder haben Probleme, eine Unterhaltung zu beginnen oder aufrechtzuerhalten.
  • Der Umfang der Sprache ist sehr begrenzt und einseitig.
  • Oft werden Sätze oder Fragen nachgesprochen.

Interessen und Verhaltensmuster

Das dritte große Hauptsymptom bei Autismus ist das oft stereotype Verhalten. So führen viele Betroffene beharrlich bestimmte Handlungen, Rituale und Gewohnheiten aus. Werden sie dabei unterbrochen oder daran gehindert, reagieren Sie teilweise mit Schreianfällen und Panikattacken. Darüber hinaus fällt es von Autismus betroffenen sehr schwer, mit Veränderungen umzugehen.

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Besonders auffällig ist bei vielen ASS-Patienten das Wiederholen von bestimmten Tätigkeiten. Betroffene können sich äußerst ausdauernd mit einer Sache beschäftigen. Dabei kann es sich zum Beispiel um schaukelnde Bewegungen, Fingerspiele oder das Beobachten von sich drehenden Dingen oder Wasser handeln. Autistische Kinder brauchen häufig lange, um windelfrei zu werden.

Oft können sich Autisten auch nicht von ihren Lieblingsdingen trennen und nehmen sie überall hin mit. Außerdem konzentriert sich bei vielen Autisten scheinbar das ganze Interesse auf bestimmte spezielle Details oder Dinge, die sie voll und ganz in Beschlag nehmen.

Zusammengefasst sind bei diesem Symptomkomplex folgende Auffälligkeiten charakteristisch für Autisten:

  • Die Betroffenen befassen sich vornehmlich mit einem ungewöhnlichen Detail oder haben ein ungewöhnliches Interesse.
  • Bestimmte Handlungen oder Rituale können sie nicht aufgeben.
  • Die Handlungen sind oft stereotyp und monoton.
  • An einem Spielzeug suchen sie ein ganz bestimmtes Detail aus, mit dem sie sich beschäftigen. Selten binden sie den kompletten Gegenstand ins Spiel ein.
  • Die Spiele betroffener Kinder sind eher fantasielos und stereotyp. Auch nachahmendes Spielverhalten bleibt aus.

Diagnostik

Bei der diagnostischen Abklärung von Autismus-Spektrum-Beeinträchtigungen werden, neben der bisherigen Entwicklungsgeschichte des Kindes, autismusspezifische Symptome im Rahmen eines Elterninterviews (ADI-R) standardisiert und ausführlich erhoben. Das kindliche Verhalten wird unter Anwendung eines standardisierten, autismusspezifischen Verfahrens (ADOS-2) beobachtet. Der aktuelle Entwicklungsstand bzw. die aktuellen intellektuellen Fähigkeiten werden überprüft.

Weitere für die klinische Gesamtbeurteilung nötige Informationen werden - bedarfsorientiert - eingeholt (klinisch-psychologische Verfahren, Fragebögen, Austausch mit Kindergarten/Schule etc.). Nach Abschluss der Diagnostik besprechen wir im Rahmen eines ausführlichen Befundgespraches alle Ergebnisse und die sich daraus ergebenden Empfehlungen, die weitere Förderung und Therapie betreffen. Die Ergebnisse und Empfehlungen werden darüber hinaus in einem klinisch-psychologischen Befund zusammengefasst.

Therapie und Unterstützung

Je nachdem, welche Einschränkungen oder Begleiterkrankungen auftreten, benötigen Betroffene und alle Beteiligten umfangreiche und intensive therapeutische Begleitung. Therapeutische Unterstützung erfahren Autismus-Spektrum-Störung-Patienten/-innen oft schon sehr früh. Diese zielt auf das Erlernen von “normalen” Verhaltensweisen und Regeln ab. Kommunikative und interaktive Kompetenzen stehen dabei im Mittelpunkt.

Die autismusspezifische Förderung hat das Erreichen der größtmöglichen Selbstständigkeit und Handlungsfähigkeit v.a. in den sozialen, kognitiven, emotionalen sprachlichen und motorischen Bereichen zum Ziel. Individuelle Strukturierungs- und Visualisierungshilfen und klare und nachvollziehbare Aufgabenstellungen helfen und bieten Orientierung. Dabei werden Besonderheiten und Interessen berücksichtigt.

Aufgrund der vielen Besonderheiten des Lebens mit „Autismus“, kann der Alltag, sowohl für Betroffene als auch deren Angehörige, sehr herausfordern sein. In Fachkreisen wird daher eine intensive, langfristige und früh einsetzende Therapie nahegelegt. Dabei stehen Verhaltenstherapie und Kompetenztraining im Vordergrund. Unterstützend kommen häufig auch Physiotherapie oder Ergotherapie zum Einsatz.

Logopäden/-innen unterstützen bei der sprachlichen Entwicklung. Patienten/-innen mit Sprachstörungen, wie sie ASS-Patienten/-innen oft aufweisen, finden Unterstützung bei einem/-r Logopäden/-in. Die Ärztin oder der Arzt kann auch Medikamente verschreiben. Diese wirken jedoch nicht direkt gegen Autismus.

Beispiele: Filme und Serien zum Thema

Die aktuell wohl bekannteste Serie, in der die Hauptfigur Sam Autist ist, heißt "Atypical". Darin geht es - mal humorvoll, mal sehr ernst - um das Aufwachsen von Sam in seiner Familie und seinem Weg ins Erwachsenenleben. Seit dem der Schauspieler Dustin Hoffman im Film "Rain Man" eine autistische Person spielte, so viele Kritiker/innen, sei der Autismus in der Mitte der Gesellschaft angekommen. Das Jahr 1988, in dem der Film erschien, setzte so einen kleinen, aber wichtigen Meilenstein für die Repräsentanz von Menschen im Spektrum.

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