Schizophrenie ist eine psychische Erkrankung, die das Denken und Empfinden von Betroffenen stört. Sie betrifft in Österreich etwa jede hundertste Person und verläuft in der Regel episodisch. Den unter der Krankheit leidenden Personen fällt es schwer, zwischen Wahn und Realität zu unterscheiden. Teile der Wahrnehmung, des Denkens, der Ich-Umwelt, des Affektes und der Psychomotorik können betroffen sein.
Die Erkrankung ist durch vielfältige und teilweise komplexe Symptomatik gekennzeichnet. Eine Schizophrenie kann sich durch verschiedene Verhaltensmuster bzw. Wahrnehmungsstörungen äußern. Die Symptomatik ist interindividuell unterschiedlich.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursache der Schizophrenie ist nicht abschließend geklärt. Mediziner gehen von einer multifaktoriellen Genese aus. Genetische, umweltassoziierte, neurobiochemische sowie strukturelle Einflüsse können Auswirkungen auf die Entstehung der psychischen Erkrankung haben.
Risikofaktoren, die die Entstehung einer Schizophrenie begünstigen können, sind unter anderem:
- Genetische Faktoren: Wenn eine familiäre Vorbelastung vorliegt, besteht eine Wahrscheinlichkeit, die psychische Erkrankung zu erben. Die Rolle der Erblichkeit ist allerdings nicht als alleiniger Einflussfaktor zu betrachten.
- Umweltassoziierte Faktoren: Infektionen der Mutter während der Schwangerschaft oder die Konfrontation mit Schadstoffen oder toxischen Stoffen im Kinder-, Jugend- und frühem Erwachsenenalter (zum Beispiel Nikotin, Alkohol und andere Drogen) können eine Rolle spielen.
Die Wahrscheinlichkeit, an Schizophrenie zu erkranken, kann sich durch genetische Bedingungen erhöhen. Sie liegt weltweit bei circa einem Prozent und erhöht sich bei familiärer Belastung. Bei Kindern schizophrener Eltern erhöht sie sich auf zwölf Prozent. Handelt es sich bei den Kindern um zweieiige Zwillinge, steigt die Wahrscheinlichkeit auf 14 Prozent.
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Verlauf und Symptome
Eine Schizophrenie beginnt in 75 Prozent der Fälle mit einer sogenannten Prodromalphase, auch Vorläuferphase genannt. In dieser Phase kommt es zu einer unspezifischen Symptomatik, die über Monate bis Jahre vor der ersten gesicherten Diagnosestellung Schizophrenie andauern kann. Vordergründig in der Prodromalphase sind Störungen des Sozialverhaltens, des Denkens und des Affektes.
Im Anschluss daran kann die Akutphase folgen, die durch überwiegende Positivsymptomatik, also produktive Symptome, die insbesondere in akuten Phasen der Erkrankung dazu kommen, gekennzeichnet ist. In der postakuten Stabilisierungsphase tritt überwiegend eine Negativsymptomatik auf, wie die Unfähigkeit, Freude zu empfinden, Apathie und Antriebslosigkeit. Aber auch Aufmerksamkeitsstörungen und emotionaler sowie sozialer Rückzug können sich hier zeigen.
In 20 Prozent der Fälle kann eine erste schizophrene Krankheitsepisode in eine Vollremission übergehen. Das bedeutet, dass die Krankheit dann auf einmal nicht mehr nachweisbar ist.
Welche Symptome können bei Schizophrenie auftreten?
- Halluzinationen: Eine Halluzination ist die Wahrnehmung von etwas, das in der Realität nicht da ist. Bei Schizophrenie kommt es häufig zum Hören von Geräuschen oder Stimmen. Diese Stimmen können etwas Freundliches sagen, jedoch auch bedrohlich sein. Betroffene können diese als eigene oder fremde Stimmen wahrnehmen. Oft kommentieren diese Stimmen das Verhalten der betroffenen Person oder geben ihnen „Anweisungen“.
- Wahn: Bei einem Wahn handelt es sich um eine Fehlbeurteilung der Wirklichkeit. Diese führt zu festen Überzeugungen. Am häufigsten tritt Verfolgungswahn auf. Daneben findet sich auch häufig der Wahn, zu etwas Besonderem berufen zu sein. Die Welt um einen herum wirkt sonderbar. Betroffene sehen „Zeichen“, die ihre Wahrnehmung bestätigen. Es kann sich zudem das Gefühl einstellen, dass eine Verschwörung vor sich geht. Es ist möglich, dass ein Wahn zu immer größerer Aggression führt. Viele Menschen mit einer akuten Psychose werden jedoch anderen gegenüber nicht gewalttätig. Sie können auch selbst Opfer von Unfällen oder Gewalt werden.
- Beeinträchtigung der Sprache: Es fällt schwer, Sätze richtig zu formulieren. Betroffene sprechen oft unverständlich.
- Denkstörungen: Das Denken erscheint durcheinander und wirr. Es kommt zur Wiederholung von immer wieder denselben Gedanken.
- Ich-Störung: Bei einer Ich-Störung haben Betroffene beispielsweise das Gefühl, dass andere Menschen ihr Erleben und Denken steuern oder ihre Gedanken lesen.
- Bewegungsauffälligkeiten: Manche Menschen haben einen ziellosen Bewegungsdrang, andere ahmen Bewegungen nach, schneiden Grimassen oder erstarren in ungewöhnlichen Körperhaltungen.
- Auffällige Gefühle: Es kann zu innerer Leere, fehlenden Gefühlen oder depressiver Verstimmung kommen. Auch plötzlicher Stimmungswechsel oder unpassendes Verhalten ist möglich, zum Beispiel lachen in einer unangebrachten Situation.
- Eingeschränkte Denkleistung: Aufmerksamkeit, Konzentration und Gedächtnis sind gestört. Komplexe Aufgaben sind schwierig zu bewältigen.
- Sozialer Rückzug: Betroffene ziehen sich stark vom sozialen Leben (z.B. ihrem Freundeskreis) zurück.
An Schizophrenie Erkrankte haben ein erhöhtes Risiko, sich das Leben zu nehmen (Suizidrisiko). Besonders gefährdet sind Menschen mit einer unbehandelten akuten Psychose und direkt nach der Entlassung aus dem Krankenhaus. Spricht eine Betroffene oder ein Betroffener von Suizid, ist das immer ernst zu nehmen und sofort eine Ärztin oder ein Arzt zu rufen. Die betroffene Person darf in dieser Situation keinesfalls alleine gelassen werden.
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Diagnose
Neben der psychiatrischen Anamnese ist in der Diagnostik einer möglichen Schizophrenie-Erkrankung bei Erstmanifestation psychotischer Symptome auch die Erhebung des psychopathologischen Befundes vorgeschrieben. Eine ausführliche Diagnostik ist von großer Wichtigkeit, da zahlreiche Erkrankungen Schizophrenie-ähnliche Symptome hervorrufen können. Diese können sich beispielweise auch bei Schilddrüsenstörungen, Hirntumoren, Anfallskrankheiten und andere Erkrankungen des Gehirns zeigen.
Alternativ kann die Diagnose auch dann gestellt werden, wenn anhaltende Halluzinationen, Gedankenabreißen oder Denkzerfahrenheit, katatone Symptome (motorische Unruhe oder Bewegungsdrang) oder auffällige Apathie (Teilnahmslosigkeit) auftreten. Die Diagnose Schizophrenie kann weiterhin erst dann gestellt werden, wenn organische oder substanzinduzierte Gehirnerkrankungen ausgeschlossen bzw. nicht als Auslöser dieser Störung festgemacht werden können.
Therapie
Die Therapie einer Schizophrenie setzt sich aus einer individuell abgestimmten Kombination von medikamentöser Therapie, Psychotherapie und anderen zusätzlichen therapeutischen Verfahren (u.a. Ergotherapie, Soziotherapie etc.) zusammen. Viele Patienten werden zu Beginn stationär behandelt und im Anschluss daran ambulant weiter betreut. Behandlungsziel ist es, ein von der schizophrenen Symptomatik weitestgehend unabhängiges Leben in Selbstbestimmung führen zu können. Das beinhaltet eine Symptomreduktion bzw.
Früherkennung und frühe Behandlung sind im Hinblick auf Schizophrenie entscheidend. Je früher mit einer Behandlung begonnen wird, umso besser ist das Ergebnis. Bei betroffenen Personen hängt die Prognose vor allem von der ordnungsgemäßen Einnahme der Medikamente ab. Denn ohne medikamentöse Behandlung erleiden 70 bis 80 Prozent innerhalb eines Jahres nach der Diagnose einen Rückfall. Die medikamentöse Einnahme verringert zudem die Wahrscheinlichkeit einer erneuten Hospitalisierung.
Medikamentöse Behandlung
In der medikamentösen Therapie kommen sogenannte Antipsychotika zum Einsatz, die gegen die Symptome wirken. Zudem können sie Rückfälle vorbeugen, indem sie die Aktivität von bestimmten Botenstoffen im Gehirn hemmen. In der akuten Phase einer Schizophrenie erfolgt die Behandlung meist im stationären Bereich in einem psychiatrischen Spital oder Klinik.
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Zur Behandlung der Schizophrenie können - je nach Form und Ausprägung der Symptome - unterschiedliche Medikamentengruppen zum Einsatz kommen:
- Neuroleptika (Antipsychotika): Sie waren die ersten wirksamen Medikamente zur Behandlung von Psychosen. Indem sie in den Stoffwechsel der Nervenbotenstoffe eingreifen, reduzieren sie Spannungs- und Angstzustände, Wahnvorstellungen und Halluzinationen. Neuroleptika haben aber starke Nebenwirkungen, beispielsweise Muskelsteifigkeit, Zittern, Muskelzuckungen, gedämpfte Emotionen, Müdigkeit, Antriebslosigkeit und verminderte Reaktionsgeschwindigkeit.
- Atypische Neuroleptika: Diese Weiterentwicklungen der „klassischen“ Neuroleptika wirken besser und haben weniger Nebenwirkungen. Bekannte Vertreter sind etwa Risperidon und Clozapin.
- Antidepressiva: Zusätzlich zu den antipsychotischen Medikamenten (klassische bzw. atypische Neuroleptika) verschreibt man manchmal Antidepressiva. Sinnvoll ist das bei Schizophrenie-Patienten, die gleichzeitig depressiv gestimmt sind. Dann können Beruhigungsmittel helfen. Da sie aber abhängig machen, werden sie nach Möglichkeit nur kurzfristig eingesetzt.
Im Gegensatz zu Beruhigungsmitteln machen Neuroleptika nicht abhängig - weder körperlich noch psychisch.
Psychotherapie
Die Psychotherapie gewinnt in der Behandlung der Schizophrenie immer mehr an Bedeutung. Sie kann sich langfristig positiv auf den Verlauf der Krankheit auswirken. Meist wird eine kognitive Verhaltenstherapie gewählt. Wichtige Elemente der psychotherapeutischen Behandlung sind:
- Abbau von Ängsten durch Informationen: Wichtig ist zunächst, den Betroffenen durch ausführliche Informationen zur Schizophrenie die Angst vor der Krankheit zu nehmen. Auch die Angehörigen profitieren von diesem Wissen, weil sie dadurch mehr Verständnis für die Krankheit entwickeln und den Patienten oder die Patientin so besser unterstützen können. Dabei hilft auch ein Kommunikationstraining, das den Umgang mit dem erkrankten Menschen erleichtert.
- Umgang mit Stress und belastenden Situationen: In der Therapie lernen die Betroffenen unter anderem, belastende Situationen, die ihre Symptome verschlimmern können, besser zu bewältigen. Zentraler Aspekt dabei ist der Umgang mit Stress.
- Verarbeitung beängstigender Erlebnisse: Mithilfe einer psychologischen Schizophrenie-Therapie können die Erkrankten auch die beängstigenden Erlebnisse besser verarbeiten, die sie während der akuten Phasen durchlebt haben. Das stabilisiert sie insgesamt.
- Frühwarnzeichen erkennen: Außerdem lernen die Patienten und Patientinnen, die Frühwarnzeichen einer schizophrenen Phase zu erkennen. Diese können ganz unterschiedlich sein. Häufig kündigen beispielsweise Schlafstörungen oder starke Reizbarkeit einen neuen Ausbruch an. Wichtig ist dann, die Stressquellen zu reduzieren und nach ärztlicher Rücksprache die Medikamentendosis eventuell kurzzeitig zu erhöhen.
Unterstützung nach dem Klinikaufenthalt
Nach einem stationären Aufenthalt brauchen die Erkrankten meist auch zu Hause Unterstützung. Diese Aufgabe übernehmen Sozialpädagogen. Sie helfen den Betroffenen, sich im Alltag wieder zurechtzufinden.
Besondere Schwierigkeiten bereiten vielen Patienten und Patientinnen, dass ihre Konzentrationsfähigkeit, ihr Arbeitsgedächtnis und die Fähigkeiten, vorauszuplanen, durch die Krankheit leiden. Dann hilft eine kognitive Rehabilitation. Sie arbeitet mit verhaltenstherapeutischen Maßnahmen sowie einem speziellen Training am Computer. Dadurch steigt die Wahrscheinlichkeit für einen Wiedereinstieg in den Beruf. Außerdem werden Krankheitseinsicht und Therapietreue gestärkt.
Weitere Therapieansätze
- Ergotherapie: Training von kognitiven Funktionen kann z.B. im Rahmen einer Ergotherapie oder klinisch-psychologischen Behandlung erfolgen. Dabei übt die betroffene Person Denkaufgaben, zum Beispiel für das Gedächtnis oder zum Lösen von Problemen. Dies kann den Antrieb und die Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung steigern.
- Bewegungstherapie: Physiotherapie und mit der Ärztin oder dem Arzt abgesprochene sportliche Tätigkeiten können Betroffene ebenfalls unterstützen und zur Steigerung der Lebensqualität beitragen.
- Soziotherapie: Tageszentren, Berufs- und Ausbildungszentren, therapeutische Wohngemeinschaften etc. können helfen, sich beruflich und sozial einzugliedern und ein eigenständiges Leben zu führen.
- Elektrokrampftherapie (EKT): Wenn bisherige Behandlungsangebote (vor allem Medikamente) keinen ausreichenden Therapieerfolg zeigen, kann die Ärztin oder der Arzt eine Elektrokrampftherapie (Elektrokonvulsionstherapie/EKT) empfehlen. Bei dieser wird ein generalisierter Krampfanfall künstlich durch elektrische Erregung des Gehirns erzeugt. Dies geschieht unter kontrollierten Bedingungen in Kurznarkose.
Die Rolle der Angehörigen
Einen prognostisch günstigen Verlauf einer Schizophrenie gibt es, wenn Betroffene sozial gut integriert sind. Die Familie, der Freundeskreis sowie die Arbeitsumgebung können eine Stütze sein und Hilfe im Alltag bieten. Sie spielen demnach eine wichtige Rolle in der Genesung des Erkrankten.
Familie, der Freundeskreis oder die Arbeitsumgebung können Betroffene unterstützen, zum Beispiel durch ein offenes Ohr und Hilfe im Alltag. Für Angehörige ist der Umgang mit der psychischen Erkrankung eines nahestehenden Menschen jedoch auch im Alltag oft sehr belastend.
Zusammenfassende Tabelle der Therapieansätze
| Therapieform | Beschreibung | Ziel |
|---|---|---|
| Medikamentöse Therapie | Einsatz von Antipsychotika, Antidepressiva und Beruhigungsmitteln | Symptomreduktion, Rückfallprophylaxe, Stabilisierung des psychischen Zustands |
| Psychotherapie | Kognitive Verhaltenstherapie, systemische Familientherapie | Angstabbau, Stressbewältigung, Verarbeitung traumatischer Erlebnisse, Erkennen von Frühwarnzeichen |
| Ergotherapie | Training von kognitiven Funktionen | Steigerung des Antriebs und der Fähigkeiten zur Alltagsbewältigung |
| Soziotherapie | Tageszentren, therapeutische Wohngemeinschaften | Berufliche und soziale Wiedereingliederung, eigenständiges Leben |
| Elektrokrampftherapie (EKT) | Künstliche Erzeugung eines Krampfanfalls unter Kurznarkose | Therapie bei unzureichendem Therapieerfolg anderer Behandlungen |
Zusätzlich zur Therapie kann es hilfreich sein, sich in einer Selbsthilfegruppe auszutauschen. Auch Hobbies und eine gute Tagesstruktur unterstützen Betroffene bei der Bewältigung des Alltags.
Haben Sie den Verdacht, an einer Schizophrenie zu leiden, oder möchten Sie jemandem aus Ihrer Umgebung helfen, ist die Fachärztin oder der Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin) die erste Anlaufstelle. Sie können auch zuerst ein Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt für Allgemeinmedizin führen. Diese oder dieser leitet dann weitere Schritte ein (z.B. Überweisung an eine Fachärztin oder einen Facharzt bzw. an eine Ambulanz). Für Jugendliche unter 18 Jahren stehen auch Fachärztinnen und Fachärzte f...
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