Bei Wahn handelt es sich um eine Fehlbeurteilung der Realität. Unter einem Wahn versteht man eine unkorrigierbare Fehlbeurteilung der Wirklichkeit. Die Übergänge zwischen normalen Vorstellungen und krankhaften Wahnvorstellungen sind meist fließend. Entscheidend ist die subjektive Gewissheit der Patient:in über die Wahninhalte.
Ursachen von Wahnvorstellungen
Die Ursachen des Wahns sind noch nicht vollends erforscht. Neuere Studien gehen davon aus, dass Störungen in einer bestimmten Region im Frontallappen des Gehirns (der ventromediale präfrontale Cortex) die Wahnvorstellungen auslösen könnten, unter Einfluss des Botenstoffs Dopamin. Diese Hirnstrukturen sind unter anderem dafür verantwortlich, wie subjektive Vorstellungen über die Realität geschaffen werden, welche Gefühle in verschiedenen Situationen empfunden werden und geben Einsicht darüber, was man selbst und was andere denken.
Bei Wahn werden realen Sinneswahrnehmungen (z. B. ein Auto, das vor der Haustür parkt) abnorme Bedeutungen zugeordnet (z. B., dass man von jemandem überwacht wird). Wahnvorstellungen beginnen mit einer Wahnstimmung, also dem unbestimmten Gefühl, dass irgendetwas vor sich geht. Nach und nach tritt die Wahngewissheit ein - einzelne Wahnerlebnisse (z. B. Auto, das vor der Tür steht; Mann, der einen seltsam angesehen hat) werden verknüpft, manchmal zu zusammenhängenden Wahnsystemen, in die auch andere Personen einbezogen werden.
Arten des Wahns
Man unterscheidet folgende Wahnthemen:
| Wahnthema | Symptome | Vorkommen |
|---|---|---|
| Beeinträchtigungswahn | Ständige Benachteiligung und Ungerechtigkeiten werden wahrgenommen | Besonders bei älteren Menschen (ab dem 6. / 7. Lebensjahrzehnt) |
| Beziehungswahn | Erkrankte:r hat das Gefühl, alles um ihnherum geschieht seinetwegen und um ihm ein Zeichen zu geben; Gefühl, dass andere über einen spotten und lachen | Häufigstes Thema bei wahnhafter Störung und oft bei beginnender Schizophrenie |
| Dermatozoenwahn | Überzeugung, dass kleine Tierchen, Würmer oder Parasiten den Körper befallen haben, verbunden mit Halluzinationen des Spürsinns (Krabbeln auf oder unter der Haut) | Vorwiegend bei älteren Frauen, öfters im Zusammenhang mit Demenz; tritt vor allem bei organisch psychischen Störungen auf |
| Doppelgängerwahn | Erkrankte:r ist überzeugt, dass eine Bezugsperson eine Doppelgänger:in hat oder die eigene Person durch eine Doppelgänger:in verdrängt wird | Kann unter anderem bei Schizophrenie, Demenz auftreten |
| Dysmorphophobie | Wahnhafte Idee, dass man von anderen, aufgrund von tatsächlichen oder eingebildeten Missbildungen des Körpers, abschätzig beurteilt wird | Gelegentlich bei beginnender Schizophrenie |
| Eifersuchtswahn | Betroffene Person ist unkorrigierbar von der Untreue der Partner:in überzeugt | Bei wahnhafter Störung, Alkoholismus, Schizophrenie; bei Männern häufiger als bei Frauen |
| Eigengeruchsparanoia | Eingebildete Wahrnehmung eines unangenehmen eigenen Körpergeruchs | Z. B. als Symptom von schizophrenen Störungen |
| Größenwahn | Eigene Person, Fähigkeiten und Bedeutung werden maßlos überschätzt | Bei Schizophrenie, Manie, organischen psychischen Störungen |
| Hypochondrischer Wahn | Krankheitswahn; umfasst unter anderem Eigengeruchsparanoia, Dysmorphophobie, Dermatozoenwahn | Unter anderem bei Schizophrenie, Demenz |
| Kleinheitswahn | Gegenstück zum Größenwahn - Betroffene zweifeln ihre Fähigkeiten, manchmal sogar ihre Existenz an; Gefühl der Ohnmacht | Unter anderem in Verbindung mit Depressionen |
| Liebeswahn | Wahnhafte Idee, von einer bestimmten Person geliebt zu werden | Oft bei wahnhafter Störung, bei Frauen häufiger als bei Männern |
| Querulantenwahn | Wahnhafte Überzeugung, ständig Rechtskränkungen zu erleiden | Auslöser sind tatsächliche oder eingebildete Ungerechtigkeiten, Persönlichkeit meist starrsinnig und rechthaberisch (paranoide Persönlichkeitsstörung) |
| Schuldwahn | Überzeugung, dass man schuld an einem Verbrechen oder einer sonstigen Verfehlung ist | Unter anderem in Verbindung mit Depressionen |
| Verarmungswahn | Wahnhafte Idee, vor dem finanziellen Ruin zu stehen | Unter anderem in Verbindung mit Depressionen |
| Verfolgungswahn | Erkrankte:r hat das Gefühl, bedroht und verfolgt zu werden bzw., dass ein Komplott (gegen ihn) geschmiedet wird | Besonders häufig bei Schizophrenie |
Diagnose
Wahn ist oft schwer zu diagnostizieren, besonders wenn der Wahn (wie in der anhaltenden wahnhaften Störung) isoliert auftritt. Die Übergänge zwischen normalen Vorstellungen (z. B., dass man nachts auf der Straße verfolgt wird), wie sie auch gesunde Personen haben, und krankhaften Wahnvorstellungen sind fließend.
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Behandlung
Die Behandlung eines Wahns kann mittels Psychotherapie oder Medikamenten erfolgen. Die Therapie erfolgt mittels Medikamente und Gesprächstherapie. Dabei ist zu beachten, dass Psychopharmaka nicht immer Wirkung zeigen, was unter anderem an der unklaren zugrundeliegenden Ursache der Wahnvorstellungen liegt.
Auch die psychotherapeutischen Gespräche werden zum Teil schlecht angenommen, da die Betroffenen so sehr von ihren Wahnwahrnehmungen überzeugt sind, dass sie die objektive Realität, die neben ihrer subjektiven Realität besteht, nicht akzeptieren können. Es ist wichtig, dass die Betroffen:e versucht, durch den Wahn vernachlässigte Aufgaben (z. B. die Ausbildung) wieder aufzugreifen und auch die sozialen Kontakte wieder stärker zu pflegen, wenn das durch den Wahn nicht möglich war.
Zusätzlich sollten Menschen mit Wahnvorstellungen keine Drogen (z. B. Alkohol) konsumieren. Erkrankte Personen lassen sich oft ungern therapeutisch oder medikamentös behandeln. Bei manchen Arten des Wahns (z. B. Verfolgungswahn) ist der Verlauf chronisch.
Medikamente bei Psychose
Psychosen werden mit sogenannten typischen Antipsychotika wie Haloperidol behandelt. Diese Arzneimittel wirken sehr gut gegen Halluzinationen und Wahnvorstellungen, haben jedoch starke Nebenwirkungen. Zu den häufigsten gehören:
- Müdigkeit
- Antriebslosigkeit
- Gewichtszunahme
- Bewegungsstörungen
- Muskelzuckungen
Um diese Nebenwirkungen zu vermeiden, werden mittlerweile oft neu entwickelte sogenannte atypische Antipsychotika verschrieben. Sie sind meist besser verträglich, führen jedoch im Einzelfall ebenfalls zu Müdigkeit und Gewichtszunahme.
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Trotz der möglichen Nebenwirkungen ist es ganz wichtig, dass der Patient die verschriebenen Antipsychotika konsequent einnimmt - so lange, wie vom Arzt verordnet. Das verhindert Rückfälle. Manche Patienten werden ihr Leben lang medikamentös behandelt.
Patienten, deren Psychose auf einer bipolaren Störung beruht, werden zusätzlich mit Stimmungsstabilisatoren wie Lithium behandelt. Geht die Psychose mit einer Depression einher, helfen Antidepressiva.
Psychotherapie bei Psychose
Ergänzend zur medikamentösen Behandlung stabilisiert oft eine Psychotherapie die Patienten zusätzlich. Für die Psychosetherapie sind zwei psychotherapeutische Methoden besonders geeignet: die Psychoedukation und die kognitive Verhaltenstherapie.
Psychoedukation
Die Diagnose "Psychose" führt oft dazu, dass Patienten und Angehörige stark verunsichert und geängstigt sind. Die gezielte, umfassende Aufklärung über die Erkrankung (Psychoedukation) hilft den Betroffenen, ihre Ängste zu bewältigen sowie Vorurteile, falsche Vorstellungen und Schuldgefühle abzubauen. Außerdem werden Patienten und Angehörige darin geschult, erste Anzeichen einer Psychose zu erkennen, um auf eventuell auftretende Rückfälle frühzeitig aufmerksam zu werden.
Kognitive Verhaltenstherapie
Dabei erlernen Patienten spezielle Techniken, mit denen sich Wahnvorstellungen kontrollieren sowie depressive Symptome, Ängste und Stress abbauen lassen. Denn auch Medikamente schützen nicht immer vor einem erneuten Schub.
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Außerdem trainieren die Patienten ihre sozialen Fähigkeiten, um Stress abzubauen, soziale Kontakte zu stärken und gelassener mit belastenden Situationen umzugehen.
Wenn diese psychischen Störungen nicht frühzeitig mit Psychotherapie und Medikamenten behandelt werden, kommt es zu einem schwereren Krankheitsverlauf.
Unter 142 erreichen Sie rund um die Uhr die kostenlose Telefonseelsorge.
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