Psychotherapie: Auswirkungen auf Familie

Jeder Mensch ist in mehreren Systemen eingebunden, wie z.B. in die Familie, die Arbeitsstelle, die Schule, dem Verein, der Peergruppe usw. Durch dieses Zusammenspiel bilden sich bestimmte wechselseitige Verhaltens- und Reaktionsmuster.

Die Rolle der Familientherapie

Innerhalb einer Familie kann es zu vielerlei Problemen kommen. Unterschiedliche Weltanschauungen, Generationen und Charaktere prallen aufeinander und Möglichkeiten, den anderen Familienmitgliedern aus dem Weg zu gehen, gibt es kaum. Die daraus resultierenden Konflikte können mithilfe einer professionellen Unterstützung - wie zum Beispiel in Form einer Familientherapie - aufgearbeitet werden, um sich wieder stärker auf die Gemeinsamkeiten zu fokussieren.

Die Familientherapie ist ein psychologisches Verfahren, das die Familie in die Lösung psychischer Probleme einbezieht. Störungen, die zunächst nur ein einzelnes Familienmitglied zu betreffen scheinen, wurzeln nämlich oft in unterschwelligen Konflikten innerhalb der Familie oder werden durch diese verstärkt.

Der Familientherapeut hilft dabei, die verborgenen Konflikte aufzudecken und zu lösen sowie offen und respektvoll miteinander umzugehen.

Wann ist eine Familientherapie sinnvoll?

Eine Familientherapie wird oft dann zurate gezogen, wenn die Probleme einer Person direkt mit der Familie zusammenhängen. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen ist es wichtig, die Familie in die Therapie einzubinden.

Lesen Sie auch: Verfahren in der Analytischen Psychotherapie

Die Familie hat einen bedeutenden Einfluss auf die Entwicklung von Heranwachsenden. Psychische Störungen bei Kindern und Jugendlichen können ihre Ursache in gestörten Familiensystemen haben.

Außerdem kann eine Familientherapie hilfreich sein, wenn Veränderungen im Familiensystem Probleme erzeugen. So kann ein Familientherapeut eine Familie zum Beispiel bei einer Scheidung der Eltern oder einem Todesfall unterstützen oder wenn nach der Trennung ein neuer Partner in eine Familie kommt.

Daneben können auch Patienten mit Depression, Bipolarer Störung oder einer Angsterkrankung von einer Familientherapie profitieren.

Ziele und Methoden der Familientherapie

Selbstverständlich kann man sagen, dass es allgemeine Ziele gibt, die man mithilfe einer Familientherapie zu erreichen versucht. Dazu zählt, eine angenehme Diskussions- und Kommunikationsebene zu etablieren, die von gegenseitigem Respekt und Verständnis geprägt ist, so dass das Zusammenleben innerhalb der Familie funktioniert und sich die Beziehungen untereinander positiv entwickeln.

Jedoch ist es auch wichtig, dass zu Beginn der Familientherapie mit mir gemeinsam ein spezifisches Ziel definiert wird, das wir innerhalb der vereinbarten Therapiesitzungen erreichen wollen. Das können einfach zu formulierende Dinge sein - wie der Wunsch weniger zu streiten - aber auch komplexere Anliegen, wie die Implementierung von Konfliktlösungsansätzen im Alltag oder eine offenere Kommunikation.

Lesen Sie auch: Funktional-Analytische Psychotherapie: Eine Definition

Mir als Therapeutin stehen eine Vielzahl von Methoden und Techniken zur Verfügung, um eine Familie auf ihrem Weg zum gemeinsam definierten Ziel zu unterstützen. Dabei ist es mir vor allem wichtig, meinen Klienten auf Augenhöhe und mit Respekt zu begegnen, so dass wir in einem moderierten und geschützten Rahmen herausabreiten können, welche Stärken und Gemeinsamkeiten die Familie verbindet.

Methoden im Detail:

  • Genogramm: Um an das gemeinsam definierte Ziel zu gelangen, nutze ich während der Familientherapie spezielle Fragetechniken, mit deren Hilfe ich versuche, neue Perspektiven aufzuzeigen.
  • Familienskulptur: Durch die Visualisierung der unterschiedlichen Perspektiven jedes Familienmitglieds kann eine andere Art von Verständnis ermöglicht werden.
  • Reframing: Hierbei wird eine Situation, oder etwas, das geschehen ist, in ein vollkommen neues Licht gerückt; also umgedeutet.

Auswirkungen von Trennung und Scheidung

Nach einer Scheidung fragen sich Eltern häufig, wie sich die Trennung auf die Kinder auswirkt. Später kommt die Frage hinzu, wie die Zusammenführung der neuen Familienmitglieder von statten gehen soll. Wieviel Mitspracherecht bekommt der neue Partner, oder die neue Partnerin? Wieviel möchte er, oder sie sich überhaupt einbringen?

Es ist wichtig, dass die Kinder nicht das Gefühl haben, sich für oder gegen einen Elternteil entscheiden zu müssen. Hilfreich ist, wenn die Expartner die die Elternschaft auch nach der Trennung verbindet, bereit sind flexibel zu sein und Kompromisse einzugehen.

Kommt es zu ständigen Machtkämpfen und werden Besitzansprüche und Kränkungen über die Kinder ausgetragen, wirkt sich das vor allem negativ auf die Kinder aus. Förderlich für die Kinder ist, wenn die Eltern einen wertschätzenden Umgang miteinander pflegen und nicht schlecht über den Expartner vor den Kindern reden und Vereinbarungen verlässlich eingehalten werden.

Konflikte und Erziehung

Manchmal verhalten sich die Kinder nicht so wie es von den Eltern erwartet wird und manchmal verhalten sich die Eltern nicht so, wie sich die Kinder das wünschen würden. Uneinigkeiten gehören zum Leben dazu, denn kein Mensch kann sich einem anderen so anpassen, dass er seine Gefühle, Meinungen und Überzeugungen gänzlich ablegt.

Lesen Sie auch: Psychotherapie: Was Sie wissen sollten

Streiten zu können ist genauso wichtig wie das „angemessene“ Verhalten, Empathie, oder das Beherrschen von Alltagsfertigkeiten. Natürlich spielt das Temperament einer Person eine entscheidende Rolle, wie ein Streit verlaufen kann. Egal ob es ihnen bewusst ist oder nicht - die Eltern nehmen dabei eine Vorbildfunktion ein.

Da Kinder sowieso merken, wenn zwischen den Eltern dicke Luft herrscht, können diese auch ruhig vor den Kindern streiten. Ein Streit an sich ist nichts Negatives, nur die Auswirkungen dessen können als negativ erlebt werden.

Zum Beispiel wenn es zu Abwertungen und Beschimpfungen kommt, keine Lösung gefunden wird und die Folge verhärtete Fronten sind, oder die Beziehung infrage gestellt wird.

Klare Grenzen und Regeln

Um sich zu psychisch gesunden Erwachsenen entwickeln zu können brauchen Kinder Sicherheit, Halt und Orientierung durch klare Grenzen und verbindliche Regeln. Die Kinder müssen natürlich vorher wissen, was sie bei Nichteinhaltung der Regeln erwartet.

Die Konsequenzen der Regelverletzung müssen unmittelbar stattfinden, damit sie für das Kind logisch und nachvollziehbar sind. Das bedeutet jedoch nicht, dass es keine Ausnahmen geben soll, die Eltern können natürlich auch mal ein Auge zudrücken.

Schwierig wird es, wenn sich Ausnahmen häufen und die Eltern durch die ständigen Änderungen von den Kindern als unberechenbar und inkonsequent erlebt werden.

Wird das Kind älter - sollen sich natürlich auch erzieherische Regeln und familiäre Grenzen ändern und auf das Lebensalter des Kindes wieder abgestimmt werden.

Die Rolle der Eltern

Durch die Forderung an die Kinder die Regeln einzuhalten und wenn notwendig auch die Konsequenzen umzusetzen, kommen Eltern mit dem unangenehmen Teil der Erziehung in Berührung. Kinder lernen so von ihren Eltern wie diese mit frustrierenden Situationen und Provokationen (von denen es in jeder Familien genügend gibt) umgehen - aus der Reaktion der Eltern auf solche Situationen entwickelt das Kind seine eigene Frustrationstoleranz.

Eltern sein bedeutet auch mal den bösen Part zu übernehmen und etwas zu verbieten. Jedoch sollte nicht nur immer ein Elternteil der „Böse“ sein müssen. Generell gilt - wird unerwünschtes Verhalten getadelt, sollte man erwünschtes Verhalten auch loben.

Lob motiviert das Kind und richtet die Aufmerksamkeit auf das, was dem Kind schon gelingt. Lob stärkt das Selbstbewusstsein und die Selbständigkeit des Kindes. Lob motiviert mit dem positiven Verhalten weiter zu machen.

Familie als Refugium

Familie sollte immer auch ein Refugium sein. Ein Ort, an den du dich zurückziehen kannst und an dem du so geliebt wirst, wie du bist. Ist das aus irgendeinem Grund nicht mehr möglich, kann eine Familientherapie dabei helfen, zerrüttete Beziehungen innerhalb eines Familiensystems wieder in richtige Bahnen zu lenken und Konflikte zu lösen.

Häufige Probleme in Familien

  • Konflikte und Spannungen im Familienalltag
  • Unstimmigkeiten zwischen den Eltern über Erziehungsfragen
  • Geschwisterthemen (z.B. Eifersucht, neues Geschwisterkind)
  • Psychischen Problemen eines Kindes (z.B. Ängsten, Einnässen und Einkoten, Zwänge, starke Wutanfälle, psychosomatischen Beschwerden wie Bauchweh/Kopfweh, Leistungsproblemen, Schulverweigerung)
  • Wunsch nach positiver Veränderung des Familienklimas
  • Problemen in der Paarbeziehung nach der Geburt der Kinder
  • Veränderungen in der Familie (z.B. Patchwork)
  • Belastenden Ereignissen (z.B. schwere Krankheit, Todesfall)
  • Psychischer Krankheit eines Familienmitgliedes

Parentifizierung: Wenn Kinder Eltern werden

In unserer Gesellschaft gibt es ein wenig beachtetes Phänomen, das tiefgreifende Auswirkungen auf Familienstrukturen und die psychische Gesundheit hat: Eltern, die nicht in der Lage sind, ihre Erwachsenenrolle zu übernehmen, und Kinder, die gezwungen werden, Verantwortung zu tragen, die weit über ihr Alter hinausgeht. Das Kind wird zum emotionalen Stützpunkt der Eltern und trägt deren Sorgen, Konflikte oder Ängste.

Was können wir als Gesellschaft tun?

  • Bewusstsein schaffen: Parentifizierung ist ein wenig bekanntes Thema. Öffentliche Diskussionen und Bildungsinitiativen können helfen, das Bewusstsein für dieses Problem zu schärfen.
  • Unterstützungsangebote ausbauen: Familien brauchen zugängliche Angebote wie Erziehungsberatung, finanzielle Hilfen und psychologische Unterstützung.
  • Sensibilisierung von Institutionen: Schulen und soziale Einrichtungen können geschult werden, um Anzeichen von Parentifizierung frühzeitig zu erkennen und betroffene Kinder zu unterstützen.
  • Stärkung von Resilienz: Programme, die Kindern helfen, ihre eigene Resilienz zu entwickeln und ihre Bedürfnisse zu erkennen, sind essenziell.

tags: #Psychotherapie #Auswirkungen #auf #Familie