Akromegalie ist eine seltene Erkrankung, die durch einen gutartigen, hormonproduzierenden Tumor (Adenom) der Hirnanhangdrüse (Hypophyse) verursacht wird. Bei der Akromegalie (altgriechisch akros = äußerst und megas = groß) produziert das zugrunde liegende Hypophysenadenom einen unkontrollierten Überschuss an Wachstumshormon.
Häufigkeit und Diagnoseverzögerung
Für Akromegalie liegen in der Literatur sehr unterschiedliche Zahlen hinsichtlich der Häufigkeit vor - jene zur Inzidenz reichen bis 1,1/100.000 Personen/Jahr und die Prävalenz wird mit bis zu 13,7/100.000 Personen angegeben. Aufgrund der meist langsamen Entwicklung der physiognomischen Veränderungen werden diese sowohl von Betroffenen als auch von deren Umgebung häufig über Jahre hinweg nicht wahrgenommen.
Vom Symptombeginn bis zur Diagnose einer seltenen Erkrankung vergehen im Durchschnitt vier bis fünf Jahre, manche Erkrankte warten länger als eine Dekade auf ihre richtige Diagnose. Bis dahin erhalten Betroffene oft Fehldiagnosen und - wenn überhaupt - symptomatische Therapien.
Symptome der Akromegalie
Die äußeren Symptome der Akromegalie sind zum Zeitpunkt der Diagnosestellung oft unverkennbar. Betroffene entwickeln häufig grobe Gesichtszüge, einschließlich einer vorstehenden Stirn und eines vorstehenden Kiefers, sowie große, vor allem in der Breite verdickte Hände und Füße.
Behandlungsmöglichkeiten der Akromegalie
Grundlegend geht es bei der Therapie der Akromegalie darum, den Tumor der Hirnanhangsdrüse zu verkleinern und damit die vermehrte Ausschüttung des Wachstumshormons zu normalisieren. Hierfür gibt es verschiedene Möglichkeiten:
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- Operation: Im Idealfall entfernt ein Chirurg das Adenom (gutartiger Tumor, der von Drüsen ausgeht) der Hirnanhangsdrüse durch eine Operation. Die Operation erfolgt meist minimalinvasiv mittels eines Endoskops - der Arzt versucht also, so wenig Gewebe wie möglich zu beschädigen.
- Medikamentöse Behandlung: Erst seit Anfang der 2000er Jahre stehen Medikamente zur Behandlung der Akromegalie zur Verfügung, die sogenannten Somatostatin-Analoga. Somatostatin-Analoga sind künstlich hergestellte Hormone, die Patienten mit Akromegalie durch regelmäßige Spritzen in einer angepassten Dosierung verabreicht werden.
- Strahlentherapie: Die Strahlentherapie bei Akromegalie kommt dann zum Einsatz, wenn eine Operation nicht möglich ist oder wenn sich der Tumor nicht vollständig entfernen ließ. Die Bestrahlung erfolgt in der Regel über fünf bis sechs Wochen mit jeweils vier bis fünf Sitzungen pro Woche.
Erfolgsraten und Risiken der Operation
Bei mehr als 90 Prozent der Betroffenen ist der Eingriff erfolgreich, und die Akromegalie-Symptome verbessern sich. Das Risiko, bei dem Eingriff zu sterben, liegt bei unter 0,5 Prozent. Schwere Komplikationen, wie eine Minderdurchblutung oder Blutungen des Gehirns sowie Infektionen, treten in 1,5 Prozent der Fälle auf. Es ist möglich, dass der Tumor der Hirnanhangsdrüse wiederkommt, die Wahrscheinlichkeit dafür liegt fünf Jahre nach dem Eingriff bei zwei bis acht Prozent.
Medikamentöse Behandlung im Detail
Es gibt zwei verschiedene Wirkstoffe, die Ärzte aktuell bei Akromegalie anwenden: Lanreaotid und Octreotid. Sie setzen sie beispielsweise ein bei Patienten, die nicht operiert oder bestrahlt werden können, bei denen die Operation oder Bestrahlung erfolglos verlief oder die aus einem anderen Grund eine medikamentöse Behandlung benötigen.
Bei einem Großteil der Patienten (60 Prozent) verkleinert sich der Tumor durch die Einnahme der Medikamente. Bei anderen Betroffenen (17 bis 35 Prozent) normalisiert sich der IGF-1-Wert, wobei dies von der Ausgangslage der Erkrankung (Größe des Tumors, Voroperation, Laborwerte) abhängt. Häufige Nebenwirkungen sind Magen-Darm-Beschwerden sowie unter anderem lokale Schmerzen an der Einstichstelle durch die Spritze.
Strahlentherapie und ihre Wirkung
Die Wirkung der Strahlentherapie ist bei der Akromegalie verzögert: Erst nach mehreren Jahren tritt ein Effekt ein, weshalb Betroffene bis zu diesem Zeitpunkt Medikamente einnehmen sollten.
Die Strahlentherapie ruft unter Umständen neurologische Veränderungen hervor. Unter anderem kann es durch die Strahlen zu einer Unterfunktion der Hirnanhangsdrüse sowie zu psychischen und neurologischen Folgeerkrankungen kommen. Um dies zu verhindern, erfolgt die Bestrahlung sehr exakt und wird mithilfe von bildgebenden Geräten (wie MRT) kontrolliert.
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Wichtigkeit der Nachsorge
Auch nach einer erfolgreichen Behandlung der Akromegalie ist es notwendig, sich in regelmäßigen Abständen untersuchen zu lassen. Zum einen wird mit Laboruntersuchungen beobachtet, ob sich die Wachstumshormone weiterhin im Normbereich bewegen. Zudem ist ein MRT drei bis sechs Monate nach einer Operation, sowie ein Jahr nach dem Beginn der medikamentösen Therapie und nach der Strahlentherapie empfehlenswert.
Zum anderen ist es wichtig, mögliche Folgeerkrankungen schnell zu erkennen. Da Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu den häufigsten Sterbeursachen bei Patienten mit Akromegalie zählen, ist es empfehlenswert, regelmäßige Kontrollen beispielsweise auf Bluthochdruck oder Herzrhythmusstörungen beim Arzt wahrzunehmen.
Nebensymptome und Begleiterkrankungen
Die Akromegalie geht mit Veränderungen der Haut einher. Der Großteil der Betroffenen schwitzt vermehrt, vor allem nachts. Die Kollagenproduktion der Haut ist erhöht, sie ist oft verdickt und ölig. Unabhängig von der Größe des Tumors der Hirnanhangsdrüse treten häufig Kopfschmerzen auf.
Zudem neigt die Stimme dazu, im Laufe der Zeit tiefer und klangvoller zu werden. Grund dafür ist, dass sich der Knorpel im Kehlkopf verdickt und die Schallräume der Stimme, die Nebenhöhlen und die Stirnhöhle, sich vergrößern.
Auswirkungen auf das Herz-Kreislauf-System
Akromegalie führt zu verschiedenen Erkrankungen des Herz-Kreislauf-Systems. Bis zu 50 Prozent der Patienten haben einen erhöhten Blutdruck (arterielle Hypertonie). Dieser tritt umso häufiger auf, je länger die Krankheit besteht. Auslöser des erhöhten Drucks sind das hohe Blutvolumen und die weiteren Begleiterkrankungen.
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Bei Menschen mit Akromegalie verändert sich über die Zeit auch das Herz: Es vergrößert sich beispielsweise oder die Herzklappen funktionieren nicht mehr so, wie sie sollen. Zunehmende Herzbeschwerden unter anderem mit Atemnot sind die Folge, vorerst nur unter Belastung, später auch in Ruhe. Auch Herzrhythmusstörungen treten auf.
Auswirkungen auf die Atmung
Mindestens die Hälfte der Menschen mit Akromegalie, und insbesondere die männlichen Betroffenen, haben ein Schlafapnoe-Syndrom. Dieses ist gekennzeichnet durch kurzzeitige und unbewusste Atemaussetzer während des Schlafes. Häufig schnarchen Betroffene stark. Tagesmüdigkeit sowie Kopfschmerzen am Morgen sind Hinweise auf eine Schlafapnoe.
Auswirkungen auf das Skelett
Menschen mit Akromegalie haben häufig Gelenkschmerzen, denn teilweise weiten sich die Gelenkspalten von Knien, Schultern, Händen und Hüften. Am ganzen Körper verdickt das Knochen- und Knorpelgewebe, und die Ansätze von Sehnen und Bändern verknöchern. Neben den Gelenken verhärtet sich dadurch auch der Brustkorb und wird insgesamt unflexibler, wodurch wiederum Atembeschwerden entstehen.
Bei 40 bis 50 Prozent der Patienten ist auch die Wirbelsäule betroffen. Rückenschmerzen, vor allem im unteren Rücken, sind häufig. Zudem kommt es oft zu Brüchen (Frakturen) einzelner Wirbelkörper.
Stoffwechselerkrankungen bei Akromegalie
Die Akromegalie wird häufig von Diabetes mellitus (20 bis 56 Prozent) und einer Glukoseintoleranz (16 bis 46 Prozent) begleitet. Zudem zeigen sich oft erhöhte Blutfettwerte. Beides hängt damit zusammen, dass die vermehrte Ausschüttung des Wachstumshormons den Blutzuckerspiegel sowie die Blutfette beeinflusst.
Erhöhtes Krebsrisiko
Menschen mit Akromegalie haben ein erhöhtes Risiko für Schilddrüsenkrebs und Darmkrebs. Aus diesem Grund sind regelmäßige Vorsorgeuntersuchungen, insbesondere bei Betroffenen über 40 Jahre, ratsam.
Auswirkungen auf das Nervensystem
Die Akromegalie wirkt sich auch auf das Nervensystem aus. Gelenkschmerzen und Kopfschmerzen sind häufige Folgen. Oft bessern sich die Beschwerden durch Medikamente. Unterstützend helfen Bewegungs- und Entspannungsübungen.
Des Weiteren ist das Karpaltunnelsyndrom typisch für die Akromegalie. Hier wird ein Nerv im Handgelenk durch das umliegende Gewebe eingeengt und schmerzt dadurch. Im Rahmen neurologischer Begleiterkrankungen ist zudem mit psychischen Störungen zu rechnen. Viele Betroffene leiden unter Depressionen oder haben Probleme mit dem Gedächtnis und der Aufmerksamkeit.
Psychische Auswirkungen
Im Rahmen neurologischer Begleiterkrankungen ist zudem mit psychischen Störungen zu rechnen. Viele Betroffene leiden unter Depressionen oder haben Probleme mit dem Gedächtnis und der Aufmerksamkeit.
Zusammenfassung
Akromegalie ist eine komplexe Erkrankung, die vielfältige Auswirkungen auf den Körper haben kann. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung sind entscheidend, um die Lebensqualität der Betroffenen zu verbessern und Folgeerkrankungen vorzubeugen.
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