Psychologische Sicherheit: Definition und Bedeutung am Arbeitsplatz

Psychologische Sicherheit am Arbeitsplatz schafft eine Arbeitsumgebung und ein Teamklima, das sicher genug ist, um zwischenmenschliche Risiken einzugehen und Bedenken, Fragen und Ideen zu äußern. Es ist also das Vertrauen, dass niemand vom Team wegen einer Äußerung bloßgestellt, zurückgewiesen oder bestraft wird. Psychologische Sicherheit ist damit schon per Definition eng verwandt mit den Themen Vertrauen, Respekt und gegenseitige Wertschätzung. Als Agile Coach, der sich auf Teamentwicklung und Führungskräfte-Coaching spezialisiert hat, bin ich täglich mit der Bedeutung psychologischer Sicherheit konfrontiert.

Definition von Psychologischer Sicherheit

Psychologische Sicherheit beschreibt das Vertrauen und die Sicherheit, die Mitglieder eines Teams empfinden, wenn sie ihre Meinungen, Ideen und Bedenken frei äußern können, ohne Angst vor negativen Konsequenzen oder Ablehnung zu haben. Psychologische Sicherheit ist ein essentieller Faktor für erfolgreiche Teamentwicklung und Führungskräfte-Coaching.

Die Psychologische Sicherheit (Psychological Safety) ist spätestens seit der groß angelegten „Google Studie“ in aller Munde.

Der Internet-Multi hat dabei sämtliche, nicht nur psychologische, Faktoren untersucht, was erfolgreiche Teams ausmacht. Nicht wer dabei ist, welche Tools und Methoden man nutzt ist entscheidend - sondern WIE man miteinander umgeht. Oder anderes ausgedrückt: Wie hoch die Psychologische Sicherheit ausgeprägt ist.

Definition: Psychologische Sicherheit ist die Überzeugung, dass man Ideen, Fragen, Meinungen vorbringen oder auch Fehler machen darf, ohne persönlich angegriffen bzw. unhöflich oder untergriffig behandelt zu werden.

Bedeutung für Teams und Organisationen

Psychologische Sicherheit ist ein entscheidender Faktor für die effektive Zusammenarbeit in Teams. Wenn sich Teammitglieder sicher fühlen, können sie ihre Fähigkeiten und ihr Wissen voll einbringen. Dies führt zu einer offenen Kommunikation, einem besseren Ideenaustausch und einer höheren Innovationskraft. Teammitglieder sind motivierter, Verantwortung zu übernehmen und Risiken einzugehen, da sie wissen, dass sie von ihren Kollegen unterstützt werden.

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Ein hohes Gefühl der Psychologischen Sicherheit ermöglicht Teams und Organisationen, ein höheres Maß an Engagement, eine erhöhte Motivation zur Bewältigung schwieriger Probleme, mehr Lern- und Entwicklungsmöglichkeiten und eine bessere Leistung.

Führungskräfte, die eine sichere Umgebung schaffen, in der ihre Mitarbeiter offen kommunizieren und ihre Bedenken äußern können, fördern eine positive Unternehmenskultur. Sie ermutigen ihre Mitarbeiter, neue Ideen einzubringen und Innovationen voranzutreiben. Durch ihre Unterstützung und Wertschätzung schaffen sie ein Umfeld, in dem sich Mitarbeiter entfalten und ihr volles Potenzial ausschöpfen können.

Vertrauen als Schlüsselfaktor

Vertrauen besteht aus den Dimensionen Kompetenz, Integrität und Wohlwollen. Vertrauen in sich selbst (Selbstvertrauen), Vertrauen in Personen (dyadisches Vertrauen) und Vertrauen in Systeme (Teams, Organisationen,) unterscheiden.

Das Selbstvertrauen ist ein wichtiger Faktor für den Aufbau einer aktiven Vertrauenskultur. Dies heißt jedoch nicht, dass man mit niedrigem Selbstvertrauen nicht zum Aufbauen einer Vertrauenskultur beitragen kann. Zuerst sollte man darauf achten, das Entstehen (bzw. das Aufkeimen) von Selbstvertrauen nicht zu boykottieren, z.B. durch Killerphrasen. Auch sich selbst gegenüber. In Folge sollte man die eigenen erbrachten Leistungen und Erfolge bewusst wahrnehmen. Dazu eignet sich z.B. die 3-Good-Things-Exercise. Man notiert sich täglich mindestens drei Dinge die gut funktioniert haben notiert, UND (ganz wichtig!) was mein Anteil dabei war. Auf diese Art und Weise reflektiert man die eigene Selbstwirksamkeit, und stärkt somit das eigene Selbstvertrauen. Ein Leitsatz der hier gut dazu passt ist aus der Transaktionsanalyse entlehnt: „Ich bin okay! Du bist okay!“

Womit wir beim Vertrauen in andere Personen wären. Dies wird dyadisches Vertrauen oder auch personelles Vertrauen genannt, und entsteht durch wahrgenommene Vertrauenswürdigkeit und entgegengebrachtes Vertrauen.

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Die dritte Ebene die unser Vertrauen beeinflusst, ist das Vertrauen in soziale Systeme. Dazu zählen Gruppen, Teams oder Organisationen bzw. Unternehmen, bei denen man Mitglied - und somit ein Teil des Systems - ist. Die dritte Ebene könnte man als den Kulturfaktor bezeichnen. Das Verhalten jedes Einzelnen ist stark von der jeweiligen (Gruppen-) Kultur beeinflusst. Reflektieren Sie einfach einmal kurz: Verhalte ich mich in jeder Gruppe (Team, Projektgruppe, Meetup, BarCamp, Lerngruppen, usw.) gleich? Traue ich mir mal mehr und mal weniger zu sagen?

Wie man Psychologische Sicherheit fördert

Es gibt mehrere Möglichkeiten, wie Führungskräfte und HR-Abteilungen psychologische Sicherheit in ihren Teams schaffen und aufrechterhalten können:

  • Schaffen Sie eine offene Kommunikationskultur: Als Führungskraft ist es wichtig, den ersten Schritt zu machen und eine offene und vertrauensvolle Kommunikationskultur im Team zu etablieren. Ermutigen Sie Ihre Mitarbeiter, ihre Meinungen und Ideen frei zu äußern, ohne Angst vor negativen Konsequenzen zu haben.
  • Geben Sie konstruktives Feedback: Feedback ist ein wichtiger Bestandteil der psychologischen Sicherheit. Sorgen Sie dafür, dass Ihr Feedback konstruktiv und wertschätzend ist. Wertschätzen Sie gute Leistungen und geben Sie konkrete Verbesserungsvorschläge, wenn etwas nicht optimal läuft.
  • Fördern Sie den Teamgeist: Ein starkes Teamgefühl trägt maßgeblich zur psychologischen Sicherheit bei. Unterstützen Sie den Aufbau von Vertrauen und Zusammenarbeit im Team, indem Sie regelmäßige Teammeetings, Teambuilding-Aktivitäten oder gemeinsame Projekte organisieren.

Diese Methode fördert die Kommunikation und das Verständnis im Team, indem sie Teammitglieder dazu anregt, über ihre Stärken, Arbeitsweisen und Bedürfnisse nachzudenken. Durch das Teilen dieser Informationen entsteht Transparenz, was Missverständnisse reduziert und die Zusammenarbeit verbessert. Diese Methode wertschätzt die Vielfalt der Teammitglieder und stärkt das Vertrauen innerhalb des Teams. Offene Kommunikation wird gefördert, wodurch sich alle sicher fühlen, ihre Gedanken und Ideen zu äußern. Zudem entwickelt sich eine positive Fehlerkultur, in der Teammitglieder ermutigt werden, Risiken einzugehen und um Hilfe zu bitten.

Weitere Tipps zur Verbesserung der Psychologischen Sicherheit:

  • Ein Konflikt ist ein hilfreicher Mitarbeiter, kein Gegner.
  • Kommuniziere menschlich, kommuniziere auf Augenhöhe.
  • Nutze die Kraft von Empathie und Perspektivenwechsel, um Ideen zu verbessern.
  • Fördere die Neugier, verbanne Schuldzuweisungen.
  • Feedback ist Geben und Empfangen.
  • Evaluieren Sie regelmäßig die Psychologische Sicherheit.

Das Erreichen von hoher Psychologischer Sicherheit ist keine Einmal-Übung. Es ist wie bei der körperlichen Fitness: Mit einmal laufen gehen ist man noch kein Marathonläufer, sondern man muss regelmäßig trainieren. Beim Laufen kann man Puls und Laufzeit evaluieren. Die Psychologische Sicherheit kann man quantitativ (z.B. mit Fragebögen) oder qualitativ (z.B. in Workshops, Supervision oder Retrospektiven) evaluieren. Wie man es macht ist nicht die entscheidende Frage. Es sollte eine Form sein, die zum Team bzw.

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Fallbeispiele

In einem meiner Coaching-Projekte hatte ich ein Team, das Schwierigkeiten hatte, Entscheidungen zu treffen und Konflikte offen anzusprechen. Nach einer Analyse stellte ich fest, dass das Fehlen von psychologischer Sicherheit ein zentraler Grund dafür war. Die Teammitglieder hatten Angst, ihre Meinungen zu äußern, weil sie befürchteten, dass ihre Ideen abgelehnt oder kritisiert werden könnten. In Workshops und Übungen zur Stärkung der psychologischen Sicherheit konnten wir das Vertrauen im Team aufbauen und die Kommunikation verbessern.

In einem Führungskräfte-Coaching-Prozess begleitete ich eine Managerin, die Schwierigkeiten hatte, ihre Mitarbeiter zu motivieren und deren Leistung zu steigern. Nach intensiven Gesprächen wurde deutlich, dass das Fehlen von psychologischer Sicherheit in ihrem Team ein zentraler Faktor war. Die Mitarbeiter hatten Angst vor negativen Konsequenzen, wenn sie Fehler machten oder ihre Meinung äußerten. Durch gezieltes Coaching konnte die Führungskraft lernen, ein unterstützendes Umfeld zu schaffen, in dem sich Mitarbeiter sicher fühlen und ihre Potenziale entfalten können.

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