Sexuelle Neigungen und ihre Vielfalt: Eine psychologische Betrachtung

In der Sexualpsychologie bezeichnet man mit Fetischismus die Neigung, sich durch bestimmte Gegenstände oder Körperteile sexuell erregen zu lassen. Fetischismus ist eine sexuelle Neigung, bei der bestimmte Objekte oder Materialien sexuelle Erregung auslösen. Das können Kleidungsstücke, Schuhe, Latex oder auch bestimmte Körperteile wie Füße sein.

Fetischismus: Was bedeutet das?

Ein Fetischist ist eine Person, die durch bestimmte Objekte sexuell erregt wird. Prinzipiell kann jedes Objekt zum Fetisch werden. Häufig sind es bestimmte Kleidungsstücke, Materialien oder Körperteile. Besonders verbreitet ist Fußfetischismus.

Welche Fetische gibt es?

Besonders häufige Fetisch-Beispiele sind Kleidungsstücke, insbesondere solche, die eng am Körper getragen werden: Unterwäsche, Handschuhe, Strümpfe, Büstenhalter oder Schuhe. Bei den Fetisch-Arten spielen häufig Materialien eine Rolle. Beliebt sind feste und glatte Materialien wie Latex und Leder, besonders zarte Stoffe wie Seide und Spitze oder auch flauschige Textilien wie Pelz.

Für manche Fetischisten ist es wichtig, dass die Kleidungsstücke zuvor von einer Person getragen wurden. Auch die Aneignung des Fetischs kann Teil seiner sexuellen Bedeutung sein, beispielweise Kleidung, die der Fetischist heimlich entwendet hat. Zudem gibt es auch Körper-Fetischisten die einen Bauch- oder Hand-Fetisch bevorzugen. Die am meisten verbreitete Form ist der Fuß-Fetischismus. Er kann sich zeigen durch küssen, berühren, beschnuppern oder lecken von Füßen. Aber auch Ausscheidungen jeglicher Art können zum sexuellen Fetisch werden.

Der Fetisch wird vom Fetischisten ins Liebesspiel einbezogen oder dient der sexuellen Befriedigung ohne einen Sexualpartner. Er dient dann als Stimulans bei der Selbstbefriedigung, beispielsweise durch Tragen, Reiben oder Betasten des Gegenstands.

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Ursachen für Fetischismus

Warum ein Mensch einen sexuellen Fetisch entwickelt, ist bis heute nicht geklärt. Es gibt verschiedene Theorien zu den Ursachen für Fetischismus. Man vermutet, dass eine genetische Veranlagung zu den Ursachen zählt. Aber auch das soziale Umfeld oder erlernte Vorlieben können einen Fetisch hervorbringen. Erlebnisse in der frühen Kindheit können ebenfalls mögliche Auslöser sein.

Manche Theorien gehen von einer klassischen Konditionierung aus. In diesem Fall tauchte der spätere Fetisch zufällig im Rahmen einer prägenden erotischen Situation auf und wurde dann mit dieser verknüpft.

Wann wird Fetischismus problematisch?

Beim Fetischismus sind die Grenzen zwischen einer Vorliebe und einer ernsthaften sexuellen Störung fließend. In den meisten Fällen hat Fetischismus keinen Krankheitswert und wird im Zuge der sexuellen Liberalisierung zunehmend akzeptiert. Erst wenn die Beschäftigung mit dem Fetisch zwanghaften Charakter annimmt, die Sexualität zunehmend auf den betreffenden Gegenstand fixiert ist, wodurch eine echte Partnerschaft ausgeschlossen wird, oder wenn der Fetischismus die Betroffenen oder das soziale Umfeld belasten, wird er als „Störung der sexuellen Präferenz“ oder „paraphile Störung“ eingestuft.

Fetischismus wird nur dann zur Störung, wenn er zwanghafte, belastende Formen annimmt oder wenn andere Personen beeinträchtigt werden. Solange Körper-Fetische in gegenseitigem Einverständnis beim Sex genutzt und die sexuellen Grenzen anderer Menschen nicht verletzt werden, sind auch sie meist unproblematisch.

Fetischistische Störung

Nicht jeder Fetischist hat eine fetischistische Störung. Unter bestimmten Voraussetzungen wird Fetischismus aber zu den „Störungen der Sexualpräferenz“ gezählt. Dies ist der Fall, wenn die Betroffenen einen hohen Leidensdruck verspüren, in ihrem Alltag beeinträchtigt sind oder wenn anderen Menschen durch den Fetisch Schaden zugefügt wird.

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Wird der Fetischismus zwanghaft, handelt es sich um eine krankhafte Störung, die möglicherweise behandelt werden sollte. Das kann der Fall sein, wenn eine sexuelle Erregung ohne den Fetisch nicht mehr möglich ist. Es kommt zu einer zunehmenden Besessenheit. Manche Betroffene können ohne den Fetisch keine befriedigende Sexualität mehr erleben. Manche spüren ohne den Fetisch überhaupt keine sexuelle Erregung mehr.

Das kann Probleme in der Partnerschaft verursachen: Entweder muss der Partner oder die Partnerin dieselbe Neigung haben oder so tolerant und offen sein, dass keiner der Beteiligten im Ausleben der eigenen Sexualität behindert wird.

Was tun, wenn der Fetisch zur Belastung wird?

Wird der Fetisch zur Belastung, kann eine Psychotherapie helfen. Damit kann man den Fetisch nicht „loswerden“, aber sie kann dazu beitragen, seine Bedeutung zu reduzieren. Dadurch nimmt die Fixierung auf den Fetisch ab, und die Betroffenen lernen, ihre Impulse wieder besser zu kontrollieren.

Antidepressiva wie selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) und Hormon-Antagonisten, die das sexuelle Interesse insgesamt dämpfen, können die Therapie bei hohem Leidensdruck unterstützen.

Sexuelle Orientierung: Vielfalt und Definitionen

Sexuelle Orientierung (auch Sexualorientierung oder Geschlechtspartner-Orientierung) erfasst die nachhaltigen Interessen einer Person bezüglich des Geschlechts eines potentiellen Partners auf der Basis von Reproduktionsinteresse, Emotion, romantischer Liebe, Sexualität und Zuneigung. Gegenüber sexuellem Verhalten unterscheidet sie sich durch den Bezug auf Gefühle und Selbstkonzept. Darauf basierendes sexuelles Verhalten kann stattfinden, muss aber nicht. Zwischen zwei Extremen herrscht eine stufenlose Vielfalt. Die sexuelle Orientierung wird meist als einer von mehreren Teilen der sexuellen Identität angesehen und ist teilweise ein Ergebnis der sexuellen Prägung.

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Für dasselbe Themengebiet wurden und werden auch die Begriffe „Geschlechtsneigung“, „sexuelle Veranlagung“, „sexuelle Ausrichtung“, „sexuelle Präferenz“, „sexuelle Neigung“ und sexuelle Identität“ benutzt, die aber meist viel weitreichendere oder andere Definitionen enthalten.

Kategorien der sexuellen Orientierung

Sicher dazugerechnet werden folgende Kategorien:

  • Heterosexualität: überwiegend Menschen des anderen Geschlechts sind von Interesse
  • Bisexualität (Ambisexualität): Menschen beiderlei Geschlechts sind von Interesse
  • Polysexualität: Menschen mehreren, aber nicht allen sozialen oder körperlichen Geschlechts können von Interesse sein
  • Pansexualität: Menschen jeglichen sozialen oder körperlichen Geschlechts können von Interesse sein
  • Homosexualität: überwiegend Menschen des gleichen Geschlechts sind von Interesse

Für eine Einteilung sind die überwiegenden und zeitlich anhaltenden Interessen von Bedeutung.

Eine weitere Einteilung, die selten verwendet wird, ist:

  • Androphilie: überwiegend Männer sind von Interesse
  • Gynäkophilie: überwiegend Frauen sind von Interesse

Dies kann vor allem bei der Beschreibung von transgender, transsexuellen, intersexuellen Menschen oder dritten Geschlechtern anderer Kulturen Vorteile bieten, wo die anderen Begriffe manchmal Verwirrung stiften.

Asexualität

Die Asexualität wird manchmal hinzugerechnet, auch wenn der Begriff oftmals nur die aktive Sexualität an sich (im engeren Sinn), nicht aber unbedingt auch die Ausrichtung der emotionalen bzw. romantischen Anziehung oder das Verhalten im Hinblick auf den Austausch von Zärtlichkeiten bezeichnet. Kinsey hatte neben seiner siebenstufigen Skala auch ein X für jene, die weder von Männern noch von Frauen sexuell erregt oder angezogen werden.

Pädophilie/Pädosexualität

In der Fachwelt wird aus verschiedenen Gründen öfter darüber diskutiert, ob echte Pädophilie – bei der das primäre sexuelle Interesse Personen gilt, die noch nicht die Pubertät erreicht haben – im engeren Sinn (nicht Machtinteressen, Sadismus oder Ersatzhandlungen) als sexuelle Orientierung, Ausrichtung, Präferenz oder Neigung anzusehen ist.

Als Lösungsansatz teilen Ahlers, Schaefer und Beier 2005 die menschliche Sexualität auf die folgenden drei Komponenten auf:

  • Sexuelle Orientierung: Sie bezieht sich auf das Geschlecht, also männlich oder weiblich und es gibt Heterosexualität, Bisexualität und Homosexualität.
  • Sexuelle Ausrichtung: Sie bezieht sich auf das Alter der bevorzugten Sexualpartner und es wird unterschieden nach Interesse am kindlichen, jugendlichen und erwachsenen Körper.
  • Sexuelle Neigung: Sie bezieht sich auf die Sexualpraktiken, also die Art und Weise, wie jemand seine Sexualität auslebt bzw. ausleben möchte. Die Bandbreite der sexuellen Neigungen ist groß und kann zum Beispiel Sadismus, Masochismus, Voyeurismus, Exhibitionismus oder Fetischismus umfassen.

Kategorisierungsmodelle und Grunddimensionen

Häufig werden nur von der Masse abweichende (bisexuelle, homosexuelle) Kriterien definiert. Will man eine Häufigkeit sexueller Orientierungen erfassen oder Eigenschaften bestimmten Kategorien zuschreiben, spielen neben den Modellen auch viele andere Faktoren wie Art der Fragestellung und demographische Aspekte eine entscheidende Rolle.

Selbstidentifikation

Die Frage nach der Selbstidentifikation der Probanden ist die einfachste Methode, um Informationen über die sexuelle Orientierung zu erhalten. Für viele Zwecke, wie beispielsweise im alltäglichen Marketing, ist sie ausreichend, für genauere soziologische und psychologische Untersuchungen jedoch nicht.

Mögliche Begriffe:

  • homosexuell; schwul; lesbisch; gay; homo; verzaubert; warm
  • bisexuell; bi; ambisexuell; pansexuell
  • queer
  • heterosexuell
  • unsicher; ist mir derzeit nicht klar
  • asexuell
  • ich lehne solche Definitionen ab
  • möchte ich nicht sagen

Bei Fragen nach der Selbstidentifikation kommt es gegenüber Fragen nach dem sexuellen Verhalten und dem sexuellen Erleben zu den niedrigsten Prozentsätzen. Dies trifft vor allem auf Jugendliche zu, da die Selbstidentifikation als homo- oder bisexuell fast gesetzartig erst einige Jahre nach dem gleichgeschlechtlichen Sexualverhalten und der gleichgeschlechtlichen Anziehung stattfindet.

Sex und Sexualität: Praktiken und Verhalten

Unter Sex (für den en Begriff sexus, : Geschlecht) versteht man die praktische Ausübung von Sexualität (Kurzform: Sex) als Gesamtheit der Lebensäußerungen, Verhaltensweisen, Empfindungen und Interaktionen von Lebewesen in Bezug auf ihr Geschlecht. Im allgemeinen Sprachgebrauch bezeichnet Sex sexuelle Handlungen zwischen zwei oder mehreren Sexualpartnern, insbesondere den Geschlechtsverkehr und vergleichbare Sexualpraktiken, im weiteren Sinne auch die Masturbation.

Motivation

Sex erfüllt zahlreiche Funktionen: Er befriedigt die Libido, dient in Form des Geschlechtsverkehrs der Fortpflanzung und drückt in der Regel als wichtige Form der sozialen Interaktion Gefühle der Zärtlichkeit, Zuneigung und Liebe aus. Besonders in Liebesbeziehungen kann das Sexualleben eine zentrale Rolle als Ausdruck der Verbundenheit der Partner spielen. Er ist jedoch nicht ausschließlich an Liebesbeziehungen bzw. Partnerverbundenheit gekoppelt.

Sexuelle Praktiken

Eine Sexualpraktik ist jede Handlung, die subjektiv der sexuellen Befriedigung dient. Dies sind nicht nur Manipulationen der Genitalien, sondern alles, was als stimulierend empfunden werden kann, wie zum Beispiel der Zungenkuss.

Da beim Menschen Sex durch die Entkopplung von der Fortpflanzung einen eigenen Sinn und Zweck innehat, entwickelte dieser eine große Vielfalt von sexuellen Praktiken, die einerseits Ausdruck seiner Kreativität und der Freude am körperlichen Miteinander sind, andererseits auch ganz praktische Hintergründe haben, etwa wenn heterosexueller Analverkehr häufig zur Empfängnisverhütung praktiziert wurde – auch wenn dies eine höchst unsichere Methode ist.

Geschlechtsverkehr

Als „Geschlechtsverkehr“ („Beischlaf“) bezeichnet man die sexuelle Vereinigung zweier Sexualpartner, die in der Penetration oder intensiven Stimulation der Geschlechtsorgane bei sexuellen Kontakten – gleich welcher Art – besteht. Beim partnerschaftlichen Sex wird durch das zärtliche Vorspiel, den intimen Austausch von Zärtlichkeiten die beiderseitige Lust gesteigert.

Unter „heterosexuellem Geschlechtsverkehr“ wird in der Regel das Einführen des Penis in die Vagina mit nachfolgendem Vor- und Zurückbewegen verstanden. Durch diese Gleitbewegung wird der Mann meist soweit stimuliert, dass er zum Orgasmus kommt und ejakuliert. Hingegen kann nur ein geringer Prozentsatz der Frauen, auch wenn sie normalerweise hierbei ebenfalls erregt werden, ausschließlich durch Vaginalverkehr allein einen Höhepunkt erreichen.

Paraphilien

Zu den Paraphilien oder sexuellen Abweichungen werden unter anderem gezählt:

  • der Fetischismus (Fixierung auf Objekte oder Handlungen, zum Beispiel Füße, Kleidungsstücke) und die Objektsexualität
  • sexueller Sadismus und sexueller Masochismus (falls das B-Kriterium des DSM-IV-Kataloges vorliegt)
  • Praktiken zur Befriedigung des Besudelungstriebes (Gesichtsbesamung, Urophilie, Koprophilie usw.)

Sexuelle Orientierung und Sexualpräferenz

Sexuelle Orientierung

Als „sexuelle Orientierung“ oder „Geschlechtspartner-Orientierung“ wird das hauptsächliche Interesse bezüglich des Geschlechts des gewünschten Partners bezeichnet. Es setzt sich aus einer komplexen Mischung von emotionaler und sexueller Anziehung, Erleben, tatsächlichem Sexualverhalten und persönlicher Identität zusammen, die sprachlich durch drei Begriffe ausgedrückt werden. Bei einer tendenziell eher gegengeschlechtlichen Orientierung spricht man von Heterosexualität, bei tendenziell eher gleichgeschlechtlicher Ausrichtung von Homosexualität, bei etwa gleichem Interesse an beiderlei Geschlechtern von Bisexualität. Wenn Personen keine emotionelle und/oder sexuelle Anziehung gegenüber anderen Menschen verspüren oder einfach nicht sexuell interagieren, spricht man von Asexualität.

Sexualpräferenz

Als „Sexualpräferenz“ fasst man weitere Neigungen oder Vorlieben bezüglich Partner, Praktiken oder Sexualobjekte zusammen. Gilt das altersmäßige Interesse überwiegend präpubertären Kindern nennt man es Pädophilie. Dies ist nicht mit sexuellem Missbrauch gleichzusetzen, denn nur 12 bis 20 % der Straftäter sind pädophil, die meisten sind nicht-pädophile Erwachsene. Liegt das Interesse bei Pubertierenden spricht man von Hebephilie, bei Jugendlichen von Neoterophilie, werden sehr viel ältere Menschen bevorzugt, wird es als Gerontophilie bezeichnet.

Physiologische Prozesse während Sex und Erregung

Sex wird in der Psychologie als Appetenzverhalten gewertet, dessen treibende Kraft der Sexualtrieb, auch Libido genannt, ist. Solange keine sexuelle Befriedigung erfahren wird, baut sich „sexuelle Appetenz“ (vgl. Appetit) auf, der Wunsch nach sexueller Betätigung wird verstärkt (siehe auch Sexuelle Appetenzstörung).

Reaktionszyklus beim Sex

Der Ablauf der Vorgänge beim Sex – mit oder ohne Partner oder Partnerin – wird sexueller Reaktionszyklus genannt und meist in vier Phasen eingeteilt:

  1. Erregungsphase: Puls und Blutdruck steigen an. Der sex flush setzt ein. Bei der Frau schwellen Klitoris, Schamlippen und Brustwarzen an, beim Mann der Penis.
  2. Plateauphase: Ein individuell unterschiedliches Erregungsniveau wird gehalten, wobei die Muskelanspannung intensiviert wird und Puls und Blutdruck weiter ansteigen.
  3. Orgasmus: Die Lust wird für einige Sekunden am stärksten empfunden. Die Durchblutung der Haut erhöht sich auf ein Maximum, die Frequenz des Herzschlags kann sich verdoppeln, der Blutdruck steigt und die Atmung beschleunigt sich, was sogar zu einem kurzen Bewusstseinsverlust führen kann.
  4. Refraktärperiode: Nach dem sexuellen Höhepunkt gehen Erektionen zurück und die Herz-Kreislauf-Funktion normalisiert sich wieder.

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