In der Welt der psychischen Gesundheit gibt es verschiedene Fachkräfte, die sich auf die Diagnose, Behandlung und Betreuung von Menschen mit psychischen Erkrankungen spezialisiert haben. Psycholog:innen, Psychotherapeut:innen, Psychiater:innen, Lebens- und Sozialberater:innen sind Begriffe der psychosozialen Landschaft - was bedeuten sie und was sind die Unterschiede? Dieser Artikel soll etwas Licht ins Dunkel bringen, wo die Unterschiede liegen.
Was machen Psycholog:innen?
Die Psychologie wird als „die Wissenschaft des Erlebens und Verhaltens von Menschen“ definiert. Psycholog:innen sind in vielen unterschiedlichen Bereichen tätig und können eine Vielzahl an Zusatzausbildungen machen, die sie für weitere Arbeitsgebiete qualifizieren. Psycholog:innen sind in der Regel in verschiedenen Arbeitsfeldern tätig, wie z.B. Forschung, Wirtschaft oder Bildung. In Österreich gibt es nach dem Psychologiestudium unter anderen die Zusatzausbildung zur/m Klinischen- und/oder Gesundheitspsycholog*in.
Klinische Psycholog:innen
Das Teilgebiet der klinischen Psychologie befasst sich mit psychischen Erkrankungen, körperlichen Störungen bei denen psychische Einflüsse eine Rolle spielen, psychischen Krisen, psychischen Folgen akuter Belastungen und Entwicklungskrisen und umfasst Aufgaben der klinisch-psychologischen Diagnostik, der psychologischen Beratung und Behandlung sowie auch der Forschung und Lehre. Klinische Psycholog:innen dürfen also mit Menschen arbeiten, die eine psychische Erkrankung haben.
Klinische Psycholog:innen können eine Vielzahl an evidenzbasierten therapeutischen Ansätzen anwenden, ohne sich auf eine bestimmte Richtung festzulegen. Sie integrieren je nach Bedarf verschiedene Interventionen und sind nicht auf eine spezifische Schule der Psychotherapie angewiesen, was ihre Flexibilität und Anpassungsfähigkeit in der Behandlung stärkt. Klinische Psycholog:innen arbeiten evidenzbasiert, das heißt sie nutzen ein großes Repertoire an Therapiemethoden, dessen Wirksamkeit wissenschaftlich belegt wurde. Dadurch lässt sich jedem Patienten individuell helfen.
Was ist Psychologische Diagnostik?
Wichtig zu wissen ist, dass nur klinische Psycholog:innen klinisch-psychologische Diagnostik durchführen dürfen. Hierbei werden standardisierte und wissenschaftlich geprüfte Testverfahren angewandt, um diagnostische Fragestellungen zu beantworten. Zu einer psychologischen Diagnostik gehören außerdem ein ausführliches Anamnesegespräch und auch die Beobachtung des Verhaltens während der Untersuchung ist sehr wichtig. Fragestellungen können z.B. Testungen dauern oft mehrere Stunden und es werden viele Fragen und/oder Aufgaben gestellt. Es ist gut, sich vorher bei der/m Psychologen/in zu informieren, wie der Ablauf ist, um sich gut darauf einstellen zu können.
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Was macht ein/e Psychotherapeut:in?
Psychotherapie ist „ein wissenschaftlich fundiertes Heilverfahren“. In Österreich gibt es derzeit 23 anerkannte psychotherapeutische Verfahren oder sogenannte „Schulen“, die sich unterschiedlicher Menschenbilder, Methoden und Techniken bedienen. Um Psychotherapeutin/Psychotherapeut zu werden, muss eine mehrjährige Ausbildung absolviert werden.
Psychotherapeut*innen sind speziell ausgebildet, um Menschen mit psychischen Problemen durch verschiedene Therapieansätze zu behandeln, z.B. Verhaltenstherapie oder Psychoanalyse, jedoch dürfen sie keine Medikamente verschreiben. Sie arbeiten mit Klient*innen über längere Zeiträume zusammen, um die psychische Gesundheit kontinuierlich zu fördern und tiefgreifende Heilungsprozesse zu unterstützen.
Der erste Teil der Ausbildung, das Grundmodul, nennt sich Propädeutikum. Nach einem erfolgreichen Abschluss des ersten Teils, kann man eine der 23 Therapierichtungen auswählen, in der dann der zweite Teil - das Fachspezifikum - absolviert werden kann. Das Psychologiestudium ist hier keine Voraussetzung, auch etwa Pädagog:innen oder Sozialarbeiter:innen können diese Ausbildung machen. Hat man keine Berufsausbildung, die als sogenannter Quellenberuf anerkannt ist, kann man beim Bundesministerium für Gesundheit eine Sondergenehmigung für die Ausbildung beantragen.
Psychotherapie kann bei verschiedenen psychischen Störungen helfen, wie zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, posttraumatischen Belastungsstörungen, Essstörungen und Suchterkrankungen. Es kann auch bei Beziehungsproblemen, Identitätsfragen und schwierigen Lebensereignissen wie Scheidung oder Verlust von Arbeitsplatz oder Angehörigen hilfreich sein.
Psychotherapie und klinisch-psychologische Behandlung - Was ist der Unterschied?
Im Vergleich zu einer Psychotherapie dauert der Prozess einer klinisch- psychologischen Behandlung und/oder Beratung meistens kürzer und ist fokussiert, ziel-und lösungsorientiert.
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Psychotherapie ist weniger strukturiert, es gibt wenige festgelegte Abläufe und Schemata. Das Ziel der Behandlung ist nicht vorgegeben, sondern wird zu Beginn der Behandlung zwischen Klient:innen und Therapeut:innen vereinbart.
Bei einer Psychotherapie werden die Methoden der jeweiligen psychotherapeutischen Richtung eingesetzt. Auch bei der klinisch-psychologischen Behandlung kommen unterschiedliche therapeutische Methoden zum Einsatz.
Was macht ein/e Psychiater:in?
Psychiater:innen haben einen ganz anderen Werdegang. Sie haben Medizin studiert, sind also Ärzte/Ärztinnen mit einer Spezialisierung auf den Fachbereich Psychiatrie. Sie stellen Diagnosen, führen Gespräche und dürfen Medikamente verschreiben. Psychiater*innen sind Ärzte, die sich auf die Behandlung psychischer Erkrankungen spezialisiert haben und sowohl mit Medikamenten als auch mit therapeutischen Gesprächen arbeiten, um etwa Depressionen oder Schizophrenie zu behandeln.
Sie sind die Expert:innen, wenn es darum geht, bei psychischen Belastungen und Erkrankungen die passende medikamentöse Unterstützung zu finden. Wenn man in psychiatrischer Behandlung ist, ist es wichtig, sich bei Unklarheiten und Fragen an den/die Psychiater:in zu wenden, da nicht jedes Medikament für jeden passt und so die beste Behandlungsmöglichkeit gefunden werden kann.
Allerdings sind sie gesetzlich die einzigen Personen, welche Patienten Psychopharmaka, also psychisch wirksame Medikamente, verschreiben und verabreichen dürfen. Psychiater arbeiten oft in Krankenhäusern, psychiatrischen Kliniken oder Praxen. Sie arbeiten eng mit anderen Fachärzten, Psychotherapeuten und Psychologen zusammen, um Patienten eine umfassende und integrative Behandlung anzubieten.
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Weitere relevante Berufsgruppen
- Lebens- und Sozialberater:innen: Sie beraten und betreuen psychisch gesunde Menschen in verschiedensten Problem-, Konflikt- und Entscheidungssituationen.
- Psychiatrie Koordinator: von der Landesregierung bestellte Person, die für die Planung, Steuerung und Koordination der psychosozialen und psychiatrischen Versorgung und Leistungen eines Bundeslandes verantwortlich ist.
- Psychiatrische Gesundheits- und Krankenpfleger*innen: Diplomierte Kranken-pfleger*innen mit Spezialisierung auf psychiatrische Gesundheits- und Krankenpflege, vorrangig zur Pflege und Betreuung von Menschen mit psychischen und neurologischen Erkrankungen.
- Ex-In (Experienced Involvement) Genesungsbegleiter*innen: Menschen, die selbst psychische Krisen durchlebt und ein seit 2005 europaweit anerkanntes Ausbildungs-programm absolviert haben. Sie nutzen ihre persönlichen Erfahrungen, um andere Menschen in ähnlichen Situationen zu verstehen, zu unterstützen und durch Krisen hindurch zu begleiten.
- Sozialarbeiter*innen: Sie unterstützen und beraten Personen, Familien, oder Gruppen bei schwierigen Lebenssituationen (Krisensituationen) und leisten Hilfestellung bei der Bewältigung von sozialen Problemen.
- Psychiatrische Patientenanwältinnen/-anwälte: Sie informieren, beraten und vertreten kostenlos Patient*innen, die gegen ihren Willen in psychiatrischen Krankenhäusern aufgenommen wurden.
- Erwachsenenvertreter: ist der Vertreter von unterstützungsbedürftigen volljährigen Personen entsprechend dem am 1. Juli 2018 in Kraft getretenen „Erwachsenenschutzgesetz“.
- Forensisch-Psychiatrische Gutachter: Psychiatrische Fachärztinnen/Fachärzte, die als gerichtlich zertifizierte Sachverständige tätig sind. Ihre Aufgaben: Beurteilung der Schuldfähigkeit (Zurechnungsfähigkeit), Erstellung von Gutachten im Hinblick auf die Unterbringung im sogenannten „Maßnahmenvollzug“, Risikoprognose zur Einschätzung einer Rückfallwahrscheinlichkeit in bestimmte Delikte für den Fall von Vollzugslockerungen oder einer bedingten Entlassung.
Wann sollte ich wen aufsuchen?
Es ist nicht entscheidend, ob man zu einem klinischen Psychologen, einem Psychotherapeuten oder einem Psychiater geht - wichtig ist, dass man bei bestehenden psychischen Problemen Hilfe sucht.
- Eine/n klinische/n Psychologen/in sollte man aufsuchen, wenn man psychische Erkrankungen durch klinisch-psychologische Diagnostik abklären lassen möchte (z.B. affektive Störungen wie Angst, Depression, Manie und bipolare Störung, Persönlichkeitsstörungen, Erstellung eines kognitiven Leistungsprofils wie Gedächtnis-, Aufmerksamkeits- und Konzentrationsabklärung sowie Lernstörungen und andere). Klinische Psychologinnen helfen auch bei der Erstellung von Therapieplänen und bieten Beratung sowie psychologische Behandlung an. Ein klinischer Psychologe ist besonders hilfreich, wenn es um die genaue Diagnose und psychologische Interventionen geht.
- Psychotherapeut:innensind zuständig für die Diagnose und Behandlung psychischer Erkrankungen. Der/die Psychotherapeut:in begleitet und unterstützt den/die Klient:in auf dem Weg zur gewünschten Veränderung.
- Eine/n Psychiater/in sollte man aufsuchen, wenn psychische Symptome vorliegen, die möglicherweise eine medizinische Behandlung mit Medikamenten erfordern, wie z.B. bei schweren Depressionen, Schizophrenie oder anderen psychischen Erkrankungen. Psychiater*innen sind medizinische Fachkräfte, die neben der Diagnose und Beratung auch in der Lage sind, Medikamente zu verschreiben und zu überwachen. Sie können auch eine Kombination aus medikamentöser Behandlung und Gesprächstherapie anbieten.
- Lebens- und Sozialberater:innenberaten bei verschiedensten Problem- und Entscheidungssituationen, sofern keine psychische Erkrankung vorliegt. Entsprechend unterschiedlich sind die Unterstützungsmöglichkeiten, die angeboten werden, wie beispielsweise Dinge für sich oder gemeinsam zu ordnen, aber auch gemeinsam passende Lösungswege zu einem dringenden Problem zu erarbeiten.
Psycholog:innensind unterschiedlich spezialisiert und in vielen verschiedenen Gebieten tätig.Sie arbeiten beispielsweise in Bereichen der Arbeits-, Wirtschafts-, Sport-, Schul- und Verkehrspsychologie. Hat Ihr Kind beispielsweise psychische Schwierigkeiten in der Schule, können Sie sich an die den/die Schulpsycholog:in wenden.
Psychotherapeut:innen arbeiten meist in freier Praxis, Praxisgemeinschaften oder Einrichtungen des Gesundheitswesens (Spitäler, Rehabilitationszentren etc.). Auf der Suche nach einem/r Psychotherapeut:in kann auch die Seite psyonline.at hilfreich sein. Wichtig zu wissen ist, dass es viele verschiedene Arten von Psychotherapie gibt, die sich in Methodik und auch Zielgruppe unterscheiden können. Neben jenen therapeutischen Methoden, die über das Gespräch arbeiten, gibt es auch Methoden, die zusätzlich die Körperwahrnehmung einbeziehen oder mit kreativen Techniken (wie Rollenspiel, Zeichnen, Malen) arbeiten. Die Behandlung kann einzeln, in der Gruppe oder dem Familienverband erfolgen. Wenn eine Form für Sie oder Ihr Kind nicht passt, geben Sie nicht auf!
Psychiater:innen sind ebenso in Einrichtungen des Gesundheitswesens oder in eigenen Praxen zu finden. Auf der Suche nach einem/r Psychiater:in kann die Liste der Ärztekammer oder in Wien die Seite praxisplan.at auch weiterhelfen. Psychiater:innensind Ansprechpartner:innen bei (Vermutung auf) psychischen Erkrankungen und möglichem Bedarf nach medikamentöser Unterstützung. Psychiater:innen können psychische Leiden behandeln und arbeiten oft, je nach Zusatzausbildung selber psychotherapeutisch oder in engem Kontakt mit Psychotherapeut:innen.
Bei der Frage, welche Therapieform für Sie passen könnte, gibt es auch Stellen, die Ihnen gerne weiterhelfen, wie z.B. der Landesverband der Psychotherapeut:innen (des jeweiligen Bundeslandes) oder die Böp-Helpline.
Kostenübernahme
Grundsätzlich ist es wichtig, diese Frage mit Ihrer jeweiligen Krankenkasse abzuklären. Es ist in vielen Fällen möglich, einen Zuschuss zu bekommen. Hierfür gibt es jedoch genaue Vorgaben, wie z.B. die Anzahl an Therapiestunden, die Sie im Vorhinein machen dürfen, um dann einen Teil davon zurückerstattet zu bekommen. Wenn es keinen Kassenvertrag gibt, gibt es oft die Möglichkeit, anfangs die Kosten selber zu bezahlen und die Rechnung dann bei der Krankenkasse einzureichen. Dann erhalten Sie einen gewissen Betrag zurück (derzeit für eine Einzelpsychotherapiesitzung je nach Bundesland und Krankenkasse zwischen 31-45 Euro). Bei manchen Beratungsstellen wird auch kostenlose Beratung oder eine gewisse Anzahl an kostenlosen Einheiten angeboten. Auch manche Erstgespräche bei Psychotherapeut:innen kosten nichts. Fragen Sie im Vorfeld So können Sie sich vorbereiten und unangenehme Überraschungen vermeiden! Meist können die jeweiligen Professionist:innen Sie auch dabei unterstützen, wie sie eine (Teil-) Kassenfinanzierung erhalten/beantragen können.
Zusammenfassung der Unterschiede
Die folgende Tabelle fasst die wesentlichen Unterschiede zwischen Psychologen, Psychotherapeuten und Psychiatern zusammen:
Berufsgruppe | Ausbildung | Befugnisse | Tätigkeitsbereiche |
---|---|---|---|
Psychologe/in | Psychologiestudium (Diplom/Master) | Diagnostik, Beratung, psychologische Behandlung | Kliniken, Praxen, Forschung, Wirtschaft, Bildung |
Psychotherapeut/in | Mehrjährige Ausbildung in Psychotherapie (i.d.R. mit Vorstudium) | Psychotherapie | Praxen, Kliniken, Beratungseinrichtungen |
Psychiater/in | Medizinstudium mit Facharztausbildung in Psychiatrie | Diagnostik, medikamentöse Behandlung, Psychotherapie (oft) | Kliniken, Praxen |
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