Alternative Behandlungsmethoden für psychische Erkrankungen

Die psychische Gesundheit gewinnt in Österreich zunehmend an Bedeutung. Psychische Erkrankungen stellen einen erheblichen Teil der Krankheitslast dar, wobei Studien zeigen, dass etwa 20 bis 25 Prozent der Gesamtbelastung in der Europäischen Region auf mentale Erkrankungen zurückzuführen sind.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat im Rahmen ihrer europäischen Erklärung und des Aktionsplans Maßnahmen zur Verbesserung der psychischen Gesundheit initiiert. Der Schwerpunkt liegt auf der Förderung der psychischen Gesundheit, der Überwindung von Stigmatisierung, der Aufklärung über Stress- und Suizidprävention sowie der Verbesserung der primären Gesundheitsdienste.

In Österreich stehen wir vor bedeutenden Herausforderungen im Bereich der mentalen Gesundheit. Der Anstieg psychischer Erkrankungen erfordert dringend Lösungen. Wartezeiten auf Therapieplätze sind oft lang, und die psychotherapeutische Versorgung muss auf breiter Front gestärkt werden.

Es gibt jedoch verschiedene alternative Behandlungsmethoden und Therapieangebote, die im Folgenden näher betrachtet werden.

Nicht-medikamentöse Therapien

Neben traditionellen medikamentösen Behandlungen gibt es eine Reihe von nicht-medikamentösen Therapieoptionen, die bei psychischen Erkrankungen eingesetzt werden können.

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Psychotherapie

Bei psychischen Erkrankungen, überfordernde Lebenssituationen und Krisen kann eine begleitende Einzel -oder Paar/ Familientherapie helfen, neue Sicht- und Verhaltensweisen sich anzueignen und soziale Interaktionen zu verbessern. Psychotherapie soll dazu beitragen, psychische Störungen mit Krankheitswert zu lindern oder zu heilen.

Psychotherapie hilft, bestehende Symptome zu mildern oder zu beseitigen, störende Verhaltensweisen und Einstellungen zu ändern sowie die Reifung, Entwicklung und Gesundheit zu fördern. Psychotherapie vermittelt und erfordert vertrauensvolle Beziehungen in einer geschützten Atmosphäre.

Bei einer leichten Depression eignen sich besonders zwei Arten von Psychotherapie als Behandlung:

  1. Die kognitive Verhaltenstherapie: Hier arbeitet man als Patient:in mit seinen Ärzt:innen daran, seine Probleme selbst unter Kontrolle zu bringen. Patient:innen lernen, sich selbst zu beobachten, Probleme zu identifizieren und individuelle Blockaden zu erkennen. Dann werden Alternativen entwickelt und ausprobiert sowie die Denkmuster und Verhaltensweisen neu bewertet: Zum Beispiel indem Patient:innen sich bewusst distanzieren, etwas positiv umdeuten oder ein Problem als Herausforderung sehen.
  2. Die interpersonelle Psychotherapie (IPT): Dies ist ein evidenzbasierter, Leitlinien-empfohlener Ansatz zur Behandlung von Depressionen. Die Interpersonelle Psychotherapie nach Klerman und Weissman gehört zu den am umfassendsten untersuchten und wirksamsten psychologischen Depressionstherapien.

Die IPT setzt direkt an den belastenden interpersonellen Lebensbezügen der Betroffenen an, also an den individuellen, persönlichen Problemfeldern. Der Fokus liegt auf dem zwischenmenschlichen Kontext, in dem sich die depressive Episode entwickelt hat. Das kann zum Beispiel Trauer, Isolation oder Arbeitsstress sein.

Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS)

Transkranielle Gleichstrom Stimulation (tDCS) ist eine gute Alternative zur Behandlung einer Depression mit, oder auch ohne Medikamente. Mittels tDCS kann oft ohne Medikamente eine Besserung einer Depression bis hin zur Remission erzielt werden.

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TDCS ist eine ergänzende, medikationsfreie, nebenwirkungsarme Therapieoption mit hoher Ansprechrate bei verschiedenen psychiatrischen Krankheitsbilder.

Elektrokrampftherapie (EKT)

Die Elektrokonvulsionstherapie (EKT) ist ein modernes medizinisches Behandlungsverfahren, welches als Alternative zu pharmakologischen Therapieoptionen bei schweren psychiatrischen Krankheitsbildern, insbesondere bei Pharmako-Resistenz (z.B. Die EKT ist eine standardisierte Hirnstimulationsmethode, welche an unserer Klinik in Kooperation mit der Universitätsklinik für Anästhesie, Allgemeine Intensivmedizin und Schmerztherapie durchgeführt wird.

Weitere Therapieangebote

  • Ergotherapie
  • Musiktherapie
  • Kunsttherapie
  • Physiotherapie (indoor/outdoor)
  • Entspannungsverfahren (z.B. Klangschalen)
  • Übungen zur besseren Körperwahrnehmung

Komplementärmedizinische Heilmethoden

Komplementärmedizinische Heilmethoden können unterstützend zu anderen Therapieformen eingesetzt werden:

  • Homöopathie
  • Orthomolekulare Medizin
  • Phytotherapie
  • Mikrobiom Diagnostik

Personalisierte Pharmakotherapie

Durch die Bestimmung der pharmakogenetischen Eigenschaften können persönlich, angepasste Arzneimittel und die passende Dosis gefunden werden. Damit erzielt man eine bessere Wirkung, weniger Nebenwirkungen und mehr Arzneimittelsicherheit.

Innovative Behandlungsansätze

Esketamin

Esketamin zeigt bei Erwachsenen mit therapieresistenter Depression eine schnelle, antidepressive Wirkung (Behandlungsansprechen innerhalb von 4 Wochen). Die Erhaltungstherapie erfolgt bei positiven Ansprechen für weitere 6-9 Monate.

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Esketamin-Nasenspray ist seit Dezember 2019 als Spravato® bei therapieresistenter Depression (TRD) zugelassen. Nach einer geeigneten Nutzen-Risiko-Abwägung setzen wir die Substanz bei TRD sowohl stationär als auch ambulant ein.

Ketamin

Ketamin hat sich als vielversprechende Behandlung für therapieresistente Depressionen erwiesen. Ursprünglich als Anästhetikum verwendet, wirkt Ketamin als NMDA-Rezeptor-Antagonist, was zu einer schnellen Freisetzung von Glutamat und einer Verbesserung der neuronalen Plastizität führt. Studien zeigen, dass etwa 50-70% der Patienten mit schweren Depressionen auf Ketamin ansprechen, oft innerhalb weniger Stunden.

Tagesbehandlung für psychische Gesundheit

Die Tagesbehandlung für psychische Gesundheit stellt eine Alternative zum stationären Aufenthalt dar, wenn ambulante Therapiemöglichkeiten nicht ausreichen oder zu keiner Besserung geführt haben. Die Tagesbehandlung für psychische Gesundheit findet an Wochentagen zwischen 8:00 und 16:00 Uhr statt, sodass PatientInnen weiterhin Zeit im gewohnten Umfeld verbringen können.

Das Therapieangebot der Tagesbehandlung für psychische Gesundheit umfasst:

  • regelmäßige ärztliche Visiten im Einzelsetting
  • psychiatrische und klinisch-psychologische Diagnostik
  • medikamentöse Therapie
  • Bezugspflegesystem (inkl. Skills-Training)
  • Psychotherapie
  • Psychoedukation
  • Angehörigengespräche
  • Beratung durch die Klinische Sozialarbeit

Weitere unterstützende Maßnahmen

Ernährung und Sport

Generell ist bei einer Depression eine Ernährung mit viel Fisch, Gemüse, Obst und hochwertigen Fleisch empfehlenswert. Sport führt auf biologischer Ebene zu einem Abbau von Stresshormonen und zur Ausschüttung von BDNF (brain derived neurotropic factor), welches Nervenzellen im Gehirn repariert.

Meditation und Achtsamkeit

Meditation hilft insbesondere bei stressbedingten Depressionen. Insbesondere für mindfulnessbased orientierte Richtungen gibt es deutliche medizinische Evidenz. Mindfulness bedeutet, den Fokus der Aufmerksamkeit auf den gegenwärtigen Moment zu legen.

Selbstbewusstsein stärken

Selbstbewusstsein ist ein wichtiger Faktor für das psychische Wohlbefinden und die persönliche Entwicklung. Es wird in der Kindheit aufgebaut und durch zahlreiche Erfahrungen geprägt. Um dein Selbstbewusstsein zu stärken, kannst du negative Gedankenmuster hinterfragen und dir selbst positive Gedanken mit Mitgefühl und Ermutigung ansagen.

Unterstützungsangebote in Österreich

In Österreich stehen zahlreiche Ressourcen und Unterstützungsangebote zur Verfügung, um die psychische Gesundheit zu fördern. Psychologische Beratungsstellen und Therapeuten sind leicht erreichbar und bieten wertvolle Unterstützung in schwierigen Zeiten. Es gibt verschiedene Angebote, die von Selbsthilfegruppen bis hin zu staatlichen Programmen reichen.

Hier finden Sie einen Überblick zu Hilfsmöglichkeiten für die psychische Gesundheit: Ärztliche Hilfe, Klinische Psychologie und Gesundheitspsychologie, Psychotherapie sowie weitere unterstützende Links.

Klinische Sozialarbeit

Klinische Sozialarbeit stellt neben der Medizin und Pflege, der Psychologie und der Psychotherapie ein grundlegendes Behandlungsangebot im Rahmen des bio-psycho-sozialen Krankheitsmodells für psychosomatische Patientinnen und Patienten und deren Angehörige dar, denn die Bedeutung des sozialen Umfeldes als Irritations- oder Stabilisierungsfaktor für Erkrankungen darf nicht unterschätzt werden.

Die zentralen Methoden der Klinischen Sozialarbeit sind psychosoziale Beratung, Soziotherapie, Krisenintervention, Case Management und psychoedukative Gruppenarbeit.

Wichtige Anlaufstellen

  • Psychiater:innen - Fachärzt:innen für Psychiatrie und psychotherapeutische Medizin
  • Hausärzt:innen - Ärzt:innen für Allgemeinmedizin
  • Psychotherapeut:innen
  • Psycholog:innen
  • Selbsthilfegruppen

Stationäre Kurzzeit-Psychotherapie (Station B5)

Die Station B5 bietet stationäre Kurzzeit-Psychotherapie für 8 Wochen an. Dabei stehen folgende Zielsetzungen im Vordergrund: Reduzierung bzw. weitgehende Abmilderung der Symptomatik, das Fördern von reflexiver Selbstzuwendung und Anstöße zu beginnenden Umstrukturierungsprozessen hinsichtlich der Persönlichkeit.

Die Station versteht sich prinzipiell als psychodynamisch ausgerichtet (systemische Familientherapie, Psychodrama, Gesprächspsychotherapie) bei gleichzeitiger tiefenpsychologisch-existentieller Orientierung.

Das Therapieangebot umfasst:

  • Gruppenpsychotherapie (Psychodrama)
  • Einzelpsychotherapie
  • Ergotherapie u. Gestaltungstherapie
  • Bezugspflegespräche
  • Gemeinsame Freizeitaktivitäten
  • Stationsgruppe
  • Entspannungsgruppe (Klangschalen)
  • Paar- und Familiengespräche
  • Medizinisch psychiatrische Einzelvisiten
  • Sozialarbeit

Überblick über alternative Behandlungsmethoden

Behandlungsmethode Beschreibung Anwendungsbereich
Psychotherapie (kognitive Verhaltenstherapie, interpersonelle Psychotherapie) Gesprächstherapie zur Bearbeitung von Problemen und Konflikten Depressionen, Angststörungen, Lebenskrisen
Transkranielle Gleichstromstimulation (tDCS) Nicht-invasive Hirnstimulation zur Verbesserung der neuronalen Aktivität Depressionen, Schmerzen
Elektrokrampftherapie (EKT) Medizinische Behandlung mit elektrischen Reizen unter Narkose Schwere Depressionen, Katatonie
Komplementärmedizinische Heilmethoden (Homöopathie, Orthomolekulare Medizin, Phytotherapie) Ergänzende Behandlungen zur Unterstützung der Genesung Verschiedene psychische Erkrankungen
Esketamin Schnell wirkendes Antidepressivum bei therapieresistenter Depression Therapieresistente Depressionen
Ketamin NMDA-Rezeptor-Antagonist zur Behandlung von Depressionen Therapieresistente Depressionen
Tagesbehandlung Alternative zum stationären Aufenthalt mit vielfältigen Therapieangeboten Verschiedene psychische Erkrankungen
Ernährung und Sport Gesunde Lebensweise zur Unterstützung der psychischen Gesundheit Allgemeines Wohlbefinden, Depressionen
Meditation und Achtsamkeit Techniken zur Stressreduktion und Förderung des gegenwärtigen Moments Stressbedingte Depressionen, Angststörungen
Klinische Sozialarbeit Unterstützung in sozialen, rechtlichen und finanziellen Belangen Verschiedene psychische Erkrankungen

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