Depression heilen durch Liebe: Was wissenschaftliche Studien sagen

Liebe tut weh - das ist die bittere Erkenntnis, wenn eine Beziehung in die Brüche geht. Es ist normal, dass man sich etwa nach der Trennung von einem geliebten Menschen traurig, verletzt und enttäuscht fühlt. Üblicherweise bessert sich Liebeskummer mit der Zeit jedoch wieder von allein.

Eine Firma behauptet, ihr Nahrungsergänzungsmittel Amorex könne das ändern. Das Mittel soll Liebeskummer lindern und so beispielsweise die Trennung von einer geliebten Person weniger belastend machen. Die Wirkung wäre angeblich durch eine Studie belegt. Doch lässt sich Liebekummer wirklich wegschlucken?

Was ist Amorex und was steckt drin?

Amorex enthält einen Extrakt aus der afrikanischen Schwarzbohne (Griffonia simplicifolia). Darin ist natürlicherweise die Substanz 5-Hydroxytryptophan - abgekürzt 5-HTP - enthalten. 5-HTP kommt natürlicherweise im Gehirn vor. Die Substanz entsteht dort, wenn der Körper die Aminosäure Tryptophan aus der Nahrung in den Nervenzell-Botenstoff Serotonin umwandelt.

Einer gängigen Theorie zufolge löst ein Serotonin-Mangel im Gehirn eine Depression aus. Daher nahmen Fachleute an, mehr 5-HTP würde zu mehr Serotonin im Gehirn führen - und so einer Depression entgegenwirken.

Die einzige Studie zu Amorex

Bei unserer Recherche sind wir nur auf eine einzige Studie [1] gestoßen: auf diejenige, mit der die Herstellerfirma hinter Amorex ihr Produkt bewirbt. Dabei haben 11 junge Frauen und 4 junge Männer teilgenommen, die sich kürzlich getrennt hatten oder Probleme in einer Liebesbeziehung erlebten. Sechs Wochen lang nahmen die Teilnehmenden nun Amorex ein.

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Das Forschungsteam hinter der Studie [1] behauptet, dass es den Teilnehmenden mit Amorex nach drei bis sechs Wochen besser ging. Doch die einzige Studie zu Amorex hat die Wirkung auf Liebeskummer nicht direkt untersucht.

Kritikpunkte an der Studie

  • Fehlender Vergleich: Es ist davon auszugehen, dass es den Teilnehmenden auch ohne Amorex mit der Zeit besser gegangen wäre - weil sich Liebeskummer mit der Zeit von allein bessert.
  • Liebeskummer nicht direkt untersucht: Zu den wichtigsten Aspekten hat das Forschungsteam die Teilnehmenden nicht befragt: Traurigkeit, Enttäuschung oder Verzweiflung.
  • Keine Placebo-Kontrollgruppe: Ob das mit Amorex schneller geht als ohne, hat die Studie aber nicht untersucht - dazu fehlt ein Vergleich mit Betroffenen, die kein Amorex eingenommen haben.

Nebenwirkungen von 5-HTP

Es ist bekannt [2], dass die Einnahme von 5-HTP Nebenwirkungen wie Übelkeit, Erbrechen und Durchfall verursachen kann. Solche Nebenwirkungen sind in Studien [2] aufgetreten, welche eine vermutete Wirkung von 5-HTP gegen Depression untersucht haben.

Was sagt die Wissenschaft zu 5-HTP bei Depressionen?

Die Studien konnten jedoch nicht belegen, dass die Einnahme von 5-HTP bei Depression hilft. Während es für die Einnahme von 5-HTP keinen Wirknachweis gibt, können moderne Antidepressiva eine Depression lindern, indem sie die Wirkung von Serotonin direkt verstärken.

Wie könnte eine aussagekräftige Studie aussehen?

Ob der in Amorex enthaltene Wirkstoff 5-HTP bei Liebesschmerz hilft, ließe sich im Prinzip einfach untersuchen - mithilfe einer sogenannten randomisiert-kontrollierten Studie. Das ist die aussagekräftigste Studienart, um den Erfolg einer Behandlung zu untersuchen.

Dazu werden Betroffene nach einer als schmerzhaft empfundenen Trennung nach dem Zufallsprinzip (randomisiert) einer von zwei Gruppen zugeteilt:

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  • Die Behandlungsgruppe nimmt einige Zeit lang Amorex-Tabletten ein.
  • Die Kontrollgruppe zum Vergleich Placebo-Tabletten ohne Wirkstoff.

Idealerweise sollte bis zum Studienende niemand wissen, wer das zu untersuchende Mittel einnimmt und wer das Placebo. Nur so lässt sich vermeiden, dass bereits die Erwartung an eine Wirkung eine Besserung bewirkt.

Gruppe Behandlung
Behandlungsgruppe Amorex-Tabletten
Kontrollgruppe Placebo-Tabletten

Im Laufe der Studie wird sich der Liebeskummer vermutlich auch in der Placebo-Gruppe von allein bessern. Doch am Ende wird verglichen: Hat sich der Liebeskummer in der Behandlungsgruppe stärker gebessert als in der Placebo-Gruppe? Nur das wäre ein Beweis dafür, dass Amorex helfen kann.

Trotz Suche in zwei Forschungsdatenbanken haben wir keine solche randomisiert-kontrollierte Studie finden können.

Was tun bei Depressionen?

Bei einer Depression ist das anders. Eine Depression ist eine psychische Erkrankung, bei der traurige Gefühle, negative Gedanken und Antriebslosigkeit den Alltag anhaltend überschatten. Detaillierte Informationen zu Depression und ihre Behandlungsmöglichkeiten, beschreibt die unabhängige Webseite Gesundheitsinformation.de.

Wenn man sich niedergeschlagen fühlt oder den Verdacht hat, von einer Depression betroffen zu sein, informiert die Seite Gesundheit.gv.at außerdem darüber, wohin man sich wenden kann.

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