Der Tod eines geliebten Menschen, insbesondere der Mutter, ist eine der schmerzhaftesten Erfahrungen im Leben. Die Trauer, die darauf folgt, kann überwältigend sein und zu Depressionen führen. Es ist wichtig zu verstehen, dass Trauer eine normale Reaktion auf einen Verlust ist und dass es Möglichkeiten gibt, mit den damit verbundenen Gefühlen umzugehen.
Jeder trauernde Mensch geht seinen eigenen Weg, und dies im eigenen Tempo. Der Trauerweg ist keine gerade Linie, er stellt sich vielmehr als eine Spirale oder ein Labyrinth dar. Zeit, die ihnen ermöglicht, ihren Trauerprozess im eigenen Tempo zu durchwandern.
Hier ist es wichtig, dem Trauernden an der Seite zu stehen, Halt und Sicherheit zu geben. Den Trauernden soll die Möglichkeit (an)geboten werden, sich vom Toten zu verabschieden, ihn noch einmal zu sehen, zu berühren umso das Abschiednehmen und das Realisieren des eingetretenen Todes zu unterstützen.
Die Phasen der Trauer
Verena Kast und J. William Worden sprechen hier von Trauerphasen. Am Beginn des Trauerweges steht oft das pure Überleben - im Sinne von Kraft schöpfen, versorgen, aushalten.
Die Wirklichkeit begreifen und leben dürfen zeichnet sich dadurch aus, immer wieder darüber sprechen dürfen, die Geschichte des Abschieds wiederholen zu dürfen, von anderen Erlebtes hören, sich austauschen können. Hilfreich zum Realisieren sind auch jene Informationen, die bezeichnen, woran und wie jemand gestorben ist. Durch ein klares Benennen des Todes wird „greifbarer“, dass jemand gestorben ist, und nicht „gegangen oder eingeschlafen“.
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Die Gestaltung vom Begräbnis oder einem Abschiedsritual kann hierbei unterstützend wirken. Es ist eine Vielzahl von Gefühlen im Trauerprozess enthalten: intensiv und stark aber auch zart und zärtlich können sich diese Emotionen zeigen.
Angst, Wut, Ohnmacht, Schmerz, Sehnsucht, Liebe, Verzweiflung, Erleichterung, Dankbarkeit stellen einen facettenreichen Ausdruck dieser Gefühle dar. Und auch wenn diese Gefühle sehr verwirrend sind: sie sind wichtig, elementar, und in ihrer Herausforderung dennoch hilfreich, um den Verlust zu bewältigen.
Traurigkeit und Verzweiflung und auch Sehnsucht können sich in oder durch Tränen einen Weg bahnen, oder auch im Rückzug durchlebt werden. Sehnsucht kann in Grabbesuchen, Trauertagebuch schreiben, Erinnerungskisten, einen Gedenkort und Fotoalben gestalten, Ausdruck verliehen werden.
Manchmal verwandelt sich Seelenschmerz in Körperschmerz, z.B.: Kopfschmerzen, Magenkrämpfe, auch das physische Herz kann sich „schwer fühlen und stolpern“, Atemnot, Beklemmungsgefühl und starkes Frieren kann sich ebenfalls körperlich zeigen.
Nach dem Tod eines nahen Menschen ändert sich das eigene Leben, Trauernde sind gezwungen, sich den Veränderungen anzupassen, und neue Wege für den Alltag, neue Rollen und neue Aufgaben im eigenem Leben zu finden. Es kostet Kraft sich im veränderten Leben zurechtzufinden, neue Verhaltensweisen auszuprobieren und das veränderte Leben anzunehmen. Freude über neue Talente kann aufkommen.
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Die Verbundenheit mit dem Verstorbenen ist für viele Trauernde ein Sonnenstrahl. Man muss nach dem Tod auf die körpergebundene Gemeinsamkeit verzichten und sich mit der über den Tod hinausgehenden Bindung begnügen - die Liebe/Verbundenheit bleibt im Herzen und nicht in der realen Beziehung bestehen. Erinnerungen und Geschichten ermöglichen ein Gefühl von dieser Verbundenheit.
Träume und „Zeichen“ schaffen ein Gefühl von innerer Verbindung. Verstorbene waren jedoch „normale, echte“ Menschen - mit all ihren Licht- und Schattenseiten. Im Trauerprozess erleben wir ebenfalls beide Seiten: die beängstigenden wie auch die beglückenden Seiten. Beide Seiten schaffen innere Bindungen.
Zuletzt geht es darum, die neuen Erfahrungen in das eigene Leben einzuordnen, denn die Neubewertung der Vergangenheit färbt den Blick auf die Gegenwart und hat eine Auswirkung auf die Zukunft. Grundüberzeugungen, die man in sich getragen hat, sind vielleicht nicht mehr stimmig.
So unterschiedlich Menschen und Beziehungen sind, so unterschiedlich und vielschichtig sind auch die Trauerverläufe. Manchmal mächtig oder lähmend, sie können aber auch erlösend wahrgenommen werden.
Was man nicht sagen sollte
Nun mal an die Menschen, die selbst noch keinen nahe stehenden Menschen verloren haben oder einen einschneidenden Verlust bewältigen mussten. Kennst du das Gefühl, dass du auf eine Beerdigung gehst, dein Beileid und Trost aussprechen möchtest, dir aber die Worte dafür fehlen? Oder du einem trauernden Menschen Wochen später begegnest und mit der Situation vollkommen überfordert bist? Du möchtest nichts Falsches sagen und versuchst deine Worte gut auszuwählen.
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Auch wenn die Worte gut gemeint sind, leider helfen sie meist nicht. Stattdessen können sie den Trauernden sehr verletzen. Weil in unserer Gesellschaft das Thema Trauer noch immer Tabu ist, sind Menschen in Begegnung mit einem Trauernden hilflos und überfordert und wissen nicht was sie mit ihrer Wortwahl alles anrichten können.
Für den Trauernden selbst sollen die Sätze bewusst machen, dass sie mit solchen Momenten niemals alleine sind. Du als Trauernder kannst dich davor leider nicht schützen. Es wird immer wieder solche Aussagen geben. Aber du kannst dir nach einem solchen Moment bewusst machen, dass deren Aussagen nichts mit dir und deiner Trauer zu tun hat. Werde dir klar, dass die meisten dich nicht absichtlich verletzen wollen und einfach schlichtweg überfordert sind.
Hier sind einige Beispiele für Sätze, die man besser vermeiden sollte, und was man stattdessen sagen könnte:
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Falsch: "Melde dich einfach, wenn du etwas brauchst."
Besser: "Ich möchte dir gerne helfen und werde dich jeden zweiten Tag (einmal pro Woche etc…) anrufen/dir schreiben, um zu sehen, was du gerade brauchst."
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Falsch: "Reiß dich zusammen!"
Innerhalb nur weniger Wochen normalisiert sich dein ganzes Umfeld wieder, und dieses erwartet sich das auch von dir. Sie wollen dich nicht mehr weinen sehen. Sie wollen dich wieder funktionieren sehen. Dadurch kämpft man sich luftanhaltend durch den Alltag. Sobald die Türe hinter einem zu fällt, schießt die Luft aus einem raus und man sinkt weinend zu Boden. Je mehr an Zeit vergeht, desto mehr steigt der Druck, draußen keine Trauer mehr zulassen zu dürfen.
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Falsch: "Das Leben geht weiter."
Ein Trauernder im Schockzustand und noch frisch in seiner Trauer verspürt Unmengen an Druck durch diesen Satz. Als würde einem gesagt werden: „Du darfst nicht weinen und trauern, du musst dich nun anstrengen und kämpfen.“ Gefühle werden zukünftig noch mehr unterdrückt und nicht nach außen getragen. Burnout, Depressionen und psychosomatische Folgen haben dadurch wiederum leichtes Spiel.
Besser: "Wir wissen, dass das Leben weitergehen wird, aber nimm dir alle Zeit, die du brauchst bis du dafür bereit bist und dann wirst du deinen eigenen Weg finden."
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Falsch: "Die Zeit heilt alle Wunden."
Durch meinen Austausch und meine Ausbildung in der Trauerarbeit, habe ich erfahren, dass Zeit ein unbestimmter Faktor in der Trauer ist. Früher sprach man vom ersten Trauerjahr. Heute weiß man, dass vor allem bei traumatischen Erlebnissen und abrupten Verlusten weit mehr als ein Jahr nötig sind, um auch nur annähernd wieder eine stabile Belastbarkeit zu entwickeln. Auch ich, nach bald 4 Jahren trage die Folgen noch in mir, körperlich, wie auch seelisch, welche mich an manchen Stellen im Alltag noch einschränken.
Besser: "Kommentiere einfach niemals die Zeit des Betrauerns. Bitte! Danke! Es ist vollkommen ok, nach 1, 5 ,10 oder auch 20 Jahren zu weinen und den Verlust auch hin und wieder zu betrauern."
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Falsch: "Du bist noch jung, du wirst schon wieder jemanden finden."
Da zerreißt es mir schon beim Niederschreiben das Herz. Denn es ändert nichts an der Tatsache, dass der geliebte Mensch nicht mehr da ist und vermisst wird. Auch in diesem Fall wird es dem Trauernden sehr wohl bewusst sein, dass er jung ist und vielleicht irgendwann einen neuen Partner finden wird. Trotzdem ist es kein Ersatz für den Verstorbenen.
Besser: "Nichts dergleichen."
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Falsch: "Du kannst froh sein, dass du noch andere Kinder hast."
Ich antwortete beinhart: „Achso, ja stimmt, ich habe noch zwei Schwestern. Na dann ist ja eh egal, ob eine tot ist, wenn da noch zwei sind. Danke, jetzt gehts mir gut. Ciao.“ Ich wandte mich sofort von diesem Menschen ab und musste anschließend bitterlich weinen. Natürlich bin ich dankbar und überaus glücklich darüber meine anderen beiden Schwestern zu haben. Sie schenken mir Kraft und sind der Grund warum ich überhaupt so sehr gekämpft und mich nicht aufgegeben habe. Dennoch sind auch sie kein Ersatz für Larissa, so wie ich keiner für die beiden bin.
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Falsch: "Ich weiß, wie du dich fühlst."
Mir passiert selbst manchmal, dass ich schnell reagiere und an diesen Satz denke, wenn mir jemand von seinem Verlust erzählt. Aber bevor ich ihn ausspreche behalte ich ihn für mich. Ich weiß natürlich wie sich ein schmerzvoller Verlust anfühlt, dennoch weiß ich nicht, wo sich mein Gegenüber gerade befindet und wie dieser Mensch im Moment gerade fühlt. Und jeder empfindet Schmerzen, Gefühle unterschiedlich intensiv. Jeder hat ein anderes Umfeld, das entweder zusätzlich belastet oder einen entlastet. Deshalb, nein, ich weiß nicht, wie du dich fühlst.
Besser: "Ich kann deinen Schmerz nachvollziehen und verstehen."
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Falsch: "Es wird wieder wie früher."
Das ist leider eine klare Lüge. Es wäre dasselbe zu sagen, der verstorbene Mensch wird morgen wieder leben. Ebenfalls eine Unwahrheit. Denn nein, tut es nicht. Es wird nicht wieder, denn der Mensch ist nun mal tot und das wird nun mal nicht wieder. Es wird anders, aber nicht mehr wie es war. Dieses Anders wird vollkommen neu werden, mit Teilen in dir, die in dem alten Leben bleiben und Teilen, die sich neu herauskristallisieren. Du wirst anders und dein ganzes Leben auch.
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Falsch: "Gott hat sie/ihn zu sich geholt."
Besonders von sehr gläubigen, religiösen Menschen hört man diesen Satz immer wieder. Wenn er aber auf einen Menschen trifft, der vielleicht nicht dieselben Ansichten hat, kann das manchmal sehr verletzen. Und sogar jemand, der an ein Leben nach dem Tod glaubt, hat von diesem Satz nur wenig Trost. Denn dieser lebt im Hier und Jetzt und jeder von sich glaubt, dass der beste Platz des Verstorbenen neben einem selbst doch war.
Besser: "Auch wenn der geliebte Mensch physisch nicht mehr greifbar ist, wird er immer in deinem Herzen weiterleben und dich auf diese Weise begleiten."
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Falsch: "Sie/Er hätte nicht gewollt, dass du traurig bist."
In meinem Beispiel: Stimmt, Larissa hätte niemals gewollt, dass ich traurig bin, mich gehen lasse, aufgebe etc. Und doch ist sie nicht mehr da und ich vermisse sie und fühle einen unfassbar großen Schmerz und eine innere Leere. Sie hätte gewollt, dass ich diese Gefühle zulasse, dass ich mich darum kümmere und gut auf mich schaue. Das bedeutet auch hinhören und das tun, was mir im Moment gerade gut tut. Und wenn es einen Tag weinen ist, und wenn es einen Tag allein sein ist, und wenn es einen Tag gehen lassen ist. All das ist ok und darf sein und hätte mir der geliebte Mensch vergönnt. Nur die Menschen, die es nun aushalten tun sich schwer damit mich so zu sehen, so zu ertragen und nehmen den Verstorbenen deshalb als Vorwand her um mich oder auch dich in deiner Trauer zurecht zu weisen. Ein Satz also, der von einem hilflosen Menschen kommt, der einfach mit der Situation überfordert ist. Es ist nicht leicht als Außenstehenden den anderen leiden zu sehen. Am Ende strengt sich ein Trauernder ohnehin an und macht weiter, genau weil man sich einredet, für den Verstorbenen weiter machen zu müssen.
Besser: "Sie/Er hat immer nur das Beste für dich gewollt."
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Falsch: "Sie/Er hatte doch schon ein langes/erfülltes Leben."
Diese Art von Aussage bekommen viele Menschen zu hören, die entweder ihre Großeltern in hohem Alter oder Menschen nach langer Krankheit verloren haben. Egal wie alt, und egal wie lange der Tod bewusst war, ändert es nichts daran, dass der Mensch nun fehlt und eine innere Leere hinterlässt. Meistens geht bei solchen Krankheiten eine lange, mit Kraftaufwand verbundene Pflege voran, wodurch die Hinterbliebenen noch erschöpfter nach dem Todesfall sind. Die aufgestauten Gefühle aus der Zeit davor kommen noch zu der Trauer um den Verstorbenen hinzu.
Besser: "Nicht nur deine Trauer um den Menschen, sondern auch die Gefühle von davor belasten dich jetzt bestimmt und ich kann deine doppelte Erschöpfung daher verstehen."
Wie man helfen kann
Was ich mir persönlich gewünscht hätte und ich denke hier kann ich für viele Trauernde sprechen: Frag nach dem Verstorbenen, wie er/sie war, ausgesehen hatte, was er/sie machte, welche Träume/Hobbies/Vorlieben er/sie hatte.
- Ich verstehe dich, ich verstehe deinen Schmerz. - Als Trauernder wünscht man sich oft nichts mehr, als einfach nur verstanden zu werden.
- Ich bin immer für dich da, wenn du mich brauchst. - Hierbei ist dann wichtig, dass du im Notfall auch wirklich da bist und wertfrei trösten kannst. Wenn du dich nicht darüber traust, verwende den Satz nicht. Es ist vollkommen ok, wenn du merkst, dass dir das zu viel wird und du nicht dafür geeignet bist.
- Es tut mir unendlich leid und ich wünsche dir ganz viel Kraft für die kommende Zeit. - Mir persönlich gefällt dieser Satz um einiges besser, als die einfache Floskel „Mein Beileid“.
- Mir fehlen die Worte, ich bin selbst überfordert und weiß nicht was ich darauf sagen soll. - Eine ehrliche Antwort, die niemanden verletzt und ganz viel Empathie enthält.
- Nichts. - Oft ist besser, einfach zu schweigen, bevor verletzende Aussagen passieren.
Jeder trauert anders und empfindet anders, deshalb sind meine Verbesserungsvorschläge auch keine Garantie für ein Richtig oder Falsch.
Trauer bei Kindern
Kinder sind im Alltag mit den Themen Tod und Sterben konfrontiert. Entweder weil jemand im Angehörigenkreis stirbt. Oder sie sich etwa von ihrem geliebten Haustier verabschieden müssen. Auch über die Medien bekommen sie viel mit (z.B. über Krieg, Naturkatastrophen, Unfälle). Außerdem liegt es in der Neugier eines Kindes, früher oder später zu fragen, warum man sterben muss. Und wohin man dann kommt. Was dann passiert.
Es bestehen oft große Hemmschwellen mit Kindern über die Themen Sterben und Tod zu sprechen. Kinder benötigen diesbezüglich jedoch eine Orientierung. Sind Kinder direkt von Tod bzw. Verlust betroffen, benötigen sie Unterstützung. Damit sie ihre Gefühle ausdrücken und einordnen können. Und sie brauchen auch einfach Trost.
tags: #mutter #gestorben #depression #bewältigung