Trennungen sind belastende Lebensereignisse, die oft tiefe emotionale Wunden hinterlassen. Univ. Prof. Dr. Stephan Doering betont, dass fast jeder nach einem Beziehungsaus leidet, wobei der Verlassene oft stärker betroffen ist als derjenige, der die Trennung wollte. Die Wiener Lebens- und Sozialberaterin Mag. Gabriela Fischer, psychosoziale Expertin der Barbara Karlich-Show im ORF, weiß, dass Trennungen meist nicht plötzlich kommen, sondern oft schon länger bestehende Probleme widerspiegeln.
Die Phasen der Trennung
Fischer beschreibt drei typische Phasen nach einer Trennung:
- Schock und Verzweiflung: Der Verlassene will die Entscheidung des Partners oft nicht akzeptieren.
- Aufbrechende Gefühle: Wut und Sehnsucht wechseln sich ab.
- Langsame Akzeptanz: Die Gefühle werden weniger intensiv, und man beginnt, sich auf die Zukunft zu konzentrieren.
In der ersten Phase ist es laut Fischer wichtig, möglichst rasch die räumliche Trennung zu vollziehen und den Kontakt zum Ex-Partner zu meiden. Der Partner mit dem Trennungswillen sollte die Gefühlsaufbrüche des Verlassenen ignorieren, um falsche Hoffnungen zu vermeiden.
Depression als Folge einer Trennung
Eine Trennung kann ein großer Stressfaktor sein und verschiedene psychische Erkrankungen auslösen oder verschlimmern. Doering erklärt, dass Menschen, die als Kind die Trennung der Eltern erlebt haben oder andere Verlusterfahrungen gemacht haben, besonders stark leiden können. Auch eine Veranlagung für Depressionen erhöht das Risiko, dass Trauer und Schmerz in eine Depression übergehen.
Anzeichen einer Depression nach einer Trennung können sein:
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- Gestörtes Selbstwertgefühl
- Gedrückte Stimmung
- Perspektivlosigkeit
- Suizidgedanken
Da eine Trennung ein großer Stressfaktor ist, kann fast jede psychische Erkrankung dadurch ausgelöst werden, von einer Angsterkrankung bis hin zur Schizophrenie, wenn die Anlage dafür vorhanden ist. Genauso kann sich eine chronische Erkrankung, insbesondere eine, an der das Immunsystem beteiligt ist, wie beispielsweise Asthma oder Neurodermitis, durch den Stress bei einer Trennung meist verschlimmern.
Geschlechtsspezifische Unterschiede bei Depressionen
Depressionen zählen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen - ca. 20% aller Menschen erkranken einmal in ihrem Leben an einer Depression. Epidemiologische Daten zeigen, dass Depressionen häufiger bei Frauen diagnostiziert werden. Frauen haben ein 2-3-fach höheres Risiko, im Laufe ihres Lebens an einer Depression zu erkranken.
Mögliche Ursachen für diese Unterschiede sind:
- Neurobiologische Faktoren (z.B. unterschiedliche Dichte an Östrogen- und Progesteronrezeptoren)
- Höhere weibliche Empfindlichkeit für entzündliche Prozesse
- Stärkere Reaktion auf Stress bei Frauen
- Soziale Risikofaktoren (z.B. Mehrfachbelastung durch Haushalt, Kinderbetreuung und Beruf, Mangel an sozialem Rückhalt, Erfahrungen häuslicher Gewalt)
Während zwischenmenschliche Konflikte bei Frauen das Erkrankungsrisiko begünstigen, sind es bei Männern eher Scheidung, Trennung einer Beziehung und Probleme am Arbeitsplatz.
In den letzten Jahren wurde das Konzept der „Male Depression“ entwickelt, das davon ausgeht, dass bei Männern häufig depressionsuntypische externalisierende Symptome wie Aggressivität, Irritabilität sowie Risiko- und Suchtverhalten die üblichen, bekannten depressiven Symptome überlagern. Insgesamt besteht beim männlichen Geschlecht Aufholbedarf im Erkennen einer Depression - es bedarf einer vermehrten Awareness für die Symptome der „Male Depression“.
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Hilfe für Betroffene und Angehörige
Für Partner, Familienangehörige und Freunde eines depressiven Menschen ist es oft schwer, mitzuerleben, wie schlecht es dieser Person geht. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, Menschen mit Depressionen den Umgang mit der Erkrankung zu erleichtern:
- Unterstützung beim Arztbesuch: Depressiven Menschen fehlt oft der Antrieb, sich Hilfe zu suchen.
- Geduld haben: Verstehen Sie, dass das Verhalten des Betroffenen Teil der Erkrankung ist.
- Hoffnung statt Druck machen: Vermeiden Sie Vorwürfe und Ratschläge.
- Suizidgedanken ernstnehmen: Sprechen Sie die Betroffenen darauf an und bieten Sie Hilfe an.
Die Behandlung von Depressionen umfasst in der Regel eine Kombination aus Medikamenten und Psychotherapie. Ziel der medikamentösen Therapie sollte die vollständige Remission sein, da ein Fortbestehen leichterer Restsymptome ein Risikofaktor für Rückfälle sein kann. Die Akuttherapie zum Abklingen der akuten Symptomatik dauert zumeist vier bis acht Wochen. Anschließend sollen Antidepressiva mindestens vier bis sechs Monate eingenommen werden - auch dann, wenn die Symptome bereits früher wieder abgeklungen sind.
Bei einer spezifischen Psychotherapie (durchgeführt von PsychiaterInnen, PsychotherapeutInnen oder PsychologInnen) geht es vor allem darum, depressionstypische Denkmuster, negative Gefühle und Verhaltensweisen abzubauen. Dabei sollte auf jene Verfahren zurückgegriffen werden, die ihre Wirksamkeit in Studien unter Beweis gestellt haben. Dazu gehören die kognitive Verhaltenstherapie, die psychodynamische bzw.
Es ist häufig nötig, die Sorgen mancher Kranker und ihrer Angehörigen, Antidepressiva könnten abhängig machen oder ihre Persönlichkeit verändern, anzusprechen und die Unrichtigkeit dieser Befürchtungen zu erklären. Es sollte auch darüber aufgeklärt werden, dass Antidepressiva in der Akuttherapie der Depression eine Wirklatenz von etwa zwei bis drei Wochen haben.
Wichtig: Bei starkem Liebeskummer sollte man professionelle Hilfe in Anspruch nehmen, anstatt sich selbst mit einem Nahrungsergänzungsmittel und Esoterik zu therapieren. Im schlimmsten Fall kann Liebeskummer sogar Depressionen und Suizidgedanken hervorrufen.
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Ursachen von Depressionen
Depressionen entstehen durch eine Kombination von biologischen, psychischen und sozialen Einflüssen:
- Biologische Einflüsse: Chemisches Ungleichgewicht im Gehirn, familiäre Veranlagung
- Psychisch-soziale Einflüsse: Stress, Krisen, schlimme Erlebnisse
Es ist wichtig zu verstehen, dass niemand Schuld an der Krankheit hat. Einflüsse wie Stress, Verluste oder Kränkungen wirken sich bei zwei Menschen oft ganz unterschiedlich aus.
Einflüsse, die zu einer Depression führen können:
- Krisen
- Schlimme Erlebnisse
- Schicksalsschläge
- Chemisches Durcheinander im Gehirn
- Gene
- Depressionen in der Familie
- Stress
Sie haben mit diesen Faktoren ein höheres Risiko für eine Depression:
- Sie haben enge Verwandte, die eine Depression haben.
- In Ihrem Leben gibt es eine große Veränderung.
- Sie haben ein psychisches Trauma erlitten, also ein belastendes Ereignis, das die Psyche stark erschüttert.
- Sie stehen unter großem Stress.
Chronische körperliche Krankheiten und andere psychische Krankheiten können eine Depression verschlimmern. Und umgekehrt: Depressionen können zu anderen körperlichen und psychischen Krankheiten beitragen und diese verschlimmern.
Die Phasen nach einer Trennung
Sylvia D. erzählt von ihrem Schmerz: wie sehr Trennungen Körper und Seele belasten können. Sylvia D. zieht an ihrer Zigarette, ihre Hände zittern. Ihre Augen glänzen feucht, und schon beim ersten Satz kullern Tränen über ihre Wangen. "Die Trennung von meinem Lebensgefährten kam sehr unerwartet für mich", erzählt sie mit gebrochener Stimme.
Wer verlassen wird, erleidet oftmals einen Schock. Zusammenbrüche sind in dieser Phase nicht selten. Danach wird das Geschehene verleugnet oder verdrängt. Die Gedanken drehen sich im Kreis, das hat Sylvia D. an sich selbst erfahren: "Ich hätte nie geglaubt, dass mein ehemaliger Lebensgefährte so sein kann. So war er während unserer Beziehung nie. Wie konnte ich ihm so schnell so egal werden? Wann hatte er aufgehört, mich zu lieben?"
In der Psychiatrie kann sie ein bisschen zur Ruhe kommen. "Die ersten Tage habe ich mich in meinem Zimmer verschanzt und nur geschlafen. Ich habe den Schlaf nachgeholt, der mir vier Wochen lang gefehlt hat." Medikamente halfen ihr dabei, die endlosen Gedankenschleifen zu unterbrechen. Doch die starken Beruhigungsmedikamente haben den Effekt, dass sie, wenn sie abgesetzt werden, das Gedankenkarussell wieder in Gang setzen.