Psychologische Diagnostik und die Erstellung von Tests und Gutachten sind wichtige Bereiche der angewandten Psychologie. In Österreich ist die psychologische Diagnostik Klinischen Psycholog*innen vorbehalten. Bei der klinisch psychologischen Diagnostik werden durch Gespräche, standardisierte psychologische Testverfahren und Verhaltensbeobachtung von den Klient*innen systematisch Informationen gesammelt und aufbereitet.
Anwendungsbereiche und Fragestellungen
Klinisch-psychologische bzw. gesundheitspsychologische Gutachten kommen zur Beurteilung eines Sachverhalts in Bezug auf die psychische Gesundheit einer Person zur Anwendung. Klinisch-psychologische bzw. gesundheitspsychologische Gutachten beantworten nachvollziehbar konkrete Fragestellungen aus dem Bereich der Klinischen Psychologie bzw. Gesundheitspsychologie. Die Gutachten bauen dabei auf einer Diagnostik bzw. Analyse auf. Sie beruhen auf wissenschaftlichen Erkenntnissen.
Klinisch-psychologische bzw. gesundheitspsychologische Gutachten finden bei unterschiedlichen Fragestellungen Anwendung, z.B. bei bestimmten Verkehrsdelikten. Gesundheitspsychologische Gutachten werden beispielsweise auch zu gesundheitsbezogenem Risikoverhalten erstellt. Des Weiteren werden unter anderem auch arbeitspsychologische Gutachten erstellt. Auch außerhalb des Gesundheitsbereichs gibt es eine Reihe von psychologischen Berufsfeldern, in denen Gutachten erstellt werden (wie z.B. im Bereich der Wirtschaftspsychologie).
Wer darf ein psychologisches Gutachten erstellen?
Im Gesundheitsbereich werden psychologische Gutachten je nach Fragestellung ausschließlich von Klinischen Psychologinnen/Klinischen Psychologen oder Gesundheitspsychologinnen/Gesundheitspsychologen erstellt.
Voraussetzungen für Gutachter
Um psychologische Gutachten zu erstellen, benötigen Sachverständige spezielle Sachkenntnis zur jeweiligen Fragestellung. Sie müssen auf dem letzten Stand der Wissenschaft sein. Sachverständige müssen neutral, unbefangen und unabhängig sein sowie nachvollziehbar handeln. Befangenheit ist zu vermeiden (z.B. Naheverhältnis zum Auftraggeber). Es gelangen standardisierte Testverfahren zur Anwendung, die dem neuesten wissenschaftlichen Kenntnisstand entsprechen und eine möglichst umfassende Sammlung von Informationen erlauben. Dabei ist auf die Zumutbarkeit für die Patientin oder den Patienten zu achten.
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Rechtliche Aspekte und Verschwiegenheitspflicht
Bei einem Gutachten, das für eine öffentliche Stelle erstellt wird (z.B. Gericht, Behörde oder Pensionsversicherung) muss von Beginn an vonseiten der Gutachterin oder des Gutachters klargestellt und mit der zu begutachtenden Person vereinbart werden, dass die Tatsachen im Zusammenhang mit dem Gutachten keine Geheimnisse sind und daher nicht der Verschwiegenheitspflicht unterliegen. Sie werden einem festgelegten Personenkreis mitgeteilt. Alle Inhalte, die nicht für die Erstellung des Gutachtens relevant sind, sind jedoch vertraulich zu behandeln.
Gutachten können prinzipiell von jeder Person in Auftrag gegeben werden (Privatpersonen, juristische Personen, Verwaltungsbehörden, Gerichte). Psychologische Gutachten vermitteln wissenschaftlich fundierte Erfahrungswerte bzw. Grundlagen für Entscheidungen. Die Entscheidung, wie in der Folge mit den Ergebnissen eines Gutachtens umgegangen wird (Sachentscheidung), trifft jedoch die Auftraggeberin oder der Auftraggeber, nicht die oder der Sachverständige.
Wo findet man einen Gutachter?
Eine allgemeine Suche bietet die Liste der Klinischen Psychologinnen und Klinischen Psychologen sowie die Liste der Gesundheitspsychologinnen und Gesundheitspsychologen. Der Berufsverband der PsychologInnen (BÖP) bietet über sein Online-Infomationssystem die Möglichkeit, nach allgemein beeideten und gerichtlich zertifizierten Sachverständigen für ein Psychologisches Gutachten zu suchen. Gerichtssachverständige können über die Gerichtssachverständigen- und Gerichtsdolmetscherliste der Justizbehörden gesucht werden. Eine Online-Suche bietet der Hauptverband für gerichtliche Sachverständige.
Kosten und Gestaltung des Gutachtens
Der jeweilige Auftraggeber bezahlt das Gutachten. Die Kosten richten sich nach verschiedenen Faktoren. Ein Gutachten muss so gestaltet sein, dass es für alle an einem Prozess Beteiligten klar ist und im Grunde keinen Interpretationsspielraum zulässt.
Zusätzliche Informationen für Ärzte
Jeder zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigte Arzt ist befugt, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten. Daraus ist umgekehrt abzuleiten, dass etwa in Ausbildung befindliche Ärzte, weil diese nicht zur selbständigen Ausübung des Berufes berechtigt sind, nicht befugt sind, ärztliche Zeugnisse auszustellen und ärztliche Gutachten zu erstatten. Zur selbständigen Ausübung des ärztlichen Berufes berechtigt sind überdies nur Ärzte, die in die Ärzteliste eingetragen sind.
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Das Berufsrecht sieht drei Formen der Eintragung vor, und zwar die Anstellung als Arzt, Meldung einer Niederlassung mit Begründung eines Berufssitzes entweder als Kassenvertragsarzt oder als Wahlarzt und wohnsitzärztliche Tätigkeit. Die Erstellung von ärztlichen Gutachten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung ist grundsätzlich nur zulässig, wenn der Arzt einen Berufssitz gemeldet hat. Eine Ausnahme besteht für zur selbständigen Berufsausübung berechtigte Wohnsitzärzte für die Erstellung von reinen Aktengutachten.
Angestellte Ärzte sind zur Erstattung von Gutachten namens ihres Dienstgebers berechtigt, d.h. wenn der Dienstgeber den angestellten Arzt mit der Ausfertigung des ärztlichen Zeugnisses oder des Gutachtens beauftragt. Weiters sind diese zur Ausstellung von Gutachten berechtigt, wenn der Gesetzgeber den im Krankenhaus Dienst habenden Arzt dazu berechtigt bzw. verpflichtet. Als Beispiel ist dazu § 5 Straßenverkehrsordnung anzuführen. § 5 Straßenverkehrsordnung beinhaltet die Regelung zur Durchführung von Alkohol- und Drogenuntersuchungen durch in öffentlichen Krankenanstalten diensthabende Ärzte. Erstatten angestellte Ärzte Gutachten im eigenen Namen und auf eigene Rechnung, ist dies der Kammer als Nebenbeschäftigung zu melden.
Eine weitere Qualifikation außer die Berechtigung zur selbständigen Berufsausübung ist nur dann erforderlich, das gesetzlich festgelegt ist oder wenn der Auftraggeber des Gutachtens eine solche fordert. Beispielsweise sind für Gerichtsgutachten die Gerichtsgutachterprüfung und die Bestellung zum gerichtlich beeideten und zertifizierten Gerichtssachverständigen Voraussetzung. Vereinzelt setzen auch Verwaltungsbehörden oder Selbstverwaltungskörper für Mediziner, die für sie ärztliche Gutachten erstatten, besondere weitere Qualifikationen voraus.
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