Ludwig van Beethoven und die Ode an die Freude

Die 9. Sinfonie in d-Moll op. 125, uraufgeführt 1824, ist die letzte vollendete Sinfonie des Komponisten Ludwig van Beethoven.

Im Finalsatz der Sinfonie werden zusätzlich zum Orchester auch Gesangssolisten und ein gemischter Chor eingesetzt.

Als Text wählte Beethoven das Gedicht An die Freude von Friedrich Schiller.

Als erste sogenannte Sinfoniekantate stellt das Werk eine Zäsur in der Musikgeschichte dar und beeinflusste folgende Generationen von Komponisten.

Mit einer typischen Aufführungsdauer von ca. 70 Minuten sprengt die Sinfonie deutlich die damals üblichen Dimensionen und bereitete so den Boden für die zum Teil abendfüllenden Sinfonien der Romantik (Bruckner, Mahler).

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Heute ist Beethovens Neunte weltweit eine der populärsten Kompositionen der klassischen Musik.

Die Entstehung der Ode an die Freude

Schillers Gedicht An die Freude erschien erstmals 1786 in der von ihm herausgegebenen Zeitschrift Thalia.

Schon bald darauf beschäftigte Beethoven die Idee einer Vertonung.

Zusätzlich inspirierte ihn Schillers Gedicht Die Götter Griechenlandes, in dem Schiller dem harmonischen Miteinander von Religion und Wissenschaft zur Zeit der Antike den christlichen Ansatz gegenüberstellt, der - bedauerlicherweise - eine geistliche Gotteswelt von einer entgötterten Natur trenne.

Der mit Schiller und Beethoven befreundete Bonner Jurist Bartholomäus Fischenich schrieb am 26. Januar 1793 an Charlotte von Schiller über ein Gespräch mit Beethoven: „Er wird auch Schiller’s Freude und zwar jede Strophe bearbeiten.

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Zu dieser Zeit lebte Beethoven bereits in Wien.

Erste Skizzen zur 9. Sinfonie entstanden erst 1815 im sogenannten Scheide-Skizzenbuch.

Der letzte Satz mit dem bedeutenden Chorfinale ähnelt in Satztechnik und Motivik der Chorfantasie in c-Moll op. 80 (1808), der „Kleinen Neunten“, deren Hauptthema wiederum dem Lied Gegenliebe WoO 118 (1794/1795) nach einem Text von Gottfried August Bürger entnommen ist.

Die Sommer 1821, 1822 und 1823 verbrachte Beethoven in Baden bei Wien (heute Beethovenhaus Baden, Rathausgasse 10) und schrieb dort wesentliche Teile der 9. Symphonie.

Die Vollendung der Komposition zog sich bis in das Jahr 1824 hin.

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Der vierte und letzte Satz wurde in Beethovens Wohnung in der Ungargasse 5 in der Wiener Vorstadt Landstraße fertiggestellt.

Anlass war 1817 ein Auftrag der Londoner Philharmonic Society für zwei Symphonien.

Es entstanden erste Skizzen und Entwürfe, an denen erkennbar ist, wie beharrlich Beethoven an der Themenbildung feilte.

Schon 1818 dachte er, das Finale um Singstimmen zu erweitern.

Obwohl die Absicht der Vertonung von Schillers Hymne fast das ganze Leben Beethovens begleitete, hat er sich erst relativ spät entschieden, die Verse im Finale der 9. Sinfonie zu verwenden.

Wie die Skizzen zeigen, fiel eine Entscheidung für den Chor erst gegen Ende des Jahres 1823.

Zur selben Zeit, im Dezember 1823, erwog Beethoven in einem Skizzenheft noch einmal ein „finale instromentale“.

Beethoven widmete „in höchster Ehrfurcht“ die Sinfonie König Friedrich Wilhelm III.

Die Uraufführung und erste Aufführungen

Die 9. Sinfonie gelangte in einem Konzert zur Uraufführung, das Beethoven am 7. Mai 1824 im Theater am Kärntnertor veranstaltete.

Es begann mit der Ouvertüre zu Die Weihe des Hauses op. 124, gefolgt von Auszügen aus der Missa solemnis op. 123.

Danach folgte wahrscheinlich eine Pause, ehe zum Schluss erstmals die 9. Sinfonie op. 125 erklang.

Solisten der Uraufführung waren Henriette Sontag (Sopran), Caroline Unger (Alt), Anton Haizinger (Tenor) und Joseph Seipelt (Bariton).

Der Dirigent war Michael Umlauf.

Beethoven, der bereits völlig ertaubt war, stand beim Schlusssatz mit dem Rücken zum Publikum und las die Worte der Sänger von ihrem Munde ab.

Nach der Aufführung brach ein frenetischer Beifall los.

Nach Aussagen von Sigismund Thalberg, der unter den Zuhörern war, drehte Caroline Unger Beethoven nach dem Ende des Scherzo zum jubelnden Publikum, laut Anton Schindler auch nach dem Ende des Chorfinales.

Er sah die begeisterte Menge und verbeugte sich dankend.

In London gelangte das von der Philharmonic Society of London in Auftrag gegebene Werk erstmals am 21. Mai 1825 unter der Leitung von Sir George Smart zur Aufführung.

Smart lernte Beethoven kurz darauf in Wien persönlich kennen.

Ein Exemplar vom Anschlagzettel der Londoner Erstaufführung mit handschriftlichen Notizen von Smart ist heute im Besitz der British Library, ebenso die von Smart benutzte Kopistenabschrift der gesamten 9. Sinfonie.

Die Sätze der 9. Sinfonie

Im Unterschied zur damals üblichen Satzfolge schnell - langsam - Menuett/Scherzo - schnell vertauscht Beethoven in der 9. Sinfonie erstmals den langsamen Satz mit dem Scherzo, was in der Folge von zahlreichen Komponisten der Romantik aufgenommen wurde.

Der Orchesterapparat ist neben der Hinzunahme von Piccoloflöte, Kontrafagott (wie in der 5. Sinfonie) und Posaunen (wie in der 5. und 6. Sinfonie) und der Aufstockung auf vier Hörner im Schlusssatz zusätzlich durch weitere Schlaginstrumente (große Trommel, Becken und Triangel) sowie Gesangssolisten und einen gemischten Chor erweitert.

Die Aufführungszeit beträgt zwischen 65 und 75 Minuten.

1. Satz: Allegro ma non troppo, un poco maestoso

Der erste Satz der 9. Sinfonie entspricht der Sonatenhauptsatzform mit verhältnismäßig kurzer Reprise und überdimensionaler Coda.

Der Satz umfasst fast 600 Takte.

Dem ersten Thema ist eine Einleitung vorangestellt, die nicht in d-Moll, sondern in A beginnt (Tongeschlecht nicht festgelegt, da Terz fehlt = eine sog. Leere Quinte).

Dieses A entpuppt sich also als Dominante zur Haupttonart d-Moll, und in Takt 17 beginnt das Hauptthema (Akkordbrechungen in d-Moll) in punktiertem Rhythmus.

Nach einer Ausweichung nach Es-Dur kehrt die Musik wieder zur Ruhe zurück, und die Einleitung steht auch vor dem Nachsatz, dieses Mal in d.

Der Nachsatz steht bereits in der Untermediante B-Dur (wie später in der Romantik üblich), und in Takt 80 beginnt die Überleitung (mit eigenem Thema) zum zweiten Themenkomplex, dem Seitensatz in B-Dur.

Der Seitensatz bringt drei Themen, ein lyrisches und zwei eher martialische Themen.

Nach diesem Seitensatz folgt eine zweiteilige Schlussgruppe, die in B-Dur endet.

Auch die Durchführung beginnt mit der Einleitung, wieder auf A, sie ist in vier Abschnitte unterteilt, der dritte Abschnitt ist ein großes Doppelfugato.

Die Reprise hat keinen Nachsatz und bleibt auch großteils in d-moll (bzw. Dur).

Die Coda verlässt die Tonika nicht mehr und enthält ein neues, trauermarschartiges Thema.

2. Satz: Scherzo: Molto vivace - Presto

Der zweite Satz der Sinfonie ist ein Scherzo und Trio.

Formal ist er im üblichen Formenschema A - B - A angelegt, wobei die beiden Teile des Scherzos im ersten Durchgang jeweils wiederholt werden (A1 - A1 - A2 - A2 - B - A1 - A2).

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