Kinderarmut und ihre psychischen Folgen in Deutschland

Man sieht sie nicht, die Armut. Man spürt sie am Druck, unter dem Familien stehen.

Arm zu sein heißt aber, auf vieles verzichten zu müssen, was für Gleichaltrige ganz normal zum Aufwachsen dazugehört.

Die Dimensionen von Armut

Von Armut betroffen zu sein hat für Kinder und Jugendliche weitreichende Folgen.

Es wirkt sich nicht nur auf ihre aktuelle Lebenssituation aus, sondern hat auch Nachteile für ihre Entwicklung und ihre Zukunftschancen.

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Die materielle Dimension bezieht sich auf Wohnraum, Nahrung und Kleidung.

Die soziale Dimension beschreibt die Einbindung eines Kindes in sein soziales Umfeld, die Entwicklung sozialer Kompetenzen und Kontakte.

Die kulturelle Dimension umfasst die kognitive Entwicklung, insbesondere den Zugang zu Bildung und Sprache sowie den Erwerb kultureller Kompetenzen.

Die gesundheitliche Dimension schließlich gibt Auskunft über die physische und psychische Gesundheit sowie über armutsbedingte Beeinträchtigungen.

Materielle Dimension der Armut

Die Wohnverhältnisse geben Raum sowie Rahmen für das tägliche Leben und Lernen und haben daher enorme Bedeutung für die körperliche, gesundheitliche und psychische Entwicklung eines Kindes.

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All diese Faktoren haben negative Auswirkungen auf Gesundheit, Wohlbefinden, Lernerfolge und Selbstwertgefühl.

Soziale Dimension der Armut

Doch Armut schließt von vielen sozialen Aktivitäten aus.

Kommt niemand zum Geburtstag, oder kann man nicht mit auf Schulskikurs fahren, manifestiert sich nachhaltig ein Gefühl des nicht dazu Gehörens.

Armutsbetroffene Kinder und Jugendliche leiden an der Ausgrenzung aus der Gemeinschaft - eine enorme psychische Belastung.

Hinzu kommt der Stress, ihre Armut verbergen zu wollen. Sie vermeiden Treffen mit Freunden, weil sie sich schämen, nichts konsumieren zu können oder nichts zur Party mitbringen zu können.

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Die Gefahr ausgegrenzt und isoliert zu werden, ist drastisch erhöht.

Das soziale Leben ist schlichtweg eingeschränkt.

Kulturelle Dimension der Armut

Kinder aus bildungsfernen Haushalten erreichen seltener einen Hochschulabschluss.

Ihre sozialen Aufstiegschancen sind geringer.

Die Bildungschancen sind ungleich verteilt.

Hinzu kommt, wer in der Schule nicht dazu gehört, läuft auch Gefahr die Schule vorzeitig abzubrechen.

Gesundheitliche Dimension der Armut

Ergebnisse einer Umfrage unter ÄrztInnen zeigen etwa, dass armutsgefährdete Kinder sich häufiger weniger gesund und weniger leistungsfähig fühlen, ein höheres Verletzungsrisiko haben und auch häufiger unter chronische Krankheiten leiden.

Armut belastet.

Das drückt sich auch auf gesundheitlicher Ebene aus und erzeugt Scham.

Psychische Folgen von Kinderarmut

In der Kindheit oder Jugend Armut zu erleben, ist oft eine Erfahrung, die das ganze Leben prägt.

Aufwachsen in Armut beeinflusst Gesundheit, Bildungswege und Beziehungen zur Familien und zu Freund:innen.

Es bedeutet Verunsicherung, Stress und psychischen Druck.

Dinge, die für andere selbstverständlich sind, können nicht gekauft werden.

Kaputte Dinge, von Schuhen bis zur Waschmaschine, können nicht einfach durch neue ersetzt werden.

An Schulwochen und Ausflügen können die betroffenen Kinder und Jugendlichen häufig nicht teilnehmen, und es ist finanziell nicht möglich, andere Kinder z.B. zur Geburtstagsfeier einzuladen.

Um „dazuzugehören“ und die Armut zu verstecken, werden manchmal Dinge gekauft, die gar nicht leistbar sind.

Immer mehr Jugendliche und junge Erwachsene sind verschuldet.

Es bedeutet auch, sich im Freundeskreis nicht darüber austauschen zu können.

Dies führt dazu, dass armutsbetroffene Kinder und Jugendliche ausgeschlossen werden.

Selbst, wenn dies gar nicht der Fall ist, ziehen sie sich oftmals zurück.

Viele erleben diese Abhängigkeit als unangenehm oder beschämend.

Die ständigen Sorgen der Eltern zu spüren ist dabei für die Kinder und Jugendlichen bedrückend.

Sie sind öfters von chronischen Krankheiten betroffen.

Ungesunder Wohnraum, ungesunde Ernährung, ständige psychische Belastung und Bewegungsmangel haben negative Folgen für die Gesundheit.

Arme und armutsgefährdete Familien leben häufiger in kleineren Wohnungen in ungünstiger Lage (z.B. an einer lauten Straße, ohne Grünbereich wie Parks, Spielplätze).

Es fehlt die Möglichkeit, sich zurückzuziehen, um für sich zu sein oder in Ruhe zu lernen und arbeiten.

Das kann für die Beziehungen der Familienmitglieder belastend sein und zu schlechteren schulischen Leistungen führen.

Wenn auch das Geld zum Heizen fehlt, kommt es öfters zu Erkältungen.

Manchmal bildet sich in den kalt-feuchten Wohnungen sogar Schimmel, was wiederum gesundheitliche Folgen haben kann.

Armut zeigt sich auch an der Ernährung: Gesundes Essen ist reich an Vitaminen und Nährstoffen, die Heranwachsende brauchen.

Die Zahl der Kinder aus armutsbetroffenen Haushalten, die eine Schule mit Matura (AHS, BHS) besuchen ist geringer.

Sie nehmen seltener an außerschulischen Bildungsangeboten (Projekte, Vereine) teil.

Die schlechteren Chancen haben nichts damit zu tun, dass die Kinder nicht begabt wären, sondern sehr oft damit, dass sie sich nicht nur der Schule widmen können, weil sie von vielen Sorgen belastet sind.

Auf den Punkt gebracht: Armut hat zahlreiche und komplexe Folgen.

Sie wirkt sich aber nicht immer gleich aus.

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