Zittern - medizinisch auch Tremor - kennen wir wohl alle: Wenn wir uns fürchten oder wenn uns kalt ist, ist Muskelzittern eine normale physiologische Reaktion. Wenn wir Menschen Angst haben, uns kalt ist oder wir aufgrund von anhaltendem Stress unter Dauerstrom stehen, beginnen unsere Muskeln zu zittern.
Auch wenn im Zuge von Fieber die Körpertemperatur ansteigt, zittern wir in Form von Schüttelfrost. Dass wir zittern, wenn uns kalt ist, ist Teil einer cleveren Schutzreaktion unseres Körpers. Mit dieser soll verhindert werden, dass die Körperkerntemperatur sinkt. Denn das könnte schnell bedrohlich für unseren Organismus werden. Darum melden bestimmte Sensoren auf der Haut unserem Hypothalamus im Gehirn umgehend, wenn sie Veränderungen der Temperatur wahrnehmen.
Im ersten Schritt sorgt der Mechanismus nun dafür, dass sich die Blutgefäße auf der Oberfläche unserer Haut verengen. So wird sichergestellt, dass der Blutfluss an der Körperoberfläche etwas geringer ist und der Organismus kann sich ganz darauf konzentrieren, es im Inneren warm zu halten. Reicht dieser erste Schritt nicht, setzt der Körper auf eine weitere Schutzmethode: Er erhöht die Anspannung in den Muskeln, damit sich diese schneller an- und entspannen. Durch diese zusätzliche Bewegung der Muskelgruppen - also das Zittern - entsteht Wärme.
Auch, wenn wir Angst haben, kann sich das physiologische Zittern deutlich verstärken und sichtbar werden. Das zeigt sich etwa in Redewendungen wie: „Es schlottern mir die Knie vor Angst“. Aber warum zittern wir überhaupt, wenn wir Angst haben? Der Grund liegt in der Stressreaktion unseres Körpers, die uns unmittelbar - wie zu Urzeiten - auf Kampf oder Flucht bestmöglich vorbereiten soll. Dafür werden beim Gefühl der Bedrohung verschiedene Stresshormone ausgeschüttet, darunter Adrenalin und Noradrenalin. Man nennt diese beiden auch „Fight and Flight“-Hormone. Sie werden bei wahrgenommener Gefahr im Nebennierenmark freigesetzt und sorgen für eine ausgeklügelte Reaktion des Körpers.
Dazu gehört beispielsweise eine Blutumverteilung, die Pupillen weiten sich, der Speichelfluss und Harndrang werden reduziert und auch das Verdauungssystem wird weniger aktiv. Im Zuge dieser Erregung des sympathischen Nervensystems spannen sich ebenso unsere Muskelgruppen an. Zittern kann allerdings auch aufgrund von Erkrankungen der Psyche entstehen, etwa bei bestimmten Angstzuständen wie der Panikattacke, oder im Zuge anderer Angststörungen wie der Generalisierten Angststörung.
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Auch die Angst vorm Zittern selbst, wie beispielsweise die Angst, dass die Hände für andere sichtbar zittern könnten, kann ein Symptom psychischer Erkrankungen sein. Konkret in diesem Fall ein Symptom der Sozialen Angst. Erkrankungen des Körpers können ebenso Zittern verursachen.
Zittern gehört daher zu den besonders häufigen Symptomen, von denen Angststörungs-Patient:innen betroffen sind. Es wird zum Teil insofern als besonders unangenehmes Symptom erlebt, da das Zittern auch für andere wahrnehmbar wird. So kann das Symptom neuerlich weitere Ängste im Zuge der Angst vor der Angst bedingen. Bei der Sozialen Phobie ist es beispielsweise charakteristisch, sich vor der negativen Bewertung anderer zu fürchten.
Zittern ist eine Störung der Bewegung, bei der sich bestimmte Muskelgruppen rhythmisch und unwillkürlich zusammenziehen. Diese rhythmischen Bewegungen, die wir beim Zittern nicht kontrollieren können, werden beispielsweise an unseren Händen, den Beinen, den Knien, den Lippen oder den Armen sichtbar. Wenn wir sehr aufgeregt sind, kann das Zittern sogar in der Stimme hörbar werden.
Die Muskeln des Körpers zittern übrigens in geringem, für uns nicht immer wahrnehmbaren bzw. sichtbaren Maße immer ein klein wenig. Erst, wenn es durch bestimmte Umstände stärker wird, ist das Zittern für uns und auch für andere wahrnehmbar. Zu diesen verstärkenden Faktoren für das physiologische Zittern gehören neben Frieren, Angst und Stress beispielsweise auch intensive Emotionen wie starke Aufregung und Nervosität oder die Erschöpfung der Muskeln, z. B. nach einem intensiven Krafttraining.
Zittern kann am ganzen Körper auftreten oder sich auf einzelne Muskelgruppen beschränken. Beim Zittern ziehen sich Muskelgruppen, die entgegengesetzt wirken (antagonistische Muskelgruppen), wiederholt zusammen. Anspannung und Entspannung der Muskeln folgt demnach rasch aufeinander und ist dabei von uns bewusst nicht kontrollierbar (unwillkürlich). Es wird davon ausgegangen, dass es sich beim physiologischen Zittern um einen Ausdruck der sogenannten „kortikalen Oszillationen“ handelt. Unter diesem medizinischen Fachbegriff werden rhythmische elektrische Potenziale in bestimmten Hirnarealen verstanden.
Neben dem Zittern gibt es noch weitere Symptome, die von Angst hervorgerufen werden können. Tritt das Zittern nicht als physiologischer Vorgang, sondern im Zuge einer Bewegungsstörung auf, können Unterschiede beim Zittern selbst festgemacht werden. Denn Zittern kann in vier verschiedene Arten unterteilt werden. Diese Formen des Zitterns machen sich in konkreten Situationen bemerkbar. Je nach Art des Zitterns kommt es zu unterschiedlichen Symptomen.
Verschiedene Arten von Zittern
- Ruhetremor: Beim Ruhetremor zittern Körperteile auch, wenn sie ganz in Ruhe, also beispielsweise aufgestützt sind. Diese Form des Zitterns ist charakteristisch bei der Parkinson-Erkrankung.
- Aktionstremor: Diese Form des Zitterns gehört wie die folgenden Formen zu den Untergruppen des „Aktionstremors“. Betroffene zittern dann, wenn sie für eine Bewegung Kraft brauchen.
- Bewegungstremor: Vom Bewegungstremor ist dann die Rede, wenn das Zittern bei etwaigen Bewegungen auftritt. Dieses Zittern betrifft also das bewegte Körperteil. Das Bein zittert, wenn man es hebt, der Arm zittert, wenn man mit ihm zu einem Glas zeigt.
- Intentionstremor: Wie der Name bereits sagt, verstärkt sich das Zittern beim Intentionstremor bei einer bestimmten Intention, also Absicht.
Während bei den physiologischen Ursachen für Zittern die An- und Entspannung der Muskeln meist einfach zu erklären ist und sich rasch normalisiert, wenn man beispielsweise nicht mehr friert, sich nicht mehr fürchtet oder die Aufregung bzw. der Stress nachgelassen hat, gibt es Ursachen für Zittern, hinter denen Erkrankungen oder bestimmte Substanzen stehen können.
Weitere Ursachen für Zittern
- Essenzieller Tremor: Kann auch in jungen Jahren auftreten, wird allerdings umgangssprachlich „Alterstremor“ genannt und ist in vielen Fällen familiär bedingt.
- Parkinson-Erkrankung: Ist neben Alzheimer eine der besonders häufig verbreiteten Nervensystemerkrankungen im Alter. Man geht von etwa 20.000 Patient:innen in Österreich aus.
- Funktioneller Tremor: Wird auch psychogener Tremor genannt und zählt zu den somatoformen Störungen.
- Mangel an Spurenelementen und Vitaminen: Auch der Mangel an bestimmten Spurenelementen und Vitaminen kann dazu führen, dass wir zittern.
Tritt das Zittern im Zuge akuter Situationen beispielsweise bei der Sozialen Angst für andere sichtbar auf oder wird das Zittern zum chronischen Begleiter, dann kann das die Lebensqualität von Betroffenen deutlich beeinflussen. Anhaltendes Zittern kann im ungünstigsten Fall kleinste Aufgaben des täglichen Lebens - Essen mit dem Löffel, aus einem Glas trinken, die Hose zuknöpfen - zur Herausforderung werden lassen oder ganz verunmöglichen. Eine Folge dieser Auswirkungen, die für Betroffene manchmal unangenehm sind, kann die soziale Isolation sein, die wiederum psychische Auswirkungen wie depressive Zustände nach sich ziehen kann.
Ist das Zittern keine Folge einer realen Bedrohung und damit einer der Situation angemessenen Angst, so kann dahinter eine ängstliche Phase oder eine ängstliche Verstimmung stecken.
Therapiemöglichkeiten bei Zittern und Angst
- Entspannungstechniken: Das Erlernen von Entspannungsübungen wie tiefes Atmen, progressive Muskelentspannung oder Meditation kann dazu beitragen, die körperliche Erregung zu reduzieren, die oft mit Angst und dem damit verbundenen Zittern einhergeht.
- Vermeidung von Auslösern: Identifizieren Sie die spezifischen Situationen oder Gedanken, die Ihr Zittern verstärken, und versuchen Sie, für genau diese Auslöser hilfreiche Strategien zu entwickeln, um mit ihnen umzugehen.
- Unterstützung suchen: Sprechen Sie mit Therapeut:innen über Ihre Symptome. Sie können Ihnen Wege zeigen, konstruktiv mit Ihrer Angst umzugehen und überdies bereits bestehende Grunderkrankungen der Psyche erkennen.
Wann professionelle Hilfe suchen?
In bestimmten Fällen ist Zittern eine normale physiologische Reaktion auf bestimmte Umstände, wie beispielsweise bei Aufregung, körperlicher Anstrengung oder Kälte. Wenn das Zittern wiederholt auftritt, auch wenn keine offensichtlichen Auslöser vorhanden sind, sollte professionelle Hilfe gesucht werden.
Diagnose und Behandlung
Die Diagnose bei Zittern erfordert eine gründliche Untersuchung. Dieser Prozess kann die Erhebung einer ausführlichen Krankengeschichte, eine körperliche Untersuchung und gegebenenfalls Bluttests oder bildgebende Verfahren umfassen. Elektromyographie (EMG) und Nervenleitgeschwindigkeitstests können die elektrische Aktivität der Muskeln und Nerven überwachen. In einigen Fällen werden ebenjene elektrophysiologischen Untersuchungen und neuropsychologische Tests durchgeführt, um neurologische oder kognitive Ursachen auszuschließen oder zu bestätigen.
Die Behandlung von Zittern hängt von der zugrunde liegenden Ursache ab. In einigen Fällen können Medikamente verschrieben werden, um das Zittern zu reduzieren.
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