Handysucht: Psychische Folgen und was man dagegen tun kann

Das Smartphone ist heutzutage ein ständiger Begleiter, besonders im Leben von Kindern und Jugendlichen. Viele erhalten ihr erstes Smartphone bereits mit etwa zehn Jahren und damit einen selbstständigen Zugang zur digitalen Welt. Doch eine übermäßige Handynutzung kann tiefgreifende Auswirkungen auf die psychische Gesundheit haben und zu Handysucht führen.

Was ist Handysucht?

Handysucht ist eine Form der digitalen Abhängigkeit, bei der Betroffene die Kontrolle über die Nutzung ihres Smartphones verlieren. Die Übergänge zwischen intensiver Smartphone-Nutzung und Abhängigkeit sind fließend. Wenn Kinder oder Jugendliche ohne Handy unruhig, gereizt oder ängstlich werden, kann das auf eine beginnende Sucht hinweisen.

Ein problematischer Umgang mit dem Smartphone entwickelt sich oft schleichend. Der Verlust der Kontrolle äußert sich darin, dass das Kind das Handy nicht mehr freiwillig weglegen kann.

Psychische Folgen der Handysucht

Eine übermäßige Handynutzung hat nachweislich eine negative Auswirkung auf die psychische Gesundheit. Häufig zeigen sich zunächst Stimmungsschwankungen - die Betroffenen wirken gereizt, unruhig oder ziehen sich in sich zurück. Der ständige digitale Reiz überfordert das Gehirn und führt oft zu Schlafproblemen.

Mit der Zeit geraten soziale Kontakte ins Hintertreffen: Freunde und Familienmitglieder werden vernachlässigt, gemeinsame Aktivitäten verlieren an Bedeutung - es kommt zu einem zunehmenden sozialen Rückzug. Auch die schulische Leistungsfähigkeit leidet: Kinder und Jugendliche haben Schwierigkeiten, sich zu konzentrieren, sind im Unterricht abgelenkt oder vergessen Aufgaben.

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FOMO (Fear of Missing Out)

Wissenschaftliche Untersuchungen zeigen, dass eine problematische Smartphone-Nutzung besonders mit der intensiven Verwendung von Kommunikations-Applikationen einhergeht. Der amerikanische Psychologe Andrew Przybylski beschreibt in diesem Zusammenhang das „Fear of Missing Out“ (FOMO), also die Angst, etwas zu verpassen, das durch die zunehmende Verwendung von modernen Kommunikationstechnologien verstärkt wird.

Aus FOMO entsteht das starke Verlangen, durchgehend mit den Anderen verbunden zu sein. Folgende Symptome können im Zusammenhang mit FOMO verstärkt auftreten:

  • Traurig sein, wenn sich Freunde treffen und Spaß haben, während man nicht dabei ist.
  • Angst, dass die Erfahrungen von anderen Menschen/Freunden besser sind als die eigenen.
  • Unruhe, Nervosität, wenn man nicht weiß, was die Freunde treiben/tun.
  • Das Bedürfnis, die eigenen Aktivitäten ständig online mitzuteilen.
  • Dem Drang, ständig online zu sein (vor dem Einschlafen, nach dem Aufwachen, in Gesellschaft mit anderen).
  • Konzentrationsprobleme wegen ständiger Ablenkung durch die Online-Aktivitäten.
  • Gefährdung im Straßenverkehr durch die Nutzung der Smartphones im öffentlichen Raum.

Ursachen für FOMO sieht Przybylski unter anderem in der fehlenden Befriedigung der menschlichen Grundbedürfnisse, dem Erleben von Kompetenz, Autonomie und sozialer Verbundenheit sowie fehlenden Strategien im Umgang mit negativen Gefühlen. Damit ergeben sich sehr ähnliche Schutz- und Risikofaktoren wie sie bereits bei der Computerspielabhängigkeit beschrieben wurden.

Weitere Problembereiche

Viele aktuelle Studien zeigen besonders bei Jugendlichen einen Zusammenhang zwischen der intensiven Nutzung von Social Media Plattformen und negativen Auswirkungen auf die psychische Gesundheit. Die am häufigsten genannten Problembereiche sind:

  • Negative Auswirkungen auf das Körperselbstbild
  • Mobbing und Ausgrenzungserfahrungen
  • Konfrontation mit schockierenden pornografischen und/oder gewalthaltigen Videoclips
  • Stress durch zu viele Nachrichten
  • Zu wenig Schlaf wegen der intensiven Nutzung

Wer ist von der Internetsucht betroffen?

Die Internetsucht ist noch nicht ausreichend erforscht. Aufgrund der uneinheitlichen Diagnosekriterien kann man die Zahl der Internetsüchtigen lediglich schätzen:

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  • In Deutschland und der Schweiz wurden dazu Internet-Nutzende befragt. Etwa ein bis drei Prozent von ihnen haben wahrscheinlich einen krankhaften Internet- und Computerspielgebrauch. Ein Schätzwert für Österreich fehlt gegenwärtig.
  • Auch in einer groß angelegten internationalen Meta-Analyse lag die Häufigkeit (Prävalenz) der Internetsucht durchschnittlich bei etwa 2,5 Prozent.
  • Frauen sind ebenso oft davon betroffen wie Männer.Männer bevorzugen jedoch eher Computerspiele, während Frauen die meiste Zeit in sozialen Netzwerken verbringen.
  • Am häufigsten tritt die Internetsucht bei Jugendlichen und jungen Erwachsenen auf.
  • Im Jahr 2019 lag die Prävalenz einer Internetnutzungsstörung bei 12- bis 17-jährigen Mädchen bei ungefähr neun Prozent. Bei den gleichaltrigen Jungen war sie mit etwa sieben Prozent etwas niedriger.

Was tun bei Handysucht?

Ein nachhaltiger Ausstieg aus der Handysucht beginnt nicht mit strikten Verboten, sondern mit Verständnis, Struktur und konsequenter Begleitung. Kinder und Jugendliche benötigen in dieser Phase keine Vorwürfe, sondern eine klare und wertschätzende Unterstützung durch ihr familiäres Umfeld.

Strategien und Empfehlungen

  • Verlässliche Medienregeln definieren: Altersgerecht formuliert, Wichtig ist dabei, dass die Regeln verständlich formuliert, transparent kommuniziert und von den Eltern konsequent begleitet werden.
  • Medienfreie Zeiten aktiv einplanen: z. B. während der Hausaufgaben, beim Essen oder vor dem Schlafengehen.
  • Vorbildwirkung bewusst einsetzen: Ihr eigener Umgang mit dem Smartphone wirkt stärker als jede Regel. Leben Sie selbst digitale Pausen vor.
  • Medienkompetenz fördern: Erklären Sie Ihrem Kind, wie Apps funktionieren und welche Risiken es gibt (z. B. Datenschutz, Werbung, Suchtgefahr). Reflektieren Sie gemeinsam Inhalte, anstatt nur zu kontrollieren.
  • Gemeinsame Nutzung statt alleiniger Konsum: Nutzen Sie das Handy gelegentlich gemeinsam: Zeigen Sie Interesse, was das Kind schaut oder spielt.
  • Technische Hilfsmittel bewusst nutzen: Altersgerechte Kindersicherungen oder Bildschirmzeit-Begrenzungen können unterstützen, ersetzen aber keine persönliche Begleitung.
  • Regelmäßige Kontrolle des Nutzungsverhaltens: in vertrauensvoller Atmosphäre.
  • Kein Smartphone im Bett: Zehn- bis 14-Jährige, die nachts im Bett ihr Smartphone nutzen, zeigten Aufmerksamkeitsprobleme. Einen Wecker zulegen und gemeinsam mit den Eltern Regeln aufstellen.

Studie belegt: Weniger Smartphone-Nutzung verbessert psychische Gesundheit

Eine kürzlich veröffentlichte Studie zeigt, dass eine Reduktion der Smartphone-Nutzung auf unter zwei Stunden pro Tag zu einer signifikanten Verbesserung der psychischen Gesundheit führen kann. Depressive Symptome gingen um 27 Prozent zurück, Stress nahm um 16 Prozent ab, die Schlafqualität stieg um 18 Prozent und das allgemeine Wohlbefinden um 14 Prozent.

Allerdings hielten die positiven Effekte der Reduktion nicht an: Nach der Interventionsphase stieg die Bildschirmzeit wieder und die psychischen Symptome verschlechterten sich wieder.

Wichtige Erkenntnisse

Die Vermittlung von digitaler Kompetenz ist entscheidend, um Jugendlichen zu helfen, die potenziell schädliche Social-Media-Nutzung in den Griff zu bekommen. Andernfalls kann es zu Depressionen, Mobbing, Angst und schlechten schulischen Leistungen führen.

Vor allem Kinder und Jugendliche sind anfällig für eine problematische Handynutzung, da sich ihr Gehirn noch in der Entwicklung befindet und besonders sensibel auf schnelle Belohnungsreize und ständiges Feedback reagiert. Nicht selten wird das Smartphone zur Flucht aus belastenden Gefühlen - wie Einsamkeit, Überforderung oder innerer Leere.

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Insgesamt nutzen in Österreich 6,70 Millionen Menschen (= 88 % der Gesamtbevölkerung ab 14 Jahren) das Internet. Davon gehen 6,36 Millionen (84 %) regelmäßig online. Studien zeigen, dass etwa 1-3 % der Internet-Nutzerinnen und Nutzer eine Verhaltensstörung im Gebrauch des Mediums Internet entwickeln können.

Sollten diese Maßnahmen keine ausreichende Veränderung bewirken oder zeigen sich bereits deutliche Belastungssymptome, ist eine psychologische Beratung oder Therapie sinnvoll.

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