Bei einer Winterdepression handelt es sich um eine saisonal bedingte Depression, kurz SAD (seasonal affective disorder). Die Winterdepression kommt dementsprechend ab Herbst vor, wenn die Tage kürzer und dunkler werden.
Laut Depressionsbericht aus 2019 des österreichischen Bundesministeriums für Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz sind zwischen ein und drei Prozent aller depressiven Erwachsenen von einer SAD betroffen. Das entspricht laut Schätzungen zufolge auch den Zahlen, die europaweit erhoben wurden. Hierbei ist allerdings davon auszugehen, dass die Menschen in südlicheren Gefilden, durch Wetter mit mehr Sonne, seltener an SAD erkranken als aus den nördlicheren Regionen. Außerdem leiden häufiger Frauen als Männer unter einer “seasonal affective disorder“.
Winterdepressionen fallen offiziell unter die anerkannten Erkrankungen. Sie gelten als eine Sonderform affektiver Störungen. Die Krankheit gehört den sogenannten rezidivierenden Depressionen an und wird dem ICD-10 zugeteilt. Unter ICD-10 ist eine Liste der WHO (Weltgesundheitsorganisation) in der zehnten Version für statistische Klassifikationen von Krankheiten sowie Gesundheitsproblemen auf internationaler Ebene zu verstehen.
Was bedeutet rezidivierend?
Eine Krankheit ist dann rezidivierend, wenn ein/e als geheilt geltende/r Patient/in erneut erkrankt. Von rezidivierenden Krankheiten spricht man etwa bei Infektionskrankheiten, psychischen Erkrankungen aber auch Krebs.
Besteht der Verdacht einer Winterdepression, können Betroffene durch den Rückblick auf das oder die letztes/-n Jahr/e bereits erste Anhaltspunkte sammeln. Sind zur Winterzeit einige typische Symptome aufgetreten, wie im oberen Absatz beschrieben? Wenn ja, klangen die Beschwerden spätestens im Frühjahr von selbst wieder ab? Liegen keine Vergleichswerte für die Vorjahre vor, kann ein Selbsttest Aufschluss bringen. Dazu sind Fragen zu beantworten. Hat sich der Appetit ungewöhnlich verändert?
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Es gilt zu berücksichtigen, dass ein Selbsttest kein diagnostisches Instrument darstellt und keine ärztliche Vorstellung ersetzen kann. Bei Verdacht oder Abklärung einer SAD ist immer ein/e Arzt/Ärztin hinzuzuziehen.
Ursachen der Winterdepression
Die Grundursache für eine Winterdepression liegt im Wetter, das zwischen Herbst und Frühjahr üblicherweise herrscht. Vitamin D ist ein wesentlicher Bestandteil, der unter anderem für die Produktion und Ausschüttung verschiedener Hormone mitverantwortlich ist. Wenn der Körper an den grauen Tagen nicht mit UV-Licht bzw. UV-Strahlen in Kontakt kommt, kann ein Vitamin-D-Mangel entstehen. Dicke, im Winter nötige Kleidung sowie kein Tages- und Sonnenlicht begünstigen das.
Melatonin ist ein Hormon, das für den Schlaf-Wach-Rhythmus mitverantwortlich ist. Sobald das Tageslicht abnimmt, reagiert der menschliche Körper mit einer vermehrten Melatonin-Ausschüttung. Dadurch wird die Müdigkeit nach Sonnenuntergang begünstigt und das Schlafbedürfnis steigt. Für die Melatonin-Produktion sorgen die Sehzellen der Augen, die sehr lichtempfindlich sind. Die Strahlung der Sonne beeinflusst folglich die Sehzellen. Die Sehzellen schicken Signale an das Gehirn, dass Melatonin ausgeschüttet wird, sobald das Sonnenlicht gering ist. An grauen Tagen liegt eine Störung dieser Verbindung zwischen Gehirn und Auge vor. Denn der mangelnde Lichtreiz sorgt für eine erhöhte Melatonin-Ausschüttung. Müdigkeit macht sich breit.
Sind im Frühjahr die Tage wieder länger und heller, empfangen die Augen dementsprechend wieder mehr Licht. Aufgrund des mangelnden Sonnenlichts und der erhöhten Melatonin-Produktion schüttet der Körper weniger Serotonin aus. Serotonin ist ein Nervenbotenstoff, der im Volksmund auch als Glückshormon bezeichnet wird. Um trotzdem “Glück” zu produzieren, kommt es zu Heißhunger-Attacken, wie z.B. Um den Hungerattacken vorzubeugen, kann ein Spaziergang im Freien helfen.
Symptome der Winterdepression
Die Symptome einer Winterdepression fallen in ihrem Vorkommen sowie in ihrer Intensität unterschiedlich aus.
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Die Symptome einer Winterdepression weichen in mancher Hinsicht von denen der klassischen Depression ab. So sind Menschen mit Winterdepression extrem müde bis hin zur Schlafsucht (Hypersomnie). Insbesondere am Morgen finden sie nur schwer aus dem Bett.
Ein weiteres typisches Symptom für eine Winterdepression ist ein gesteigerter Appetit und ein Heißhunger auf Kohlenhydrate, vor allem Süßigkeiten. Daher legen Betroffene im Winter regelmäßig an Gewicht zu.
Stärkeres Schlafbedürfnis und Lust auf Süßes sind im Winter nichts Ungewöhnliches. Erst wenn diese Bedürfnisse ausarten und zur Belastung werden, ist eine Behandlung notwendig.
Weitere Symptome einer Winterdepression sind:
- Energielosigkeit
- Allgemeine Lustlosigkeit
- Unausgeglichenheit
- Gedrückte Stimmung
- Gereiztheit
- Antriebslosigkeit
- Vernachlässigung sozialer Kontakte und der eigenen Person
Die Symptome der Winterdepression unterscheiden sich von denen einer typischen Depression. Bei der Winterdepression überwiegt eine sogenannte "atypische" Symptomatik. Dazu gehören ein gesteigertes Schlafbedürfnis, ein erhöhter Appetit und vermehrtes Verlangen nach kohlenhydratreicher Nahrung, Gewichtszunahme, gesteigerte Reizbarkeit, Schwierigkeiten in zwischenmenschlichen Beziehungen (insbesondere eine erhöhte Empfindlichkeit gegenüber Ablehnung) und ein allgemeines Schweregefühl im Körper.
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Was kann man gegen eine Winterdepression tun?
Es gibt verschiedene Methoden, eine Winterdepression zu behandeln. Sie kommen einzeln oder in Kombination miteinander zum Einsatz.
Lichttherapie
Die Lichttherapie gilt als die bekannteste Behandlungsmethode gegen Winterdepression. Hierbei wird künstliches Tageslicht mit einer Stärke von zwischen 2.500 und 10.000 Lux eingesetzt (Sonnenlicht beträgt bis etwa 100.000 Lux). Das Licht richtet man auf das Gesicht und insbesondere auf die Augen aus. Durch die künstlich erzeugte Sonneneinstrahlung können sich die Symptome verbessern, weil eine Regulierung des Informationsflusses zwischen Sehzellen und Gehirn stattfindet. Die zusätzliche Melatonin-Produktion bleibt in der Folge aus, was sich wiederum positiv auf den Serotonin-Spiegel auswirken kann. Am wirkungsvollsten soll sich die Lichttherapie zeigen, wenn sie während der dunklen Stunden am frühen Morgen und/oder am späteren Abend durchgeführt wird.
Medikamentöse Behandlung
Zahlreiche Symptome einer Winterdepression lassen sich erfolgreich mit Antidepressiva behandeln. Am häufigsten kommen dabei sogenannte Serotonin-Wiederaufnahmehemmer zum Einsatz. Die Wirkung erstreckt sich über die Blockierung des Serotonintransports zur Umwandlung von Melatonin. Eine weitere mögliche Behandlung im Rahmen einer Winterdepression ist mit Johanniskraut gegeben. Es kann bei entsprechender Dosierung ähnlich wie synthetisch hergestellte Antidepressiva wirken.
Vorsicht mit Johanniskraut: Durch die Verabreichung von Johanniskraut können Wechselwirkungen bei gleichzeitiger Einnahme von anderen Medikamenten auftreten. Zudem wird von der parallelen Durchführung einer Lichttherapie abgeraten, weil Johanniskraut die Lichtempfindlichkeit der Haut und damit das Risiko von Hautschäden erhöhen kann.
Psychotherapie
Je nach Schwere einer Winterdepression ist eine psychologische Therapie hilfreich. Insbesondere, wenn diese wiederholend über Jahre einem Patienten zu schaffen macht, haben sich vielfach kognitive Verhaltenstherapien zum Vorbeugen von SAD bewiesen.
Weitere Tipps
- Bewegung an der frischen Luft am besten am Morgen, um den Kreislauf in Schwung zu bringen und Licht zu tanken
- Gehen Sie nach draußen und ans Licht - egal bei welchem Wetter!
- Urlaub an der Sonne: vielleicht können Sie es sogar einrichten, zur trüben Jahreszeit in die Sonne zu verreisen.
- Bewegen Sie sich!
- Lächeln Sie schlechte Stimmung weg: Allein das Hochziehen der Mundwinkel verbessert laut Forschungserkenntnissen die Laune.
- Legen Sie Ihre Lieblingsmusik auf, tanzen Sie dazu und singen Sie mit.
- Blockaden lösen durch Stretching. Wer sich unkonzentriert und schlapp fühlt, sollte seine Glieder recken und strecken.
- Holen Sie sich mit dem Duft einer Aromalampe die Erinnerung an den Sommer in die Wohnung.
- Nehmen Sie sich mal wieder Zeit für Dinge, zu denen man im Sommer gar nicht kommt.
Vorbeugung
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, einer Winterdepression vorzubeugen:
- Bewegen Sie sich auch im Winterhalbjahr viel im Freien, um Tageslicht zu tanken.
- Beginnen Sie gegebenenfalls vorbeugend im Herbst mit einer Lichttherapie, wenn Sie schon in den Vorjahren unter Winterdepression litten.
- Je nach Schwere der Winterdepression ist - wie bei anderen Depressionen - möglicherweise die vorbeugende Einnahme von Antidepressiva sinnvoll. Diese werden dann in geringer Dosierung das ganze Jahr über eingenommen. Besprechen Sie dies in jedem Fall mit einem Arzt.
Zusammenfassung der wichtigsten Punkte
Aspekt | Details |
---|---|
Symptome | Müdigkeit, Antriebslosigkeit, Traurigkeit, Heißhunger auf Süßes |
Behandlung | Lichttherapie, Antidepressiva, Psychotherapie |
Ursachen und Risikofaktoren | Mangel an Tageslicht, gestörter Hormonstoffwechsel |
Diagnostik | Anamnesegespräch, körperliche Untersuchung, Blutuntersuchung, Fragebögen |
Verlauf und Prognose | Symptome klingen im Frühjahr und Sommer meist von allein wieder ab |
Vorbeugen | Viel Aufenthalt im Freien, ggf. vorbeugend Medikamenteneinnahme oder Lichttherapie |
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