Die Psychologie sexueller Leidenschaft: Eine umfassende Betrachtung

Leidenschaft ist ein Gefühl, das einen Menschen vollkommen erfasst. Doch Leidenschaft ist nicht gleich Leidenschaft. Es gibt eine, die guttut, und eine, die auf Dauer schadet. Lesen Sie hier, was Leidenschaft ist und wie Sie sie finden.

Was ist Leidenschaft?

Leidenschaft ist nicht gleich Leidenschaft: Ihre Definition leitet sich immer vom Zusammenhang ab, in dem sie steht.

Die gesellschaftlich anerkannte Leidenschaft ist zum Beispiel eher die Passion, also eine leidenschaftliche Hingabe. Sie bezieht sich auf Tätigkeiten wie Sport, Sammeln, bestimmte Arten des Spiels oder Kunst.

Im alltäglichen Gebrauch bezeichnet der Begriff Leidenschaft die intensive Beschäftigung mit speziellen Interessen. Diese Definition im alltäglichen Sprachgebrauch kann frei von Begierden sein.

Wissenschaftlich dagegen wird Leidenschaft folgendermaßen definiert: Leidenschaft drückt sich als eine heftige Gemütserregung auf der Grundlage einer sinnlichen Begierde aus.

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Mitunter unterscheidet die Wissenschaft zwischen harmonischer und obsessiver Leidenschaft, im alltäglichen Leben und auch wenn es um Liebe und leidenschaftlichen Sex geht. Wenn man an Leidenschaft denkt, fällt einem unweigerlich die Liebe ein.

In diesem Zusammenhang stellt Leidenschaft eine Gemütsbewegung dar, bei der die Vernunft weitgehend ausgeschaltet ist. Aus dem Wunsch nach Freiheit wird in der Leidenschaft Hingabe.

Leidenschaft: Diese Formen gibt es!

Über Leidenschaft für den Job, für Hobbys oder Aufgaben des alltäglichen Lebens gibt es im Vergleich zur leidenschaftlichen Liebe vergleichsweise wenig wissenschaftliche Studien. In einigen Untersuchungen leitet sich die Definition einer solchen Leidenschaft davon ab, dass der oder die Betreffende „viel Zeit und Mühe einsetzt, um ihre oder seine leidenschaftlichen Ziele zu erreichen“, in anderen bedeutet Leidenschaft, einer „Tätigkeit nachzugehen, die man liebt“.

Dabei ist die Leidenschaft für das Alltägliche nicht einfach so da. Verschiedene Studien verweisen darauf, dass eine gewisse Motivation notwendig ist, verschiedene Dinge auszuprobieren, nach und nach auszusortieren, bis nur noch eine oder zwei Aktivitäten übrig sind, für die wir echte Leidenschaft empfinden.

Grundsätzlich unterscheiden sich zwei Formen von Leidenschaft. Wir stellen sie Ihnen vor:

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Harmonische Leidenschaft

Aktivitäten, für die wir Leidenschaft empfinden, lieben wir sehr, schätzen sie hoch und führen sie regelmäßig durch. Die Aktivität wird wie ein Teil von uns. Ist diese Leidenschaft eine harmonische, besteht kein Zwang, diese Aktivität auszuführen.

Sie nimmt einen großen, aber nicht übermächtigen Teil im Leben ein. Die Identität der Person steht noch immer im Einklang mit anderen Facetten des Lebens. Harmonische Leidenschaft lässt eine Person voll in ihrer Tätigkeit aufgehen, lässt ihr jedoch auch Freiraum und steht nicht in Konflikt mit anderen Lebensbereichen.

Die Person behält die Kontrolle, bleibt offen und achtsam für andere Dinge und Menschen. Die Leidenschaft führt zu positiven Erlebnissen.

Obsessive Leidenschaft

Obsessive Leidenschaft ist das Gegenteil von harmonischer Leidenschaft. Ein obsessiv leidenschaftlicher Mensch handelt unter Druck, unter Zwang. Er bekommt dadurch möglicherweise Selbstvertrauen oder das Gefühl sozialer Akzeptanz. Außerdem verspürt er dadurch soviel Freude und Erregung, dass das Verlangen danach unkontrollierbar wird.

In diesem Fall kontrolliert die Leidenschaft die Person. Mitunter führt das dazu, dass die Person große Fortschritte im obsessiv betriebenen Bereich macht. Oft lässt eine solche Obsession aber wenig Flexibilität und Raum für andere Lebens- und Arbeitsbereiche. Das führt leicht zu Konflikten.

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Manche Menschen schotten sich mehr und mehr ab. Auch wird der Frust größer, wenn während der Tätigkeit etwas schief- oder anders als erwartet läuft. Ebenso verspürt der Betroffene ein ungutes Gefühl, wenn er davon abgehalten wird, der jeweiligen Tätigkeit nachzugehen.

Leidenschaftlicher Sex und Liebe

Wer schon einmal richtig verliebt war, der weiß, wie sehr man den anderen schon nach ein paar Stunden vermisst, wie der Bauch bei einem leidenschaftlichen Kuss kribbelt, wie das Herz hüpft, wenn man die Stimme des anderen übers Telefon hört.

Eine intensive, leidenschaftliche Liebe erzeugt in der ersten Zeit ähnliche Symptome wie eine Sucht: Verlangen, Euphorie, emotionale und körperliche Abhängigkeit, sogar Entzugserscheinungen, wenn der oder die andere nicht da ist.

Tatsächlich war in Hirnscan-Studien bei leidenschaftlicher romantischer Liebe das „Belohnungssystem“ aktiv, speziell die Hirnregionen mit hoher Dopamin-Konzentration, einem „Wohlfühlhormon“. Darunter das sogenannte ventrale tegmentale Areal, das auch bei Drogenabhängigkeit aktiv wird.

Einige Wissenschaftler, die auf diesem Gebiet geforscht haben, vermuten, dass wir diesen Mechanismus von unseren tierischen Vorfahren vererbt bekommen haben - als Antrieb und Motivation, um sich als Paar zusammenzuschließen und fortzupflanzen.

Auch in Liebesdingen existiert eine harmonische und eine obsessive Leidenschaft. Es gibt einige Studien, die sich diesbezüglich vor allem mit dem sexuellen Aspekt beschäftigen. Dort ist harmonischer leidenschaftlicher Sex definiert als „leicht in andere Lebensaspekte integrierbar“, wodurch er sich voll, spontan und ungehemmt genießen lässt.

Probanden mit harmonischer sexueller Leidenschaft hatten mehr Kontrolle über ihren Sexualtrieb und ließen sich auch bei einer sexuellen Stimulation von außen, beispielsweise durch eine attraktive Person, nicht von einer Aufgabe ablenken, die sie gerade bearbeiteten.

Menschen mit obsessiver Leidenschaft hatten dagegen Schwierigkeiten, Sex in ihre anderen Lebensbereiche zu integrieren, sie betrachten ihn eher als ein Ziel, das es zu erreichen gilt. Sie streben nach sofortiger sexueller Befriedigung und geraten öfter in Konflikt mit ihren Partnern.

So finden Sie Leidenschaft!

Seine Leidenschaft zu finden, egal ob beruflich, privat oder sexuell, ist nicht einfach. Es ist nicht zwangsläufig so, dass in uns bereits eine Leidenschaft schlummert, die erwacht, sobald wir mit der dafür vorgesehenen Tätigkeit oder Person in Kontakt kommen.

Forscher vermuten, dass nicht die Leidenschaft uns hart arbeiten lässt, sondern uns harte Arbeit leidenschaftlich werden lässt. Soll heißen: In den meisten Fällen gibt es keine vordefinierte Leidenschaft, die uns ein bestimmtes Hobby oder einen bestimmten Beruf ergreifen lässt. Der oder die Betroffene spürt auch klar die damit verbundene Niederlage. Eine solche Leidenschaft beherrscht einen Menschen ganz oder teilweise. Sie löscht alle anderen Interessen aus.

Mit fatalen Folgen: Je mehr sich jemand an die Unerfüllbarkeit gewöhnt, desto mehr steigert sich sein Streben nach dem Ziel seiner Leidenschaft unwillkürlich. Dies führt zu einer psychischen Störung, aus der sich eine Manie entwickelt.

Die Person meint, sich nur in einem manischen Streben noch lebendig zu fühlen, leidet aber gleichzeitig an der schon vorweggenommenen Unerreichbarkeit.

In ihrer positiven Form ist die Leidenschaft dagegen ein Antrieb, in einem bestimmten Bereich Exzellenz zu erlangen und/oder Energie und Freude aus seinem Tun zu schöpfen. Die Leidenschaft ist in diesem Fall sinnstiftend und eine Bereicherung für die jeweilige Person.

Die Rolle der Libido

Der Begriff der Libido (lat. libido: „Begehren, Begierde“, im engeren Sinne: „Wollust, Trieb, Maßlosigkeit“) stammt aus der Psychoanalyse und bezeichnet jene psychische Energie, die mit den Trieben der Sexualität verknüpft ist. Im Werk Sigmund Freuds nimmt der Begriff der Libido eine zentrale Stellung ein, auch wenn er über das Freudsche Werk hindurch nicht einheitlich verwendet wird. In seinem frühen Werk stellte Freud die Libido den Selbsterhaltungstrieben gegenüber und verstand Libido als sexuelle Triebenergie, die sich im Phänomen des „Drängens“ bzw. Begehrens, sowie des Wunsches und der Lust äußert.

Der Libido waren die Selbsterhaltungstriebe oder auch Ichtriebe entgegenstellt, deren Aufgabe in der Selbsterhaltung des Individuums lag, wofür er den Hunger als eine Ausdrucksform verstand. Die Libido äußert sich für Freud jedoch nicht nur auf der Ebene des Sexuellen, sondern auch in anderen Lebensbereichen, etwa der kulturellen Tätigkeit, die Freud als Sublimierung von libidinöser Energie versteht.

Nach Freuds Triebtheorie durchlaufen die Triebe in der Kindheit folgende verschiedene charakteristische Entwicklungsphasen: eine orale, anale, phallische (= ödipale), Latenz- und schließlich eine genitale Phase (siehe Triebtheorie). Störungen der Libidoentwicklung führen nach Freud zu psychischen Störungen.

Gilles Deleuze und Félix Guattari definierten und verwendeten den Begriff Libido jedenfalls weiter als Sexualtrieb, z. B. als freie Energie, als Wunsch, als „Sexualenergie, die alles besetzt“.

Carl Gustav Jung verstand in seiner Lehre der analytischen Psychologie unter der Libido allgemein jede psychische Energie eines Menschen.

Geschlechterunterschiede in der Libido

Viele verschiedene wissenschaftliche Untersuchungen haben gezeigt, dass Männer einen stärkeren sexuellen Trieb als Frauen haben, der anhand von Indikatoren wie spontane Gedanken über Sex, der Häufigkeit und Diversität sexueller Fantasien, bevorzugter Häufigkeit des Geschlechtsverkehrs, bevorzugte Zahl der Sexualpartner, Masturbation, Vorlieben für verschiedene Sexualpraktiken, Bereitschaft, auf Sex zu verzichten und für Sex auf andere Dinge zu verzichten, Initiieren und Ablehnung von Sex und weiteren Indikatoren gemessen wurde.

Die Libido des Mannes ist sehr stark abhängig von der Produktion des männlichen Sexualhormones Testosteron. Bei Testosteronspiegeln unter 15 nmol/l ist ein Libidoverlust wahrscheinlicher; bei Spiegeln unter 10 nmol/l nimmt die Wahrscheinlichkeit von Depressionen und Schlafstörungen zu. Hitzewallungen und erektile Dysfunktion werden meist erst bei unter 8 nmol/l beobachtet.

Auch die weibliche Libido ist hormonabhängig. Mangelnde Libido wird als Frigidität bezeichnet.

Auch verschiedene Medikamente können für einen Verlust der Libido verantwortlich sein, beispielsweise Trenbolon, Finasterid oder verschiedene Steroidhormone.

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