Es gibt nicht „die eine“ Depression. Bei jedem Menschen entsteht sie anders und zeigt sich unterschiedlich. Die Form der Erkrankung, ihre Schwere und auch ihr Verlauf können also von Mensch zu Mensch ganz anders sein. Es gibt auch diverse Ausprägungen. Lesen Sie mehr dazu unter Arten von Depressionen.
Verlauf und Prognose von Depressionen
Depressionen zeichnen sich typischerweise durch einen episodischen Verlauf aus. Manchmal ist eine depressive Episode - also die Krankheitsphase - zeitlich begrenzt und kann auch ohne therapeutische Maßnahmen abklingen. Hat die:der Patient:in danach keine Symptome mehr, spricht man von einer vollständigen Remission. Das heißt, es geht Betroffenen wieder gut und sie sind gesund.
Wenn eine erneute depressive Episode auftritt, sprechen Mediziner:innen von einem so genannten rezidivierenden Verlauf. Die meisten depressiven Episoden bilden sich, wenn sie entsprechend behandelt werden, innerhalb weniger Monate zurück. In 15 bis 20 Prozent der Fälle kann dies jedoch auch zwölf Monate oder mehr dauern. Hält eine depressive Episode länger als zwei Jahre an, ohne dass in diesem Zeitraum eine Besserung zu sehen ist, spricht man von einer chronischen Depression.
Die Heilungschancen nach einer einzelnen depressiven Phase sind gut. Rückfälle oder Wiedererkrankungen können jedoch, gerade ohne Vorsorge, auch nach zeitweiliger Besserung der Depression eintreten. Mediziner:innen sagen auch Rezidiv zu einem Rückfall.
Das Rückfallrisiko nach einer ersten Episode, bezogen auf die gesamte Lebenszeit der:des Betroffenen, beträgt ohne Vorsorge etwa 50 Prozent. Das heißt, jede:r zweite Betroffene erleidet ohne Vorsorge einen Rückfall. Bei schweren Depressionen tritt bei etwa drei Viertel der Patient:innen eine weitere Episode auf.
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Einige Faktoren wirken sich ungünstig aus und können weitere Episoden bewirken. Dazu gehören beispielsweise Alkohol- oder Drogenmissbrauch, Essstörungen, begleitende Angst- und Zwangsstörungen sowie chronische Verläufe. Der wichtigste Faktor für einen Rückfall ist die Anzahl früherer Episoden.
Die wenigsten Menschen reden darüber oder gestehen sich gar ein, in einer seelischen Notlage zu sein. Selbst für Angehörige oder Ärzt:innen ist es nicht immer leicht, eine Depression zu erkennen. Rund 15 Prozent der Bevölkerung weltweit erkranken mindestens einmal im Leben an einer Depression.
Behandlung von Depressionen
Zur Behandlung gehören neben Medikamenten und Psychotherapie auch vorsorgliche Maßnahmen. In Österreich erkranken bis zu einem Fünftel aller Menschen im Laufe ihres Lebens an einer Depression. Es gibt zwei Zeitspannen, in denen das psychische Leiden besonders häufig vorkommt: zwischen 30 und 45 Jahren - hier doppelt so oft bei Frauen wie bei Männern - und ab 65 Jahren. Vor allem im Alter hat die Depression oft einen schweren, langwierigen Verlauf.
Grundsätzlich kann eine Depression mit Psychotherapie oder klinisch-psychologischer Behandlung und/oder mit Medikamenten (Antidepressiva) behandelt werden. Unglaublich wichtig ist, dass man sich an Ärzt*innen, Therapeut*innen oder Psycholog*innen wendet, die spezialisiert mit Jugendlichen arbeiten. Denn sie haben viel Erfahrung, wie sich eine depressive Episode bei Jugendlichen zeigt. Sie wissen auch, welche gezielte Behandlung gerade für junge Menschen passt.
Es gibt auch so viele Geschichten rund um Medikamente bei psychischen Erkrankungen. Klar, sie können, so wie alle Medikamente auch Nebenwirkungen haben. Es ist okay, dass du dir Gedanken machst und wissen möchtest, wie sie genau wirken und was auch konkrete Nebenwirkungen sind. Oder auch wie lange es überhaupt dauert, bis man eine Wirkung spüren kann.
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Oft ist es auch ein Weg dahin, eine Behandlung zu finden, die wirklich zu dir passt. Du darfst alles, was du denkst und willst auch klar aussprechen. Trotzalledem lassen wir uns bei körperlichen Dingen oft leichter helfen.
Antidepressiva und Neuroplastizität
In etwa einem Drittel der Patientinnen und Patienten helfen antidepressive Wirkstoffe aus der Gruppe der sogenannten selektiven Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRIs) gut, ein weiteres Drittel zeigt relevante Verbesserungen. Ein Wiener Forscherteam ist der Frage nachgegangen, ob diese Antidepressiva die Lern- und Aufnahmefähigkeit verbessern. Die Ergebnisse einer Doppelblind-Studie zeigen: SSRIs erhöhen die Neuroplastizität.
Sogenannte SSRIs, kurz für selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer, gehören zu den häufig verschriebenen Antidepressiva. Sie wirken in der Regel nach einigen Wochen und zeigen wenige Nebenwirkungen. Wie genau die Medikamente im Gehirn das Neurotransmitter-Regime und neuronale Netzwerke verändern, war bisher nur teilweise im menschlichen Gehirn erforscht.
Mittels Magnetresonanztomografie wurden die Mikrostruktur, die funktionelle und strukturelle Konnektivität sowie die Interaktion und Aktivität von Gehirnarealen gemessen, die bei Gedächtnisprozessen von besonderer Bedeutung sind, wie etwa der Hippocampus und die Insula.
Die Hypothese der Forschenden hat sich bestätigt: SSRIs bewirken, dass neue Zusammenhänge leichter gespeichert werden, wie die sichtbaren Veränderungen im Gehirn belegen. „Die Erhöhung der Neuroplastizität ist ein wesentlicher Wirkungsmechanismus von SSRIs“, betont Rupert Lanzenberger. Sie drehen das Gehirn sozusagen wieder auf Empfang für neue Verknüpfungen und erleichtern das Lösen von alten.
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„Letztlich scheint es bei der Therapie der Depressionen auch darum zu gehen, gelernte Zusammenhänge zu lösen und quasi eine neue Sicht auf die Welt zu gewinnen“, beschreibt der Gehirnforscher und ergänzt: „Wir sehen, dass die Medikation bei Depressionen oft nur der erste Schritt ist.
In der Studie zeigte sich die erhöhte Neuroplastizität bei Gabe von SSRIs im Vergleich zur Kontrollgruppe deutlich: „In den Bildgebungsdaten konnten wir eine veränderte Balance nachweisen. Manche Gebiete werden stärker gehemmt als andere, die Balance zwischen verschiedenen Hirngebieten ändert sich und auch die Stärke der Kommunikation zwischen den Hirnarealen.“
SSRIs wirken also nicht direkt akut auf die Stimmung, sondern verändern die Empfänglichkeit für Umlernprozesse und helfen so unter günstigen Bedingungen aus der Depression heraus.
Selbsthilfe und Unterstützung
Vom Betroffenen zum Helfer: Erfahrungen in der Selbsthilfe. Manfred Krippel besucht zum ersten Mal die Selbsthilfegruppe für Menschen mit Depressionen und Angststörungen in Salzburg, die er 2011 übernimmt und in "Angst frisst Seele auf" umtauft. Soziale Nähe zu anderen Menschen ist gerade in depressiven Phasen immens wichtig.
Aus ihren bisherigen therapeutischen Erfahrungen haben sich Linda Barth, Manfred Krippel und Michael Huber einiges an Werkzeug mitgenommen, mit dem sie Panikattacken und depressiven Gedankenspiralen begegnen. Atemtechniken helfen sehr, sind sie sich einig, "da findet man auch gute Anleitungen im Internet", ergänzt Huber.
„Es ist wichtig, herauszufinden, bei welcher Aktivität man sich gut entspannen kann, was einen aus den negativen Gedanken herausbringt“, ergänzt Michael Huber, „bei mir ist es zum Beispiel spazieren gehen, Motorrad fahren und mit Freunden reden, die sich wirklich für mich interessieren.“
Dysthymie
Dysthymia ist eine abgeschwächte Form der Depression. Die auftretenden depressiven Symptome dauern jedoch mehrere Jahre lang an. Sie schränken das Leben der Betroffenen somit erheblich ein und verursachen großes Leid.
Grundsätzlich gilt Dysthymia als heilbar. Die Heilungschancen stehen umso besser, umso früher sie erkannt wird. Aber genau das ist häufig ein Problem: Aufgrund der weniger ausgeprägten Symptome wird sie selten oder erst spät diagnostiziert. Bleibt die chronifizierte Depression unbehandelt, leiden die Betroffenen oft ein Leben lang unter den Auswirkungen. Denn auch eine schwach ausgeprägte Depression führt zu Einschränkungen im beruflichen und sozialen Leben.
Die Symptome einer Dysthymie entsprechen denen einer klassischen Depression - in weniger ausgeprägter Form. Es gehören dazu: Verminderter Antrieb, Schlafstörungen, Geringes Selbstvertrauen, Konzentrationsschwierigkeiten, Sozialer Rückzug, Interessenverlust, Verminderte Gesprächigkeit, Pessimistische Zukunftssicht, Schwierigkeiten mit Routineaufgaben, Tendenz zum Weinen, Hoffnungslosigkeit.
Nach den Empfehlungen der Deutschen Gesellschaft für Psychiatrie, Psychotherapie und Nervenheilkunde (DGPPN) wird eine Dysthymia mit einer Kombination aus Antidepressiva und Psychotherapie behandelt. Ebenfalls wichtig ist die sogenannte Psychoedukation.
Als antidepressive Medikamente werden bei Dysthymia vor allem Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) verschrieben, die den Gehalt des Nervenbotenstoffes Serotonin im Gehirn erhöhen. Sie liefern einen wichtigen Beitrag zur Regulierung der Botenstoffe, die bei Menschen mit Depressionen gestört sind.
Sehr wirksame psychotherapeutische Verfahren sind die kognitive Verhaltenstherapie, die analytischen Therapieformen und die interpersonelle Therapie. Ein speziell für die Behandlung der Dysthymia in den USA entwickeltes verhaltenstherapeutisches Verfahren ist das CBASP (Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy). Bei diesem steht die persönliche Beziehung des Betroffenen zu seinem Therapeuten im Mittelpunkt.
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