Kritik am Psychologen von Nebenan

Die Serie "Der Psychologe von Nebenan" wirft Fragen auf, die über bloße Unterhaltung hinausgehen. Es geht um die Dynamik zwischen Therapeuten und Patienten, um Grenzen und deren Überschreitung. Die Serie, die bisweilen als schwarze Komödie verkauft wird, unterläuft jedoch die Vorfreuden und widersetzt sich ihnen mit dem proaktiven Einschlagen anderer Pfade.

Die beiden Spaßbrüder Will Ferrell und Paul Rudd sind in ihren jeweils (ungefähr) dritten Serienhauptrollen über weite Strecken im Seriositäts-Modus unterwegs. Jener steht, wie wir seit Stranger Than Fiction wissen, besonders Ferrell gar nicht schlecht zu Gesicht: Mit ähnlicher Nüchternheit wie in diesem gern unterschätzten Werk legt er seine von Lebensüberdruss durchdrungene Figur auch hier an, und man nimmt ihm die Verzagtheit in jeder Sekunde ab. Entsprechend sind die Sympathien nach kurzer Zeit eindeutig zugunsten von Marty verteilt.

Es ist dies nicht die einzige Unentschlossenheit, die diese von Dramedy-Profi Georgia Pritchett (Succession, Veep) konzipierte Show über längere Strecken nicht komplett zufriedenstellend in den Griff kriegt. En passant eingestreute humoristische Momente fordern etwa den prinzipiell ernsten, realistischen Tonfall der Erzählung immer wieder heraus, geraten dann aber nicht pointiert oder gewagt genug, um ein entsprechendes Gleichgewicht herstellen zu können. Ein Manko, das der sich gern in Schleifen drehende, nicht zielstrebig auf Zuspitzung ausgerichtete Plot gleichwohl auch nicht kompensieren kann oder will.

Ja, mitunter kommt man sich im Verlauf der acht dreiviertelstündigen Episoden selbst ein wenig wie in einer therapeutischen Sitzung vor, einer, die schon zu lange dauert und kaum Fortschritte zeitigt. Womöglich ist genau diese Redundanz, dieses gelegentlich auftretende frustrierende Gefühl, dass diese Story mit etwas gutem Willen auch in einen Film gepasst hätte, aber auch der Sinn der ganzen Sache: Der Weg der Erkenntnis ist eben gelegentlich ein mühsamer, Durchbrüche brauchen ihre Zeit und kommen zu einer ganz anderen Zeit in ganz anderer Form daher als erhofft.

Die Serie bietet Gesprächsstoff und regt zur Auseinandersetzung mit psychologischen Themen an. Über einen Zeitraum von 27 Jahren entlohnte Marty Dr. Anschauen oder auslassen? Anschauen. Die Reunion des Comedy-Dreamteams Ferrell und Rudd mag zwar anders ausgefallen sein als von vielen herbeigesehnt, ihre Interpretation des irrwitzigen Real-Life-Verhältnisses zwischen Parvenü und Psychowrack ist trotz des freiwilligen Verzichts auf Lacher und mancher Länge die diversen Sitzungen auf der heimischen Couch wert.

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Die Serie bietet eine interessante Darstellung von psychologischen Themen und zwischenmenschlichen Beziehungen, auch wenn sie nicht immer leicht zugänglich ist.

Streaming-Details:

  • 1 Staffel - 43min
  • Verfügbare Sprachen: Deutsch, Japanisch, Portugiesisch, Russisch, Spanisch, Englisch, Französisch, Italienisch
  • 7 Tage kostenlos, danach 9,99€ / Monat

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