Depression nach dem Orgasmus: Ursachen und Umgang mit postkoitaler Dysphorie

Guter Sex gilt als eine der schönsten Erfahrungen, die Menschen machen können. Orgasmen führen normalerweise zu einem Gefühl der Zufriedenheit, Glückseligkeit und Verbundenheit. Doch für einige Menschen tritt nach dem Höhepunkt ein emotionales Tief ein, bekannt als postkoitale Dysphorie.

Von postkoitaler Dysphorie spricht man, wenn eine Person nach einer einvernehmlichen sexuellen Aktivität starke negative Gefühle wie Reizbarkeit, Angstzustände, Unruhe, Traurigkeit, Depressionen und Heulkrämpfe verspürt. Dies kann auch Reue oder Frustration beinhalten und steht in starkem Kontrast zu den erwarteten positiven Emotionen, die Sex normalerweise begleiten. Hierbei handelt es sich nicht um ein neues Phänomen - schon im Laufe der Geschichte finden sich Beschreibungen dieses besonderen Zustands.

Postkoitale Dysphorie (PCD) ist eine Sexualfunktionsstörung, die in der Entspannungsphase nach ansonsten erfüllendem und einvernehmlichem Geschlechtsverkehr auftritt. Sie fangen nach dem Sex auch oftmals, ohne ersichtlichen Grund an zu weinen, fühlen sich ängstlich oder melancholisch und manchmal sogar aggressiv.

Dieses Phänomen kann sporadisch oder regelmäßig auftreten und betrifft laut Umfragen etwa jeden dritten Menschen mindestens einmal im Leben. Der Post-Sex Blues bezeichnet ein bestimmtes Phänomen, von dem viele Menschen bereits berichtet haben. Nach dem Sex setzt bei ihnen eine komische Melancholie ein, für welche es eigentlich gar keinen Grund gibt.

Sex ist für viele Menschen eine sehr erfüllende und lustvolle Erfahrung. In den meisten Fällen gehen sexuelle Aktivitäten mit positiven Emotionen wie Lust, Intimität und Zufriedenheit einher. Doch für einige Menschen kann der Akt des Geschlechtsverkehrs unerwartete und unangenehme emotionale Reaktionen hervorrufen.

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Verbreitung von postkoitaler Dysphorie

Doch nicht nur Frauen, auch viele Männer leiden an postkoitaler Dysphorie, wie eine spätere Studie aus dem Jahre 2019 herausgefunden hat. Bei der Analyse der Aussagen der 1.208 männlichen Teilnehmer aus Australien, Neuseeland, Großbritannien, den USA, Russland und Deutschland verdeutlichte sich sogar, dass 41 Prozent der Befragten postkoitale Dysphorie im Monat vor der Umfrage erlebt hatten. Allerdings gaben nur vier Prozent der befragten Männer an, nach dem Sex regelmäßig verstimmt zu sein.

Bisher wurde postkoitale Dysphorie vor allem Frauen zugeschrieben. Eine neue Studie aus Australien zeigt jedoch: Sie betrifft auch Männer.

Forscher der Queensland University of Technology in der australischen Stadt Brisbane führten eine Erhebung mittels Online-Fragebogen durch. Die Ergebnisse veröffentlichten sie kürzlich im Journal of Sex & Marital Therapy. Bei der Analyse der Aussagen der 1.208 männlichen Teilnehmer aus Australien, Neuseeland, Großbritannien, den USA, Russland und Deutschland zeigte sich, dass 41 Prozent postkoitale Dysphorie im Monat vor der Umfrage erlebt hatten.

Ursachen der postkoitalen Dysphorie

Die genauen Ursachen der postkoitalen Dysphorie sind noch nicht geklärt, da die Datenlage hierzu begrenzt ist. Auch die fehlende Unterstützung der Erforschung dieser Störung ist ein Thema, wie Dr.

Die genauen Ursachen der postkoitalen Dysphorie sind noch nicht vollständig verstanden, aber es gibt mehrere Faktoren, die eine Rolle spielen könnten:

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  • Hormonelle Veränderungen: Hormonelle Schwankungen während und nach dem Geschlechtsverkehr könnten dazu beitragen, diese Reaktion auszulösen.
  • Psychologische Faktoren: Scham, Schuld oder ungelöste emotionale Konflikte im Zusammenhang mit Sexualität könnten postkoitale Dysphorie verschlimmern.
  • Beziehungsdynamik: Probleme in der Partnerschaft, Kommunikationsschwierigkeiten oder Beziehungsprobleme könnten zu diesen negativen Gefühlen beitragen.
  • Kulturelle und gesellschaftliche Einflüsse: Gesellschaftliche Normen und Erwartungen in Bezug auf Sexualität und Geschlechtsverkehr könnten zu emotionalen Unwohlsein nach dem Sex führen.

Dennoch scheint die Hormonausschüttung beim Sex eine Rolle zu spielen. Neben Oxytocin werden auch Adrenalin und Noradrenalin freigesetzt, die uns in einen Rauschzustand versetzen. Auch das plötzliche Ende der körperlichen und emotionalen Verbindung zum Partner oder zur Partnerin* kann eine Rolle spielen.

Die Forscher*innen fanden auch heraus, dass sexueller Missbrauch, insbesondere in der Kindheit, ein starker Faktor für das Auftreten von postkoitaler Dysphorie ist. Ein weiterer, schwerer zu fassender Faktor ist die emotionale Bindung in der Beziehung. Zudem können Bindungsängste sowie Konflikte mit gesellschaftlichen Normen und Vorurteilen ebenfalls Auslöser sein. Nicht zuletzt spielt auch die eigene Erwartungshaltung an Sex eine Rolle.

Symptome der postkoitalen Dysphorie

Die Symptome der postkoitalen Dysphorie können von Person zu Person stark variieren. Einige Menschen erleben milde Unbehaglichkeit, während andere von schwerer Traurigkeit oder Scham überwältigt werden.

Zu den häufigsten Symptomen gehören:

  • Traurigkeit: Eine plötzliche und unerklärliche Traurigkeit, die nach dem Geschlechtsverkehr auftritt.
  • Reue: Das Gefühl, dass der sexuelle Akt ein Fehler war und man sich schämt oder schuldig fühlt.
  • Angst: Das Auftreten von Ängsten oder Sorgen unmittelbar nach dem Sex, oft ohne ersichtlichen Grund.
  • Frustration: Ein allgemeines Gefühl der Unzufriedenheit oder Frustration, das nach dem Geschlechtsverkehr auftritt.
  • Weinen: Ein starkes Verlangen zu weinen oder tatsächliches Weinen.

Es ist wichtig zu beachten, dass die postkoitale Dysphorie ein relativ wenig erforschtes Phänomen ist.

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Umgang mit postkoitaler Dysphorie

Ja, es gibt Möglichkeiten, mit postkoitaler Dysphorie umzugehen. Besonders in einer Beziehung ist es wichtig, mit dem Partner oder der Partnerin* über diese Gefühle zu sprechen und ihn oder sie* einzuweihen.

Da postkoitale Dysphorie die Beziehung und die Intimität negativ beeinflussen kann, sollte professionelle Hilfe in Anspruch genommen werden, um das belastende Stimmungsgefälle auszugleichen.

Folgen können dann sexuelle Abstinenz oder Sexsucht sein, um der Wiederholung des Verlusterlebnisses zu entgehen. Seelische Wunden sollten in jedem Fall ernst genommen werden. Sie haben kein Ablaufdatum.

Sollte Ihre Beziehung davon belastet werden und Sie vor dem emotionalen Tief nach dem Orgasmus zurückschrecken und Sex daher vermeiden, besteht die Indikation zu einer Psychotherapie oder spezifisch auf Ihre Problematik ausgerichteten Sexualtherapie.

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