Die Corona-Krise hat zu psychosozialen Belastungen in allen Gesellschaftsschichten und Altersgruppen geführt. In dieser Zeit ist es wichtig, auf die psychische Gesundheit zu achten und Strategien zu entwickeln, um mit den Herausforderungen umzugehen.
Die Grüne Schleife: Ein Zeichen für Akzeptanz
Die Grüne Schleife setzt mit dem Aktionsbündnis Seelische Gesundheit in Deutschland ein Statement für mehr Akzeptanz und Toleranz gegenüber psychischen Erkrankungen. Denn fast jede*r Dritte erkrankt im Zeitraum eines Jahres an einer psychischen Erkrankung. Deshalb gilt: Psychische Erkrankungen wie Depressionen, Burnout, Bipolare Störungen, Angststörungen, Borderline und Schizophrenie, um nur ein paar zu nennen, müssen raus aus der Tabu-Ecke!
Unser Ziel ist, dass sich Menschen in psychischen Krisen trauen, ihre Probleme offen anzusprechen und so rechtzeitig notwendige Hilfe erhalten.
Es gehe um die "Stimmung in diesem Land, einer Team-Stimmung", so Anschober. "Wir schaffen die Krise nur gemeinsam und mit Solidarität."
Die Psychosoziale Krise und ihre Phasen
"Katastrophen verlaufen in Phasen", so Barbara Juen. Die erste Phase sei die "Honeymoon"-Phase, da sei die Hilfsbereitschaft besonders groß. Gefolgt sei diese von einer "Desillusionierungsphase. Wir sind derzeit in der Desillusionierungsphase. Die Leute fühlen sich machtlos.
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"Die Resilienz einer Gesellschaft zeigt sich in den Gemeinschaftsaktivitäten", sagt die Gesundheitspsychologin. Österreich zeichne sich durch hohes zivilgesellschaftliches Engagement aus.
Die physische Distanzierung führe zu einer psychischen Distanz.
Die Bedeutung von Natur und Bewegung
Dass Bewegung gesund und förderlich für Körper und Geist ist, gehört mittlerweile zum Allgemeinwissen. In den vergangenen Jahrzehnten hat die Wissenschaft zudem zahlreiche Hinweise für die wohltuende Wirkung ländlicher, oft als „natürlich“ bezeichneter Umgebungen gefunden. Im Grünen spazieren zu können, dürfte in Zeiten zunehmender globaler Verstädterung sogar noch an Bedeutung gewinnen.
Die Suche nach Erholung und „Stressabbau“ trieb schon an der Schwelle zum 19. Jahrhundert Menschen von den Städten in deren ländliche Umgebung. Um sich in der von Bäuerinnen und Bauern geformten Kulturlandschaft besser zurechtfinden zu können, veröffentlichte der in Krems geborene Franz de Paula Gaheis ab 1797 neun „Bändchen“ seiner „Wanderungen und Spazierfahrten in die Gegenden um Wien“.
Heute ist es wissenschaftlich bestätigt: Spaziergänge und körperliche Aktivität sind gesund. Der menschliche Körper ist dabei nicht nur für die Bewegung an sich, sondern auch für das Draußen-Sein geschaffen. Unsere viele hunderttausend Jahre dauernde Entwicklungsgeschichte als Jäger und Sammler war durch die Kombination aus beidem geprägt: Als „Steppenläufer“ durchstreiften unsere Vorfahren die afrikanische Savanne, um zu jagen und essbare Pflanzen zu sammeln.
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„Wir können schon davon ausgehen, dass der Aufenthalt im Grünen einen positiven Effekt auf unsere Gesundheit hat“, sagt Landschaftsforscher Arne Arnberger von der BOKU. Er und andere Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler untersuchen mittels verschiedener Methoden die Effekte von Landschaften auf Menschen, die sie besuchen, bewohnen oder einfach nur betrachten.
Studien belegen die positive Wirkung von Natur
Dass es ganz explizit der Aufenthalt im Grünen ist, der seine Wirkung entfaltet, zeigen zahlreiche wissenschaftliche Studien. Bei einer Untersuchung, an der Arne Arnberger beteiligt war, wurden beispielsweise 44 Personen auf fünf unterschiedliche 45-minütige Spaziergänge geschickt. Das Ergebnis der Befragungen war eindeutig: Fast alle Probandinnen und Probanden gaben an, sich in der Stadt „am wenigsten erholt“ zu haben. An erster Stelle stand die Wiese auch bei der Frage nach dem persönlichen Gefallen einer Landschaft, während die Stadt im Mittel „eher nicht bis überhaupt nicht“ gefallen hat.
Auch die internationale Forschung liefert spannende Ergebnisse zu den unterschiedlichen Wirkungen eines Aufenthalts im Grünen verglichen mit der Stadt. Besonders relevant ist dies auch aufgrund der Tatsache, dass noch nie so viele Menschen in so großem Abstand zur „Natur“ beziehungsweise zu ländlichen Gegenden gelebt haben. Schon heute lebt mehr als die Hälfte der Weltbevölkerung in Städten, wobei dieser Anteil bis 2050 voraussichtlich auf 70 Prozent anwachsen wird.
Naturerfahrungen und Grübeln
Vor dem Hintergrund dieser Entwicklung untersuchte ein Forschungsteam der berühmten Universität von Stanford in Kalifornien (USA) einen der möglichen Wirkmechanismen, genauer gesagt den Einfluss von Naturerfahrungen auf das Grübeln. Grübeln wird in der Studie als „schädliches Verhaltensmuster selbstbezogener Gedanken“ bezeichnet.
Der „Naturspaziergang“ führte in einer rund fünf Kilometer langen Schleife durch offenes Grünland mit verstreuten Eichen und Sträuchern, weitgehend entfernt von Straßen- und Stadtlärm. Das Ergebnis der Studie wurde 2015 im renommierten US-amerikanischen Wissenschafts-Journal PNAS (Proceedings of the National Academy of Sciences) veröffentlicht.
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Anhand spezieller, von den Versuchspersonen ausgefüllter Fragebögen zeigte sich ein deutlicher Rückgang des Grübelns nach dem Naturspaziergang. Sogar noch stärker konnte der Effekt anhand von Gehirn-Scans gemessen werden.
Die Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie (ART)
Aber was genau macht den Aufenthalt im Grünen so erholsam? Antworten liefert die innerhalb der Wissenschaft viel zitierte sogenannte Aufmerksamkeits-Erholungs-Theorie (engl.: Attention Restoration Theory, ART). Sie wurde vom Psychologen-Ehepaar Rachel und Stephen Kaplan Ende der 1980er-, Anfang der 1990er-Jahre aufgestellt.
Bei der gerichteten Aufmerksamkeit konzentriert sich der Mensch bewusst und willentlich auf eine bestimmte Aufgabe beziehungsweise einen Reiz, wie etwa beim Lernen oder Arbeiten. Da die Konzentrationsfähigkeit des Gehirns aber begrenzt ist, wirkt die gerichtete Aufmerksamkeit mit der Zeit ermüdend, man wird leichter ablenkbar und neigt zu Reizbarkeit.
Ganz anders bei der ungerichteten Aufmerksamkeit, auch als Faszination bezeichnet. In diesem Zustand widmen wir uns einer Sache automatisch und mühelos, es bedarf keiner willentlichen Konzentrations-Anstrengung. Laut der Theorie der Kaplans wird der Zustand der ungerichteten Aufmerksamkeit durch naturnahe Umgebungen stark begünstigt.
Wichtig ist in diesem Zusammenhang, dass der Begriff „Natur“ in vielen Studien nicht näher definiert beziehungsweise mit „Landschaft“ gleichgesetzt wurde. Eine gänzlich natürliche Landschaft, in die der Mensch nicht eingreift, würde an vielen Orten Österreichs aus dichten, schwer zugänglichen Wäldern bestehen, in denen sich Menschen weniger wohl und sicher fühlen als in halboffenen Landschaften.
Umgebung | Erholungseffekt |
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Stadt | Geringste Erholung |
Wiese | Höchste Erholung |
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