Depressionen bei Jugendlichen werden oft von Eltern unterschätzt und in vielen Fällen nicht behandelt. Es ist wichtig, das Problem ernst zu nehmen, da Depressionen das Risiko für Suizidgedanken und -handlungen erhöhen.
Was ist eine Depression?
Es ist normal, traurig zu sein, wenn ein Kind beispielsweise eine Trennung erlebt, schlechte Noten hat oder sein Fußballverein verliert. Schwierige Erfahrungen gehören zum Leben dazu. Allerdings spricht man erst von einer "richtigen" oder "klinisch relevanten" Depression, wenn sich mehrere Symptome über mehrere Wochen zeigen. Die Beschreibung der nachfolgenden Symptome dient als Orientierung, jedoch sollte für eine definitive Diagnose eine Fachperson konsultiert werden.
Bei einer Depression verschwindet die Freude am Leben, und die Welt wird nur noch grau in grau wahrgenommen. Dinge, die normalerweise Spaß machen, werden vernachlässigt, und der Appetit nimmt ab. Das Gedächtnis arbeitet nicht mehr so gut, und das Kind kann sich kaum noch konzentrieren. In schweren Fällen fühlt das Kind gar «nichts» mehr, will tagelang nur noch im Bett liegen und verweigert den Schulbesuch oder die Ausbildung.
Depression erhöht das Risiko für Suizidgedanken und -handlungen. Dieser Punkt ist besonders wichtig, da Depression bei Jugendlichen von Eltern häufig unterschätzt wird.
Symptome von Depressionen bei Jugendlichen
Die Symptome einer Depression können je nach Alter variieren. Bei Jugendlichen sind typische Symptome:
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- Durchgängige Traurigkeit und Hoffnungslosigkeit
- Verlust von Interessen, die früher Freude gemacht haben (z.B. Freundinnen und Freunde treffen, Hobbys)
- Körperliche Symptome wie Bauchschmerzen
- Schlafstörungen und Essstörungen
- Müdigkeit und Unkonzentriertheit
- Mangelndes Selbstvertrauen und Selbstwertgefühl
- Schuldgefühle, Wertlosigkeit und Hoffnungslosigkeit
Ursachen von Depressionen
Die Ursachen für Depressionen sind vielfältig und können biologische, psychische und soziale Faktoren umfassen:
- Biologische Faktoren: Biochemische Vorgänge im Gehirn und genetische Voraussetzungen
- Psychische Faktoren: Negative Denkmuster oder überhöhte Erwartungen an sich selbst
- Soziale Faktoren: Belastende Familienumstände, Zurückweisung von Gleichaltrigen oder negative Lebensereignisse. Vor allem Kinder, die Gewalt und Missbrauch ausgesetzt sind, sind besonders gefährdet.
Auch körperliche Erkrankungen oder die Einnahme von Medikamenten können die Entstehung von Depressionen begünstigen.
Familiäre Einflüsse
Familiäre Einflüsse spielen eine wichtige Rolle bei der Entstehung von psychischen Störungen bei Kindern und Jugendlichen:
- Inkonsequentes Verhalten der Eltern kann zu Delinquenz (Verstöße gegen das Gesetz) beim Kind führen.
- Überprotektion und elterliche Einmischung können emotionale Störungen wie Trennungsangst begünstigen.
- Konflikte und Belastungen der Eltern können einen besonders großen Einfluss auf die psychische Gesundheit des Kindes oder Jugendlichen ausüben.
- Psychische oder soziale Auffälligkeiten eines Elternteils können ebenfalls eine Rolle spielen.
Eltern-Burnout als Risikofaktor
Stress und Erschöpfung sind für viele Eltern keine unbekannten Zustände. Wenn die notwendigen Ressourcen fehlen, um mit Stressfaktoren umzugehen, kann dies in einem Eltern-Burnout resultieren. Die Symptomatik des Eltern-Burnouts ist ähnlich dem eines Job-Burnouts und umfasst drei Dimensionen:
- Eine überwältigende Erschöpfung, bei der keine Kraft mehr aufgebracht werden kann, um die Elternrolle zu erfüllen.
- Eine emotionale Distanzierung, die die Eltern-Kind-Interaktion auf ein Minimum reduziert.
- Der Verlust der Erfüllung in der Elternrolle und der Wunsch, keine Zeit mehr mit den Kindern zu verbringen.
Der Übergang zu einer klinischen Depression ist manchmal fließend. Eine internationale Studie hat gezeigt, dass in Ländern mit stärker ausgeprägtem Individualismus die Wahrscheinlichkeit höher ist, an einem Eltern-Burnout zu leiden.
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Um einem Eltern-Burnout vorzubeugen, ist es wichtig, ein Gleichgewicht zwischen Herausforderungen und Stressfaktoren und den zur Verfügung stehenden Ressourcen und Unterstützungsangeboten zu finden. Selbstfürsorge, Entspannung und das Ausüben von Hobbys sind wichtige Präventionsmaßnahmen. Eltern sollten den Anspruch, die perfekte Mutter oder der perfekte Vater zu sein, aufgeben und sich nicht schämen, um Unterstützung zu bitten.
Diagnose von Depressionen
Die Ärztin oder der Arzt erhebt in einem Gespräch die bisherige Krankengeschichte (Anamnese). Dabei werden auch Eltern bzw. erziehungsberechtigte Personen miteinbezogen. Es erfolgt zudem eine körperliche Untersuchung. Bei der Diagnose nimmt die Ärztin oder der Arzt auch Rücksicht auf mögliche Probleme aufgrund der Entwicklung, zum Beispiel auf die Besonderheiten in der Pubertät. Ein Fragebogen kann helfen, die für Depression oder bipolare Störungen typischen Symptome zu erheben. Zudem überweist die Ärztin oder der Arzt eventuell zu einer ergänzenden klinisch-psychologischen Diagnostik. Die Ärztin oder der Arzt schließt zudem körperliche Ursachen für Symptome sowie andere Erkrankungen aus. Dafür können weiterführende Untersuchungen notwendig sein. Eine möglichst frühe Diagnosestellung und Behandlung wirkt sich vorteilhaft auf den weiteren Verlauf einer Depression oder bipolaren Störung aus.
Behandlung von Depressionen
Eine depressive Erkrankung wird in der Regel auf zwei Arten behandelt:
- Verhaltenstherapie: Neue Verhaltensweisen werden eingeübt, damit der oder die Jugendliche im Alltag bestehen kann.
- Medikamente: Durch die Verabreichung von Medikamenten (für eine gewisse Zeit) können Veränderungen leichter gelingen.
Bewährt haben sich bei Jugendlichen in der Therapie Gruppenangebote. In der Gruppe erkennt die junge Person, dass sie mit ihren Problemen nicht allein ist. Gemeinsam lassen sich neue Wege leichter gehen.
Die Behandlung richtet sich nach der jeweiligen Diagnose und dem Schweregrad der Symptome. Regelmäßige ärztliche Kontrollen ermöglichen es, die Behandlung möglichst optimal zu gestalten und Rückfällen vorzubeugen. In akuten Phasen ist ein Aufenthalt in einem Krankenhaus notwendig. Im Rahmen der Behandlung kann auch eine Rehabilitation oder Unterstützung durch psychosoziale Dienste notwendig sein.
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Psychoedukation
Eine allgemeine wichtige Säule der Therapie ist die sogenannte Psychoedukation. Das ist eine Aufklärung über die Erkrankung und was man dagegen tun kann. Die Psychoedukation kann z.B. im Rahmen eines ärztlichen Gesprächs, einer Psychotherapie oder einer klinisch-psychologischen Behandlung stattfinden. Es ist wichtig, auch die Eltern bzw. erziehungsberechtigten Personen über die Erkrankung und Hilfsmöglichkeiten aufzuklären.
Medikamente
Sind die Symptome einer Depression stärker ausgeprägt, kann die Ärztin oder der Arzt Medikamente verschreiben. Dabei kommt ab acht Jahren der Wirkstoff Fluoxetin zum Einsatz. Die Ärztin oder der Arzt verschreibt möglicherweise auch für einen kurzen Zeitraum sogenannte Anxiolytika. Das sind angstlösende Medikamente. Begleitend zur Behandlung mit Medikamenten sollte eine Psychotherapie erfolgen. Die Ärztin bzw. der Arzt achtet darauf, welche Symptome aktuell zu lindern und welche Medikamente für das Alter passend sind.
Psychotherapie
In der Psychotherapie lernen betroffene Kinder und Jugendliche, mit der Erkrankung besser zurechtzukommen. Sie können zudem in vertrauensvollem Rahmen über ihre Probleme sprechen. Bei Kindern und Jugendlichen kommen auch spielerische Elemente bei einer Psychotherapie zum Einsatz. Die Psychotherapeutin oder der Psychotherapeut stimmt die Arbeitsweise auf das jeweilige Alter ab. Eine Psychotherapie ist auch in der Gruppe möglich.
Was können Eltern tun?
Es ist wichtig, das eigene Kind ernst zu nehmen und die Erwartungen zu ändern. Eltern können ihre Kinder unterstützen, indem sie:
- Ihre Tochter oder Ihren Sohn, am besten unter vier Augen, nach ihrer oder seiner Situation, was sie oder ihn belastet und wie sie oder er sich fühlt, fragen.
- Ruhig über Ihre Beobachtungen reden, aber darauf achten, es nicht wie einen Vorwurf klingen zu lassen.
- Deutlich machen, dass Sie ihn oder sie verstehen wollen und seine oder ihre Bemühungen um Lösungen anerkennen.
- Klar ansprechen, dass Sie gemeinsam eine:n Ärztin oder Arzt oder eine Beratungsstelle aufsuchen wollen, der Ihr:e Jugendliche:r vertrauen kann.
- Sich, wenn nötig, selbst Unterstützung suchen.
Anlaufstellen und Hilfsangebote
Die Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendpsychiatrie, Psychosomatik und Psychotherapie stellt eine Sammlung von Krankenhäusern, Ambulatorien und Fachärzten bereit. Das Institut für Familienförderung bietet u.a. Beratungen an. Die Initiative Ist OKAY bietet Tipps, was man bei einer Depression oder anderen psychischen Problemen selbst tun kann und wo man Hilfe findet. Selbsthilfegruppen für Angehörige bieten Möglichkeiten zum gegenseitigen Austausch.
In akuten Fällen rufen Sie bitte die Rettung unter der Telefonnummer 144.
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