Antidepressiva haben eine stimmungsaufhellende und antriebssteigernde Wirkung. Sie kommen bei psychischen Erkrankungen wie Depressionen, Angst- oder Zwangsstörungen zum Einsatz. Depressive Verstimmungen äußern sich zumeist in Antriebslosigkeit, anhaltender Traurigkeit oder Angstgefühlen. Den meisten Menschen sind Phasen niedergedrückter Stimmung aus eigener Erfahrung bekannt. Halten solche Empfindungen über einen längeren Zeitraum an, ziehen sich die Betroffenen häufig zunehmend aus dem Alltagsgeschehen zurück. Körperliche Symptome wie Müdigkeit, Kopfschmerzen oder Appetitlosigkeit können das Seelentief noch verstärken.
Die Ursachen von depressiven Zuständen sind komplex und individuell verschieden; die Abgrenzung zu einer Depression kann nur ein Arzt treffen. Vielfach ist ein hormonelles Ungleichgewicht an der Entstehung beteiligt. Antidepressiva sind verschreibungspflichtig und können mit oder ohne Psychotherapie durch Fachärztinnen beziehungsweise Fachärzte für Psychiatrie verordnet werden. In „einfachen“ Fällen erfolgt dies auch durch eine Ärztin oder einen Arzt für Allgemeinmedizin („Hausarzt“). Betroffene mit mittelgradigen oder schwereren Formen einer Depression benötigen im Allgemeinen eine medikamentöse Behandlung.
Wie wirken Antidepressiva?
Es gibt verschiedene Antidepressiva Arten. Grundlegend wirken sie, indem sie den Abbau der Botenstoffe Serotonin, Noradrenalin und Dopamin im Gehirn hemmen. Diese Botenstoffe sind notwendig um die Stimmung zu verbessern, den Körper oder Geist zu beruhigen, mehr Antrieb zu geben oder Ängste zu lösen. Antidepressiva benötigen je nach Erkrankung einige Zeit um ihre Wirkung zu zeigen. Einige Antidepressiva wurden nur zufällig entdeckt, somit ist der genaue Wirkmechanismus bis heute nicht vollkommen verstanden.
Grundlegend wirken sie auf der Ebene einer Synapse. Die Synapse ist die Verbindung von zwei Nervenzellen, zum Beispiel im Gehirn. Nervenzellen können Informationen weitergeben, indem Botenstoffe von der einen Nervenzelle zu der anderen gesendet werden. Beispiele für diese Botenstoffe sind Noradrenalin oder Serotonin. Forscher gehen davon aus, dass ein Grund für die Entwicklung einer Depression ein zu geringer Spiegel dieser Botenstoffe ist. Serotonin- oder Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer verhindern, dass diese freigesetzten Botenstoffe von der Nervenzelle wieder aufgenommen werden. Dadurch ist der Wirkspiegel von Noradrenalin und Serotonin deutlich erhöht.
Monoaminooxidase (MAO) ist das Enzym, welches für den Abbau verantwortlich ist. MAO-Hemmer sorgen dafür, dass das Enzym nicht mehr arbeitet und sich dadurch der Spiegel der Botenstoffe erhöht. Eine weitere Gruppe sind die trizyklischen Antidepressiva. Sie hemmen sowohl die Aufnahme von Noradrenalin, Serotonin als auch von Dopamin. Nach dem Beginn der Therapie dauert es meistens 10 bis 14 Tage bis eine Wirkung bemerkt wird. Eine beruhigende Wirkung kann früher vorhanden sein.
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Arten von Antidepressiva
- Trizyklische Monoamin-Wiederaufnahme-Hemmer (MRI), z.B. Amitriptylin
- Monoaminoxidase-Hemmer (MAO), z.B. Moclobemid
- Tetrazyklische Antidepressiva, z.B. Mianserin
- Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI), z.B. Escitalopram, Fluoxetin, Paroxetin, Sertralin
- Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI)
- Duale Selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI)
- Alpha-2-Antagonisten, z.B. Mirtazapin
Die Wirkung der Antidepressiva unterscheidet sich untereinander nur minimal.
Pflanzliche Arzneimittel
Inhalte der Pflanzenwelt werden nur für leichte Depressionen verwendet. Hier kommt das Johanniskraut (Hypericum) oft zu Einsatz. Achtung: Wer Johanniskraut verwendet, sollte vorsichtig mit Sonnenlicht umgehen. Johanniskraut, Passionsblume, Baldrian und Griffonia werden in Naturheilkunde und Pharmazie seit langem zur Behandlung von Missempfindungen angewendet. Die Wirkstoffe der Phytotherapeutika sollen regulierend in die körpereigenen Prozesse der Erregungsleitung (Weiterleitung einer Erregung in Nerven- oder Muskelzellen) eingreifen, übermäßig ausgesandte Botenstoffe drosseln oder die Serotonin-Produktion begünstigen. Ihr Einsatz soll entspannen, beruhigen und den erholsamen Schlaf fördern.
Die Präparate werden als Kapseln, Tabletten, Dragees oder auch als flüssige Zubereitungen in Form von Tropfen oder Trinkampullen angeboten. Die pflanzlichen Arzneimittel und Naturheilprodukte sind frei verkäuflich und können leichten Befindlichkeitsstörungen und Gemütsschwankungen entgegenwirken.
Beispiele für pflanzliche Arzneimittel
- Johanniskraut
- Passionsblume
- Baldrian
- Griffonia
Wichtige Hinweise zur Einnahme von Antidepressiva
Antidepressiva sollten nicht abrupt, sondern ausschleichend abgesetzt werden, da sonst unerwünschte Wirkungen auftreten können, die man auch als Absetzungserscheinungen oder Absetzungssymptome bezeichnen kann. Zu solchen Anzeichen zählen z.B. Kopfschmerzen und Kribbeln am ganzen Körper. Diese können mehrere Wochen bis Monate anhalten.
Ihr behandelnder Arzt erfragt Ihre Begleiterkrankungen. Regelmäßige Kontrollen der Blutwerte sind nötig, um Nebenwirkungen frühzeitig zu erkennen. Ärzte kontrollieren dabei die Menge der Blutzellen und die Nieren- und Leberfunktion, sowie Kalium- und Magnesiumwerte durch Blutentnahmen. Zusätzlich ist es wichtig, die Herzfunktion zu überprüfen. Einige Antidepressiva verursachen Herzrhythmusstörungen. Ein Elektrokardiogramm (EKG) zeichnet den Herzrhythmus auf und kontrolliert diesen.
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Um den Verlauf der medikamentösen Therapie zu kontrollieren, sind regelmäßige Arztbesuche notwendig. Ihr Arzt entscheidet, wann die Therapie beendet wird. Erste Anlaufstelle ist meist der Allgemeinmediziner. Nicht jeder Betroffene spricht auf die Einnahme eines Antidepressivums an. Hier ist es wichtig, regelmäßig mit dem Arzt über den Erfolg oder Nicht-Erfolg der Therapie zu sprechen, um zeitgerecht auf ein anderes Präparat zu wechseln. Die Krankenkasse übernimmt in der Regel die Kosten für das Medikament, es ist nur eine Rezeptgebühr zu entrichten.
Welche Nebenwirkungen können bei Antidepressiva auftreten?
Antidepressiva können neben den erwünschten auch unerwünschte Wirkungen auslösen. Manche dieser Symptome können Zeichen einer Depression sein, aber auch Nebenwirkungen von Antidepressiva. Symptome können auch nur für kurze Dauer auftreten. Dennoch sollten Patientinnen und Patienten, die diese Symptome bei sich feststellen, ihre Ärztin beziehungsweise ihren Arzt darüber informieren. Es gibt Möglichkeiten, diese Nebenwirkungen zu reduzieren. Risiken und Nutzen einer solchen Behandlung sollten gemeinsam mit dem Arzt abgewogen werden.
Folgende Nebenwirkungen können - meist zu Beginn der Therapie - auftreten, diese Beschwerden nehmen aber mit Fortschreiten der Behandlung deutlich ab:
- Durchfall, Verstopfung, Übelkeit
- Müdigkeit
- Gewichtszunahme
- Unruhe
- Schweißausbrüche
Wirkstoffe in Antidepressiva, die heutzutage eingesetzt werden, machen nicht abhängig. Dennoch sollten sie nicht abrupt, sondern langsam abgesetzt werden.
Gibt es Wechselwirkungen mit Antidepressiva?
Je nach Art liegen unterschiedliche Wechselwirkungen vor.
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- MAO-Hemmer (z.B. Moclobemid, Selegilin), können zu einem s.g. Serotoninsyndrom führen.
- Achtung: Tyraminhaltige Lebensmitteln verstärken die unerwünschten Wirkungen der MAO-Hemmer.
- Mao-Hemmer sollen nicht gleichzeitig verwendet werden.
Die Kombination mit anderen Medikamenten, die den Serotonin-Haushalt beeinflussen, sollte vermieden werden.
Fünf häufig verschriebene Antidepressiva
Hier können Sie sich einen ersten Überblick über fünf der am häufigsten verschriebenen Antidepressiva Medikamente verschaffen:
1. Cipralex
- Wirkstoff: Escitalopram
- Wirkung: Cipralex ist ein sogenannter Seratonin-Wiederaufnahme-Hemmer. Es hebt den Serotonin-Spiegel im Gehirn, indem es seine Wiederaufnahme in den Synapsen hemmt.
- Nebenwirkungen: Häufigste Nebenwirkung ist Übelkeit. Bei einer hohen Dosis können Herzrhythmus-Störungen auftreten. Ebenfalls mögliche Nebenwirkungen sind: Durchfall und Erbrechen, Schlaflosigkeit, Schläfrigkeit oder Schwindel, vermehrtes Schwitzen, Appetitlosigkeit, Müdigkeit, Fieber, Libido- oder Orgasmus- sowie Ejakulation- oder Potenzstörungen.
- Wechselwirkungen: Wechselwirkungen können mit verschiedenen anderen Antidepressiva, Medikamenten oder serotonergenen Stoffen wie Lithium, Tryptophan, Johanniskraut und oralen Antikoagulantien sowie dem Antibiotikum Linezolid auftreten.
2. Trittico
- Wirkstoff: Tradozon
- Wirkung: Trittico ist ein Antidepressivum und hat eine natürliche beruhigende und schlaffördernde Wirkung. Ähnlich wie Cipralex hebt es den Serotonin-Spiegel im Gehirn. Außerdem hemmt es die Funktionen bestimmter Rezeptoren, die für Schlaflosigkeit, Angst, psychomotorische Unruhe sowie Störungen der Sexualfunktion verantwortlich sind.
- Nebenwirkungen: Übelkeit und Durchfall, Gewichtsverlust, schneller oder langsamer Puls, tiefer Blutdruck, Hitzewallungen oder Hautausschläge. Seltener sind: Zentrale Störungen wie Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit, beeinträchtigte Konzentrationsfähigkeit, Zittern, Krampfanfälle, Verwirrung, Schläfrigkeit, Schwächegefühl und Benommenheit.
- Wechselwirkungen: Wie Cipralex kann auch Trittico als eines der rezeptpflichtigen Antidepressiva Medikamente in Kombination mit entsprechenden Stoffen ein Serotonin-Syndrom auslösen. Außerdem kann es die dämpfende Wirkung von Alkohol und ähnlichen Stoffen drastisch verstärken und sollte deshalb nicht mit diesen kombiniert werden.
3. Fluctine
- Wirkstoff: Fluoxetin
- Wirkung: Fluctine gehört zur Gruppe der SSRI und wird auch bei Essstörungen begleitend zu einer Psychotherapie verschrieben.
- Nebenwirkungen: Zu den häufigsten Nebenwirkungen dieses Antidepressivums gehören Übelkeit, Schlaflosigkeit, Müdigkeit, Appetitlosigkeit, Angst, Nervosität, Kraftlosigkeit und Zittern.
- Wechselwirkungen: Fluctine kann ebenfalls, wie die anderen Antidepressiva Medikamente, zu einem Serotonin-Syndrom beitragen.
4. Sertralin
- Wirkstoff: Sertralin
- Wirkung: Sertralin hebt den Serotonin-Spiegel ebenfalls und wird auch bei Panikstörungen und Phobien verschrieben.
- Nebenwirkungen: Sertralin kann unter anderem Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, Schlaflosigkeit und sexuelle Dysfunktion verursachen.
- Wechselwirkungen: Die Kombination mit anderen Medikamenten, die den Serotonin-Haushalt beeinflussen, sollte auch hier vermieden werden. Außerdem kann Sertralin die Wirkung von Pimozid (Orap) verstärken.
5. Mirtabene
- Wirkstoff: Mirtazapin
- Wirkung: Mirtazapin steigert die Produktion von Noradrenalin und Serotonin. Es wirkt jedenfalls nicht nur antidepressiv, sondern auch beruhigend.
- Nebenwirkungen: Am häufigsten treten Müdigkeit und Appetitsteigerung auf. Auch erhöhte Cholesterinwerte und das sogenannte Restless-Legs-Syndrom können als Nebenwirkung entwickelt werden.
- Wechselwirkungen: Mirtazapin kann die dämpfende Wirkung von Alkohol und anderen Beruhigungsmitteln verstärken, es sollte deshalb nicht mit diesen kombiniert werden.
Weitere Behandlungsmethoden
Bei der Behandlung einer Depression können auch Ergotherapie oder Musiktherapie zum Einsatz kommen. Es gibt unterschiedliche Methoden der Psychotherapie. Eine Psychotherapie kann einzeln, in der Gruppe oder auch als Paartherapie erfolgen.
Elektrokonvulsionstherapie (EKT): Bei der Elektrokonvulsionstherapie, kurz EKT oder auch Elektrokrampftherapie genannt, erfolgt in einer Kurznarkose eine Verabreichung von Stromimpulsen über Elektroden an der Kopfhaut. Dies führt zu einem Krampfanfall.
Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS): Bei der repetitiven Transkraniellen Magnetstimulation (rTMS) wird eine Spule an die Kopfhaut angelegt. Diese erzeugt elektromagnetische Impulse, die wiederholt verabreicht werden. Dafür ist keine Betäubung bzw. Narkose notwendig.
Was kann ich selbst tun?
Sprechen Sie über Ihre Ängste, Sie werden sehen, Sie sind nicht allein. Gespräche mit anderen können unterstützend wirken. Gehen Sie regelmäßig zu Ihren ärztlichen Kontrollen. Lassen Sie mal die Seele baumeln, indem Sie z.B. Entspannungsübungen können helfen. Auch ohne Behandlung kann eine Depression nach einiger Zeit wieder abklingen. Ein strukturierter Tagesablauf unterstützt im Alltag.
Unterstützung für Angehörige
Auch für Angehörige kann es sehr schwer sein, wenn ein nahestehender Mensch an einer Depression erkrankt. Depressionen eines Elternteils können etwa Auswirkungen auf die Entwicklung von Kindern haben. Es kann z.B. zu einer verlangsamten Entwicklung, Verhaltensauffälligkeiten oder Problemen in der Schule kommen.
Tabelle: Übersicht über Antidepressiva
Name | Wirkstoff | Wirkung | Häufige Nebenwirkungen | Wichtige Wechselwirkungen |
---|---|---|---|---|
Cipralex | Escitalopram | SSRI (Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer) | Übelkeit, Schlafstörungen, sexuelle Dysfunktion | Andere Antidepressiva, Lithium, Johanniskraut |
Trittico | Trazodon | Serotonin-Modulator, schlaffördernd | Übelkeit, Schwindel, niedriger Blutdruck | Alkohol, andere dämpfende Substanzen |
Fluctine | Fluoxetin | SSRI | Übelkeit, Schlaflosigkeit, Angst | Andere Antidepressiva, MAO-Hemmer |
Sertralin | Sertralin | SSRI | Übelkeit, Durchfall, Kopfschmerzen, sexuelle Dysfunktion | Pimozid, andere serotonerge Medikamente |
Mirtabene | Mirtazapin | Alpha-2-Antagonist, erhöht Noradrenalin und Serotonin | Müdigkeit, Appetitsteigerung, Gewichtszunahme | Alkohol, Beruhigungsmittel |
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