Wie erkenne ich ADHS bei mir selbst?

Viele Erwachsene erkennen erst dann, wenn ihre Kinder diagnostiziert wurden, dass auch sie unter entsprechenden Symptomen leiden. Leicht ablenkbar, ruhelos und ein bisschen chaotisch? Für manche Erwachsene sind solche kleinen Schwächen schon ein Hinweis auf eine mögliche Diagnose: ADHS (Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung).

Was ist ADHS?

ADHS steht für Aufmerksamkeitsdefizit-/Hyperaktivitätsstörung, wobei der Name nicht ganz widerspiegelt, worum es sich dabei genau handelt. Aufmerksamkeitsdefizit kling erstmal sehr dramatisch, es geht dabei jedoch nicht darum, dass man nicht genug Aufmerksamkeit hat, sondern diese zum Großteil sehr verstreut ist und man sie nicht so einfach auf die gewünschten Aufgaben lenken kann.

ADHS als Neurodiversität

Inzwischen weiß man, dass Erwachsene häufig noch davon betroffen sind. Und ADHS wird auch zunehmend nicht als Krankheit, sondern als Neurodiversität eingeordnet - als hirnfunktionale Besonderheit. Die meisten Erwachsenen mit ADHS haben gelernt, diese Besonderheiten zu kompensieren - oder sogar für sich zu nutzen. Denn auch das weiß man inzwischen: ADHS bietet offenbar nicht nur Nachteile, sondern kann durchaus auch Stärken mit sich bringen. Menschen mit ADHS gelten beispielsweise als geistig sehr flexibel, kreativ und hochfokussiert, wenn sie für etwas Begeisterung entwickeln.

Symptome von ADHS

Typische Symptome für ADHS sind eine Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche, eine ausgeprägte Impulsivität und extreme Unruhe (Hyperaktivität). Es treten auch nicht immer alle Anzeichen bei einem Patienten auf. Insgesamt gibt es drei Untergruppen von ADHS:

  • vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ: "Zappelphilipp"
  • vorwiegend aufmerksamkeitsgestörter Typ: "Hans-guck-in-die-Luft" oder "Träumsuse" (Aufmerksamkeits-Defizit-Typ, ADS)
  • Mischtyp: aufmerksamkeitsgestört und hyperaktiv

Bei Erwachsenen steht meistens die Unaufmerksamkeit im Vordergrund (das wäre eine ADHS vom primär unaufmerksamen Typ), aber es gibt auch eine ADHS vom primär hyperaktiv/impulsiven Typ sowie Mischformen. Die Hyperaktivität kann sich z.B. über starken Bewegungsdrang, Nägelkauen, oder ständiges Wippen mit dem Fuß äußern.

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Ein weiteres charakteristisches Merkmal von ADHS ist eine eingeschränkte Impulskontrolle, die sich oft dadurch äußert, dass man ohne voriges Nachdenken handelt oder spricht. Vor allem im sozialen Bereich kann dies aufgrund von Gesprächsunterbrechungen, verbalen Entgleisungen oder Fehlkommunikationen zu Problemen führen.

Ein Mensch mit ADHS wird sich wahrscheinlich zu keiner Zeit so richtig »ruhig« fühlen können. Loslassen, abschalten, herunterkommen und sich fallenlassen sind für manch einen Betroffenen wohl so etwas wie »Fremdworte«!

Weitere Symptome und Merkmale

  • Konzentrationsstörungen
  • Konzentrationsschwäche
  • Verhaltensstörungen
  • Wahrnehmungsstörungen
  • Probleme mit der Grobmotorik sowie der Feinmotorik
  • Hyperaktivität
  • Fehlende Impulskontrolle
  • Schlechte Körperkoordination
  • Ungeschicklichkeit
  • Schulprobleme, Lernprobleme

Diagnose von ADHS

Die Diagnose ist mit einigem Aufwand verbunden und dafür sind ausführliche Gespräche mit den Ratsuchenden nötig. Dabei sollten möglichst auch Informationen aus der früheren Schulzeit berücksichtigt werden. Auch Gespräche mit den Eltern helfen, sich an auffälliges Verhalten in der Kindheit zu erinnern.

Für die Diagnose ADHS müssen in Österreich bestimmte Kriterien vorliegen. Diese orientieren sich an den Kriterien der Internationalen Klassifikation der Krankheiten (ICD). Dort wird auch genau beschrieben, wie sich Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität äußern können.

Welche Kriterien müssen vorliegen, um die Diagnose ADHS zu stellen?

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  • diese Anzeichen sind bereits vor dem siebten Geburtstag aufgetreten.
  • das Verhalten wird in mehr als einer Umgebung beobachtet
  • der Alltag ist durch das Verhalten stark beeinträchtigt
  • andere psychische Erkrankungen sind keine Ursache für das auffällige Verhalten.

Andere Ursachen für die Symptome müssen ausgeschlossen werden (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, Schlafstörungen, Seh- oder Hörschwierigkeiten, andere psychische oder neurologische Erkrankungen). Zudem wird abgeklärt, ob Krankheiten vorliegen.

Selbsttest

Die Fragen des Selbsttests beziehen sich auf typische Merkmale von Aufmerksamkeitsstörungen bzw. ADHS. Bitte beachte, dass dieser Selbsttest keinen diagnostischen Wert hat und eine individuelle klinisch-psychologische Diagnostik nicht ersetzen kann. Der Selbsttest ist lediglich ein Screening und soll Dir bei der Entscheidung helfen, ob Du eine individuelle Diagnostik in Anspruch nehmen möchtest.

Behandlung von ADHS

Die Therapie von ADHS besteht aus mehreren Säulen, die einander ergänzen. Gemeinsam mit der Ärztin/dem Arzt entscheiden die Betroffenen, welche Therapiemöglichkeiten infrage kommen. Es kann sein, dass der Behandlungsbedarf nicht so groß ist oder dass doch eine umfassendere Therapie notwendig ist.

Mögliche Therapien

  • Aufklärung über die Erkrankung
  • Elternschulung/Elterncoachings
  • intensive Zusammenarbeit mit der Schule
  • Medikamente
  • Psychotherapie

Der Einsatz von Medikamenten wird genau abgewogen und ist nur bei deutlicher Beeinträchtigung und Leidensdruck empfohlen. Das am häufigsten verwendete Medikament bei ADHS ist der Wirkstoff Methylphenidat. Tritt keine erwünschte Wirkung ein, kann auch eine Behandlung mit den Wirkstoffen Atomoxetin, Guanfacin oder Lisdexamfetamin eine Alternative sein.

Eine wichtige Maßnahme ist die Aufklärung über ADHS von Eltern, Familie und Betreuungspersonen aus dem sozialen Umfeld (etwa Kindergarten oder Schule). Die Aufklärung über die Erkrankung wird Psychoedukation genannt und erfolgt z.B. in Form von Elternschulungen. Bei einer Elternschulung erfahren die Eltern mehr über ADHS (was es ist, wie es auf den Körper wirkt etc.) und den Umgang damit. Zum Beispiel welche Verhaltensweisen man beeinflussen kann, welche das Kind ändern kann und welche nicht.

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Unterstützende Maßnahmen

  • Erinnerungshilfen einsetzen
  • Routinen festlegen
  • Gegenstände immer am gleichen Ort hinlegen, feste Abläufe in der Früh oder am Abend

Wo kann man sich Hilfe suchen?

Sollten Sie den Verdacht haben, dass Ihr Kind an ADHS leidet, wenden Sie sich an eine Kinderpsychiaterin/einen Kinderpsychiater bzw. eine Kinderärztin/einen Kinderarzt mit Spezialisierung auf Psychosomatik oder eine der spezialisierten ADHS-Ambulanzen. Diese/dieser leitet dann weitere notwendige Untersuchungen bzw.

Tabelle: ADHS-Typen und ihre Symptome

ADHS-Typ Hauptsymptome
Vorwiegend unaufmerksamer Typ (ADHS-I) Konzentrationsprobleme, leichtes Ablenken, Schwierigkeiten Aufgaben zu organisieren, Vergesslichkeit
Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ (ADHS-H) Ständiger Bewegungsdrang, Schwierigkeiten still zu sitzen, spontanes Handeln, Unterbrechung anderer
Kombinierter Typ (ADHS-C) Probleme mit Aufmerksamkeit und Konzentration, impulsives Verhalten, Unruhe, Schwierigkeiten Aufgaben zu beenden

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