ADHS-Symptome bei Mädchen im Alter von 5 Jahren

ADHS ist die Abkürzung für den Begriff Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung und ist wohl die häufigste psychiatrische Störung im Kindes- und Jugendalter.

Was ist ADHS?

Die Aufmerksamkeitsdefizit-/ Hyperaktivitätsstörung (ADHS) ist eine der häufigsten psychischen Erkrankungen im Kindes- und Jugendalter. ADHS ist eine psychische Erkrankung, von der man spricht, wenn ein Kind besonders unaufmerksam, impulsiv oder „hyperaktiv“ ist. Mit unaufmerksam ist gemeint, dass es sich nur schlecht konzentrieren kann und leicht ablenken lässt.

Verhält sich ein Kind für sein Alter sehr unbedacht, leichtfertig oder auch ungeduldig und unachtsam, wird es als übermäßig impulsiv bezeichnet. Eine ausgeprägte ADHS kann das Leben und den Alltag des Kindes, aber auch seiner Eltern und Geschwister enorm beeinträchtigen: Da sich Kinder mit ADHS anders verhalten, als von ihnen erwartet wird, ecken sie oft an. Sie benötigen viel Aufmerksamkeit. Durch die Konzentrationsschwäche fällt ihnen das Lernen schwer. Manche Kinder haben auch ein auffälliges Sozialverhalten, Ängste oder Depressionen.

Klassifikation von ADHS

Die Klassifikation von ADHS nach der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ist in einem Manual verzeichnet (International Classification of Diseases, ICD-10 genannt). Laut ICD-10 ist die hyperkinetische Störung charakterisiert durch einen frühen Beginn, sowie durch die Kombination von hoher Ablenkbarkeit bzw. dem Mangel an Ausdauer bei Aufgabenstellungen, wenig angepasstem, überaktivem Verhalten, durch die mangelnde Fähigkeit Reaktionen zurückzuhalten sowie durch das häufige Wechseln von Tätigkeiten.

In der Diagnostik wird sie in drei Bereiche, die Beeinträchtigungen zeigen müssen, eingeteilt: Aufmerksamkeitsstörung, hyperaktives und impulsives Verhalten. Die Symptomatik muss vor dem siebten Lebensjahr auftreten und zum Zeitpunkt der Diagnose müssen die Symptome seit mindestens sechs Monaten bestehen, ein unangemessenes Ausmaß annehmen und sie dürfen mit dem Entwicklungsstand des Kindes nicht vereinbar sein. Weiter wird verlangt, dass die Symptome situationsübergreifend beobachtbar sind.

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Wie sich ADHS bei Mädchen äußert

Mädchen mit Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung (ADHS) erhalten meist später die Diagnose ADHS. „Bei ihnen sind körperliche Aggressionen sowie das „Zappeln“ nicht so ausgeprägt wie bei Jungen. Innere Unruhe, andauerndes Reden, verbale Aggressionen wie Beschimpfungen sowie starke emotionale Schwankungen treten hingegen bei ihnen mehr in den Vordergrund. Diese fallen weniger ins Auge als die typischen Verhaltensstörungen bei Jungen mit ADHS.

Betroffene Mädchen mit ADHS tendieren dazu, Hausaufgaben oder andere Termine zu vergessen, neigen zu Flüchtigkeitsfehlern, verlegen oder verlieren leichter Gegenstände, können sich schlecht selbst organisieren. Mädchen mit ADHS richten ihren Schmerz und ihre Wut mehr nach innen. Betroffene Mädchen haben im Vergleich zu Jungen ein erhöhtes Risiko, unter psychischen Problemen wie Depressionen, Angsterkrankungen, selbstverletzendem Verhalten (z. B. Ritzen) und Essstörungen zu leiden. Mitunter sind es die begleitenden Erkrankungen bei Mädchen, die noch vor ADHS erkannt werden.

Häufigkeit von ADHS

In etwa 7% der Kinder zeigen nach den neueren Studien eine Aufmerksamkeits- und Hyperaktivitätsstörung. Bis auf wenige Ausnahmen gibt es keinen Unterschied in verschiedenen Ländern. Jungen sind deutlich häufiger von ADHS betroffen als Mädchen. Schätzungen des Jungen-Mädchen-Verhältnisses reichen von 6:1 bis 9:1. Der Unterschied kommt wahrscheinlich dadurch zustande, dass Mädchen weniger oppositionelles Trotzverhalten, Aggressivität oder Störungen des Sozialverhaltens zeigen und dadurch seltener zur psychologischen Diagnostik überwiesen werden.

Weltweit sind etwa 5,3% der Kinder- und Jugendlichen von ADHS betroffen. Bei Kindern mit ADHS werden häufig auch andere (psychische) Störungen diagnostiziert. Mehrfachdiagnosen bilden eher die Regel als die Ausnahme. Im Rahmen einer Studie, an der 579 ADHS-Kinder teilnahmen, wurden bei 69% der Kinder zusätzliche Störungen diagnostiziert.

Ursachen von ADHS

Recht unterschiedlich und oft heftig von Vertretern der einzelnen Standpunkte diskutiert geht man mittlerweile von einem Geschehen aus, das von organischen, psychologischen und sozialen Einflüssen gemeinsam geprägt ist.

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  1. Pränatale Einflüsse: Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen, erniedrigtes Geburtsgewicht, toxische Expositionen durch Nikotin oder Alkohol sowie ungünstige psychosoziale Bedingungen während der Schwangerschaft sind Risikofaktoren für die Entwicklung von ADHS.
  2. Ernährung: Haben Nahrungsmittel Auswirkungen auf die ADHS-Symptomatik bzw. wirkt eine Ernährungsumstellung positiv? Untersucht wurden vor allem die Einflüsse von allergieauslösenden Nahrungsmitteln auf die ADHS-Symptomatik - von Zucker, Vitaminen, Spurenelementen, essentiellen Fettsäuren und Kräutern.
  3. Psychosoziale Faktoren: Psychosoziale Faktoren, wie ungünstige familiäre Bedingungen und negative Interaktionsmuster, beeinflussen das Verhalten des hyperaktiven Kindes. Familiäre Faktoren haben einen Einfluss auf die Stärke, die Dauer und auf mögliche Sekundärfolgen von ADHS.
  4. Neurobiologie: Störungen im Dopaminsystem sowie des noradrenergen Systems und die damit verbundene Beeinträchtigung von neuronalen Strukturen werden als einer der grundlegenden Ursachen des ADHS-Syndroms gesehen.

Weitere Faktoren

Man geht von einer multifaktoriellen Genese aus, wobei genetische Faktoren eine bedeutende Rolle spielen. Zu den als nicht genetischen Einflussgrößen diskutierten Faktoren zählen Schwangerschafts- und Geburtskomplikationen (Eklampsie, verringertes Geburtsgewicht, höheres Alter der Mutter, fetaler Stress, Frühgeburtlichkeit) sowie Nikotin- und Drogenkonsum während der Schwangerschaft. ADHS tritt familiär gehäuft auf. Verwandte ersten Grades haben ein doppelt bis achtfach erhöhtes Risiko, ebenfalls ADHS zu entwickeln. Frühgeburtlichkeit erhöht das Risiko, ADHS zu entwickeln. Substanzkonsum in der Schwangerschaft (wie Alkohol, Nikotin) kann neben anderen gravierenden Gesundheitsfolgen auch die Entwicklung von ADHS beim Kind begünstigen.

Auf neurobiologischer Ebene wird die ADHS als ein heterogenes Störungsbild mit Dysfunktionen in Regelkreisen zwischen präfrontalem Kortex, parieto-occipitalem Kortex, Basalganglien und Vermis cerebelli auf dem Boden einer Neurotransmitterfunktionsstörung im dopaminergen System gesehen, wobei das noradrenerge und das serotoninerge System ebenfalls betroffen sind.

Diagnose von ADHS

Die Diagnostik von ADHS hat vorrangig das Ziel, das Vorliegen sowie die Ausprägungen einer möglichen ADHS-Symptomatik anhand internationalen Kriterien (ICD-10 der WHO) auszuschließen oder zu bestätigen. Bei einer ADHS-Diagnose handelt es sich nicht um eine rasche "Blickdiagnose", sondern um einen längeren Prozess, in dem klinisch und wissenschaftlich fundierte Untersuchungsmethoden anzuwenden sind. Aus dieser Diagnose ergeben sich im weiteren Verlauf direkte Konsequenzen bzw. Ansatzpunkte für den Behandlungsplan des Kindes. Da es verschiedene Typen und Ausprägungen des Syndroms gibt, bedeutet dies in der Praxis, dass auch PatientInnen ohne stark auffallendes hyperaktives Verhalten (wie z.B. Mädchen) von ADHS betroffen sein können.

Aus der Exploration und Anamneseerhebung mit den Eltern, dem Kind und möglicherweise den Lehrer/innen ergeben sich Hypothesen zu Störungsbildern, die zur weiteren Planung der Diagnostik genutzt werden. Auch Erwartungshaltungen und Ziele der Beteiligten sind von Interesse. Testpsychologische Verfahren geben Aufschluss über verschiedene Leistungsbereiche des Kindes (z.B. Konzentration, Intelligenz, Wahrnehmung, Impulskontrolle) und decken individuelle Schwierigkeiten auf. Mit standardisierten Fragebögen werden wissenschaftlich gesichert Informationen und Symptome des Kindes erhoben, die den Eltern und nach Bedarf den Lehrer/innen zur Fremdeinschätzung sowie je nach Alter dem Kind zur Selbstbeurteilung vorgelegt werden.

Wie eine Diagnose abläuft

  1. Eine Erhebung der Krankengeschichte sowie ein ausführliches Gespräch stehen am Beginn der Diagnosestellung.
  2. Die Ärztin/der Arzt führt zudem eine körperliche Untersuchung durch. Andere Ursachen für die Symptome müssen ausgeschlossen werden (z.B. Schilddrüsenüberfunktion, Schlafstörungen, Seh- oder Hörschwierigkeiten, andere psychische oder neurologische Erkrankungen). Zudem wird abgeklärt, ob Krankheiten vorliegen.
  3. Zur Diagnosestellung kann auch eine klinisch-psychologische Diagnostik ergänzend hilfreich sein. Dabei werden Tests durchgeführt bzw. Fragebögen ausgefüllt.
  4. Eine Einbeziehung in die Diagnostik vom weiteren sozialen Umfeld von Kindern (z.B. aus der Schule) kann hilfreich sein. Dies dient dazu, das Verhalten aus Schule oder Kindergarten beurteilen zu können.

Therapie von ADHS

Kombinationen aus eltern- und kindzentrierten Interventionsformen, individuell an die Schwierigkeiten des Kindes bzw. der Familie angepasst, sind bei der Behandlung von ADHS laut bisheriger Studien wirksamer als die Anwendung von Einzelmethoden. Der Grund hierfür liegt in der Unterschiedlichkeit der Störungen: Oft gibt es zusätzliche Störungen zum ADHS, die familiären Belastungen sind unterschiedlich oder die verschiedenartigen Behandlungsmöglichkeiten werden unterschiedlich akzeptiert. Interventionen in denen mit dem ADHS-Kind gearbeitet wird, umfassen Spiel-, Konzentrations-, Selbstinstruktions- und Entspannungstrainings, Trainings zur Verringerung der Impulsivität und zur Kontrolle des Ärgers, die Vermittlung von Selbstmanagement- und Problemlösestrategien sowie die Erhöhung der sozialen Kompetenz. Damit soll das Lern- und Sozialverhalten der ADHS-Kinder verbessert werden. Wichtig in der Behandlung sind die alltagsnahe Gestaltung und die individuelle Anpassung des Trainingsprogramms an die Fähigkeiten und Schwierigkeiten der Kinder. Psychologische Hausübungen sollen die Generalisierung auf andere Situationen bzw. Aufgaben gewährleisteten.

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Behandlungsmethoden

  1. Aufklärung über ADHS von Eltern, Familie und Betreuungspersonen aus dem sozialen Umfeld (etwa Kindergarten oder Schule). Die Aufklärung über die Erkrankung wird Psychoedukation genannt und erfolgt z.B. in Form von Elternschulungen.
  2. Zusammenarbeit zwischen Eltern, Kindern, den behandelnden Personen und dem Kindergarten bzw. der Schule hilfreich. So können zum Beispiel Lernbedingungen angepasst werden (z.B. Übungen im Unterricht). Klare Botschaften und Regeln, eine gut geplante Tagesstruktur, das Vermeiden von Überforderung oder immer wieder mal ein gerechtfertigtes Lob sind zudem hilfreich.
  3. Psychotherapeutische Behandlung von Schulkindern mit ADHS wird unter anderem mittels verhaltenstherapeutischen Maßnahmen gelernt, die Gefühle besser zu regulieren oder Probleme zu lösen. Das schulische sowie soziale Umfeld wird mit einbezogen. In einer Gruppentherapie können Jugendliche z.B. auch ihre sozialen Fähigkeiten in Kontakt mit Gleichaltrigen verbessern.
  4. Medikamente kommen bei ADHS ab dem Alter von sechs Jahren zum Einsatz. Das am häufigsten verwendete Medikament bei ADHS ist der Wirkstoff Methylphenidat. Tritt keine erwünschte Wirkung ein, kann auch eine Behandlung mit den Wirkstoffen Atomoxetin, Guanfacin oder Lisdexamfetamin eine Alternative sein.

Bei ausgeprägter Symptomatik kann eine medikamentöse Behandlung sinnvoll sein, um die Entwicklung des Kindes zu fördern bzw. um dem Kind zu helfen. Diese Entscheidung trifft nach Absprache mit den Eltern der zuständige Facharzt (Psychiater, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie oder für Kinder- und Jugendheilkunde). Die Wirksamkeit der medikamentösen Behandlung von ADHS ist prinzipiell gut belegt und fundiert. Eingesetzt werden vor allem zentralnervös aktivierende Psychopharmaka mit dem Wirkstoff Methylphenidat (Handelsname: Ritalin® oder Concerta®) und Antidepressiva mit dem Wirkstoff Atomoxetin (Handelsname: Strattera®), aber auch zentralnervös dämpfende Substanzen wie Neuroleptika (Handelsname: Rispatal®) werden gelegentlich verabreicht (wenn das Kind starke Aggressionen zeigt).

Weitere Unterstützungsangebote

Mithilfe einer Ergotherapeutin/eines Ergotherapeuten werden etwa Fähigkeiten in Bezug auf Bewegung, Ausführung von Alltagstätigkeiten oder sozialem Austausch verbessert, das Selbstbewusstsein wird gestärkt. Es gibt Hinweise, dass Ausdauersport bei ADHS hilfreich ist. Allerdings ist dies wissenschaftlich noch nicht ausreichend überprüft. Eltern und Kinder empfinden Sport jedoch oft als hilfreich.

Der Alltag mit ADHS kann sehr herausfordernd für die ganze Familie sein. Oft kommt es zu Konflikten in der Schule, zu Streit mit anderen Kindern oder Angehörigen. Für Geschwister ist es auch nicht leicht. Und natürlich leiden die betroffenen Kinder und Jugendlichen selbst an ihrem Verhalten und den Folgen im sozialen Umfeld. Sie finden zum Beispiel schwieriger Freundinnen und Freunde. Im Familienalltag helfen meist klare Regeln und Routinen. Ein Austausch in einer Selbsthilfegruppe für Eltern ist oft hilfreich. Sich immer wieder bewusst zu machen, dass das Kind nicht mit Absicht so handelt, ist ebenso unterstützend.

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