Kinder, die nervös sind und überaktiv durchs Leben hetzen, die sich nicht konzentrieren können, die extrem ungeschickt und aggressiv sind, gibt es scheinbar immer häufiger. Doch die erste Beschreibung des Problems ist über 100 Jahre alt; die Symptome sind also schon lange bekannt. Die Darstellung des Krankheitsbildes als "Zappelphilipp" im "Struwwelpeter" ist kulturelles Allgemeingut geworden.
ADHS steht für Aufmerksamkeits-Defizit-Hyperaktivitäts-Störung und ist eine der häufigsten psychischen Störungen in der Kindheit. Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität sind ihre Hauptmerkmale. In vielen Fällen bleibt ADHS lebenslang bestehen. Ihre Häufigkeit bei Kindern und Jugendlichen liegt weltweit bei etwa fünf Prozent.
ADHS-Typen und Symptome
Die Symptome von ADHS können unterschiedlich stark ausgeprägt sein. Es treten auch nicht immer alle Anzeichen bei einem Patienten auf. Insgesamt gibt es drei Untergruppen von ADHS:
- Vorwiegend hyperaktiv-impulsiver Typ: "Zappelphilipp"
- Vorwiegend aufmerksamkeitsgestörter Typ: "Hans-guck-in-die-Luft" oder "Träumsuse" (Aufmerksamkeits-Defizit-Typ, ADS)
- Mischtyp: aufmerksamkeitsgestört und hyperaktiv
Typische Symptome für ADHS sind eine Aufmerksamkeits- und Konzentrationsschwäche, eine ausgeprägte Impulsivität und extreme Unruhe (Hyperaktivität).
Nähe-Distanz-Problematik bei ADHS
In extremen Fällen von ADHS kann ein Distanz-Nähe-Problem aufkommen. Das bedeutet, dass Betroffene keine angemessene Balance zwischen Distanz und Nähe zu ihrem Umfeld herstellen können. Entweder die Betroffenen sind übermäßig distanziert, ziehen sich zurück, reden oft laut und in Gedankensprüngen. Oder sie suchen beziehungsweise empfinden eine übergroße Nähe. Beispielsweise sind sie extrem mitfühlend oder hören etwa bei einem für sie spannenden Vortrag so konzentriert und fokussiert zu, dass sie alles andere um sich herum vergessen.
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Dementsprechend können Betroffene auf Außenstehende entweder gefühlskalt oder übermäßig sensibel wirken.
ADHS-Symptome nach Altersgruppen
ADHS gilt als angeborene Störung, die sich schon vor dem sechsten Lebensjahr bemerkbar macht. Oft bleibt sie ein Leben lang bestehen. Die ADHS-Symptome äußern sich allerdings bei Säuglingen, Kleinkindern, Jugendlichen und Erwachsenen unterschiedlich.
Säuglinge
Eine sichere Diagnose von ADHS ist im Säuglingsalter noch nicht möglich. Forscher haben in Langzeitstudien allerdings einen Zusammenhang zwischen ADHS und sogenannten Regulationsstörungen (Schwierigkeiten bei der Nahrungsaufnahme und der Verdauung, Schlafprobleme) gefunden. Babys mit Regulationsstörung schreien oft und lang, schlafen schlecht und lassen sich manchmal nur schwer füttern. Sie sind zudem sehr unruhig und wirken oft schlecht gelaunt. Manche Säuglinge, die später im Leben ADHS entwickeln, lehnen Körperkontakte ab.
Ein solches Verhalten kann allerdings auch ganz andere Ursachen haben. Nur etwa ein Drittel der Babys, die solche Verhaltensweisen zeigen, erhält später die Diagnose ADHS.
Kleinkindalter
Auch bei Kleinkindern ist ADHS nur schwer zu erkennen. Ein ADHS-Kleinkind schreit in der Regel sehr viel, hat keine Lust zu spielen und nur eine geringe Fähigkeit zur Aufmerksamkeit. Typische ADHS-Symptome sind in diesem Alter ausgeprägte motorische Unruhe und Rastlosigkeit.
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Weitere Anzeichen:
- Soziale Probleme: Betroffene Kinder finden durch ihr störendes Verhalten nur schlecht Anschluss. Sie haben Probleme, sich mit anderen Kindern anzufreunden.
- Schlechte Konzentrationsfähigkeit: Kleinkinder mit ADHS haben große Schwierigkeiten, sich längere Zeit auf eine ruhige Aktivität zu konzentrieren. Nach kurzer Zeit wechseln sie von einem Spiel zum nächsten. Eine Folge ihres unberechenbaren Verhaltens können auch häufigere Unfälle sein.
- Ausgeprägte Trotzphase: Auch die Trotzphase verläuft bei ADHS-Kindern heftiger als bei anderen Kindern. Die Betroffenen platzen oft mitten in Gespräche hinein. Manche strapazieren auch die Geduld ihrer Eltern, indem sie ständig Geräusche produzieren.
- Auffälliger Spracherwerb: Der Spracherwerb bei Kleinkindern mit ADHS geschieht entweder auffallend früh oder aber verzögert.
- Mangelnde Bewegungskoordination: Der Umgang mit Bastelwerkzeugen ist für viele Kinder mit ADHS aufgrund ihrer mangelnden fein- und grobmotorischen Koordination schwierig.
Grundschulalter
Zu den häufigsten ADHS-Symptomen in diesem Alter zählen:
- geringe Frustrationstoleranz und Wutanfälle, wenn Dinge nicht nach dem eigenen Willen laufen
- unpassende Mimik und Gestik
- übermäßig vieles Sprechen und anderen ins Wort Fallen
- Ungeschicklichkeit und häufige Unfälle beim Spielen
- geringes Selbstbewusstsein
- kann sich schwer an Regeln halten (in der Schule gelten betroffene Kinder daher oft als "Nervensägen" und "Spielverderber")
- langsames und unsystematisches Aufgabenlösen
- schnell Ablenkbarkeit
- Lese-Rechtschreib- oder Rechenschwäche
- oft schlecht leserliche Schrift und chaotisches Ordnungsverhalten
Alle diese Symptome machen Grundschulkinder mit ADHS oft zu Außenseitern. Für die Lehrer sind ADHS-Anzeichen wie das Stören im Unterricht und die starke Ablenkbarkeit eine Herausforderung. Nicht jedes betroffene Kind zappelt ständig, aber alle Kinder mit dem ADHS-Syndrom fallen aus dem Rahmen.
Jugendalter
Jugendliche mit ADHS sind weiterhin unaufmerksam und entwickeln oft eine „Null-Bock-Mentalität“. Sie verweigern erforderliche Leistungen und flüchten sich in eine aggressive Anti-Haltung. Bis zu einem gewissen Grad sind solche Verhaltensweisen in der Pubertät zwar ohnehin nicht unüblich, bei ADHS sind diese jedoch deutlich ausgeprägter.
Darüber hinaus neigen Jugendliche mit ADHS zu risikoreichem Verhalten und fühlen sich häufig zu sozialen Randgruppen hingezogen. Oft spielen dabei Alkohol und Drogen eine Rolle. Viele leiden unter einem geringen Selbstbewusstsein, manche erleben starke Ängste und auch Depressionen.
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Es gibt aber auch Jugendliche, bei denen sich die Symptome verbessern - Unruhe und Impulsivität nehmen ab.
Erwachsenenalter
Die überschießende Motorik verliert sich ab der Pubertät meist. Hyperaktivität spielt bei ADHS im Erwachsenenalter also im Allgemeinen nur noch eine untergeordnete Rolle. Deshalb spricht man hier oft nur von ADS (Aufmerksamkeitsdefizit-Störung).
Im Vordergrund steht nun meist Schusseligkeit, Vergesslichkeit oder Unorganisiertheit. Auch Symptome wie impulsives Verhalten und unüberlegte Handlungen sind weiterhin vorhanden.
Problematisch ist, dass ADHS im Erwachsenenalter häufig nicht erkannt wird. Die Symptome bestehen dann schon so lange, dass sie als Teil der Persönlichkeit wahrgenommen werden.
Wird die Störung aber nicht behandelt, kann das für die Betroffenen gravierende Auswirkungen auf soziale Kontakte, berufliche Laufbahn und die Lebenszufriedenheit haben. Durch ihre Impulsivität und unüberlegtes Handeln gehen sie oft unnötige Risiken ein und schaden sich selbst.
Häufig entwickeln sich zusätzliche psychische Erkrankungen wie zum Beispiel Depressionen, Angststörungen, Substanzmissbrauch oder Suchterkrankungen.
Gelingt es ihnen, den ADHS-typischen Ideenreichtum zu steuern und zu nutzen, können Erwachsene mit ADHS im Leben aber auch ausgesprochen erfolgreich sein.
Ursachen von ADHS
Wie bei den meisten psychischen Störungen ist die ADHS nicht einer Ursache eindeutig zuordenbar. Da wir in der klinischen Psychologie immer von einem biopsychosozialen Modell ausgehen, gibt es auch unterschiedliche Bedingungen, die zur Entstehung einer ADHS beitragen können. Einerseits sind das genetische Einflüsse oder Komplikationen während Schwangerschaft oder Geburt, andererseits wirken sich schwierige Familienverhältnisse und wenig intrafamiliäre Struktur/Halt begünstigend auf die Entwicklung einer ADHS aus.
Fragt man darüber hinaus nach einer möglichen genetischen Veranlagung, so nehmen Fachleute bei ADHS eine zumindest genetisch mit bedingte neurobiologische Störung an. Betroffen sind vor allem die Stammganglien und das Frontalhirn. Diese Gehirnabschnitte sind für Aufmerksamkeit, Ausführung und Planung, Konzentration und Wahrnehmung verantwortlich. Für eine genetische Veranlagung liefert das häufig zu beobachtende gleichzeitige Auftreten der Erkrankung bei Geschwistern, Eltern oder anderen Verwandten.
Allerdings übt auch das Umfeld einen erheblichen Einfluss aus. Denn: Unser Gehirn ist wesentlich auf soziale Interaktion angelegt. Soziale Interaktion hat eine gehirnphysiologisch messbare Auswirkung auf die persönliche Entwicklung eines Menschen.
Diagnose von ADHS
Die Diagnose Hyperaktivität darf nur von Fachleuten gestellt werden. Selbst für erfahrene Ärzte ist das nicht einfach. Der zeitaufwendige Weg zur exakten Diagnose von ADHS wie jeder anderen Diagnose ist schwierig und mit hoher Verantwortung verbunden. Es ist wichtig, seinen Bezugspersonen durch eine Diagnose eine Hilfestellung und kein soziales Stigma anzutun.
Die Symptome von ADHS sind bei ADHS-Patienten unterschiedlich ausgeprägt. Und diese Leitsymptome müssen über einen Zeitraum von mindestens sechs Monaten beobachtet worden sein und mit Hilfe von Fragebögen erfasst werden. Darüber hinaus werden Schilderungen der Familiengeschichte, Beschreibungen der Entwicklung des Kindes sowie Fremdbeschreibungen von Kindergarten und Schule einbezogen. Ergänzend finden u.a. neuromotorische Untersuchungen, computergestützte Aufmerksamkeitstests und psychologische Tests statt.
Dieser Weg kann zu einem nervenaufreibenden und kräfteraubenden Spießrutenlauf werden, der das Klima im Familienverband sehr belastet. Schnell fühlt sich jemand schuldig. Das zu vermeiden halte ich für eine ganz wichtige Aufgabe der mit der Diagnose befassten Personen.
Besonders hochbegabte und aufgeweckte Kinder können einen hyperaktiven Eindruck machen, weil sie ständig in Bewegung sind. Das ist die Schwierigkeit jeder Diagnose und Behandlung: Es gibt kaum Eindeutigkeit. Jeder Mensch ist einzigartig und unverwechselbar. Jeder ist anders.
Darum möchte ich eindringlich warnen vor jeder „eindeutig interpretierbaren“ Diagnose. Das ist ein fataler Fehler, der dem Kind einen zentralen Aspekt seines Wesens vorenthält.
Therapiemöglichkeiten bei ADHS
Eine Aufmerksamkeitsdefizit- und Hyperaktivitätsstörung lässt sich durch unterschiedliche Zugänge behandeln. Ebenso kommt es häufig zur psychiatrischen Behandlung durch spezielle Medikamente, die den Fokus der Kinder schärfen und die Impulsivität hemmen. Die Sorge vieler Eltern, dass diese Medikamente abhängig machen und die Persönlichkeit ihres Kindes völlig verändert, sind unbegründet. Es ist hierbei wichtig, sich gut von einem oder einer Kinder- und Jugendpsychiater:in behandeln zu lassen.
Wie können Eltern unterstützen?
Neben einer professionellen diagnostischen Abklärung und Behandlung gibt es auch für Angehörige die Möglichkeit, ihre Kinder aktiv durch Ressourcenübungen zu unterstützen. Klare Regeln und Struktur innerhalb des Familienlebens geben betroffenen Kindern Halt und Sicherheit. Ebenso ist die Stärkung des Selbstwertes von Kindern mit ADHS sehr wichtig, da sie viel negatives Feedback von ihrem Umfeld bekommen.
Beispiele für Ressourcen-Übungen:
"Die Familienregeln"
Sie benötigen: ein Plakat, bunte Stifte, gemeinsame Zeit.
Nehmen Sie sich im Kreise der Familie ein paar Stunden gemeinsam Zeit, um Bedürfnisse und Wünsche der einzelnen Familienmitglieder zu besprechen. Jedes Familienmitglied bekommt individuell Zeit, sich darüber Gedanken zu machen, was es sich im gemeinsamen Alltag wünscht. Gemeinsam wird dann überlegt, wer welche Aufgaben übernehmen kann und welche Regeln notwendig sind, damit es zu möglichst wenigen Konflikten kommt. Die jeweiligen Aufgaben und Regeln werden dann gemeinsam auf ein Plakat geschrieben, das bunt und lustig gestaltet werden kann. In einem regelmäßigen „Familienrat“ kann die Einhaltung der jeweiligen Regeln besprochen und die Aufgaben angepasst oder verändert werden. Wichtig hierbei: Nicht nur die Kinder, auch die Erwachsenen haben Aufgaben, Regeln und Grenzen, an die sie sich halten sollen.
"Das Erfolgstagebuch"
Sie benötigen: Notizbüchlein, bunte Stifte.
Um diese Ressourcenübung durchzuführen, benötigen Sie ein Notizbüchlein. Verwenden Sie buntes Papier und binden Sie dieses mit Wollfäden oder einer Schnellheftklammer zu einem Büchlein. Lassen Sie Ihr Kind den Einband nach eigenen Wünschen gestalten. Nehmen Sie sich möglichst jeden Abend Zeit, mit Ihrem Kind gemeinsam den vergangenen Tag zu besprechen. Lassen Sie Ihr Kind von allen Ereignissen erzählen, die es beschäftigen. Versuchen Sie zusammen, den Fokus auf die schönen Erlebnisse und die Erfolge des Tages zu legen, auch wenn Ihr Kind zunächst meint, es hätte diese nicht gegeben. Fragen Sie geduldig nach, ohne Ihrem Kind die gewünschte Antwort in den Mund zu legen. Schreiben Sie nun das Datum des Tages in das Notizbüchlein und lassen Sie Ihr Kind das freudige Erlebnis oder Gefühl hineinschreiben. Sollte Ihr Kind noch nicht schreiben können, kann es auch eine Zeichnung anfertigen. Wichtig ist, dass es selbst das Büchlein füllt.
Ziel der Übung ist es, sich regelmäßig gemeinsame Zeit zu nehmen und dem Kind Raum zu bieten, zu erzählen. Ebenso werden positive Erlebnisse fokussiert und festgehalten. Das Glückstagebuch ist ein schönes Erinnerungsstück an gute Zeiten und kann immer wieder gemeinsam durchgesehen werden. Wenn von Kindern die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft nur negativ gesehen wird, kann es nützlich sein, derartige Denkmuster abzulegen.
Partnerschaftliche Aspekte und Tipps für Betroffene
Jede von ADHS betroffene Person empfindet eine andere Mischung seiner Symptome als Belastung und vor allem in Zusammenspiel mit anderen Personen als problematisch. Häufig wird hier die Regelgeleitetheit anderer Menschen genannt, vor allem das Einhalten gesellschaftlicher und somit ungeschriebener Gesetze stößt auf Unverständnis und Intoleranz bei ADHS Betroffenen. Auch häufige Kritik, Ungeduld und mangelndes Verständnis von Seiten der Partner und Partnerinnen führen zu Irritationen oder auch Kränkung der ADHS Betroffenen. Dass vor allem letzteres oft auf der Seite der Partner und Partnerinnen von ADHS Betroffenen vorkommt, sehen die wenigsten. Aus diesem Grund ist es für ADHS Betroffene, wie für jeden Menschen in einer Beziehung, wichtig, die Seite des Partners bzw. der Partnerin zu verstehen.
Für Partner von ADHS Betroffenen zählen oft die Unberechenbarkeit, Unzuverlässigkeit, mangelnde Kritikfähigkeit und Reizbarkeit zu den schwierigsten Symptomen der ADHS. Es ist häufig einfacher, die Symptome auch als solche anzusehen und nicht als persönliche Eigenschaften, die unveränderlich sind. Hierdurch können diese viel eher angenommen und nicht als persönliche Kritik verstanden werden. Dadurch dürfen die Symptome allerdings nicht zu bequemen Ausreden werden, sondern sollen den Status von Projekten erhalten, an denen man arbeitet.
Wie bei jeder Erkrankung und jeder Normvariante werden auch hier die Symptome als temporär unterschiedlich stark vorhandene Unannehmlichkeit gesehen und man kann gemeinsam überlegen, wie der Umgang mit ihnen am besten funktioniert. Auch sind Symptome in vielen Fällen beeinflussbar und durch die Betrachtung der Probleme als Symptome kann die Symptomlinderung als gemeinsames Projekt stattfinden.
Da manches selbst für informierte Partner und Partnerinnen schwer nachvollziehbar ist und Verständnis jede Situation besser macht, kann es helfen, über die eigenen Verhaltensweisen zu reflektieren und den Partner oder die Partnerin in diesen Prozess zu involvieren. Dabei ist vor allem wichtig, dass er oder sie erfährt, dass darüber nachgedacht wird und was das Ergebnis ist. Der Partner bzw. die Partnerin muss somit nicht zwingend jeden einzelnen Gedankengang mitmachen.
Bei stärkeren Stimmungsschwankungen ist es sinnvoll, sich selbst Auszeiten zu gönnen und diese auch als feste Regel in die Partnerschaft einzubauen. Damit haben beide Partner die nötige Zeit durchzuatmen und sich auf die emotionale Lage einzustellen. Vor allem in Streitsituationen helfen solche Regeln, auch wenn Personen mit ADHS diese üblicherweise in der ersten Zeit ablehnen. Sich auf Regeln in der Beziehung einzulassen kann jedoch auf vielfache Weise helfen und ist folglich einen Versuch wert.
Des Weiteren kann es wichtig sein, die eigene Toleranz zu fördern. Vor allem im Zusammenspiel mit anderen Personen ist es auf Dauer nötig zu akzeptieren, dass andere Meinungen existieren und gleichberechtigt sind. Wenn der Drang verspürt wird, Fakten zu diskutieren kann die kurze Reflektion helfen, wie viel einem der Gewinn tatsächlich wert ist.
Ist die richtige Antwort auf die Frage, welche Farbe Tante Mimis Auto hat, tatsächlich einen potentiell erbitterten Streit wert? Kann eine 5 heute ausnahmsweise auch eine gerade Zahl sein? Die Tatsache, dass egal, wer eine Diskussion gewinnt, man auf jeden Fall durch potentiell tagelangen Frust in der Beziehung verliert, sollte dabei stets bedacht werden.
Selbst wenn das Ergebnis der Reflektion ist, dass es in dieser einen Sache wichtiger ist, Recht zu haben, als den Frieden in der Partnerschaft zu bewahren, können zumindest viele weitere Diskussionen verhindert werden. Auch ist es von Vorteil, nicht alles und vor allem sich selbst nicht immer ernst zu nehmen.
Das Leben ist vielfach einfacher, wenn man über Ungeschick, dumme Zufälle, Fehler und Unachtsamkeit lachen kann. Dies hilft auch dabei, Situationen zu entschärfen und das nächste Mal besser zu meistern. Humor ist eines der stärksten Mittel, um eine Beziehung langfristig zu erhalten, weswegen ich als Beziehungsexperte jedem raten würde, ihn zu trainieren.
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