Seit Jahrzehnten fordern der Österreichische Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) und behandelnde Psychotherapeuten eine vollständige Kassenfinanzierung psychotherapeutischer Leistungen. Während die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) entsprechende Forderungen zurückweist, geben Ankündigungen der österreichischen Regierung Hoffnung auf ein flächendeckenderes Angebot, um dem steigenden Bedarf an psychotherapeutischen Behandlungen gerecht zu werden. In einem ersten Schritt sollen bis Ende 2022 von der Sozialversicherung 300.000 zusätzliche Therapiestunden für Psychotherapie auf Krankenschein geschaffen und 13 Millionen Euro für die psychosoziale Versorgung von Kindern und Jugendlichen zur Verfügung gestellt werden.
Allgemeines zur Psychotherapie-Behandlung mit Kassenzuschuss
Eine Psychotherapie-Sitzung kostet in Wien zwischen 60 und 160 Euro. Diese kann jede/r - egal, mit welchen psychischen Anliegen - gegen Entgelt in Anspruch nehmen. Damit die Krankenversicherung die vollen Kosten bzw. einen Kostenzuschuss für die Therapie gewährt, muss der Klient zum Patienten werden.
Die Internationale statistische Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD) ist das weltweit anerkannte Klassifikationssystem für medizinische Diagnosen und wird von der WKO veröffentlicht und laufend aktualisiert. Psychische und Verhaltensstörungen werden hier genau definiert. Wird eine psychische Störung diagnostiziert, werden psychotherapeutische Behandlungen als wissenschaftlich fundierte und nachhaltige Behandlungsmethoden der "ärztlichen Hilfe" gleichgestellt und damit von den Krankenkassen in unterschiedlicher Höhe finanziell übernommen.
Wer bietet psychotherapeutische Behandlungen an?
Wie in der medizinischen Versorgung gibt es auch bei psychischen Störungen die Möglichkeit, von einem Kassenvertragsarzt/-therapeuten oder von einem Wahlarzt/-therapeuten behandelt zu werden.
- Psychotherapie auf Krankenschein: Kassenvertragsarzt /-therapeuten
- Kostenzuschuss auf Psychotherapie: Wahlarzt /-therapeuten
Voll finanzierte Psychotherapieplätze bei Kassenvertragspartnern sind jedoch rar. Diese Plätze werden vorrangig an sozial bedürftige Menschen vergeben. Auch auf den Schweregrad der psychischen Störung wird meist Rücksicht genommen. Mitunter muss man also bei diesen Vertragspartnern mit längeren Wartezeiten von mehreren Monaten rechnen. Für Kinder und Jugendliche ist es manchmal leichter, einen vollfinanzierten Therapieplatz zu bekommen. Sind beispielsweise berufliche, schulische oder private Probleme (Eheberatung) der Grund für die Therapie, zahlen die Kassen keinen Kostenbeitrag.
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Was zahlt die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK)?
Grundvoraussetzung für die Übernahme einer psychotherapeutischen Behandlung durch die Wiener Gebietskrankenkasse ist eine ärztliche Bestätigung (spätestens vor der zweiten Therapie-Sitzung), die dem Psychotherapeuten vorgelegt werden muss. Somit gibt es einen Kostenzuschuss nur bei Vorliegen einer psychischen Störung, die als Krankheit im sozialversicherungsrechtlichen Sinn angesehen wird.
Psychotherapeutische Behandlungen können Sie bei einem Vertragspartner der ÖGK in Anspruch nehmen oder bei einem Wahlarzt/-psychotherapeuten/in. Der Unterschied liegt ausschließlich in der Abrechnung. Vertragspartner der ÖGK rechnen direkt mit der Kasse ab, es entstehen Ihnen keine Kosten. Bei Wahltherapeuten müssen Sie die Kosten vorab bezahlen und können dann die Honorarnoten bei der ÖGK für einen Kostenzuschuss einreichen. Die ÖGK behält keinen Selbstbehalt ein.
Für eine Psychotherapie beim sogenannten Wahltherapeuten kann Kostenzuschuss beantragt werden. Unabhängig von der tatsächlichen Höhe des Honorars, das WahltherapeutInnen selbst festlegen können, beträgt der Kostenzuschuss für Behandlungen (je 60 Minuten (Einzelsitzung) EUR 33,70. (Stand 2025) Auch hier muss eine ärztliche Untersuchung stattfinden (spätestens vor der zweiten Psychotherapie-Sitzung), damit die Krankenkasse zahlt. Die Honorar-Note des Wahltherapeuten muss der Krankenkasse vorgelegt werden.
Die Kostenübernahme bei einer klinisch-psychiatrischen Behandlung, also in einem Spital, ist abhängig von den durchgeführten Untersuchungen und der Diagnose.
Was zahlt die Versicherungsanstalt öffentlich Bediensteter, Eisenbahnen und Bergbau (BVAEB)?
Die Kosten einer Psychotherapie bei einem Vertragspartner der BVAEB werden weitgehend von der BVAEB übernommen. Der übliche Behandlungsbeitrag von 10 % ist vom Patienten im Nachhinein zu bezahlen (Gleichstellung mit ärztlicher Hilfe). Für einkommensschwache Patienten wird dieser Selbstbehalt reduziert oder gänzlich erlassen.
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Wird die Psychotherapie nicht bei einem Vertragspartner der BVAEB durchgeführt (freiberufliche/r, zur selbständigen Berufsausübung berechtigte/r PsychotherapeutIn, entsprechend ausgebildeter Vertragsarzt ohne BVA-Vertrag für psychotherapeutische Leistungen), erhält der Versicherte einen Zuschuss. Der Versicherte muss der BVAEB und dem Psychotherapeuten/der Psychotherapeutin die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung spätestens vor der zweiten Sitzung der Behandlungsserie nachweisen. Vor der elften Sitzung muss ein Bewilligungsantrag an die Versicherung gestellt werden.
Die BVAEB leistet Kostenzuschüsse für die Psychotherapie, die jährlich angepasst werden. Seit 1.1. dieses Jahres gelten folgende Beträge:
- Einzelsitzung ab 25 Minuten EUR 28,40
- Einzelsitzung ab 50 Minuten EUR 48,80
- Gruppensitzung ab 45 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 11,50
- Gruppensitzung ab 90 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 16,40
Zu beachten ist, dass Behandlungseinheiten unter 25 Minuten nicht vergütet werden. Bei Gruppentherapien unter 45 Minuten Dauer oder mit mehr als zehn Teilnehmern ist kein Kostenzuschuss möglich.
Hier gibt es keinen Zuschuss, die BVAEB rechnet direkt mit der jeweiligen Klinik direkt ab und kommt für entsprechende Leistungen auf.
Die BVAEB erbringt seit dem 1.1.2024 einen Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlungen.
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- Einzelsitzung ab 25 Minuten EUR 28,40
- Einzelsitzung ab 50 Minuten EUR 48,80
- Gruppensitzung ab 45 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 11,50
- Gruppensitzung ab 90 Minuten, je Anspruchsberechtigten EUR 16,40
Die Psychologinnen und Psychologen müssen in die vom Bundesministerium geführte Psychologenliste eingetragen sein.
Der bzw. die Versicherte muss der BVAEB und der klinischen Psychologin oder dem klinischen Psychologen die Durchführung einer ärztlichen Untersuchung vor oder nach der ersten, jedenfalls aber vor der zweiten klinisch-psychologischen Behandlung nachweisen.
Die ersten zehn Sitzungen bedürfen keiner Bewilligung. Ab der elften Sitzung ist die klinisch-psychologische Behandlung bewilligungspflichtig.
Wenn zeitgleich eine Psychotherapie bei einem Psychotherapeuten absolviert wird (laufende Therapieserie), können keine Kosten übernommen werden.
Keine Leistungen der Sozialversicherung sind in dem Zusammenhang die von Psychologinnen bzw. Psychologen erbrachten Coachings zur Berufsberatung bzw. von der Klientin bzw.
Was zahlt die Sozialversicherungsanstalt der Selbstständigen (SVS)?
Die SVS hat verschiedene Vertragspartner in Österreich. Diese können Sie mit Ihrer E-Card aufsuchen. Die SVS übernimmt dann den Großteil der Kosten für die Sitzung, Der Patient bezahlt lediglich 20 % Selbstbehalt. Dies entspricht in Wien normalerweise 10,60 € pro Sitzung.
Nach der ersten Psychotherapie-Sitzung ist eine Überweisung des Allgemeinmediziners oder Facharztes notwendig, um weitere Therapiesitzungen per E-Card zu besuchen. Ist der Psychotherapeut kein Mitglied eines Partnervereins der SVS, gewährt die Kasse einen Zuschuss von 45 Euro. Eine klinisch-psychiatrische Behandlung ist einem Spitalsaufenthalt gleichgesetzt. Die SVS übernimmt daher die vollständigen Kosten der allgemeinen Gebührenklasse.
Nachstehend eine Aufstellung der recherchierten Zuschüsse der einzelnen Kassen:
Kasse | Art der Sitzung | Zuschuss |
---|---|---|
ÖGK | Gruppensitzung (max. Minuten) | 46,60 € |
ÖGK | Familiensitzung (min. | k.A. |
SVS (BSVG und GSVG) | Gruppensitzung (max. | k.A. |
Klinisch-psychologische Behandlung: Kostenzuschuss seit 1. Jänner 2024
Seit 1. Jänner 2024 ist klinisch-psychologische Behandlung in Österreich Kassenleistung. Das heißt: Alle Versicherten erhalten über die Sozialversicherung einen Kostenzuschuss. Die psychologische Behandlung ist als gleichwertige Leistung neben ärztlicher Hilfe im Allgemeinen Sozialversicherungsgesetz (ASVG) verankert.
Um den Zuschuss für die psychologische Behandlung zu erhalten, braucht es zunächst allerdings den Gang zu einem Arzt oder einer Ärztin. Das kann sowohl der Hausarzt als auch beispielsweise ein Facharzt für Neurologie oder Psychiatrie sein. Spätestens vor Beginn der zweiten Einheit der klinisch-psychologischen Behandlung ist der Nachweis dieser ärztlichen Untersuchung notwendig. Dazu muss der behandelnde Arzt bzw. die Ärztin ein Dokument ausfüllen, das bei der Sozialversicherung eingereicht wird.
Um die Kosten der psychologischen Behandlungen zu erhalten, müssen dann die Honorarnoten des Psychologen oder der Psychologin gemeinsam mit der ärztlichen Bestätigung bei der Sozialversicherung eingereicht werden.
Laut Gesetz gibt es hier keine Einschränkungen. Die Untersuchung bezieht sich nur darauf, ob körperliche Erkrankungen vorliegen, nicht aber darauf, ob eine Psychotherapie notwendig oder zweckmäßig ist.
Klinische PsychologInnen
Klinische PsychologInnen sind ExpertInnen für psychische Gesundheit und unterstützen dabei, Symptome zu überwinden, Belastungen zu reduzieren und das psychische Wohlbefinden wiederherzustellen. Klinische PsychologInnen haben:
- mindestens fünf Jahre Psychologie an einer Universität studiert,
- nach ihrem Studium eine rund zweijährige postgraduale theoretische und praktische Ausbildung, begleitet durch Supervision und Selbsterfahrung, absolviert,
- meist noch weitere Spezialisierungen, Zusatzausbildungen und Zertifizierungen.
Klinisch-psychologische Behandlung wird im Einzel-, Paar-, Familien- und Gruppensetting angeboten und hilft mit psychologischen Maßnahmen bei...
- psychischen Störungen und Leidenszuständen, inkl.
- Befindungsstörung im sozialversicherungsrechtlichen Sinn vorliegt.
- Behandlung eines/einer Angehörigen zusätzlich seine/ihre Personaldaten,
- Diagnose (ICD-10-Code),
- Anzahl der Behandlungen (Sitzungen),
- Angaben darüber, ob eine Einzel- oder Gruppenbehandlung (Sitzung) erfolgte,
- Datum und Dauer der einzelnen Behandlungen (Sitzungen),
- Zahlungsbestätigung bzw.
Weitere wichtige Informationen
- Ist der Kostenzuschuss auch bei Mitversicherten möglich? Ja, der Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlung ist auch bei Mitversicherten möglich. Der Kostenzuschuss besteht hier in derselben Höhe.
- Sind auch Hausbesuche anrechenbar? Ja, auch für Hausbesuche sind Kostenzuschüsse möglich. Die Höhe des Kostenzuschusses bleibt allerdings gleich, egal, wo die klinisch-psychologische Behandlung durchgeführt wird.
- Gilt der Kostenzuschuss auch für die Online-Behandlung? Für die Inanspruchnahme eines Kostenzuschusses können in Ausnahme- und begründeten Einzelfällen einzelne klinische-psychologische Behandlungen unter folgenden Voraussetzungen online durchgeführt werden: Eine Online-Behandlung setzt eine vorangegangene persönlichen Kontakt zwischen Klinischer PsychologIn und KlientIn voraus. Eine Online- Behandlung setzt voraus, dass durch die telemedizinische Behandlung gleichwertige Ergebnisse wie in Präsenz zu erwarten sind. Nur Leistungen, die als zweckmäßige Krankenbehandlung angesehen werden können, sind mit dem Versicherungsträger abrechenbar. Ausgeschlossen sind Inhalte, welche per Telemedizin nicht effektiv vermittelt werden können. Die Online-Behandlung soll auf der Honorarnote vermerkt sein.
- Benötige ich eine ärztliche Überweisung? Nein, Sie brauchen keine Überweisung einer Ärztin oder eines Artzes. Was Sie allerdings spätestens vor Beginn der zweiten Einheit der klinisch-psychologischen Behandlung benötigen, ist der Nachweis, dass eine ärztliche Untersuchung stattgefunden hat. In dieser Untersuchung wird beispielsweise ausgeschlossen, dass körperliche Erkrankungen für die psychische Erkrankung verantwortlich sind.
- Wie verhält es sich mit einem Kostenzuschuss für klinisch-psychologische Behandlung, die Online-Plattformen anbieten? Klinisch-psychologische Online-Behandlungen einer/s Klinischen PsychologIn, die ausschließlich oder anonym Online durchgeführt werden, stellen laut Versicherung keine Krankenbehandlung im Sinne des ASVG dar. Zulässige Konstellationen der Online-Behandlung setzen eine vorangegangene persönliche Behandlung zwischen der/dem Berufsangehörigen und der/dem KlientIn voraus. Zudem sind für einen Kostenzuschuss Behandlungen primär in Präsenz durchzuführen. Daher besteht für Versicherte kein Anspruch auf Kostenzuschuss für die angebotenen Online-Behandlungen von Online-Plattformen.
- Gibt es neben dem Kostenzuschuss finanzielle Unterstützung für klinisch-psychologische Behandlung? Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hilft in besonderen Notlagen im Zusammenhang mit Gesundheitskosten und bietet deshalb freiwillige Zuschüsse aus dem Unterstützungsfonds an.
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