Jeder Mensch kennt das Gefühl von Angst. Ohne Angstgefühle hätte die Menschheit nicht überlebt. Angst als biologisch gesunde Reaktion warnt vor Gefahren und führt zu einer physiologischen Aktivierung, so dass wir z. B. flüchten oder kämpfen können.
Was ist eine Angststörung?
Sie fragen sich vielleicht: Worin unterscheidet sich Angst als evolutionären Überlebensmechanismus von einer Angststörung? Von einer Angststörung spricht man dann, wenn Angstgefühle fälschlicherweise bzw. auf bestimmte Reize/Situationen als übermäßig gefährlich erlebt werden. Der Lebensalltag und die Lebensqualität können dadurch deutlich eingeschränkt werden.
Die Auslöser der Angst sind ebenfalls vielfältig. Im Grunde können wir vor allem Angst haben, was es gibt und vor vielem, was es nicht gibt. Die Liste der Phobien ist schier endlos.
Der Teufelskreis der Angst
Angsterleben spielt sich auf verschiedene Ebenen ab, die interagieren: Körperliche Reaktionen, katastrophisierende Gedanken und Verhalten verstärken sich wechselseitig. Eine scheinbar Entlastung ist zunächst, sich angstauslösenden Situationen nicht mehr auszusetzen. Allerdings: Vermeidung hält Angst aufrecht bzw. verstärkt Angsterleben, da nie die Erfahrung gemacht wird, dass die Situation meisterbar ist.
Was ist Hypnose?
Die Hypnose ist ein Verfahren, das über das Unterbewusstsein einen Zugang zur inneren Welt schafft. Die moderne Hirnforschung konnte aber zeigen, dass Personen unter Hypnose wach und aufmerksam sind. Die Trance ist also vielmehr ein Zustand tiefer Entspannung, in der der Klient seine Aufmerksamkeit auf etwas Bestimmtes richtet.
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In einer Hypnosetherapie kann der Therapeut diesen Zustand nutzen. Über das Unterbewusstsein aktiviert er persönliche Stärken und Bewältigungsstrategien des Patienten, die dieser im Alltag nicht nutzt. Somit kann die Hypnose zur Unterstützung eingesetzt werden, um körperliche oder psychische Probleme zu lösen.
Die Hypnose ist kein Zauberwerk, auch wenn es Hypnotiseure in Shows manchmal so darstellen. Lange Zeit ging man davon aus, dass die hypnotische Trance ein dem Schlaf ähnlicher Zustand ist.
Eine Hypnose (oder Hypnotherapie) ist eine Technik, mit der Menschen sich selbst oder andere in einen anderen Bewusstseinszustand versetzen - in eine hypnotische Trance. So lassen sich verschüttete Erlebnisse aufarbeiten, Angststörungen behandeln und positive Kräfte aktivieren. Es wurden aber auch bereits Operationen unter Hypnose und ohne Betäubung durchgeführt.
Anwendung der Hypnose
Die Hypnotherapie hat sich bei der Behandlung verschiedenster Beschwerden bewährt. In der Psychologie wird die Hypnotherapie zur Behandlung von Ängsten, Depressionen, Zwangsstörungen und Essstörungen angewandt. Auch Süchte (z. B. Rauchen) und chronische Schmerzen lassen sich damit gut behandeln. Darüber hinaus kann eine Hypnose bei Schlafstörungen und sexuellen Störungen wirksam sein.
Darüber hinaus ist die Hypnose ein beliebtes Verfahren zur Schmerzbewältigung und Unterstützung bei medizinischen Eingriffen.
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Wissenschaftliche Erkenntnisse zur Hypnose bei Angststörungen
Verschiedene klinische Studien gaben bereits vor Jahrzehnten Anlass zur Hoffnung, dass die Hypnose eine wichtige und erfolgreiche Methode gegen pathologische Ängste darstellt. Diese sind unter anderem die Studie von Marks et al. 1968 sowie Melnick & Russell 1976 zum Thema Phobien, die von Benson et al. 1978 zum Thema generalisierter Angststörung oder die Studie von Spies 1979; Sapp 1991 sowie Zeyer et al. 1994 für den Bereich der Prüfungsangst.
In der Vergangenheit wurden allerdings nicht alle Studien nach den üblichen wissenschaftlichen Standards durchgeführt. Dies änderte sich beispielsweise mit der Studie „Die Wirksamkeit von Hypnotherapie bei Angststörungen“, die Erich Flammer im Jahr 2006 nach aktuellsten wissenschaftlichen Ansprüchen durchführte.
Hypnosepsychotherapie als Hilfe
Hypnosepsychotherapie hilft Ihnen dabei, sich auf schonende Art und Weise mit Ihrer Angst zu konfrontieren, Kontrolle über die körperlichen und emotionalen Reaktionen sowie angstmachenden Gedanken wiederzuerlangen. Hypnotherapeutisch betrachtet erleben Sie schon eine Trance - allerdings eine sog. Problemtrance.
Ablauf einer Hypnosesitzung
Vor einer Hypnose findet ein Kennenlernen und Vorgespräch zwischen Hypnotiseur und Klient statt. Damit für den Klienten in der Hypnose keine unangenehmen Situationen entstehen, muss der Hypnotiseur über Ängste, Befürchtungen und körperliche Einschränkungen des Klienten Bescheid wissen.
Den Beginn der Hypnose bildet die Induktionsphase, in welcher der Klient (Hypnotisand) in die Hypnose eingeleitet wird. Dazu sagt der Hypnotiseur dem Hypnotisand wiederholt, dass er nun mehr und mehr hypnotisiert wird und immer tiefer in eine Trance fällt. Die Indusktionsphase dauert im Allgemeinen nur einige Minuten.
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Sobald sich der Hypnotisand in Trance befindet, versucht der Therapeut, mithilfe von Suggestionen die Ressourcen des Patienten zu mobilisieren. Dazu weist der Hypnotiseur den Hypnotisand an, bestimmte Aufgaben durchzuführen (z.B. bestimmte Bewegungen) oder bestimmte Gedanken zu haben (beispielsweise sich etwas Bestimmtes vorzustellen).
Für eine Rauchentwöhnung könnte der Hypnotiseur beispielsweise den Gedanken vorgeben: "Ich wähle es, Nichtraucher zu sein". Durch den starken Fokus zum Beispiel auf einen Gedanken, schwindet die Wahrnehmung von anderen Dingen.
In der Reorientierungsphase nimmt der Therapeut die Trance behutsam wieder zurück, indem er die Wahrnehmung des Patienten von innen nach außen lenkt. Dieser Vorgang dauert normalerweise einige Minuten.
Die gesamte Dauer der Hypnotherapie hängt von dem vereinbarten Behandlungsziel, der Art und Dauer der Erkrankung und der Belastbarkeit des Klienten ab.
Risiken und Kontraindikationen
Die Hypnose ist noch immer sehr umstritten. Manche Menschen fürchten die Hypnose, weil sie denken, dass sie dabei die Kontrolle über sich verlieren. Andere halten Hypnose für einen Schwindel oder Einbildung.
Wissenschaftliche Experimenten zeigen aber, dass die Hypnotherapie bei vielen Personen ein wirksames Behandlungsverfahren ist. Und auch wenn es sich während der Trance so anfühlen kann, als würde man zum Beispiel Bewegungen unwillentlich durchführen, ist man in einer Hypnose nicht willenlos.
Die Hypnose funktioniert auch nur bei Personen, die sich darauf einlassen wollen, und auch dann funktioniert sie nicht bei jedem. Es gibt Personen, die leichter zu hypnotisieren sind als andere. Und einige lassen sich gar nicht in einen hypnotisierten Zustand versetzen.
Das Hypnotisieren birgt aber auch Risiken. Der Hypnotiseur muss behutsam mit dem Unterbewusstsein des Klienten umgehen. Unpassende Suggestionen können negative Auswirkungen für den Klienten haben. Durch eine Reise in die Vergangenheit kann der Hypnotiseur zum Beispiel traumatische Erinnerungen des Klienten wieder hervorholen. Das Wiedererleben des Traumas (Retraumatisierung) kann ohne psychotherapeutische Unterstützung psychische Schäden verursachen.
Ein weiterer Punkt ist, dass der Hypnotiseur in seiner Rolle eine gewisse Machtposition hat. Es ist daher wichtig, dass er ethisch handelt und die Gesundheit des Hypnotisanden nicht gefährdet.
Auch körperlich kann der Hypnotisand Schaden nehmen, wenn der Hypnotiseur nicht auf ihn Acht gibt. Da der Hypnotisand in der Trance nicht bei vollem Bewusstsein ist, muss der Hypnotiseur Stürzen und Verletzungen während der Hypnose vorbeugen.
Wann ist Hypnose nicht ratsam?
Eine Hypnotherapie ist nicht geeignet für Menschen, die gerade eine akute Psychose durchmachen oder unter psychotischen Zuständen (Manie, schizophrener Schub) leiden. Bei traumatisierten Personen ist ebenfalls Vorsicht geboten.
Gesundheitsgefährdend kann eine Hypnose auch sein, wenn der Klient - Hypnotisand genannt - an Herz-Kreislaufproblemen oder niedrigem Blutdruck leidet. In der hypnotischen Trance sinkt nämlich der Blutdruck ab. Bei Menschen mit Epilepsie kann die tiefe Entspannung einen Anfall begünstigen.
Wenn ein Klient Medikamente einnimmt, sollte vor der Hypnostherapie Rücksprache mit dem behandelnden Arzt gehalten werden. Unter Alkohol- oder Drogeneinfluss darf keine Hypnose stattfinden.
Was ist nach einer Hypnose zu beachten?
Die Hypnose funktioniert vor allem über den entspannten Zustand. Es ist daher von Vorteil, wenn Sie sich vor der Hypnose ausreichend Zeit nehmen und nicht beispielsweise abgehetzt und gestresst zur Therapiesitzung kommen.
Planen Sie auch im Anschluss an die Sitzung einen Zeitpuffer ein. Hypnose-Erfahrungen können sich sehr intensiv anfühlen. Möglicherweise brauchen Sie hinterher einige Zeit, um wieder voll zu sich zu kommen. Das kann auch deshalb notwendig sein, weil die Möglichkeit besteht, dass Sie in der tiefen Entspannung der Trance einschlafen. Wie nach dem Aufstehen in der Früh, brauchen Sie dann eventuell kurz Zeit, um in den Alltag zurückzufinden.
Außerdem sollten Sie sich nach der Hypnose die Zeit nehmen, um das Erlebte zu verarbeiten. Wenn Sie an therapeutischen Zielen arbeiten, dann geben Sie den Suggestionen die Möglichkeit, zu wirken.
Die Kraft der Hypnose besteht auch darin, dass die selbstkritischen und negativen Gedanken, die viele von uns täglich begleiten, kurzzeitig ausgeschaltet werden. Nach der Hypnose fühlen sich viele Personen energievoll und motiviert. Genießen Sie diesen Zustand und lassen Sie zweifelnde Gedanken so lange es geht außen vor. Eine Hypnotherapie hat dann die beste Wirkung, wenn Sie sich ganz auf die Hypnose einlassen.
Die Rolle des Therapeuten
Um sicher zu gehen, dass der Therapeut vertrauenswürdig ist, sollte er über ein Zertifikat einer seriösen Hypnosegesellschaft verfügen. Diese Bescheinigung garantiert, dass der Therapeut eine solide Hypnoseausbildung absolviert hat.
Klären Sie im Vorfeld ab, ob sich Ihre Krankenkasse oder private Krankenversicherung an den Hypnosetherapie-Kosten beteiligt.
Kurzfristige Strategien zur Angstbewältigung
Hier finden Sie 5 kurzfristige Strategien, wie sie in Situationen mit Ihrer Angstreaktion umgehen - und dadurch zeitnahe Erleichterung - erfahren können. Diese Strategien sind schnell wirksam - meistens allerdings nur bedingt nachhaltig, da mitunter eine Einschränkung des Alltags bestehen bleibt.
- Falls Sie die Situation nicht Verlassen können, wenden Sie sich einer anderen Tätigkeiten zu, um die Angst-produzierenden Gedanken umzulenken. Hören Sie z.B.
- Nützen Sie eine Körper-Atem-Übung: Ballen Sie Ihre Hände fest zu Fäusten und atmen Sie dabei tief ein. Danach öffnen Sie Ihre Hände wieder und atmen Sie dabei tief durch den Mund aus.
- Sport oder Bewegung machen. In angstvollen Situationen oder Panikattacken produziert der Körper viele Stresshormone. Eine schnelle und wirkungsvolle weise, um diese wieder abzubauen, ist kräftige Bewegung.
- Sinnliche Reize stärken die Gegenwärtigkeit und ermöglichen aus einem angstbehafteten Gedankenkarusell auszusteigen.
Hypnose als Baustein einer Behandlung
Hypnose wird als Heilung für viele Probleme genannt. Dabei kann der Trance-Zustand nur ein Baustein einer Behandlung sein. Andreas Heinz, Direktor der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie an der Berliner Charité, hält die Wirkung von Hypnose allein für begrenzt. "Es ist Quatsch zu denken, man bekommt mit Hypnose das Trauma von vor 20 Jahren rausgekramt und dann ist man geheilt." Der Patient müsse selbst an der Lösung seiner Probleme arbeiten. Hypnose könne deshalb nur ein Baustein einer Behandlung sein.
"Für mich ist es eine Hilfe zur Selbsthilfe", sagt die Bremer Therapeutin Gundermann. Ihr Wissen hat sich die Krankenschwester und Pflegewissenschaftlerin in mehreren Fortbildungen angeeignet. "Man bekommt die Emotionen zur Ruhe, das seelische Gleichgewicht kann wieder hergestellt und lang erlernte Verhaltensmuster durchbrochen werden", sagt sie.
Erfahrungsberichte
Martin Meissner trieb die Verzweiflung zur Hypnose. Tagelang quälten ihn höllische Kopfschmerzen, kein Arzt konnte ihm helfen. "Das waren die schlimmsten Schmerzen, die ich je hatte", erzählt der 50-Jährige. "Es war kaum auszuhalten." Bekannte gaben ihm schließlich den Tipp mit der Hypnose. Obwohl der Buchhalter skeptisch war, machte er einen Termin. Nach zwei Sitzungen war das Hämmern im Kopf verschwunden - und ist bis heute nicht zurückgekehrt.
Hypnose: Wann ist sie nicht oder nur mit Vorsicht ratsam?
Allerdings: Vermeidung hält Angst aufrecht bzw. verstärkt Angsterleben, da nie die Erfahrung gemacht wird, dass die Situation meisterbar ist.
Zertifizierung
Wer sich hypnotisieren lässt, sollte sich deshalb vorher genau informieren, in wessen Händen er sich begibt. Show-Hypnose kann schädlich sein"Hypnose bietet Zugang zu allem, was wir im Gedächtnis abgespeichert haben - auch zu traumatischen Erfahrungen", sagt Hüsken-Janßen. Damit muss ein Therapeut umgehen können. "Wir erleben immer wieder Patienten, die durch Show-Hypnose geschädigt wurden." Sie haben sich auf einer Bühne nur zum Spaß hypnotisieren lassen und wurden dann mit den Erlebnissen alleingelassen.
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