Richtiges Verhalten auf der Autobahn bei einem blauen Pkw

Ein plötzlich auftauchendes blaues Blitzlicht-Gewitter im Rückspiegel, dazu das laute Heulen des Folgetonhorns: Ein Einsatzfahrzeug bahnt sich seinen Weg zum Notfallort. Eine Situation, die einige Autofahrer:innen erschrecken lässt und die sie momentan öfters etwas überfordert.

In weiterer Folge werden oft Fahrmanöver eingeleitet, die nicht nur für die Autofahrer:innen selbst, sondern auch für das herannahende Einsatzfahrzeug schnell gefährlich werden können. Ein tragischer Unfall oder eine schwere Erkrankung - schnell kann es passieren, dass man auf die Hilfe von Rettungs- und Notarztdienst zählen muss. Die Einsatzlenker:innen des Roten Kreuzes versuchen dabei nicht nur so zügig, sondern auch so sicher wie möglich zum Einsatzort zu gelangen.

„Ein Großteil der Autofahrer:innen reagiert meistens richtig. Leider gibt es aber immer wieder Ausnahmen, bei denen es schnell zu gefährlichen Situationen kommen kann“ erzählt Erwin Guserl, der Rotkreuz-Bezirkskoordinator der Lenkerausbildung. Wer denkt, dass Rettung und Notarzt „zum Spaß“ mit Blaulicht fahren, um beispielsweise nicht im Stau stehen zu müssen, liegt absolut falsch.

Eine Blaulichtfahrt unterliegt strengen Voraussetzungen ("Gefahr in Verzug"), die Verwendung des Blaulichts wird sekundengenau elektronisch aufgezeichnet und automatisch an die Rettungsleitstelle gemeldet. Sind bei einem Einsatz notärztliche Maßnahmen nötig, so fährt das Notarzteinsatzfahrzeug separat mit dem nächstgelegenen Rettungswagen im sogenannten „Rendezvous-System“ zum Einsatzort. Nach der Patientenversorgung fahren beide Einsatzfahrzeuge im Konvoi Richtung Zielkrankenhaus, wenn eine Notarztbegleitung notwendig ist.

„Vor allem bei diesem Konvoi-Fahren kann es schnell zu gefährlichen Situationen kommen“, weiß der Dienstführende des Notarztdienstes, Thomas Reisinger. „Die Verkehrsteilnehmer:innen machen zwar dem vorausfahrenden Rettungswagen Platz, fahren aber dann öfters ohne genau zu schauen, einfach sofort wieder auf den Fahrstreifen zurück. Sie rechnen nicht damit, dass hinterher noch weitere Einsatzfahrzeuge folgen könnten.“ Es gilt daher, sich unbedingt zu vergewissern, ob nicht noch weitere Einsatzfahrzeuge folgen.

Lesen Sie auch: Hilfe bei Angst

Selbiges gilt natürlich auch bei anderen Organisationen, wie z.B. Nimmt man ein Einsatzfahrzeug optisch oder akustisch wahr, ist diesem unverzüglich Platz zu machen und Vorrang zu gewähren. Dies gilt auch für Fußgänger:innen und Radfahrer:innen. Wichtig dabei ist, nicht in Panik zu verfallen, sondern den Hausverstand einzuschalten.

Ein abruptes Abbremsen ist unbedingt zu vermeiden. Besser ist, das Tempo zu verringern und möglichst weit rechts zu fahren. Bushaltestellen oder ähnliches eignen sich zum rechtzeitigen Ausweichen. Das Anhalten direkt in Kurven oder an Straßenkuppen ist sehr gefährlich, da die Einsatzlenker:innen den Gegenverkehr nicht einschätzen können und somit kein sicheres Überholen möglich ist. Besser bereits davor oder danach Platz machen. In einem Tunnel darf man keinesfalls stehen bleiben.

Fahren Sie mit normalem, nicht reduziertem Tempo weiter und weichen Sie nach dem Tunnel aus. Auch im Kreisverkehr ist es besser, eine weitere Runde zu fahren, als im Kreisverkehr oder direkt vor der Einfahrt einfach stehen zu bleiben. Beharren Sie nicht auf den Vorrang, wenn ein Einsatzfahrzeug in den Kreisverkehr einfahren möchte. Fußgänger:innen verzichten auf das Überqueren der Straße, auch auf einem Zebrastreifen.

Sollten Sie andere Fußgänger:innen bemerken, die beispielsweise durch ihr Smartphone oder Kopfhörer abgelenkt sind, oder weil es sich um Kinder oder beeinträchtigte Menschen handelt, sind diese zu warnen bzw. notfalls vom Betreten der Fahrbahn abzuhalten. Zu den gefährlichsten Situationen bei Einsatzfahrten zählt das Überqueren von roten Ampelkreuzungen.

Gemäß Straßenverkehrsordnung dürfen Einsatzfahrzeuge auch bei rotem Licht eine Kreuzung überqueren, müssen sich jedoch vergewissern, dass niemand gefährdet wird. Um dies zu gewährleisten, wird das Einsatzfahrzeug kurz zum Stillstand gebracht. Leider verwechseln dies viele Verkehrsteilnehmer:innen und denken, dass ihnen das Einsatzfahrzeug den Vorrang gewährt und fahren plötzlich los. Einsatzfahrzeugen ist aber immer das sichere Passieren zu ermöglichen.

Lesen Sie auch: Was tun bei einer Hai-Begegnung?

Nähert sich bei einer roten Ampelkreuzung von hinten ein Einsatzfahrzeug, darf das vordere Fahrzeug seitlich in die Kreuzung einfahren, um Platz zu schaffen. Die Verwendung von Blaulicht und Folgetonhorn ist keine Frage von „entweder/oder“ oder der unterschiedlichen Dringlichkeit. Im Einsatzfall ist das Blaulicht dauerhaft eingeschaltet. Je nach Situation im Straßenverkehr z.B. beim Überholen oder an unübersichtlichen Stellen, wird das Folgetonhorn zugeschaltet.

Sobald also eines der beiden Signaleinrichtungen verwendet wird, gilt das Fahrzeug als Einsatz- und somit als Vorrangfahrzeug. „Manchmal kann es passieren, dass ein Einsatzfahrzeug auf dem Weg zum Einsatzort aus unterschiedlichen Gründen storniert wird.

Rettungsgasse bilden

Um Einsatzfahrzeugen auf Autobahnen und Autostraßen auch dort eine erleichterte Zufahrt zum Einsatzort zu ermöglichen, wo kein Pannenstreifen zum Ausweichen des stockenden Verkehrs besteht, wurde im Jänner 2012 das System der Rettungsgasse eingeführt (siehe Info-Kasten). ÖAMTC-Verkehrsjurist Martin Hoffer: „Man hat sich dort so auseinander zu bewegen, dass die Einsatzfahrzeuge durchfahren können.“ Auf der dreispurigen Wiener Ringstraße geht das natürlich einfacher als auf einer Nebenfahrbahn.

Hoffers Tipp: „Wenn ich der Einzige bin, der ausweichen muss, dann kann ich mir aussuchen, wohin. Wenn andere schon begonnen haben, in eine bestimmte Richtung auszuweichen, dann muss ich das sinngemäß fortsetzen. Rotkreuz-Stabschef Franz Jelinek meint, die Rettungsgasse funktioniere heute weit besser als zu Beginn.

"Die Rettungsgasse funktioniert heute besser als zu Beginn", sagt Einsatzfahrer Franz Jelinek (rechts). Erst umstritten, nunmehr von den meisten akzeptiert: die Rettungsgasse. "Früher kam es bei der Bildung der Rettungsgasse oft zu Missverständnissen", so Clubmitglied Jose Guerrero. Wenn auf einer Richtungsfahrbahn einer Autobahn oder Autostraße mit mindestens zwei Fahrstreifen der Verkehr ins Stocken gerät, muss man schon während des Fahrens eine Rettungsgasse bilden - und zwar immer, also auch dann, wenn im Moment keine Einsatzfahrzeuge wahrzunehmen sind.

Lesen Sie auch: Wichtige Verhaltensregeln nach Katarakt-OP

Alle Fahrzeuge auf dem linken Fahrstreifen müssen links an den Fahrbahnrand heranfahren. Die Fahrzeuge auf allen anderen Fahrstreifen müssen so weit nach rechts fahren, dass sich eine freie Durchfahrtgasse bildet, die auch größeren Einsatzfahrzeugen Platz bietet.

Verhalten in verschiedenen Situationen

  • … im Kreisverkehr auftaucht? Abgesehen davon, dass es meist eng wird: Auf keinen Fall im Kreisverkehr anhalten, denn das zwingt andere - und das Einsatzfahrzeug! - auch dazu. Am besten eine Runde weiterfahren, damit das Einsatzfahrzeug den Kreisverkehr verlassen kann. Oder, falls es dafür zu spät sein sollte, bei nächstmöglicher Gelegenheit Platz machen.
  • … im Tunnel hinter einem fährt? Am besten mit erlaubter Geschwindigkeit weiterfahren, auf keinen Fall stehen bleiben! Am Tunnelende rechts heranfahren und das Einsatzfahrzeug passieren lassen.
  • … sich an der roten Ampel von hinten nähert? Wer ganz vorne an der Ampel steht, darf seitlich in die Kreuzung einfahren, um Platz zu schaffen.
  • … an der grünen Ampel entgegenkommend die Fahrtrichtung queren möchte?
  • … sich einem Zebrastreifen nähert? Fußgänger müssen auf das Überqueren der Straße verzichten. Sollten sie andere Fußgänger bemerken, die optisch (Smartphone) oder akustisch abgelenkt sind und das Blaulicht deshalb nicht bemerken bzw. das Folgetonhorn nicht hören können, dann sind diese zu warnen bzw.
  • … eine Bau- oder Engstelle passiert und sich von hinten nähert? Bei der ersten gefahrlos möglichen Gelegenheit rechts ranfahren - das Blinken nicht vergessen! - und es passieren lassen. Aufpassen, ob nicht ein weiteres Fahrzeug nachkommt.
  • … sich einer Kurve nähert? Wenn das Einsatzfahrzeug gefahrlos vorbeifahren bzw. überholen kann, ohne ein Problem mit dem Gegenverkehr zu bekommen, dann Tempo reduzieren und möglichst weit rechts fahren, aber keinesfalls stehen bleiben.

Sondersignal - Was Sie darüber wissen müssen

Mit den ersten Fahrzeugen bei der Feuerwehr, ganz gleich ob Handkarren oder Pferdefuhrwerke, kamen auch die ersten "Sondersignale". Laute Rufe, Glöckchen oder Mundtröten machten jedem klar: "Platz machen, die Feuerwehr kommt!" An diesem Prinzip hat sich nur die Technik geändert. Ansonsten gilt auch heute: Fahrzeugen, die mit Blaulicht und Martinhorn unterwegs sind, ist sofort freie Bahn zu schaffen und Vorrang zu gewähren.

Doch jeder Bürger und Verkehrsteilnehmer sollte noch mehr über Sondersignal wissen...Einsatzfahrzeug im SpiegelViele Autofahrer verhalten sich falsch, wenn im Rückspiegel plötzlich Blaulichter auftauchen. Die häufigste Fehlreaktion: das unvermittelte Abremsen mitten auf der Fahrbahn. Damit riskieren Sie nicht nur einen Auffahrunfall mit anderen Fahrzeugen, sondern erreichen auch das Gegenteil vom Gewünschten: Sie behindern das Einsatzfahrzeug. Ebenso falsch ist: Unüberlegt rechts ranfahren, womöglich in eine Seitenstraße. Denn woher wissen Sie, ob das Einsatzfahrzeug nicht genau hier abbiegen muss?

Besser ist folgender Grundsatz: ...ein Einsatzfahrzeug entgegen kommt? Verringern Sie unter Berücksichtigung nachkommender Fahrzeuge Ihre Geschwindigkeit und weichen Sie auf den rechten Fahrbahnrand aus. ...ein Einsatzfahrzeug auf einer einspurigen Fahrbahn hinter mir ist? Suchen Sie nach Möglichkeiten nach rechts Auszuweichen. Kann das Ihnen folgende Einsatzfahrzeug überholen, dann verringern Sie Ihre Geschwindigkeit! Gibt es keine Möglichkeit zum Überholen (unübersichtliche Kurven, Engestellen,...), dann bleiben Sie NICHT stehen sondern fahren Sie zügig bis zur nächsten Überholmöglichkeit weiter.

...ein Einsatzfahrzeug an einer roten Ampel hinter mir steht? Zum jeweiligen Fahrbahnrand ausweichen. ...ich auf der Autobahn in Stau stehe und sich ein Einsatzfahrzeug nähert?

  • Pannenstreifen vorhanden: Bleiben Sie auf Ihrer Fahrspur und verwenden Sie keinesfalls den Pannenstreifen! Begehen Sie keinesfalls den Pannenstreifen!
  • kein Pannenstreifen vorhanden: Zum jeweilig näheren Fahrbahnrand ausweichen = "Rettungsgasse"

Warum auch in der Nacht mit Sondersignal?

"Nachts will ich meine Ruhe - da können die ihr Martinhorn ruhig abschalten!" Fühlen Sie sich auch gestört, wenn Sie nachts durch Sondersignal geweckt werden? Wir können es verstehen. Doch leider dürfen die Fahrer unserer Fahrzeuge darauf keine Rücksicht nehmen, wenn es darum geht, schnell auszurücken, um Menschenleben zu retten, oder große Sachwerte zu erhalten. Das Einschalten von Blaulicht und Horn ist keine freiwillige Angelegenheit: Es ist gesetzlich vorgeschrieben.

Wenn Sonder- bzw. Wegerechte in Anspruch genommen werden, müssen Blaulichter und Tonsignal vom Anfang bis zum Ende der Fahrt eingeschaltet sein. Sondersignal muss immer sein: Auch in der Nacht!Doch es ist kein willkürliches Gesetz, um Bürger zu ärgern. Ganz im Gegenteil: Es soll vor allem sie als Verkehrsteilnehmer schützen. Die frühzeitige Ankündigung des Fahrzeugs soll jedem die Möglichkeit geben, rechtzeitig zu reagieren - und so gefährliche Fahrmanöver oder gar Unfälle zu vermeiden.

Das gilt im Berufsverkehr ebenso wie Nachts, wenn scheinbar keiner unterwegs ist. Denn rechnen Sie in solchen Augenblicken mit einem tonnenschweren Einsatzfahrzeug, das mit erhöhter Geschwindigkeit zu einem Unfall oder Brand unterwegs ist? Und vielleicht haben Sie auch etwas Verständnis, wenn Sie darüber nachdenken: Sie können sich bequem im Bett wieder umdrehen und weiterschlafen.

Die Feuerwehrleute, die bis vor wenigen Minuten auch noch in ihren Betten lagen, haben dazu vielleicht in den nächsten Stunden keine Gelegenheit - und müssen am nächsten Morgen genauso zur Arbeit wie Sie. Und: Wenn Sie einmal die Hilfe der Feuerwehr brauchen, sind Sie sicherlich für einen schnellen Einsatz dankbar.

tags: #richtig #verhalten #autobahn #blauer #pkw