Eine ADHS beginnt in den meisten Fällen im Kindes- und Jugendalter. Bei vielen Betroffenen nehmen die Symptome mit zunehmendem Alter ab.
Manchmal wird ADHS auch erst im Erwachsenenalter als Diagnose gestellt. Tatsächlich bleibt die Störung, die sich im Kindes- und Jugendalter herausbildet, bei 50 bis 80 Prozent der Betroffenen bis ins Erwachsenenalter bestehen.
Jungen bzw. Männer sind häufiger betroffen als Mädchen bzw. Frauen. Bei manchen dauern die Symptome jedoch bis ins Erwachsenenalter an.
Diagnose von ADHS bei Erwachsenen
Die Diagnose ADHS bei Erwachsenen ist mitunter schwer zu stellen. Ein umfassendes Gespräch und der Ausschluss anderer Erkrankungen geben dem Psychiater erste Hinweise auf ADHS.
Bei der Diagnose von ADHS bei Erwachsenen orientiert sich ein Psychiater oder Psychotherapeut in der Regel an den Diagnosekriterien von ADHS im Kindes- und Jugendalter.
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ADHS im Erwachsenenalter zu erkennen, ist generell besonders schwierig. Zum einen können die Symptome auch auf einer anderen psychischen Störung beruhen. Zum anderen muss der Arzt oder Psychologe für die Diagnose einer ADHS im Erwachsenenalter sicherstellen, dass die Erkrankung bereits im Kindesalter bestanden hat.
Untersuchungen und Diagnoseverfahren
Für die Untersuchung führt der Arzt oder Psychologe ein ausführliches Gespräch mit dem Betroffenen. Der Spezialist kann durch gezielte Fragen feststellen, welche Anzeichen auf ADHS hinweisen und ob noch weitere psychische Störungen vorliegen.
Um andere Ursachen wie zum Beispiel eine Schilddrüsenerkrankung oder Schlaferkrankungen ausschließen zu können, führt der Arzt auch eine körperliche Untersuchung durch.
- Die Ärztin/der Arzt erhebt die Krankengeschichte (Anamnese) und fragt nach Beschwerden.
- Um mögliche andere Erkrankungen auszuschließen, werden weitere Untersuchungen durchgeführt.
- Unter anderem klärt die Ärztin/der Arzt ab, ob andere psychische Erkrankungen (z.B. bipolare Störung) bzw. eine Persönlichkeitsstörung (vor allem dissoziale Persönlichkeitsstörung und emotional-instabile Persönlichkeitsstörung) vorliegen oder ausgeschlossen werden können.
- Bildgebende Verfahren (CT, MRT) und EEG können zum Ausschluss neurologischer Erkrankungen zum Einsatz kommen.
- Ebenso kann klinisch-psychologische Diagnostik ergänzend hilfreich sein (z.B. mittels Selbst- und Fremdeinschätzungsfragebögen).
Kriterien für die Diagnose
Bei einer ADS-Diagnose sind die Kinder lediglich unaufmerksam, aber weder hyperaktiv noch impulsiv.
Für die Diagnose ADHS müssen bestimmte Kriterien nach dem Klassifikationssystem ICD-10 erfüllt sein. ADHS-typisch ist ein ungewöhnliches Maß an Unaufmerksamkeit, Hyperaktivität und Impulsivität.
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Es gibt mindestens sechs Anzeichen dafür, dass Unaufmerksamkeit, Impulsivität oder Hyperaktivität vorhanden sind. Die Verhaltensauffälligkeiten bestehen seit der Kindheit.
Kriterium UnaufmerksamkeitBei ADHS lassen sich mindestens sechs der folgenden ADHS-typischen Symptome von Unaufmerksamkeit erkennen. Sie treten seit wenigstens sechs Monaten auf und sind nicht auf eine altersgemäße Entwicklungsphase zurückzuführen.
- Die Betroffenen beachten Einzelheiten nicht genau oder machen Flüchtigkeitsfehler
- haben Mühe, sich längerfristig zu konzentrieren
- scheinen oft nicht zuzuhören, wenn sie direkt angesprochen werden
- führen oft Anweisungen nicht vollständig aus oder beenden Aufgaben nicht
- haben Mühe, Aufgaben und Tätigkeiten planvoll abzuwickeln
- vermeiden oder verweigern oft Aufgaben, die anhaltende Konzentration erfordern
- verlieren häufig Dinge wie Spielzeug oder Hausaufgabenhefte
- werden leicht durch unwesentliche Reize abgelenkt
- sind oft vergesslich bei Alltagstätigkeiten
Außerdem äußert sich ADHS in mindestens sechs der folgenden ADHS-typischen Hyperaktivitäts-Impulsivitäts-Symptome. Auch diese treten seit mindestens sechs Monaten auf und sind nicht auf eine altersgemäße Entwicklungsphase zurückzuführen.
- Die Betroffenen zappeln oder winden sich auf dem Stuhl
- sitzen ungern und verlassen oft den Sitzplatz, auch dann, wenn Sitzen erwartet wird
- rennen oft herum oder klettern überall hoch, auch in unpassenden Situationen
- sind ruhelos, umtriebig oder benehmen sich oft wie von einem Motor angetrieben
- sind beim Spielen meist sehr laut
- reden oft übermäßig viel
- platzen häufig mit der Antwort heraus, bevor Fragen komplett gestellt sind
- haben oft Mühe zu warten, bis sie an der Reihe sind
- unterbrechen oder stören häufig andere bei Unterhaltungen oder Spielen
Bei Kindern mit ADHS beobachtet man diese Symptome typischerweise bereits vor dem siebten Lebensjahr. Die Anzeichen treten nicht nur daheim oder nur in der Schule auf, sondern in mindestens zwei verschiedenen Umfeldern.
Für die Diagnose ADHS müssen zudem deutliches Leiden oder Schwierigkeiten bei sozialen Kontakten, beim Lernen oder im beruflichen Bereich bestehen.
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Es gibt in mehr als einem Lebensbereich Schwierigkeiten. Das soziale Leben und der berufliche Alltag sind stark beeinträchtigt.
Die ADHS-Symptome können sich in ihrer Intensität und Ausprägungsform, bei 17jährigen oder älteren Personen, im Vergleich zu denen in der Kindheit, unterscheiden.
Hier soll auch auf die entwicklungspsychopathologische Veränderung der ADHS- Symptomatik bei Erwachsenen, hingewiesen werden.
Während sich die Unaufmerksamkeitssymptomatik, bei Erwachsenen ähnlich präsentiert, kommt es bei der Hyperaktivitäts-/Impulsivitätssymptomatik, zu einer Veränderung im Erwachsenen-Alter, welche das Erkennen dieser oft erschwert.
So kann z.B. das, von den Kindern bekannte Symptom der motorischen Unruhe (Hyperaktivitäts-Symptom), bei Erwachsenen, als „innere Unruhe“ vorkommen.
Abgrenzung von anderen Störungen
Wichtig ist es, ADHS von anderen Problemen mit ähnlichen Symptomen abzugrenzen. Auf psychologischer Ebene kann das beispielsweise eine verringerte Intelligenz oder eine Lese-Rechtschreib-Schwäche (Legasthenie) sein. Auch eine Zwangsstörung kann eine ADHS-ähnliche Hyperaktivität verursachen.
Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter
Die Behandlung von ADHS im Erwachsenenalter richtet sich nach der persönlichen Lebenssituation und den bestehenden Symptomen bzw. Problemen. Sie wird gemeinsam mit Ärztin/Arzt bzw. auch etwa Psychotherapeutin/Psychotherapeut besprochen und sollte gut für Betroffene annehmbar sein.
Erwachsene suchen sich auch häufig eigene Bewältigungsstrategien, um mit ADHS umzugehen. Für jede/jeden Betroffenen kann es unterschiedliche Strategien geben, die hilfreich sind. Mit der Zeit, können diese herausfinden, was wirklich guttut.
Medikamentöse Behandlung
Die Medikamente wirken gegen die Hauptsymptome von ADHS (Hyperaktivität, Unaufmerksamkeit, Impulsivität). Es kommt dabei vor allem der Wirkstoff Methylphenidat zum Einsatz.
Wurde der Wirkstoff Lisdexamfetamin bereits im Jugendalter eingenommen, kann die Behandlung damit bei Bedarf auch im Erwachsenenalter fortgesetzt werden. Kommt es mit den genannten Medikamenten nicht zum Therapieerfolg, kann auch der Wirkstoff Atomoxetin verschrieben werden.
Vor Beginn der Therapie erfolgt eine genaue körperliche Untersuchung sowie ggf. eine Blutabnahme. Es erfolgen regelmäßig Kontrolluntersuchungen. Treten Nebenwirkungen auf, sollen Betroffene dies der Ärztin/dem Arzt mitteilen.
Weitere Behandlungsansätze
Bewältigung psychosozialer Probleme (z.B. die Behandlung von möglichen weiteren psychischen Erkrankungen (z.B. Dabei kommt Psychoedukation ein wichtiger Stellenwert zu. Zudem kommt auch klinisch-psychologische Behandlung zum Einsatz (z.B.
- Erinnerungshilfen einsetzen (z.B.
- Routinen festlegen (z.B. Gegenstände immer am gleichen Ort hinlegen, feste Abläufe in der Früh oder am Abend).
Anlaufstellen
Wurde die Diagnose ADHS bereits im Kindesalter gestellt, wird die behandelnde Ärztin/der behandelnde Arzt gegebenenfalls die Patientin/den Patienten noch einige Zeit im jungen Erwachsenenalter begleiten und nach gegebener Zeit an eine Fachärztin/einen Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin) überweisen. Diese übernehmen dann die weitere medizinische Betreuung. Auch eine bestehende Psychotherapie kann meist weitergeführt werden.
Wird die Verdachtsdiagnose mit 18 Jahren oder später geäußert, ist die erste Anlaufstelle eine Fachärztin/ein Facharzt für Psychiatrie (und psychotherapeutische Medizin). Diese/dieser leitet dann weitere diagnostische bzw.
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