Depressionen sind eine der bekanntesten und am weitesten verbreiteten psychischen Erkrankungen weltweit. Etwa fünf Prozent der österreichischen Bevölkerung leiden an Depressionen. Die Dunkelziffer dürfte weit höher sein, denn viele Depressive leiden im Stillen und sprechen kaum über die Erkrankung.
Was ist eine Depression?
Was eine Depression ist, gilt als gemeinhin bekannt. Vom vorübergehenden Stimmungstief unterscheidet sich die Depression dadurch, dass sie über Wochen und Monate anhalten kann. Die wichtigsten Symptome sind Konzentrations-, Appetit- und Schlafstörungen sowie Entscheidungsunfähigkeit, Antriebslosigkeit, Energiemangel, Denkblockaden, Gefühle von Traurigkeit, Auftreten von Schuld- und Minderwertigkeitsgefühlen und Selbstmordgedanken.
Wie Depressionen sich äußern können
Psychische Erkrankungen sind trotz ähnlicher Symptomatik bei keinen zwei Personen genau gleich. Depressionen können sich in Dauer und Häufigkeit einzelner depressiven Episoden unterscheiden. Manche Personen erleben im Laufe ihres Lebens eine depressive Episode und sind nach deren Ende symptomfrei. Bei anderen Betroffenen bleibt es nicht bei einer Episode - sie durchlaufen immer wieder depressive Phasen. Man spricht dann von der Rezidivierenden Depression. Depressionen können sich in Dauer und Häufigkeit einzelner depressiven Episoden unterscheiden. Hier kommen wir zur zweiten Unterscheidungsart von Depressionen: dem Schweregrad.
Die ICD-10 (Internationale Klassifikation psychischer Störungen) der WHO gibt Anhaltspunkte. Man unterscheidet zwischen einer leichten, mittelgradigen und schweren depressiven Episode, je nach Anzahl und Häufigkeit verschiedener Symptome.
- Leichte depressive Episode: Mindestens zwei oder drei der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
- Mittelgradige depressive Episode: Vier oder mehr der oben angegebenen Symptome sind vorhanden.
- Schwere depressive Episode: Darunter verstehen Fachleute eine depressive Episode mit mehreren oben angegebenen quälenden Symptomen. Der Verlust des Selbstwertgefühls und Gefühle von Wertlosigkeit sowie Schuld sind stark ausgeprägt. Suizidgedanken sowie Suizidhandlungen sind häufig.
Bei einer schweren depressiven Episode können auch psychotische Beschwerden auftreten. Dazu zählen zum Beispiel Halluzinationen oder Wahnideen. Aber auch Bewegungsstörungen oder ein Stupor können vorhanden sein. Der Alltag ist stark beeinträchtigt.
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Wie kann man einer Freundin in depressiven Phasen helfen?
Für Partner, Familienangehörige und Freunde eines depressiven Menschen ist es häufig schwer, mitzuerleben, wie schlecht es dieser Person geht. Sie fragen sich, wie sie bei Depressionen am besten helfen.
Unterstützung beim Arztbesuch
Ist jemand über einen längeren Zeitraum hinweg niedergeschlagen, freudlos und antriebslos, ist es wichtig, sich professionelle Hilfe zu suchen. Bei diesem ersten Schritt sind viele Betroffenen auf die Unterstützung ihrer Angehörigen angewiesen. Depressiven Menschen fehlt oft der nötige Antrieb, um einen Arzttermin zu vereinbaren oder sie glauben nicht daran, dass ihnen dort geholfen wird.
Zudem wirkt die Diagnose "Depression" bedrohlich - viele Menschen haben Angst davor. Doch es ist oft auch eine Erleichterung, zu wissen, dass die fehlende Lebensfreude Folge einer Erkrankung ist, die sich behandeln lässt. Zudem entlastet die Diagnose die Patienten, weil klar wird, dass es nicht ihr Fehler ist, wenn sie sich ständig niedergeschlagen fühlen. Nutzen Sie diese Informationen, um Angehörige mit einer Depression dazu zu motivieren, sich Hilfe zu suchen.
Geduld haben
Menschen mit Depressionen ziehen sich zurück und wirken auf ihr Umfeld oft ablehnend. Depressive melden sich vielleicht nicht mehr so häufig und gehen auf Abstand. Sozialer Rückzug und die Vernachlässigung der beruflichen und alltäglichen Pflichten sind typische Auswirkungen schwerer Depressionen.
Angehörige unterstützen den Patienten durch Geduld und Verständnis. Machen Sie sich bewusst, dass das Verhalten des Betroffenen nicht gegen Sie gerichtet ist, sondern Teil einer depressiven Phase ist. Wenden Sie sich nicht ab, auch wenn Ihr depressiver Angehöriger Sie zurückzuweisen scheint.
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Hoffnung statt Druck machen
Setzen Sie einen depressiven Menschen nicht mit Bemerkungen wie "Nun reiß dich doch ein bisschen zusammen" unter Druck - denn "Zusammenreißen" ist bei einer Depression nicht möglich. Auch Vorwürfe sind unangebracht und verschlimmern die Lage nur. Die Kranken machen sich ohnehin selbst starke Vorwürfe und leiden unter Schuldgefühlen aufgrund ihrer Depression. Die Beziehung aufrecht zu halten und den Betroffenen nicht aufzugeben, hilft, die Krankheit zu bewältigen.
Ebenfalls wichtig: Streiten Sie nicht mit Ihrem depressiven Angehörigen darüber, ob seine negative Sichtweise der Situation "objektiv" gerechtfertigt ist oder nicht. Auch das hat keine Aussicht auf Erfolg. Werten Sie die intensiv erlebten körperlichen Missempfindungen des Depressiven und seine Ängste vor einer körperlichen Erkrankung nicht als übertrieben oder "nur psychisch bedingt" ab. Denn depressive Menschen übertreiben ihr Erleben nicht.
Gut gemeinte Ratschläge vermeiden
Seien Sie vorsichtig mit gut gemeinten Ratschlägen: Empfehlen Sie einem depressiven Menschen beispielsweise nicht, mal richtig abzuschalten und für ein paar Tage zu verreisen. Gerade Menschen mit schweren Depressionen erleben in einer nicht vertrauten Umgebung ihre Freudlosigkeit manchmal noch weitaus schmerzhafter.
Wenn jemand sich vollständig vom gesellschaftlichen Leben zurückzieht, liegt es nahe, ihn aufmuntern oder motivieren zu wollen. Gute Ratschläge, die gesunden Menschen mit Problemen helfen, fruchten aber bei Depressiven nicht. Sie setzen den Patienten vielmehr unter Druck.
Keine Ratschläge zu erteilen, ist natürlich eine schwierige Aufgabe für Angehörige. Eine Depression ist aber definitiv nicht durch Aktivitäten und schöne Erlebnisse zu heilen. Depressive Menschen sind in ihren negativen Gedanken und Gefühlen gefangen und benötigen daher eine medikamentöse und/oder psychotherapeutische Behandlung.
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Suizidgedanken ernstnehmen
Bei einer schweren Depression verlieren Betroffene manchmal den Lebensmut. Suizidgedanken sind Teil der depressiven Störung und werden durch Hoffnungslosigkeit und starke Selbstzweifel verstärkt. Wenn Menschen mit einer Depression davon sprechen, sich das Leben zu nehmen, ist das ein ernstzunehmendes Warnsignal!
Meist steckt dahinter nicht ein wirklicher Sterbewunsch, sondern vielmehr die fehlende Kraft, SO weiter zu leben, beziehungsweise der Verlust der Hoffnung, dass die Situation sich auch wieder zum Besseren wenden kann.
Auch wenn es schwerfällt: Sprechen Sie die Betroffenen darauf an, wenn er sich entsprechend äußert. Das können auch Sätze sein wie "Ohne mich wärt ihr besser dran" oder "ich bin für alle eine Last" oder auch nur "Ich mag nicht mehr". Konkrete Pläne, wie der Suizid umzusetzen wäre, deuten drauf hin, dass der Schritt zur Durchführung nicht mehr weit sein könnte.
Bieten Sie an, gemeinsam in eine psychiatrische Notfallklinik zu fahren. Eine Depression kann Beziehungen beeinflussen und belasten: sowohl die zu einem selbst als auch die zu anderen Menschen. Ihr:e Partner:in, Ihre Familie, Ihr Freundeskreis nehmen die Veränderungen durch die Krankheit stark wahr. Sie lernen zu verstehen, was mit Ihnen los ist und wie sie mit den Auswirkungen der Depression umgehen können.
Tipps für Angehörige
- Aufmerksam sein: Hören Sie Ihrer:Ihrem Partner:in gut zu, wenn sie:er über ihre:seine Gefühle spricht. So können Sie Veränderungen rasch merken und Hilfe anbieten.
- Die Depression akzeptieren: Eine Depression ist eine Krankheit, die man ernst nehmen muss. Informieren Sie sich darüber. So können sie Ihre:n Partner:in besser verstehen.
- Keine Ratschläge geben: Bieten Sie ein offenes Ohr, eine innige Umarmung und Hilfe an. Das hilft ihrer:ihrem Partner:in am meisten.
- Schuldzuweisungen vermeiden: Niemand ist an der Depression schuld. Weder Ihr:e Partner:in noch Sie. Diskussionen darüber bringen nichts.
- Entscheidungen erleichtern: Während einer Depression fällt es einem schwer, etwas zu entscheiden. Sie können dabei unterstützen und zeigen, welche Optionen es gibt.
- Die:Den Partner:in nicht bevormunden: Bevormunden bewirkt nur Streit und Widerstand. Niemand möchte bevormundet werden, auch Sie nicht.
- Gefühle nicht unterdrücken: Es ist völlig natürlich, wenn Angehörige diese Gefühle haben: Wut, Zorn, Angst, Enttäuschung, Traurigkeit, Ärger oder Ohnmacht. Sie dürfen diese Gefühle auch zulassen und zeigen. Es belastet Sie und die Beziehung, wenn Sie Gefühle unterdrücken.
- Auf sich achten: Es ist schön, dass Sie Ihre:n Partner:in unterstützen und für sie:ihn da sind. Vergessen Sie aber nicht Ihre eigenen Gefühle, Wünsche und Bedürfnisse. In einer Selbsthilfegruppe für Angehörige können Sie mit Menschen reden, denen es ähnlich geht. Dort finden Sie in schwierigen Zeiten immer Verständnis und Beistand.
Wie wirkt sich die Depression des Partners auf die Liebesbeziehung aus?
Die Erkrankung macht sich oft nur schleichend bemerkbar, sodass man sie nicht gleich erkennt. Depressionen entstehen nicht über Nacht, sie bauen sich langsam auf. Manchmal glauben Partner:innen, die erkrankte Person sei vielleicht nicht mehr so interessiert an der Beziehung. Die heikelste Phase ist daher oft jene, in der die Lage bereits unangenehm ist, es aber noch keine Diagnose gibt.
Bei einer Paartherapie wird nicht per se die Person und ihre Erkrankung therapiert, sondern die Beziehung. Geht es daher um die Beziehung als solche, sollten beide auf der Höhe ihrer Kraft sein, um paarrelevante Entscheidungen treffen zu können. Daher muss man erfragen, ob die Person, die eine depressive Symptomatik hat, überhaupt fit genug für eine Paartherapie ist. Günstiger ist eine Art partnerassistierte Einzeltherapie. In diesem Fall würde die Person mit der Depression zur Einzeltherapie kommen und der Partner oder die Partnerin werden hin und wieder zur Therapie eingeladen.
Was tun im Verdachtsfall einer Depression?
Es kann helfen, die betroffene Person darauf anzusprechen und zu erzählen, dass man über Depressionen gelesen hat und gleichzeitig fragen, ob sich der- bzw. diejenige davon angesprochen fühlt. Gerne vorsichtig nachfragen: „Ist da was dran? Der heikelste Moment für Paarbeziehungen? Dann ist das zur Kenntnis zu nehmen. Dennoch darf man ruhig offenlegen, dass man sich dadurch in einem Dilemma befindet. Eine Seite macht sich Sorgen und möchte, dass die erkrankte Person die richtige Unterstützung bekommt, die andere Seite weiß, man sollte sie besser nicht mehr darauf ansprechen. Als Partner:in möchte man nicht lästig und gleichzeitig nicht fahrlässig sein.
Hilfe soll wertschätzend, liebevoll und deutungsoffen sein - mit einer Haltung des Wohlwollens. Die erkrankte Person ist dabei der:die Expert:in für sich selbst, das sollte auch so kommuniziert werden. Folgende Fragen können sehr hilfreich sein: „Was ist das Beste, das ich dir jetzt anbieten kann? Als Partner:in darf ich dieses Thema transparent und offen ansprechen, aber die Entscheidung treffen Betroffene allein. Vielleicht hilft es, zu betonen, dass die erste Stunde bei Psychotherapeut:innen meist ein unverbindliches, kostenloses Kennenlernen ist.
Wo finden Angehörige Unterstützung?
Das Leben mit einem Menschen mit Depression kann belastend sein. Es ist wichtig, auf die eigene Gesundheit zu achten und sich Hilfe zu holen. Die wichtigste Anlaufstelle ist HPE - Hilfe für Angehörige psychisch Erkrankter. HPE bietet Informationsmaterialien, Beratung, Selbsthilfegruppen, Seminare und vieles mehr in ganz Österreich. Es kann sowohl der:dem Betroffenen als auch Ihnen selbst als Angehörige:r, Partner:in oder Freund:in sehr helfen, wenn auch Sie sich Unterstützung holen: www.hpe.at
Behandlungsmöglichkeiten bei Depressionen
Zur Behandlung einer Depression stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung. Zu wesentlichen Therapiemaßnahmen zählen vor allem Medikamente, meist sogenannte Antidepressiva, und Psychotherapie. In jedem Fall erfolgt eine Aufklärung über die Erkrankung. Die Fachwelt nennt das Psychoedukation. Bei der Behandlung einer Depression können auch Ergotherapie oder Musiktherapie zum Einsatz kommen.
Sogenannte Antidepressiva sind Medikamente gegen Depressionen, denen ein ähnliches Prinzip zugrunde liegt. Diese sollen mit unterschiedlichen Wirkmechanismen die Konzentration von sogenannten Neurotransmittern im Gehirn, vor allem von Serotonin bzw. Noradrenalin oder Dopamin, erhöhen.
Weitere Therapieformen
- Elektrokonvulsionstherapie (EKT)
- Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS)
- Bewegungstherapie und sporttherapeutische Maßnahmen
- Musiktherapie
- Lichttherapie
- Schlafentzugstherapie
Wichtige Aspekte im Umgang mit Depressionen
- Seien Sie sich darüber im Klaren, dass Depression eine Krankheit ist.
- Sprechen Sie das Thema Depression auch in Ihrem Umfeld an.
- Bleiben Sie in Kontakt mit der depressiven Person, auch wenn das oft schwierig ist.
- Mitfühlen, aber nicht mitleiden.
- Versuchen Sie einen möglichst geregelten Tagesrhythmus einzuhalten: Aufstehen, Körperpflege, Mahlzeiten etc.
- Ermutigen Sie den Betroffenen zu Aktivitäten, machen Sie Angebote, immer und immer wieder.
- Achten Sie auf Ihre eigenen Ressourcen und Grenzen.
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