Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) ist eine psychische Erkrankung, die durch ein erlebtes Trauma (wie Gewalt, Krieg, Naturkatastrophe) entsteht. Beschrieben wurde dieses Störungsbild erstmals im Zusammenhang mit Kriegserlebnissen.
Was ist eine Posttraumatische Belastungsstörung?
Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) stellt eine verzögerte oder verlängerte Reaktion auf eine schwere Belastung bzw. Bedrohung dar. Posttraumatische Belastungsstörungen (PTBS) können auf außergewöhnliche Bedrohungssituationen (z.B. Krieg, terroristische Anschläge, schwere Unfälle, Gewalt) oder Veränderungen katastrophalen Ausmaßes (z.B. Naturkatastrophen) folgen.
Der Begriff Trauma stammt aus dem Griechischen und bedeutet "Wunde" oder "Niederlage". Ein Trauma beschreibt also eine sehr belastende Situation, in der sich der Betroffene ausgeliefert und hilflos fühlt. Verursacht werden posttraumatische Belastungsstörung durch außergewöhnliche und extreme Notlagen.
Ein solches Trauma entsteht zum Beispiel durch direkt erlebte Gewalt (physisch - auch sexuell - oder psychisch) oder aber miterlebte Gewalt wie beispielsweise während eines Krieges. Naturkatastrophen, bei denen Menschen starke Angst, Schutzlosigkeit, Hilflosigkeit und Kontrollverlust erleben, sind mitunter ebenfalls Auslöser einer PTBS.
Die posttraumatische Belastungsstörung wird auch posttraumatisches Belastungssyndrom genannt, da sie manchmal viele verschiedene Symptome umfasst. Zudem besteht die Möglichkeit, dass sich nach wiederholten oder andauernden extremen Belastungen (z.B. körperliche und/oder sexuelle Gewalt in der Kindheit, Folter) eine andauernde Persönlichkeitsveränderung entwickelt.
Lesen Sie auch: Verkehrsregeln Kreuzungen
Symptome der PTBS
Dabei kommt es zu verschiedenen Symptomen wie sich ständig aufdrängendes Wiedererleben des belastenden Ereignissen (Flashbacks), Überregbarkeit sowie Vermeidungsverhalten. Auch direkt während des Traumas oder unmittelbar danach sind intensive Reaktionen möglich. Gefühl, dass man selbst oder Dinge bzw. Veränderung der Wahrnehmung und des Zeiterlebens.
Man kann sich selbst dabei als abwesend und „leer“ (ohne Gefühle) empfinden. In diesem Zusammenhang spricht man bei den genannten Symptomen von Dissoziation. Sehr starke Schuld- und Schamgefühle sowie Stimmungsbeeinträchtigungen können ebenso auftreten. Nicht immer zeigen sich die Symptome in der vollständigen Ausprägung. Wenn Sie den Verdacht haben, an den Folgen eines psychischen Traumas zu leiden, können Sie sich vor allem an folgende Ansprechstellen wenden.
Symptome (nicht notwendigerweise alle) können sich zudem unmittelbar nach dem traumatischen Ereignis zeigen und bessern sich in der Regel in einem Zeitraum von vier bis zu maximal acht Wochen. Erst wenn die Symptome danach anhalten, spricht man von einer posttraumatischen Belastungsstörung. Gelegentlich kommt es aber auch zu einer verzögerten Reaktion, das heißt, die Symptome treten erst einige Zeit später auf. Ab einem Zeitraum von sechs Monaten spricht man dann von einer chronischen posttraumatischen Störung.
Zu den Hauptsymptomen einer PTBS zählen:
- das unwillkürliche Erinnern und Wiedererleben des Traumas (Intrusionen und Flashbacks)
- Vermeidung und Verdrängung des Geschehens
- Angst und Reizbarkeit
- eine Verflachung der Gefühle und Interessen
Weitere Symptome sind:
Lesen Sie auch: Wie sich intelligente Menschen verhalten
- Auftreten von Flashbacks (anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben von Belastungen durch sich aufdrängende, nachhallende Erinnerungen), lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume.
- Vermeidung von Umständen, die der Belastung ähnlich sind oder mit ihr in Zusammenhang stehen.
- Erhöhte Erregung und Empfindsamkeit - zusätzlich mit folgenden Merkmalen: Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit, Wutausbrüchen, erhöhter Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhter Wachsamkeit („Alarmmodus“).
- Gefühlsreaktionen und Gedanken in Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis spielen eine wesentliche Rolle (z.B. Angst, Hilflosigkeit).
Der Verlust von Kontrolle ist ein sehr wesentlicher Faktor bei der Entstehung von PTBS. Die Betroffenen befinden sich oft in einem Zustand der geistigen und körperlichen Übererregung, die sich in Form von Schreckhaftigkeit, Gereiztheit, Konzentrationsproblemen und Schlafstörungen äußern kann.
Spezifische Symptome im Detail
Unwillkürliches Wiedererleben des Traumas (Flashbacks):
Menschen mit PTBS werden spontan von aufkommenden Erinnerungen an das traumatische Erlebnis überwältigt und sind nicht fähig, dies willkürlich zu kontrollieren oder zu unterdrücken. Bei manchen Betroffenen kommen nur Bruchteile der Erinnerung hoch, während andere unter sogenannten Flashbacks leiden. Flashbacks beschreiben das halluzinationsartige Zurückversetzen in das Geschehen. Die Betroffenen haben das Gefühl, die Situation noch einmal zu durchleben.
Auslöser sind oftmals sogenannte Schlüsselreize, also wenn beispielsweise ein Kriegsopfer Schreie hört oder ein Brandopfer Rauch riecht. Auch das Wiederkehren der traumatischen Erinnerungen in Form von Albträumen ist typisch für die posttraumatische Belastungsstörung.
Vermeidung, Verdrängen und Vergessen:
Lesen Sie auch: Mehr emotionale Stärke
Zum eigenen Schutz vermeiden viele Menschen mit PTBS jene Gedanken, Situationen und Aktivitäten, welche die Erinnerung an das Geschehen möglicherweise wecken. Wer beispielsweise einen traumatischen Verkehrsunfall miterlebt hat, meidet öffentliche Verkehrsmittel und Autofahren. Brandopfer meiden eventuell das Anzünden von Kerzen oder Kaminfeuer.
Andere Betroffene sind nicht in der Lage, sich an alle Aspekte des traumatischen Erlebnisses zu erinnern. Experten sprechen von vollständiger oder teilweiser Amnesie.
Das bewusste Vermeiden ist auf lange Sicht kontraproduktiv für eine Genesung. Es verstärkt die Angst und die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung.
Nervosität, Angst und Reizbarkeit (Hyperarousal):
Viele Traumaopfer sind sehr empfänglich für Reize, und ihre Nerven liegen sprichwörtlich blank. Die Betroffenen sind überaus wachsam (hypervigilant), da sie sich unterbewusst stets in Gefahr wähnen. Zudem sind sie sehr schreckhaft und ängstlich. Auf Dauer ist dieser Zustand sehr anstrengend für den Körper.
Es kommt zu Konzentrationsschwierigkeiten, die Aufmerksamkeitsspanne verkürzt sich mit der Zeit immer mehr. Ein Buch zu lesen oder einen Film anzuschauen, wird für die Traumaopfer dann manchmal unmöglich. Diese generalisierte Anspannung führt zu leichter Reizbarkeit und unverhältnismäßigen Wutausbrüchen.
Hält die Daueranspannung auch nachts an, entwickeln sich Ein- und Durchschlafstörungen. Zusätzlich leiden einige Betroffene unter Albträumen. Diese fehlende Nachtruhe ist auf Dauer sehr schädlich. Die Betroffenen entspannen sich nicht mehr richtig, und Körper und Geist bekommen keine Möglichkeit, sich zu erholen. Folglich sinkt meistens die Belastbarkeit im Alltag.
Verflachung der Interessen und der Gefühle (Numbing):
Die Lebensfreude ist eventuell durch eine posttraumatische Belastungsstörung nachhaltig beeinträchtigt. Oft verlieren die Betroffenen jegliche Interessen und ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Sie verlieren die Lust am Leben und planen ihre Zukunft nicht mehr. Manche sind auch nicht mehr in der Lage, etwas zu fühlen - sei es etwa Freude, Liebe oder Traurigkeit. Es kommt zu einer Abstumpfung der Gefühle (Numbing = Taubheitsgefühl).
Die Traumaopfer fühlen sich häufig entfremdet und haben das Gefühl, das Erlebte trennt sie von ihren Mitmenschen und Angehörigen. Diese Veränderung des Gefühlslebens endet dann oft in einer Depression.
Ursachen und Risikofaktoren
Die Ursachen für eine posttraumatische Belastungsstörung sind mitunter sehr vielfältig. In jedem Fall handelt es sich dabei aber um ein traumatisches Erlebnis. Der Betroffene erleidet eine ernsthafte Bedrohung - es geht um sein eigenes Überleben.
Körperliche Gewalterfahrungen in Form von Vergewaltigung, Folter oder Krieg begünstigen eine posttraumatische Belastungsstörung meist noch mehr als durchlebte Naturkatastrophen oder Unfälle, für die niemand direkt verantwortlich ist. Die erlebte menschliche Gewalt ist in der Regel nicht mit dem bisher bestehenden Weltbild zu vereinbaren. Es gibt dann einen direkten “Feind”, der die Bedrohung darstellt.
Personen ohne soziale Unterstützung, insbesondere der Familie, gelten als anfälliger für eine posttraumatische Belastungsstörung. Auch Menschen mit einer psychischen Erkrankung sind besonders gefährdet, eine posttraumatische Belastungsstörung zu entwickeln. Wer unter einem sehr autoritären Erziehungsstil mit bestrafenden Konsequenzen der Eltern leiden musste, trägt ebenso ein höheres Risiko.
Die komplexe Form der posttraumatischen Belastungsstörung wird in der Regel durch besonders schwere, sich wiederholende und langandauernde traumatische Erlebnisse hervorgerufen. Beispiele dafür sind Kindheitstrauma durch körperliche Misshandlung oder sexueller Missbrauch. Weitere schwerwiegende Traumata, nach denen Menschen die komplexe posttraumatische Belastungsstörung entwickeln, sind Folter, sexuelle Ausbeutung oder andere Formen schwerer organisierter Gewalt (wie Menschenhandel).
Diagnose der PTBS
Liegt der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vor, steht zuerst das vertrauliche Patientengespräch mit der Ärztin/dem Arzt oder etwa der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten im Mittelpunkt. Dabei wird die bisherige Krankengeschichte (Anamnese) erhoben und behutsam nach den belastenden Ereignissen gefragt sowie Symptome erfasst. Mitunter werden auch standardisierte Fragebögen eingesetzt.
Es ist notwendig, körperliche bzw. andere Erkrankungen auszuschließen, ggf. werden weitere Untersuchungen veranlasst. Zum Beispiel eine neurologische Untersuchung oder eine Bildgebung (z.B. MRT), wenn gleichzeitig eine Verletzung (z.B. des Kopfes) vorliegt. Da auch oft körperliche Schmerzen auftreten, müssen auch diesbezüglich mögliche organische Ursachen dafür abgeklärt werden.
Diagnostische Kriterien werden in ICD-10 und DSM-5 beschrieben. Diese Klassifikationssysteme unterscheiden sich zum Teil. In Österreich wird die Diagnose nach ICD-10 gestellt.
Behandlungsmöglichkeiten
Eine posttraumatische Belastungsstörung wird idealerweise umgehend psychotherapeutisch und eventuell medikamentös behandelt.
Die therapeutischen und medizinischen Behandlungsmöglichkeiten sollen in einem ersten Schritt zur Stabilisierung beitragen. Im psychotherapeutischen Setting ist der Aufbau einer vertrauensvollen therapeutischen Beziehung wichtig. Es werden individuell vorhandene Ressourcen bei der Bewältigung der aufgetretenen Symptomatik herausgearbeitet, und diese können neben anderen Interventionen (z.B. Skillstraining, das die eigenen Fähigkeiten zum Umgang bestimmter Situationen fördert) zur Stabilisierung des Betroffenen herangezogen werden.
Die ausreichende Stabilisierung und die Erarbeitung von Bewältigungsmöglichkeiten für den Alltag stehen am Beginn einer Psychotherapie im Zentrum. In der Stabilisierungsphase ist ein wichtiges Thema die Wiederherstellung von äußerer und innerer Sicherheit, wobei hier die vorhandenen Ressourcen (oft sind sie nicht bewusst abrufbar) eine wichtige Rolle spielen.
Eine Durcharbeitung des Traumas sollte mit dem begleitenden Therapeuten besprochen werden. Dabei ist es wichtig, dass der Betroffene ausreichend Stabilität erlangt hat und so eine erneute Traumatisierung weitgehend ausgeschlossen werden kann. Bei komplexen Traumatisierungen, das sind mehrmals erlebte oder fortdauernde Verletzungen, liegt der Fokus der Psychotherapie sehr lange Zeit bei der Erarbeitung eines stabilen emotionalen Zustandes.
In der danach folgenden sogenannten Integrationsphase geht es darum, das Erlebte anzunehmen und ihm einen Platz im Leben zu geben. Hier kommt es häufig zu intensiven Trauergefühlen. Es geht um das Durchschreiten eines Trauerprozesses, um sich von alten Mustern zu lösen und sich wieder ganz dem Leben im Hier und Jetzt zuwenden zu können.
Wie können Sie als Betroffener zur Genesung beitragen?
Die Symptome nach einer Traumatisierung können auch als eine Art „Selbstheilungsversuch“ verstanden werden. Übungen, die zu einer Verankerung im Hier und Jetzt führen, können ein Aussteigen aus der Realität, wie es bei einer Dissoziation oder einem „Flashback“ passiert, verhindern. Dabei können bereits ganz einfache Denksportarten, wie z.B.
Häufig sind Ängste vorhanden, die von Vermeidungsverhalten begleitet werden. Das Vermeiden führt letztlich nicht zur Bewältigung der Angst. Es ist wichtig, sich der Angst zu stellen. Auch kleine Schritte sind hier ein Erfolg. Es kann helfen, sich zu fragen, was bisher im Leben bereits hilfreich war.
Das Vertrauen in andere Menschen ist bei Traumatisierten oft schwer erschüttert. Es ist nicht leicht, wieder auf die eigenen Grenzen und Bedürfnisse zu achten. Es geht darum, die bestehenden Beziehungen dahingehend zu überprüfen, ob sie innerhalb dieser auch die Möglichkeit haben, ihren Bedürfnissen nachzukommen bzw. ihren Bedürfnissen Ausdruck zu verleihen.
Eine Strukturierung des Alltags (Essenszeiten einhalten, Bewegung machen, Freunde treffen, einkaufen gehen,…) kann sehr hilfreich sein. Regelmäßige Bewegung hilft beim Abbau von Stress und Spannung. Eine wichtige Ressource kann immer wieder die Natur sein. In der Natur kann ein ständiges Werden und Vergehen beobachtet werden. Daraus kann viel Hoffnung geschöpft werden. Zudem können die Sinne aktiviert werden und so das Leben im Hier und Jetzt als wertvoll erlebt werden.
Krankheitsverlauf und Prognose
Wie eine posttraumatische Belastungsstörung verläuft, ist abhängig vom Schweregrad und den eigenen Ressourcen. In der Mehrzahl der Fälle bestehen gute Heilungschancen, insbesondere wenn Betroffene rechtzeitig eine geeignete Therapie beginnen. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen verschwindet die PTBS sogar innerhalb von zwölf Monaten ohne Behandlung.
Mit einer adäquaten Psychotherapie dauert die posttraumatische Belastungsstörung durchschnittlich 36 Monate. Ohne therapeutische Unterstützung verläuft sie mit durchschnittlich 64 Monaten deutlich länger. Auch die Unterstützung durch das soziale Umfeld ist ausgesprochen wichtig für den Heilungsprozess und um die Gefahr eines Rückfalls zu verringern. Bestehen die Symptome allerdings über Jahre, kommt es bei etwa einem Drittel der Betroffenen zu einem chronischen Verlauf.
Einigen Patienten gelingt es, das Trauma als Reifungsprozess zu sehen und dem Erlebten etwas Positives abzugewinnen ("traumatic growth" genannt). Oftmals helfen sie dann anderen Betroffenen dabei, ihre posttraumatische Belastungsstörung anzugehen, oder setzen sich für Opferorganisationen ein.
Informationen zur Kostenübernahme:
Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnosemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger.
Informationen zur Kostenübernahme von Psychotherapie finden Sie unter Psychotherapeutin/Psychotherapeut sowie unter Psychotherapie: Angebote & Adressen. Informationen zur Kostenübernahme von klinisch-psychologischer Diagnostik finden Sie unter Klinische Psychologin/Klinischer Psychologe.
tags: #posttraumatische #belastungsstörung #symptome