Amerikas Reaktion auf Trumps Verhalten

Politiker aus der ganzen Welt zeigten sich geschockt über den Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington. Viele sahen darin einen Angriff auf die Demokratie.

Internationale Verurteilung des Angriffs auf das Kapitol

Führende Politiker auf der ganzen Welt verurteilten den Sturm von Trump-Anhängern auf das Kapitol in Washington. Viele sahen einen Angriff auf die Demokratie.

  • Der gewählte künftige amerikanische Präsident Joe Biden erklärte: "Ich bin wirklich schockiert und traurig, dass unsere Nation - so lange Leuchtfeuer und Hoffnung für Demokratie - an so einem dunklen Moment angekommen ist."
  • Der ehemalige US-Präsident George W. Bush betonte: "So werden Wahlergebnisse in einer Bananenrepublik angefochten - nicht in unserer demokratischen Republik." Zugleich kritisierte der Republikaner den scheidenden Präsidenten Donald Trump und seine Unterstützer in der Partei - ohne sie jedoch beim Namen zu nennen. "Ich bin entsetzt über das rücksichtslose Verhalten einiger politischer Anführer seit der Wahl", schrieb Bush.
  • Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell hat die Unruhen am Kapitol in Washington ebenfalls scharf verurteilt. Er sprach von einem "beispiellosen Angriff auf die US-Demokratie, ihre Institutionen und den Rechtsstaat". "Das ist nicht Amerika." Die Präsidentschaftswahlen vom 3. November müssten respektiert werden.
  • Ähnlich äußerte sich EU-Parlamentspräsident David Sassoli: "Tief beunruhigende Szenen vom US-Kapitol heute Abend." Demokratische Wahlen müssten respektiert werden. "Die Vereinigten Staaten stehen in aller Welt für Demokratie, und nun ist entscheidend, dass es zu einer friedlichen und geordneten Machtübertragung kommt."
  • Deutschlands Außenminister Heiko Maas (SPD) ließ wissen: "Trump und seine Unterstützer sollten endlich die Entscheidung der amerikanischen Wähler*Innen akzeptieren und aufhören, die Demokratie mit Füßen zu treten."
  • Auch Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, der bekanntlich ein gutes Verhältnis zu Donald Trump hat, hat die gewaltsamen Szenen in Washington kommentiert. Der Regierungschef sprach am Donnerstag in Jerusalem von einer schändlichen Tat. Gesetzlosigkeit und Gewalt seien das Gegenteil von den Werten, die Amerikaner und Israelis schätzten, sagte Netanyahu vor einem Treffen mit US-Finanzminister Steven Mnuchin in Jerusalem.

Trumps Verhalten gegenüber Selenskyj

Trump überzog Selenskyj bei dessen Besuch in Washington öffentlich mit Vorwürfen. Er „riskiere einen Dritten Weltkrieg“, soll der US-Präsident zum ukrainischen Staatschef gesagt haben. Das Rohstoffabkommen unterzeichnen die beiden wohl nicht.

Nach dem explosiven Zerwürfnis vor den Augen der Welt beharren sowohl US-Präsident Donald Trump als auch sein ukrainischer Kollege Wolodymyr Selenskyj auf ihren Positionen. Selenskyj stellte in einem TV-Interview nach dem Vorfall klar, dass er sich nicht bei Trump entschuldigen wolle und pochte weiter auf Sicherheitsgarantien für ein mögliches Friedensabkommen mit Russland. Trump hingegen machte deutlich, dass er die Gespräche mit Selenskyj nicht sofort wieder aufnehmen will.

Das Treffen zwischen US-Präsident Trump und dem ukrainischen Präsidenten im Weißen Haus war am Freitag völlig eskaliert. Trump drohte Selenskyj damit, die Ukraine im Kampf gegen Russland im Stich zu lassen, sollte es nicht zu einer Einigung mit dem russischen Machthaber Wladimir Putin kommen. "Sie werden entweder einen Deal machen oder wir sind raus", sagte Trump am Freitag im Weißen Haus.

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Trump überzog Selenskyj vor laufenden Kameras lautstark mit heftigen Vorwürfen. "Sie setzen das Leben von Millionen Menschen aufs Spiel. Sie riskieren einen Dritten Weltkrieg", sagte er zu seinem Gast. Trump forderte Selenskyj auf, dankbar für die US-Hilfe im Kampf gegen Russland zu sein und verlangte von ihm, seine Haltung zu ändern.

Trump unterbrach Selenskyj immer wieder, während der ukrainische Präsident versuchte, etwas zu erwidern. Stellenweise entwickelten sich heftige Wortgefechte. Nach dem offenen Schlagabtausch verließ Selenskyj das Weiße Haus früher als geplant und fuhr weg. Dem Weißen Haus zufolge wurde eine geplante Pressekonferenz von Trump und Selenskyj im Weißen Haus abgesagt.

Danach warf der US-Präsident seinem ukrainischen Kollegen vor, nicht bereit zu einem Frieden unter Beteiligung der USA zu sein. Selenskyj habe sich respektlos gegenüber den USA und dem Oval Office im Weißen Haus gezeigt, schrieb Trump auf seinem Online-Dienst Truth Social. "Er kann wiederkommen, wenn er bereit zu einem Frieden ist."

Selenskyj erklärte bei einem Interview des US-Senders Fox News, dass er sich nicht bei Trump entschuldigen werde. Auf eine entsprechende Frage antwortete Selenskyj: "Nein. Ich respektiere den Präsidenten, und ich respektiere das amerikanische Volk (...) und ich denke, dass wir sehr offen und sehr ehrlich sein müssen."

Trump machte sich am späten Freitagnachmittag (Ortszeit) auf den Weg in sein Anwesen Mar-a-Lago in Florida. Es blieb offen, ob er in den kommenden Tagen für ein weiteres Gespräch mit dem Ukrainer bereit ist. "Das war kein Mann, der Frieden schließen wollte, und ich bin nur interessiert, wenn er das Blutvergießen beenden will", sagte er vor dem Abflug. Wenn die Ukraine nicht einlenke, dann müsse die Ukraine alleine weiterkämpfen, warnte er erneut.

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US-Außenminister Marco Rubio forderte Selenskyj auf, sich "dafür zu entschuldigen, dass er unsere Zeit für ein Treffen verschwendet hat, das so enden würde, wie es endete." Man bekomme den Eindruck, dass Selenskyj vielleicht gar kein Friedensabkommen wolle, so Rubio gegenüber dem Sender CNN.

Ein Rohstoffabkommen haben Trump und Selenskyj dem Weißen Haus zufolge nicht unterzeichnet, wie es eigentlich geplant war. Wie aus US-Kreisen verlautete, schließt Trump zwar eine Vereinbarung weiterhin nicht aus. Jedoch müsse die Ukraine bereit sein, ein konstruktives Gespräch zu führen.

US-Medien zufolge sollen Selenskyj und seine Begleiter nach dem Eklat im Oval Office in einem anderen Raum gewartet und noch darauf gehofft haben, doch noch einmal zu dem US-Präsidenten vorgelassen zu werden. US-Außenminister Rubio und Trumps Sicherheitsberater Mike Waltz sollen den Ukrainern aber klargemacht haben, dass sie jetzt gehen müssten und eine weitere Unterredung mit Trump kontraproduktiv sei, wie etwa der Sender CBS berichtete.

Auch ein geplanter Auftritt Selenskyjs in der Washingtoner Denkfabrik Hudson Institute wurde nach dem Eklat laut der Einrichtung abgesagt. Ebenso wurde ein Besuch Selenskyjs im ukrainischen Kulturzentrum in der US-Hauptstadt gestrichen, wie ein ukrainischer Regierungsvertreter mitteilt.

Nach ukrainischen Angaben war vorgesehen, dass die USA und die Ukraine künftig gemeinsam Rohstoffe auf ukrainischem Gebiet fördern. Die Einnahmen sollen in einen gemeinsamen Fonds fließen. In der Ukraine befinden sich rund fünf Prozent der weltweiten Bodenschätze. Diese sind jedoch zum Großteil noch nicht erschlossen und schwierig abzubauen. Viele Vorkommen befinden sich zudem in den besetzten Gebieten unter russischer Kontrolle.

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Das geplante Abkommen enthält demnach aber keine ausdrückliche Verpflichtung der USA hinsichtlich der Sicherheit der Ukraine. Trump sieht in dem Abkommen eine Gegenleistung für von Washington bereits geleistete Militärhilfe. Die Präsidenten sollten eigentlich ein Rohstoffabkommen zur gemeinsamen Nutzung von Bodenschätzen in der Ukraine unterzeichnen. Über den Inhalt der Vereinbarung war wenig bekannt geworden - die von Selenskyj geforderten Sicherheitsgarantien der USA gegenüber Russland scheinen darin jedoch nicht enthalten zu sein.

Der Ton zwischen Washington und Kiew hatte sich zusätzlich verschärft, nachdem sich Selenskyj Mitte Februar zunächst geweigert hatte, eine von den USA einseitig vorgelegte Version des Rohstoffabkommens zu unterzeichnen. Als Grund nannte er damals mangelnde Sicherheitsgarantien. In der Folge bezeichnete Trump den ukrainischen Präsidenten als "Diktator ohne Wahlen" und gab der Ukraine die Schuld an der russischen Invasion im Februar 2022.

In den vergangen Tagen war Trumps Ton wieder gemäßigter geworden. Er habe "viel Respekt" für Selenskyj, sagte er am Donnerstag. "Wir werden gut miteinander auskommen." Das nun ausgehandelte Abkommen weicht von Trumps ursprünglicher Forderung ab, die Ukraine unter anderem zur Lieferung von Rohstoffen im Gesamtwert von 500 Milliarden Dollar (477,24 Mrd. Euro) zu verpflichten.

Medienreaktionen zum Treffen Trump-Selenskyj

Die US-Medien berichten breit über den Streit beim Treffen des ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj mit US-Präsident Donald Trump und Vizepräsident J.D. Vance. Eine Auswahl:

  • Die "Washington Post" schrieb in einem Kommentar: "Donald Trump klang am Freitag eher wie Don Corleone (der Mafia-Boss aus "Der Pate") als wie ein US-amerikanischer Präsident."
  • Das konservative "Wall Street Journal" titelte einen Kommentar mit "Putin gewinnt das Trump-Selenskyj Spektakel im Oval Office".
  • Die "New York Times" titelte einen Bericht: "Trump maßregelt Selenskyj in feurigem Austausch im Weißen Haus".
  • In einem Bericht des Trump-nahen Nachrichtensenders Fox News hieß es: "Die Friedensverhandlungen zwischen Russland und der Ukraine kamen am Freitag jäh zum Erliegen, nachdem sich bei einem Treffen zwischen Präsident Donald Trump und dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj im Oval Office der Zorn entlud. Die Welt fragt sich nun, wie es mit den Verhandlungen weitergeht und ob die beiden Staatsoberhäupter ihre Beziehungen so weit verbessern können, dass die USA den Frieden vermitteln können. Einige sagen, Europa müsse sich einschalten, um die Feindseligkeiten zu beenden, während andere meinen, Selenskyj müsse entweder Schadensbegrenzung betreiben oder zurücktreten."

Verfassungskrise durch Trumps Handlungen?

US-Präsident Donald Trump setzt seine Strategie der Flut an von ihm unterzeichneten Dekreten unvermindert fort. Fachleute sprechen bereits von einer Verfassungskrise durch Trumps Handlungen, wie etwa die „New York Times“ am Dienstag schreibt. Einige Richter und Richterinnen stellen sich den Dekreten Trumps entgegen.

Rechtsexperten und -expertinnen gehen davon aus, dass Trump mit seinem Vorgehen die Grenzen der Exekutivgewalt auf eine gewaltige Probe stellt. „Wir befinden uns gerade mitten in einer Verfassungskrise“, so Erwin Chemerinsky, Dekan der juristischen Fakultät der University of California in Berkeley, in der „New York Times“. In den ersten 18 Tagen der Präsidentschaft von Trump habe es „so viele verfassungswidrige und illegale Handlungen“ gegeben. So etwas habe man noch nie gesehen. „Systematische verfassungswidrige und rechtswidrige Handlungen führen zu einer Verfassungskrise“, so der Rechtsprofessor.

Chemerinsky zählte einige Beispiele für das, was er als gesetzloses Verhalten von Trump bezeichnet, auf: den Entzug der Staatsbürgerschaft durch Geburt, das Einfrieren von Bundesausgaben, die Schließung von Behörde, die Absetzung von Leitern bzw. Leiterinnen von Behörden, die Entlassung von Regierungsangestellten, die dem Schutz für den öffentlichen Dienst unterliegen, und die Drohung, Menschen aufgrund ihrer politischen Ansichten abzuschieben. Das sei eine unvollständige Liste, so Chemerinsky, und sie werde von Tag zu Tag länger.

Das Besondere an der aktuellen Situation ist laut mehreren Rechtswissenschaftlern und Rechtswissenschaftlerinnen die „chaotische Flut an Aktivitäten, die insgesamt einer radikal neuen Vorstellung von der Macht des Präsidenten gleichkommt“. Der Umfang und die Geschwindigkeit dieser Exekutivanordnungen und Maßnahmen könnten einen überwältigen und so auch die Gerichte überfordern, so die Zeitung weiter. Es sei eine offene Frage, ob die US-Regierung die Gerichte genauso missachten werde wie den Kongress und die Verfassung.

Eine Reihe von Dekreten von Trump verstoße „eindeutig gegen die vom Kongress erlassenen Gesetze“. Die Regierung demonstriere auch ihre Missachtung der Grundwerte der Verfassung gegenüber, wie Gewaltenteilung, Meinungsfreiheit, gleiche Gerechtigkeit vor dem Gesetz.

Für Besorgnis sorgen auch Aussagen aus dem nahen Umfeld von Trump, Gerichtsurteile nicht anzuerkennen und mit den dadurch diskreditierten Plänen einfach weiterzumachen, ohne den Gerichtsspruch umzusetzen.

Vance äußerte sich am Sonntag und schrieb, „Richter dürfen die legitime Macht der Exekutive nicht kontrollieren“, so der US-Vizepräsident in einer Umkehrung der demokratischen Regel der Gewaltenteilung, dass auch die ausführende Gewalt den Gesetzen unterliegt.

Trump hatte den Tech-Multimilliardär Musk, der ihn mit seinem Vermögen und Auftritten im Wahlkampf kräftig unterstützt hatte, mit der Leitung einer neuen Abteilung für staatliche Effizienz (DOGE) betraut. In dieser Funktion ist Musk federführend an dem eingeleiteten massiven Personal- und Kostenabbau in den Bundesbehörden beteiligt.

Mit Trumps Zustimmung begann Musk mit Einsparungen beim US-Finanzministerium und der Entwicklungshilfebehörde USAID, indem er sich Zugang zu Computersystem verschaffte, um Missbrauch und Verschwendung nachzuspüren, und Arbeitnehmer und -nehmerinnen beurlaubte. DOGE wurde jedoch ohne Beschluss des Kongresses gegründet und hat deshalb nicht den Status einer Behörde. Auch Musk ist in keinem gewählten Amt.

Fachleute sehen in den Dekreten von Trump noch ein weiteres Problem. Viele von Trumps Exekutivanordnungen stünden rechtlich auf wackeligen Beinen. So wurde etwa Trumps Vorhaben, in USA geborenen Kindern ausländischer Eltern die Staatsbürgerschaft zu verweigern, vor Gericht abgeblockt.

„Es wird immer deutlicher, dass für unseren Präsidenten die Rechtsstaatlichkeit nur ein Hindernis für seine politischen Ziele ist“, so Coughenour. „Die Rechtsstaatlichkeit ist für ihn etwas, das man umschiffen oder einfach ignorieren kann, sei es zum politischen oder persönlichen Vorteil.“

Die Urteile gegen Trumps Exekutivanordnungen sind allerdings vorerst vorübergehend. Fachleute sehen die Streitigkeiten vor Gericht erst am Beginn. Im Hintergrund geht es um die Ausweitung der präsidialen Macht.

Die europäische Perspektive auf Trump

Was ist da los in Amerika? Das fragen sich wohl viele in Europa, wenn sie erleben, mit welcher Unverschämtheit der neue alte US-Präsident Donald Trump seine Macht spielen lässt und dabei von loyalen Persönlichkeiten aus Wirtschaft und Medien öffentlichkeitswirksam unterstützt wird.

„Aus unserer europäischen Perspektive, als Bürger und Bürgerinnen zentralistisch organisierter Staaten, denken wir in Sachen Politik ganz anders als die Menschen in den USA“, sagt Roberta Maierhofer, Leiterin des Zentrums für Inter-Amerikanische Studien der Universität Graz. „Durch die Weite des Landes ist das Leben der Einzelnen viel stärker von regionalen Communitys und der Politik im Bundesstaat geprägt. Diese spielen für die Menschen eine weitaus wichtigere Rolle als die Regierung in Washington, die sich gar nicht zu viel einmischen sollte“, erklärt die Wissenschaftlerin.

Das, was sich die Amerikaner:innen von ihrem Präsidenten erwarten, sei in erster Linie, so Maierhofer, die USA zu repräsentieren, als starke, unabhängige Nation. Und genau das tut Donald Trump in den Augen vieler: Er macht, was er will, traut sich zu sagen, was viele denken, verhandelt mit den Mächtigen der Welt aus einer Position der Stärke und verspricht, alle Probleme zu lösen.

Der Lebensstandard ist in den USA im letzten Jahrzehnt gesunken. „Der Mittelstand ist stark geschwächt. Es gibt weniger Sozialausgaben als unter Reagan und reale finanzielle Einbußen“, beschreibt Maierhofer eine Situation, die große Teile der Bevölkerung unzufrieden macht. Trump verspricht Abhilfe und weiß, was zu tun ist: Das Land müsse vor allem wieder auf sich schauen, statt sich um andere zu kümmern. Zölle sollen die eigene Wirtschaft stärken.

„Die Idee, Länder zu kaufen, klingt aus heutiger Sicht absurd, ist aber nicht neu. 1946 hatte US-Präsident Truman der dänischen Regierung 100 Millionen Dollar für Grönland angeboten. 2019 sprach Trump das Thema erneut an“, erinnert Maierhofer. 1917 hatten die USA von Dänemark die karibische Inselgruppe der West Indies - seitdem US Virgin Islands - gekauft, 1867 Alaska vom Russischen Kaiserreich, 1803 Louisiana von den Franzosen. „Trump folgt verschiedenen kulturellen Narrativen“, sagt die Amerikanistin. Das sind Erzählungen, die das Bild der Vereinigten Staaten geprägt haben. Dazu gehört auch ihre Unabhängigkeit: „Wir lassen uns von niemandem etwas sagen! Die USA betrachten jede Einmischung in die Gestaltung ihrer Außenpolitik als inakzeptabel. Deshalb erkennen sie den Internationalen Gerichtshof auch nicht an“, erklärt Maierhofer.

Mit Blick auf Trumps Agieren spricht sie vom „Pippi-Langstumpf-Prinzip: Wir machen uns die Welt, so wie sie uns gefällt. Dabei sind wir furchtlos und kümmern uns nicht um Normen und Regeln des politischen Handelns, anti-establishment.“

„Wir in Europa werden Trumps Präsidentschaft wahrscheinlich stärker zu spüren bekommen als die Menschen in den USA“, vermutet Maierhofer und verweist unter anderem auf die angekündigten Zölle, die Forderung zur Zahlung der vereinbarten NATO-Beiträge, die Aussetzung vereinbarter Klimaziele oder den Rückzug der USA als Schutzmacht Europas. „Die Außenpolitik ist die Bühne Trumps und seiner Vertrauten.“

Unabhängig davon sei Trumps Agieren mit Blick auf die Demokratie jedenfalls besorgniserregend, so die Amerikanistin. Innenpolitisch könne er über die Besetzung von Posten, wie zum Beispiel Richter:innen, weitreichend Einfluss nehmen, auch über die Zeit seiner Präsidentschaft hinaus.

Gleichzeitig aber ist die Wissenschaftlerin zuversichtlich: „Ich vertraue auf die Kräfte der Demokratie in den USA. Die haben sofort nach der Wahl wieder angefangen zu arbeiten, wenn sie auch nicht immer sichtbar sind.“ Die Republikaner wollten unbedingt wieder an die Macht, aber Maierhofer ist sich sicher, dass die Mehrheit der Partei sowie deren Wähler:innen nicht auf einer Linie mit Trump liegen.

Und dann sind da noch die weitreichenden Freiheiten und Befugnisse der Bundesstaaten. Jeder hat seine eigene Verfassung, Gesetzgebung und Gerichtsbarkeit. Daraus ergeben sich viele demokratiepolitische Einflussmöglichkeiten, die die Macht eines US-Präsidenten, so dominant er auch auftreten mag, klar beschränken.

Die Chataffäre und ihre Folgen

„Grobe Fahrlässigkeit“, „amateurhaftes Verhalten“, „ungeheuerliche Versäumnisse“ und „erschütternd“ sind nur einige der Reaktionen auf die Chataffäre rund um Vertraute von US-Präsident Donald Trump. Kritik kam nicht nur von Demokraten und Sicherheitsfachleuten, sondern auch von Republikanern.

Hochrangige Mitglieder der Trump-Regierung, darunter Vizepräsident JD Vance, Verteidigungsminister Pete Hegseth, Außenminister Marco Rubio, CIA-Direktor John Ratcliffe und die Stabschefin des Weißen Hauses Susie Wiles sollen neben anderen hochrangigen Beamten Mitglieder der betreffenden Chatgruppe gewesen sein.

Trumps Sicherheitsberater Waltz soll zudem - wahrscheinlich irrtümlich - den Chefredakteur des Magazins „The Atlantic“, Jeffrey Goldberg, in die Gruppe aufgenommen haben. In der Signal-Gruppe wurde über einen bevorstehenden Angriff gegen die Huthi-Miliz im Jemen geschrieben. Wenige Stunden nachdem Hegseth die Pläne zu den Bombardierungen in der Signal-Gruppe geteilt hatte, erfolgte der Angriff am 15. März. Laut Goldberg enthielt der Plan präzise Informationen über Waffen, Ziele und Uhrzeiten der Angriffe.

Dass Signal nicht ausreichend Sicherheit für eine sensible Kommunikation der Regierung bietet, bestätigen auch Experten. Die Verschlüsselung sei zwar stark, aber es reiche nicht für hochsensible, geheime Gespräche. Zum einen laufe Signal grundsätzlich auf unsicheren Geräten, zum anderen könnte ein ausländischer Geheimdienst auf gespeicherte Nachrichten zugreifen.

Das Problem dürfe nicht unterschätzt werden, warnte der ehemalige CIA-Offizier Kevin Carroll. Er hat sich als Anwalt auf nationale Sicherheitsfälle spezialisiert und geht davon aus, dass der Signal-Chat gegen Gesetze verstoßen hat: „Wenn diese Leute junge uniformierte Soldaten wären, würden sie vor ein Kriegsgericht gestellt.“ Die BBC sprach von einem „Versagen der operationellen Sicherheit der Trump-Regierung“.

Das Weiße Haus spielte die Panne herunter. In dem Gruppenchat seien weder geheime Informationen geteilt noch „Kriegspläne“ besprochen worden, teilte Sprecherin Karoline Leavitt via X mit. Die Regierung prüfe derzeit, wie Goldbergs Telefonnummer versehentlich dem Gruppenchat hinzugefügt worden sei.

Trump tat den Vorfall als „Ausrutscher“ ab. Es sei für seine Regierung „der einzige Ausrutscher in zwei Monaten“, der sich „als nicht schwerwiegend“ herausgestellt habe, sagte Trump in einem Interview mit dem US-Sender NBC. Der offenbar für die Panne verantwortliche Nationale Sicherheitsberater Waltz sei „ein guter Mann“ und habe „seine Lektion gelernt“, sagte Trump. Goldberg sei nicht von Waltz persönlich zu der Chatgruppe hinzugefügt worden, sondern von einem Mitarbeiter.

Die Opposition will die Kommunikationspanne untersuchen lassen. Die Direktorin des Nationalen Nachrichtendienstes, Tulsi Gabbard, und der CIA-Direktor Ratcliffe - die beide an dem Chat teilnahmen - sagten vor dem Geheimdienstausschuss des Senats aus, dass in dem Gruppenchat auf Signal kein geheimes Material ausgetauscht worden sei. Die demokratischen Senatoren äußerten sich angesichts dieser Darstellung jedoch skeptisch.

Pentagon-Memorandum: Signal nicht autorisiert. In den vergangenen Wochen erklärten hochrangige Beamte der Trump-Regierung Medienberichten zufolge immer wieder, dass unbefugte Leaks sensibler Materialien an Journalisten von Personen in US-Geheimdiensten und dem Pentagon aggressiv untersuchen würden.

Für Entsetzen sorgte die Panne bei den Demokraten. Sie fordern eine Untersuchung und Anhörung zu der Angelegenheit. Ihr Minderheitsführer im Senat, Chuck Schumer, sprach von „amateurhaftem Verhalten“. Gegenüber dem TV-Sender ABC sprach er von einer der „unglaublichsten Verletzungen“ militärischer Geheimnisse, die ihm je untergekommen sei.

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