Für Menschen mit Depressionen oder Angststörungen kann der erste Schritt, sich Hilfe zu suchen, sehr schwer sein. Wenn Depressionen und Angststörungen nicht behandelt werden, können sie Monate, manchmal auch Jahre andauern und sich negativ auf das Leben von Betroffenen auswirken. Es ist wichtig, sich früh Hilfe zu suchen.
Jeder Mensch kann im Laufe seines Lebens psychisch belastende Zeiten erleben. Eine Psychotherapie ist in der Regel dann notwendig, wenn die eigenen Gedanken, Gefühle oder das eigene Verhalten die Lebensqualität negativ beeinträchtigen. Psychotherapie möchte den/-ie Patient/in in seiner/ihrer Entwicklung voranbringen und Möglichkeiten aufzeigen, die bestehenden Schwierigkeiten zu verstehen und Wege zu finden, wie damit umgegangen werden kann. Im Anschluss an die Therapie sollen Therapierte ein glücklicheres und sorgenfreieres Leben führen können. Ein/e Psychotherapeut/in begleitet seine Patienten/-innen ein Stück auf ihrem Lebensweg und unterstützt sie.
Sowohl Psychotherapeuten/-innen, Psychiater/-innen als auch Psychologen/-innen können eine Psychotherapie durchführen. Der genaue Unterschied zwischen den Berufsfeldern liegt vor allem in ihren verschiedenen Ausbildungen und dem daraus erworbenem Wissen, sowie der Tatsache, dass ärztliche Psychotherapeuten/-innen auch Medikamente verschreiben dürfen. Da es vielen Menschen schwer fällt zwischen den verschiedenen Berufsgruppen zu unterscheiden, die sich mit psychischen Belastungen und Erkrankungen beschäftigen, gibt es hier eine kurze Beschreibung der diversen Fachrichtungen:
- Fachärztinnen und Fachärzte für Psychiatrie haben ein Medizinstudium absolviert und sich in ihrer Ausbildung auf psychiatrische Erkrankungen spezialisiert.
- Psychologinnen und Psychologen haben ein Universitätsstudium der Psychologie abgeschlossen und danach eine postgraduelle Ausbildung in klinischer Psychologie absolviert.
- Gesundheitspsychologinnen beziehungsweise Gesundheitspsychologen haben ebenfalls ein Studium der Psychologie absolviert und anschließend eine Zusatzausbildung im Bereich Gesundheitspsychologie abgeschlossen.
- Psychotherapie ist ein eigenständiges Heilverfahren, das von ausgebildeten Psychotherapeutinnen beziehungsweise Psychotherapeuten angewendet wird, um seelische Störungen zu behandeln und Leidenszustände zu verringern.
Finanzierungswege der Psychotherapie
Die Kosten für Psychotherapie trägt entweder der/-ie Patient/in in voller Höhe ('Selbstzahler') oder ein Teil der Kosten wird von der Krankenkasse erstattet ('Teilfinanzierung'). Voraussetzung für eine (Teil-)Übernahme der Kosten durch die Krankenkasse ist immer eine krankheitswertige Störung.
Psychotherapie ist derzeit größtenteils eine private Leistung, deren Kosten von Bundesland zu Bundesland variieren. Eine Einzeltherapiesitzung von 50 Minuten Dauer kostet in der Regel zwischen 50 und 130 Euro, eine 90-minütige Gruppensitzung zwischen 24 und 50 Euro. Kostenlose Psychotherapie gibt es vor allem in Institutionen, die entweder die öffentliche Hand mitfinanziert oder die vertraglich an die Krankenkassen gebunden sind. Normalerweise wird jedoch ein geringer Selbstbehalt verlangt. Solche Einrichtungen sind beispielsweise der psychosoziale und der schulpsychologische Dienst, oder Frauen-, Familien-, Erziehungs- sowie Studentenberatungsstellen.
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Kosten als Selbstzahler
Durchschnittlich liegen die Kosten bei Therapeut*innen, die eingetragen sind (also mit ihrer Ausbildung fertig sind), bei rund 110-140 Euro pro Einheit. Bei Therapeut*innen, die in Ausbildung unter Supervision (iAuS) sind, beträgt das Honorar rund 80-100 Euro - eine Teilrefundierung durch die Krankenkasse ist hier (in der Regel) nicht möglich. Viele Psychotherapeut*innen bieten auch Sozialtarife an, also Tarife, die unter dem Honorar liegen, das sie normalerweise verlangen.
Teilrefundierung durch die Krankenkasse
Wenn Sie die Psychotherapie bei niedergelassenen Psychotherapeut:innen durchführen, die nicht in ein Finanzierungsmodell eingebunden sind, haben Sie die Möglichkeit, einen Antrag auf Kostenzuschuss durch die Krankenversicherung zu stellen. Wird dieser genehmigt, erstatten Ihnen die Kassen einen Teil des an die Psychotherapeutin bzw. den Psychotherapeuten bezahlten Honorars zurück. Um einen Zuschuss zu erhalten, benötigen Sie eine Bestätigung darüber, dass Sie sich spätestens vor der zweiten Psychotherapiesitzung einer ärztlichen Untersuchung unterzogen haben. Diese Untersuchung dient dazu, eventuelle körperliche Erkrankungen abzuklären, die die seelische Problematik vielleicht (mit-)bedingen. Die Untersuchung kann von einem praktischen Arzt durchgeführt werden, für die Bestätigung gibt es ein Formular. Die Untersuchung bezieht sich nur darauf, ob körperliche Erkrankungen vorliegen, nicht aber darauf, ob eine Psychotherapie notwendig oder zweckmäßig ist. Es ist keine Überweisung des Arztes zur Psychotherapeutin bzw. Für einen Kostenzuschuss zu den ersten zehn Psychotherapiesitzungen genügt es, neben dieser ärztlichen Bestätigung die Honorarnote der Psychotherapeut:innen bei der zuständigen Krankenkasse einzureichen.
Für einen Kostenzuschuss ab der elften Psychotherapiesitzung muss ein "Antrag auf Kostenzuschuss wegen Inanspruchnahme einer(s) freiberuflich niedergelassenen Psychotherapeutin(en)" gestellt werden, auf dem von der Psychotherapeutin bzw. vom Psychotherapeuten einige Fragen beantwortet werden. Dieser Antrag soll vor der neunten Psychotherapiestunde eingereicht werden, um den Zuschuss ohne Lücke weiterbeziehen zu können. Die Krankenkasse prüft den Antrag und kann dann den Kostenzuschuss für maximal 50 weitere Psychotherapiesitzungen bewilligen. Privatversicherungen haben teilweise andere Konditionen. Einige Psychotherapeut:innen bieten sogenannte "Sozialtarife" an.
Bei Vorliegen einer “krankheitswertigen Störung bzw. eines behandlungsbedürftigen Leidens” (Diagnose nach ICD-10) ist ein Kostenzuschuss pro Psychotherapie-Einheit über Ihre Krankenkasse möglich. Für den Kostenzuschuss bei Inanspruchnahme einer psychotherapeutischen Behandlung ist eine Bestätigung über eine ärztliche Untersuchung notwendig. Krankheitskosten zählen zu den außergewöhnlichen Belastungen.
Als Wahlpsychologin für klinisch-psychologische Diagnostik übernimmt Ihre Krankenkasse einen bestimmten Prozentsatz der Kosten für die Klinisch-psychologische Untersuchung und Befunderstellung. Sie erhalten 80% des Kassentarifs von Ihrer Krankenkasse rückerstattet. Das heißt, dass Sie nach erfolgter klinisch-psychologischer Untersuchung die Privathonorarnote gemeinsam mit dem Überweisungsschein bei Ihrer zuständigen Krankenkasse einreichen können, die davon einen Teil der Kosten (i.d.R.
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Psychotherapie auf Krankenschein
Obwohl es keinen Gesamtvertrag für Psychotherapie gibt, ermöglichen regionale Vereinslösungen für eine gewisse Anzahl an Patienten/-innen die vollständige Übernahme der Psychotherapiekosten („Psychotherapie auf Krankenschein“). In Österreich sind zurzeit 23 psychotherapeutische Methoden gesetzlich anerkannt. Tiefenpsychologisch-Psychodynamisch (z.B. Humanistisch (z.B. Systemisch (z.B. Verhaltenstherapeutisch (z.B.
Psychotherapie auf Krankenschein wird durch sogenannte „Vereinslösungen“ ermöglicht, die für eine gewisse Anzahl an Patientinnen und Patienten die Kosten der Therapie übernehmen. Die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) hat in den vergangenen Jahren das Angebot für kostenlose Psychotherapie laufend erweitert und bietet nunmehr eine flächeckende Versorgung der Versicherten und deren anspruchsberechtigten Angehörigen an.Wenn die Psychotherapie bei einem Vertragspartner der ÖGK erfolgt und alle Voraussetzungen vorliegen, übernimmt die ÖGK die Kosten. Hier finden Sie eine Liste der Vertragspartnerinnen und Vertragspartner für Psychotherapie, die auch die Kontakte der jeweiligen Clearingstellen beinhaltet.
Weitere Informationen
Es gibt unterschiedliche Möglichkeiten für die Finanzierung der Kosten für die Psychotherapie. Krankenkassen übernehmen keine Kosten, wenn die Therapie als allgemeines Coaching genutzt wird, oder wenn es sich um Paar- bzw. Familientherapien handelt. Es können maximal 50 Therapiestunden auf einmal beantragt werden. Für den Besuch ist keine ärztliche Zuweisung nötig. Obwohl es keinen Gesamtvertrag für Psychotherapie gibt, ermöglichen regionale Vereinslösungen für eine gewisse Anzahl an Patienten/-innen die vollständige Übernahme der Psychotherapiekosten („Psychotherapie auf Krankenschein“).
Eine Psychotherapie kann entweder stationär, ambulant oder teilstationär durchgeführt werden. Wie die Therapie gestaltet ist, hängt von der Therapieform ab und ist speziell auf den/-ie Patienten/-in abgestimmt. Grundsätzlich verläuft jede Therapie nach dem Schema Erstgespräch - Diagnose - Prognose. Der/-ie Patient/in beschreibt dafür dem/-r Therapeuten/-in seine/ihre Problematik. Er/sie gibt daraufhin eine Einschätzung, welche Diagnose vorliegt und wie die Therapie ablaufen könnte. Oft wird zu Beginn einer Behandlung ein konkretes Ziel festgelegt, worauf dann gemeinsam hingearbeitet wird. Im Idealfall ist die Therapie beendet, wenn das Therapieziel erreicht und das seelische Problem bewältigt wurde.
Ablauf bei Teilrefundierung durch die Krankenkasse
- Um eine Teilrefundierung durch die Krankenkasse zu beantragen ist eine Zuweisung von einem Arzt notwendig. Diese muss vor der 2.Sitzung vorliegen.
- Der Psychotherapeut füllt den Antrag auf Teilrefundierung aus, den Sie bei der Krankenkasse vor der 10.Sitzung einreichen müssen.
- Eine Psychotherapie wird von den Kassen nur im Falle einer krankheitswertigen Störung (z.B: Angststörung, Depression) übernommen, für die der Psychotherapeut eine psychiatrische Diagnose stellen muss.
- Das Erstgespräch dauert ebenfalls 45 Minuten und ist eine der wichtigsten Sitzungen, die den weiteren Erfolg der Therapie maßgeblich beeinflusst.
Psychotherapie: Angebot und Bedarf
Aktuell gibt es in Österreich über 10.415 Personen die entweder in freier Praxis oder in Einrichtungen des Gesundheitswesens durchschnittlich 12 Stunden pro Woche Psychotherapie anbieten. Es kann aber davon ausgegangen werden, dass das vorhandene Angebot den Bedarf nicht deckt. Denn 2018 standen nur für 0,8 Prozent der Österreicher/innen vollfinanzierte Kassentherapieplätze zur Verfügung. Das sind laut dem österreichischen Bundesverband für Psychotherapie (ÖBVP) rund 70.000 Plätze. Wartezeiten auf einen Therapieplatz können zwischen sechs Wochen und neun Monate betragen. Offiziell stehen derzeit 10.000 Betroffene auf der Warteliste.
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Psychotherapie ist in Österreich so gefragt wie nie. Im Jahr 2019 verursachten sie Kosten von rund 13,9 Milliarden Euro, was 4,3 Prozent des österreichischen Bruttoinlandsproduktes (BIP) entspricht. Im Rahmen der COVID-19-Folgeerkrankungen wird eine aktuelle weitere Steigerung um rund 20 Prozent in ersten Erhebungen sichtbar. Doch wer soll diese Kosten tragen?
Wann ist Psychotherapie sinnvoll?
Bei Vorliegen einer psychischen Störung, einer psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankung ist - ungeachtet des Alters - eine Psychotherapie angezeigt, das können zum Beispiel sein: Persönlichkeitsstörungen, Depressionen, posttraumatische Stresszustände, Suchtprobleme, Verhaltensstörungen, Sexualstörungen, Schulversagen, Ängste (spezifisch wie auch unspezifisch), Lernstörungen, Dissozialität, Ablösungs-, Trennungs- und Verlustproblematiken und ihre somatischen und psychischen Folgen.
Auch bei Leidenszuständen infolge von Lebens- bzw. Veränderungskrisen, in denen das Gefühl besteht, nicht mehr alleine zurecht zu kommen, ist Psychotherapie sinnvoll, oder bei der Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden sowie unterstützend bei einer medikamentösen Behandlung. Psychotherapie hat aber auch eine gesundheitsfördernde Wirkung, die sinnvoll sein kann, wenn keine krankheitswertige Störung vorliegt. Beachten Sie allerdings, dass eine Refundierung seitens der Krankenkasse nur bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung möglich ist.
Unterschiedliche Berufsgruppen
Sowohl Psychotherapeut*innen, Psychiater*innen als auch Psycholog*innen können eine Psychotherapie durchführen. Der genaue Unterschied zwischen den Berufsfeldern liegt vor allem in ihren verschiedenen Ausbildungen und dem daraus erworbenem Wissen, sowie der Tatsache, dass ärztliche Psychotherapeut*innen auch Medikamente verschreiben dürfen.
- Psycholog*in: Jemand, der*die ein Psychologiestudium mit dem akademischen Grad eines Magister oder Doktor abgeschlossen hat.
- Psychiater*in: Immer ein*eine Ärzt*in mit einer zusätzlichen Facharzt-Ausbildung.
- Psychotherapeut*in: Immer eine sekundäre Ausbildung und kann auf verschiedenen Quellberufen aufbauen (z.B. Ärzt*in, Psycholog*in, Theolog*in, Pädagog*in, Diplomkrankenpfleger*in, Pflichtschullehrer*in, etc.). Aus diesem Grund gibt es auch akademische und nicht-akademische Psychotherapeut*innen.
Weitere Informationen und Anlaufstellen
- Psychotherapeutischer Bereitschaftsdienst (PTBD): Bietet Informationen und Unterstützung bei der Suche nach einem Therapieplatz.
- Krankenkasse: Informationen zu Kostenübernahme und regionalen Vereinslösungen.
- Vereine und Einrichtungen: Bieten kassenfinanzierte Therapieplätze an.
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