Posttraumatische Belastungsstörung: Definition, Ursachen, Symptome und Behandlung

Eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) können Menschen entwickeln, die ein traumatisches Ereignis erlebt haben. Die posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) tritt als eine körperliche Reaktion nach einem traumatischen Erlebnis wie einem Gewaltverbrechen, einem schweren Unfall oder einer Kriegshandlung auf. Eine Posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Erkrankung, die in Folge eines traumatische Erlebnis auftreten kann.

Definition und Ursachen

Traumatische Erlebnisse sind extrem bedrohliche oder stark beeindruckende Situationen, die das Leben oder die Sicherheit von einem selbst oder anderen Menschen bedrohen. Dazu zählen schwere Unfälle, Katastrophen, Kriege, schwere Erkrankungen sowie körperliche oder sexuelle Gewalterfahrungen. Als Folge des Erlebten kann, auch Monate oder Jahre später, eine Posttraumatische Belastungsstörung auftreten.

Verursacht werden posttraumatische Belastungsstörung durch außergewöhnliche und extreme Notlagen. Ein solches Trauma entsteht zum Beispiel durch direkt erlebte Gewalt (physisch - auch sexuell - oder psychisch) oder aber miterlebte Gewalt wie beispielsweise während eines Krieges. Naturkatastrophen, bei denen Menschen starke Angst, Schutzlosigkeit, Hilflosigkeit und Kontrollverlust erleben, sind mitunter ebenfalls Auslöser einer PTBS.

Die Ursachen einer Posttraumatische Belastungsstörung sind eine oder mehrere traumatische Ereignisse (z. B. Unfall, Gewalt, Notfall). Das bloße Erleben eines traumatischen Ereignisses führt aber nicht zwingend zur Entwicklung einer PTBS, da Menschen sehr unterschiedlich auf traumatische Situationen reagieren können. Es ist daher schwierig, eine Liste von Ursachen anzuführen.

Während beispielsweise für eine erfahrene Chirurgin ein offener Schädelbasisbruch Routine sein kann, kann ein Apotheker vom Aushändigen eines Schwangerschaftstests an eine Zwölfjährige nächtelang wachliegen. Die Ursache einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist daher egal: ob ein Altenpfleger morgens einen friedlich verstorbenen Patienten im Bett vorfindet, oder ob eine Chirurgin ein Gewaltopfer nach einem Terroranschlag „zusammenflickt“.

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Risikofaktoren

Warum ist das so? Damit ist gemeint, dass es auf der einen Seite bestimmte Risikofaktoren gibt, die das Auftreten einer PTBS begünstigen können. Ein entscheidender Risikofaktor sind zum Beispiel vorangegangene traumatische Erlebnisse in der Kindheit. Zu den Ereignisfaktoren zählt vor allem die Traumaschwere.

Auf der anderen Seite sind hier bestimmte kognitive Veränderungen aufgrund des Ereignisses gemeint. Dabei eine deutlich veränderte Sichtweise von sich selbst, von anderen oder der Welt im Allgemeinen auf. Optimismus oder die Fähigkeit zur Emotionsregulation. kann einen positiven Effekt auf den Verlauf der Belastungsreaktion haben.

Schließlich gibt es posttraumatische Prozesse, die Einfluss auf das Ausmaß der Belastungsreaktion haben können. Man psychosoziale Folgen wie Schul- oder Studienabbrüche, Jobverlust oder Beziehungsprobleme als Beispiele anführen. Je nach Ausmaß und Konstellation in diesen fünf Faktorengruppen ist das Risiko für eine PTBS entweder erhöht oder vermindert. Über den individuellen Verlauf kann diese Art der statistischen Vorhersage jedoch nur wenig aussagen.

Symptome

Nach einem Ereignis, das ihr Leben oder ihre Sicherheit, beziehungsweise das Leben und die Sicherheit anderer in ihrer Umgebung, bedroht hat, können Gefühle starker Furcht, Hilflosigkeit oder Schrecken auftreten. Menschen mit PTBS leiden oft unter Panik oder extremer Angst, ähnlich der Angst, wie sie sie während des traumatischen Ereignisses empfunden hatten.

Die Hauptsymptome einer posttraumatischen Belastungsstörung sind:

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  • Unwillkürliches Erinnern und Wiedererleben des Traumas (Intrusionen und Flashbacks)
  • Vermeidung, Verdrängung und Vergessen des Geschehens
  • Nervosität, Angst und Reizbarkeit
  • Verflachung der Gefühle und Interessen

Unwillkürliches Wiedererleben des Traumas (Flashbacks)

Menschen mit PTBS werden spontan von aufkommenden Erinnerungen an das traumatische Erlebnis überwältigt und sind nicht fähig, dies willkürlich zu kontrollieren oder zu unterdrücken. Bei manchen Betroffenen kommen nur Bruchteile der Erinnerung hoch, während andere unter sogenannten Flashbacks leiden. Flashbacks beschreiben das halluzinationsartige Zurückversetzen in das Geschehen. Die Betroffenen haben das Gefühl, die Situation noch einmal zu durchleben.

Auslöser sind oftmals sogenannte Schlüsselreize, also wenn beispielsweise ein Kriegsopfer Schreie hört oder ein Brandopfer Rauch riecht. Auch das Wiederkehren der traumatischen Erinnerungen in Form von Albträumen ist typisch für die posttraumatische Belastungsstörung. Symptome auf körperlicher Ebene wie Atemnot, Zittern, Schwindel, Herzrasen und Schweißausbrüche treten mitunter zusätzlich auf.

Vermeidung, Verdrängen und Vergessen

Zum eigenen Schutz vermeiden viele Menschen mit PTBS jene Gedanken, Situationen und Aktivitäten, welche die Erinnerung an das Geschehen möglicherweise wecken. Wer beispielsweise einen traumatischen Verkehrsunfall miterlebt hat, meidet öffentliche Verkehrsmittel und Autofahren. Brandopfer meiden eventuell das Anzünden von Kerzen oder Kaminfeuer.

Andere Betroffene sind nicht in der Lage, sich an alle Aspekte des traumatischen Erlebnisses zu erinnern. Experten sprechen von vollständiger oder teilweiser Amnesie.

Das bewusste Vermeiden ist auf lange Sicht kontraproduktiv für eine Genesung. Es verstärkt die Angst und die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung.

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Nervosität, Angst und Reizbarkeit (Hyperarousal)

Viele Traumaopfer sind sehr empfänglich für Reize, und ihre Nerven liegen sprichwörtlich blank. Die Betroffenen sind überaus wachsam (hypervigilant), da sie sich unterbewusst stets in Gefahr wähnen. Zudem sind sie sehr schreckhaft und ängstlich. Auf Dauer ist dieser Zustand sehr anstrengend für den Körper.

Es kommt zu Konzentrationsschwierigkeiten, die Aufmerksamkeitsspanne verkürzt sich mit der Zeit immer mehr. Ein Buch zu lesen oder einen Film anzuschauen, wird für die Traumaopfer dann manchmal unmöglich. Diese generalisierte Anspannung führt zu leichter Reizbarkeit und unverhältnismäßigen Wutausbrüchen.

Hält die Daueranspannung auch nachts an, entwickeln sich Ein- und Durchschlafstörungen. Zusätzlich leiden einige Betroffene unter Albträumen. Diese fehlende Nachtruhe ist auf Dauer sehr schädlich. Die Betroffenen entspannen sich nicht mehr richtig, und Körper und Geist bekommen keine Möglichkeit, sich zu erholen. Folglich sinkt meistens die Belastbarkeit im Alltag.

Die anhaltende Angst und Anspannung lassen sich mit Sport und Bewegung häufig ein wenig lösen. Die Überwindung zu körperlicher Aktivität ist für viele Betroffene jedoch sehr groß.

Verflachung der Interessen und der Gefühle (Numbing)

Die Lebensfreude ist eventuell durch eine posttraumatische Belastungsstörung nachhaltig beeinträchtigt. Oft verlieren die Betroffenen jegliche Interessen und ziehen sich aus dem sozialen Leben zurück. Sie verlieren die Lust am Leben und planen ihre Zukunft nicht mehr. Manche sind auch nicht mehr in der Lage, etwas zu fühlen - sei es etwa Freude, Liebe oder Traurigkeit. Es kommt zu einer Abstumpfung der Gefühle (Numbing = Taubheitsgefühl).

Die Traumaopfer fühlen sich häufig entfremdet und haben das Gefühl, das Erlebte trennt sie von ihren Mitmenschen und Angehörigen. Diese Veränderung des Gefühlslebens endet dann oft in einer Depression.

Verzögerte Symptome

Die Symptome einer posttraumatischen Belastungsstörung treten in der Regel nicht sofort auf. Während der erlebten Notsituation entwickeln sich in der Regel erst einmal Schocksymptome: Die Betroffenen sind wie betäubt, viele berichten von dem Gefühl des "Neben sich stehens" (Depersonalisationsgefühl). Die Situation kommt ihnen dann irreal vor. Dabei handelt es sich um einen Schutzmechanismus des Körpers, der dem eigenen Überleben dient. Diese Reaktion auf den massiven Stress nennt man eine akute Belastungsreaktion.

Wenn sich diese Symptome weiterentwickeln und manifestieren, bezeichnen Experten dies als posttraumatische Belastungsstörung. Symptome treten dann oft erst Monate bis Jahre später auf. Sie variieren sehr, sind jedoch stets ernst zu nehmen. Da die Symptome denen anderer Erkrankungen (wie Depression, Borderline-Persönlichkeitsstörung) ähneln, werden diese zunächst ausgeschlossen, was nicht immer leicht ist. Wichtiges Unterscheidungskriterium ist, dass die Symptome einer PTBS zeitlich verspätet nach einem erlebten Trauma auftreten.

Diagnose

Um eine posttraumatische Belastungsstörung zu diagnostizieren, hält sich der behandelnde Arzt an die Kriterien und Symptome, die in der internationalen statistischen Klassifikation der Krankheiten und verwandter Gesundheitsprobleme (ICD-10) aufgelistet sind.

Liegt der Verdacht auf eine posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) vor, steht zuerst das vertrauliche Patientengespräch mit der Ärztin/dem Arzt oder etwa der Psychotherapeutin/dem Psychotherapeuten im Mittelpunkt. Dabei wird die bisherige Krankengeschichte (Anamnese) erhoben und behutsam nach den belastenden Ereignissen gefragt sowie Symptome erfasst. Mitunter werden auch standardisierte Fragebögen eingesetzt.

Es ist notwendig, körperliche bzw. andere Erkrankungen auszuschließen, ggf. werden weitere Untersuchungen veranlasst. Zum Beispiel eine neurologische Untersuchung oder eine Bildgebung (z.B. MRT), wenn gleichzeitig eine Verletzung (z.B. des Kopfes) vorliegt. Da auch oft körperliche Schmerzen auftreten, müssen auch diesbezüglich mögliche organische Ursachen dafür abgeklärt werden.

Diagnostische Kriterien werden in ICD-10 und DSM-5 beschrieben. Diese Klassifikationssysteme unterscheiden sich zum Teil. In Österreich wird die Diagnose nach ICD-10 gestellt.

Diagnostische Kriterien nach ICD-10

  • Betroffene sind einem Ereignis (kurz oder langanhaltend) von außergewöhnlicher Bedrohung bzw. katastrophalem Ausmaß ausgesetzt. Solche Ereignisse würden bei fast jedem Menschen eine tiefe Verzweiflung auslösen.
  • Auftreten von Flashbacks (anhaltende Erinnerungen oder Wiedererleben von Belastungen durch sich aufdrängende, nachhallende Erinnerungen), lebendige Erinnerungen, sich wiederholende Träume.
  • Vermeidung von Umständen, die der Belastung ähnlich sind oder mit ihr in Zusammenhang stehen.
  • Erhöhte Erregung und Empfindsamkeit - zusätzlich mit folgenden Merkmalen: Ein- und Durchschlafstörungen, Reizbarkeit, Wutausbrüchen, erhöhter Schreckhaftigkeit, Konzentrationsschwierigkeiten, erhöhter Wachsamkeit („Alarmmodus“).
  • Gefühlsreaktionen und Gedanken in Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis spielen eine wesentliche Rolle (z.B. Angst, Hilflosigkeit).

Behandlung

Ziel der Behandlung einer Posttraumatischen Belastungsstörung ist einerseits die Aufarbeitung und Verarbeitung des negativen Erlebnisses durch eine Psychotherapie sowie die Stärkung des Schutzmechanismus und das Erlernen von Strategien, die im Alltag helfen.

Posttraumatische Belastungsstörungen lassen sich mit Psychotherapie behandeln. Eine posttraumatische Belastungsstörung wird idealerweise umgehend psychotherapeutisch und eventuell medikamentös behandelt.

Im Vordergrund der Verhaltenstherapie steht die Aufarbeitung, in welcher die Patienten durch den Psychotherapeuten angeleitet werden, das Trauma zu schildern und zu verarbeiten. Bei der EMDR-Methode (Eye Movement Desensitization and Reprocessing = Desensibilisierung und Verarbeitung durch Augenbewegung) führen zusätzliche gezielte Augenbewegungen dazu, dass das Gehirn bilateral stimuliert wird.

Neben der Verhaltenstherapie sind bestimmte Medikamente wie Antidepressiva oder Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer in der Behandlung von Posttraumatischen Belastungsstörungen wirksam.

Phasen der Behandlung

Die Behandlung folgt meist einem Drei-Phasen-Modell: Stabilisierung, Traumakonfrontation und Integration. Stabilisierung schafft Sicherheit, dann werden traumatische Inhalte bearbeitet, z.B. mit EMDR oder imaginationsgestützten Verfahren. Am Ende steht die Integration, bei der das Trauma Teil der Biografie wird, ohne das Leben zu beherrschen.

Unterstützung durch Nahestehende

Nahestehende Menschen sollten Betroffene und ihre Posttraumatische Belastungsstörung verstehen und Verhaltensänderungen (z. B. Reizbarkeit) dementsprechend einordnen. Wenn Betroffene mit ihren nahestehenden Menschen über das Erlebte sprechen wollen, kann dies sehr hilfreich sein. Hier ist es besonders empfehlenswert zuzuhören, nicht über das Erzählte zu urteilen und keine ungebetenen Ratschläge zu geben. Dennoch sollten nahestehende Menschen ihre eigenen Belastungsgrenzen wahrnehmen und nicht überschreiten. Insbesondere wenn man die traumatische Situation selbst miterlebt hat, bietet es sich an, Hilfe von außen einzuschalten.

Heilungschancen und Prognose

Posttraumatische Belastungsstörungen haben in der Mehrzahl der Fälle gute Heilungschancen, sofern eine geeignete Therapie eingeleitet wird. Etwa die Hälfte der Betroffenen wird sogar ohne Behandlung gesund (sog. Spontanremission). Eine PTBS dauert mit adäquater Behandlung durchschnittlich 36 Monate, ohne Therapie durchschnittlich 64 Monate.

Wie eine posttraumatische Belastungsstörung verläuft, ist abhängig vom Schweregrad und den eigenen Ressourcen. In der Mehrzahl der Fälle bestehen gute Heilungschancen, insbesondere wenn Betroffene rechtzeitig eine geeignete Therapie beginnen. Bei etwa einem Drittel der Betroffenen verschwindet die PTBS sogar innerhalb von zwölf Monaten ohne Behandlung.

Mit einer adäquaten Psychotherapie dauert die posttraumatische Belastungsstörung durchschnittlich 36 Monate. Ohne therapeutische Unterstützung verläuft sie mit durchschnittlich 64 Monaten deutlich länger. Auch die Unterstützung durch das soziale Umfeld ist ausgesprochen wichtig für den Heilungsprozess und um die Gefahr eines Rückfalls zu verringern. Bestehen die Symptome allerdings über Jahre, kommt es bei etwa einem Drittel der Betroffenen zu einem chronischen Verlauf.

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