Was ist eine Angststörung: Definition, Ursachen, Symptome und Behandlung

Angst ist eine vollkommen natürliche, sinnvolle Emotion und gehört zu den sogenannten Basisemotionen eines Menschen. In bestimmten Situationen Angst zu erleben, ist nicht nur normal, sondern sogar (über-)lebenswichtig. Sie kann uns nämlich vor den Gefahren des Lebens bewahren.

Unter dem Begriff „Angststörung“ wird eine Gruppe verschiedener psychischer Störungen zusammengefasst, die alle gemeinsam haben, dass die Angst in einer übersteigerten Form empfunden wird und in einem unangemessenen Verhältnis zur gegebenen Situation steht oder sich rational nicht begründen lässt. Weiters wird von einer krankmachenden Angst gesprochen, wenn das unbegründete Angsterleben eine immer wiederkehrende Begleiterscheinung des täglichen Lebens darstellt.

Angststörungen sind psychische Erkrankungen, bei denen Ängste regelmäßig ohne reale Bedrohung auftreten. Die Symptome sind je nach Grundstörung verschieden.

In Österreich leiden Schätzungen zufolge etwa 16 % an einer behandlungsbedürftigen Angststörung. Diese geht mit quälender, unkontrollierbarer Sorge und oft auch mit körperlichen Symptomen wie Herzrasen, Atemnot, Schweißausbrüchen, Schmerzen oder Zittern einher.

Formen von Angststörungen

Der Begriff Angststörung bezeichnet eine Gruppe von psychischen Störungen, bei denen Angstsymptome ohne äußerliche Bedrohung auftreten. Diese Angstsymptome können körperlicher (Herzrasen, Schweißausbruch etc.) und psychischer Natur sein (Katastrophendenken, Vermeidungsverhalten wie Weigerung, vor die Tür zu gehen etc.). Eine Angststörung kann sich in unterschiedlichen Formen zeigen:

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  • Generalisierte Angststörung
  • Zwangsstörung
  • Phobie
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)
  • Panikstörung

Generalisierte Angststörung

Für Menschen mit einer generalisierten Angststörung sind Sorgen und Ängste ständige Begleiter. Oft haben diese Ängste keinen konkreten Anlass (diffuse Sorgen, Ängste und allgemeine Nervosität). Sie können sich aber auch auf reale Bedrohungen beziehen (Möglichkeit eines Autounfalls oder einer Erkrankung von nahen Verwandten etc.), wobei die Angstsymptome hierbei allerdings übersteigert sind. Oft ist das Gefühl der Angst so stark, dass das alltägliche Leben in vielen Bereichen stark eingeschränkt ist.

Bei der generalisierten Angststörung steht quälende, unkontrollierbare Sorge im Vordergrund - Betroffene machen sich ständig und immer und überall Sorgen, um die Partner:in, um die Kinder, um das Geld. Sie befürchten Krankheiten, Unfälle. Selbst Alltagsprobleme wie eine kaputte Waschmaschine können bei Angstpatient:innen zur Katastrophe ausarten.

Die generalisierte Angststörung beginnt langsam, meist ohne einschneidendes Ereignis, die Wurzeln können schon in der Kindheit liegen (z. B. frühe Trennung von den Eltern).

Zwangsstörung

Eine Zwangsstörung ist durch Zwangsgedanken und/oder Zwangshandlungen charakterisiert. Zwangsgedanken können zum Beispiel aggressive, anstößige oder beängstigende Inhalte haben. Die Betroffenen reagieren beispielsweise angespannt und ängstlich, wenn sie daran gehindert werden, bestimmte Rituale auszuführen. Dazu gehört beispielsweise der Zwang, sich zu waschen, Gegenstände zu zählen oder mehrfach zu kontrollieren, ob die Fenster verschlossen sind.

Phobie

Menschen mit einer Phobie haben übermäßig Angst vor bestimmten Situationen oder Objekten. Dabei wissen die meisten Betroffenen, dass ihre Ängste eigentlich unbegründet sind. Dennoch lösen die entsprechenden Schlüsselreize teils heftige Angstreaktionen aus.

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Solche Schlüsselreize können etwa bestimmte Situationen (Flugreise, große Höhe, Fahrt mit dem Aufzug etc.), Naturphänomene (Gewitter, offenes Wasser etc.) oder bestimmte Tiere (wie Spinnen, Katzen) sein. Manchmal lösen auch Dinge, die mit Krankheiten und Verletzungen assoziiert sind (Blut, Spritzen etc.), eine Phobie aus.

Experten unterscheiden drei Hauptformen von Phobie:

  • Agoraphobie ("Platzangst")
  • Soziale Phobie
  • Spezifische Phobie

Agoraphobie ("Platzangst")

Patienten mit Agoraphobie haben Angst vor der Außenwelt, insbesondere vor unbekannten Orten oder Menschenmengen. Sie fürchten sich vor Situationen, aus denen sie nicht flüchten oder die sie nicht kontrollieren können. Die Angst kann sich bis zur Panikattacke steigern (Panikstörung mit Agoraphobie). Mittelfristig ziehen sich die Betroffenen aus Angst vor der Angst oft vollständig zurück und verlassen ihr Zuhause nicht mehr.

Soziale Phobie

Menschen mit sozialer Phobie fürchten sich davor, im Mittelpunkt zu stehen, in eine peinliche Situation zu geraten oder zu versagen. Deshalb ziehen sie sich immer mehr aus dem sozialen Leben zurück.

Spezifische Phobie

Die Phobie hat hier einen eng umschriebenen Auslöser. Das ist etwa bei der Spinnenphobie, Spritzenphobie, Flugangst, Klaustrophobie (Angst vor engen Räumen) und Höhenangst (Höhenphobie) der Fall. Nicht jede Phobie muss behandelt werden. Wenn Ihre Angststörung aber Ihre Lebensqualität einschränkt, sollte Sie eine Therapie machen.

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Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Eine Posttraumatische Belastungsstörung (engl.: Post-traumatic Stress Disorder, PTSD) entsteht infolge eines extrem belastenden oder bedrohlichen Erlebnisses (Trauma). Dabei kann es sich zum Beispiel um Kriegserfahrungen, eine Naturkatastrophe, einen schweren Unfall, den Tod eines nahen Angehörigen, sexuellen Missbrauch oder andere Gewalterfahrungen handeln.

Allerdings können nicht nur unmittelbar Betroffene, sondern auch Zeugen solcher traumatischer Ereignisse in der Folge eine Posttraumatische Belastungsstörung entwickeln.

Typisch für eine PTBS sind sogenannte Flashbacks. Das sind plötzlich auftretende, extrem belastende Erinnerungsfragmente, in denen die Betroffenen die traumatische Erfahrung immer wieder neu durchleben. Ausgelöst werden Flashbacks beispielsweise von Geräuschen, Gerüchen oder bestimmten Worten, die eng mit dem traumatischen Erlebnis verknüpft sind.

Um diesen Reizen auszuweichen, ziehen sich viele traumatisierte Menschen zurück. Sie sind hochgradig nervös und reizbar, leiden unter Schlaf- und Konzentrationsstörungen, wirken jedoch zugleich zunehmend emotionslos.

Panikstörung

Eine Panikstörung kommt bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Die Betroffenen haben wiederholt massive Angstattacken mit heftigen körperlichen und psychischen Symptomen. Dazu zählen unter anderem Atemnot, Herzrasen, Engegefühl im Hals oder Erstickungsgefühle, Schweißausbrüche, Übelkeit, Furcht, zu sterben oder die Kontrolle zu verlieren, sowie Gefühle der Unwirklichkeit.

Meist dauert eine Panikattacke weniger als eine halbe Stunde. Sie kann ganz unerwartet auftreten oder aber von bestimmten Situationen ausgelöst werden.

So ist die Panikstörung sehr oft mit einer Agoraphobie ("Platzangst") gekoppelt: Die Betroffenen haben in bestimmten Situationen (etwa in Menschenmengen) oder an bestimmten Orten (z.B. öffentliche Plätze, öffentliche Verkehrmittel) panische Angst, nicht schnell genug weg zu kommen oder peinliches Aufsehen durch die eigenen Paniksymptome zu erregen.

Ursachen von Angststörungen

Die Ursachen für die unterschiedlichen Formen von Angststörungen sind äußerst vielschichtig. Daher gelten sie als multifaktorielle Erkrankungen, an deren Entstehung mehrere Elemente beteiligt sind. Dazu zählen biologische Faktoren wie genetische Veranlagungen und mögliche Störungen in der Wirkungsweise von Nerven-Botenstoffen im menschlichen Gehirn. Dabei liegt eine ähnliche biologische Basis wie bei Depressionen vor. Hinzu kommen äußere Ursachen (Umweltfaktoren), die das Auftreten einer Angststörung begünstigen können.

Neurobiologische Faktoren: Die Ursachen für die verschiedenen Angstformen liegen zum einen im Gehirn: Bei Betroffenen mit Angststörungen ist der Wirkmechanismus von Nerven-Botenstoffen, wie Serotonin, Noradrenalin oder Gamma-Aminobuttersäure, gestört.

Genetische Faktoren: Auch eine genetische Veranlagung (Vulnerabilität) kann dazu führen, dass Menschen leichter als andere auf bestimmte Situationen mit Angst reagieren.

Psychologische Faktoren: Als Auslöser zählen traumatische Erlebnisse (z.B. seelische oder körperliche Gewalt, Mobbing, Tod eines Angehörigen) oder langanhaltender, ausgeprägter Stress.

Auch durch ein medizinisches Leiden oder die Einnahme bzw. das Absetzen von Drogen oder Medikamenten können Ängste entstehen. So können Herzerkrankungen (wie Herzrhythmusstörungen, Herzinsuffizienz), Lungenerkrankungen (Asthma, COPD), hormonelle Probleme (z.B.

Integrative Modelle gehen davon aus, dass biologisch-körperliche, psychische und soziale Faktoren zusammenwirken.

Auslösende Faktoren: Sind verursachende Faktoren vorhanden, können Auslöser die Angststörung „aktivieren“. Dazu zählen z.B.

Aufrechterhaltende Faktoren: Dazu gehören etwa Vermeidungsverhalten, die Angst fördernde Denkmuster, fehlende Kontrolle über die Gefühle, Hemmung von Gefühlen, Verdrängung von Konflikten sowie soziale ungünstige Einflüsse (z.B.

Angst kann auch auf tatsächlicher Gefährdung beruhen - etwa bei psychischer oder körperlicher Gewalt.

Symptome von Angststörungen

Die Symptome sind je nach Grundstörung verschieden. Bei der generalisierten Angststörung steht quälende, unkontrollierbare Sorge im Vordergrund - Betroffene machen sich ständig und immer und überall Sorgen, um die Partner:in, um die Kinder, um das Geld. Sie befürchten Krankheiten, Unfälle. Selbst Alltagsprobleme wie eine kaputte Waschmaschine können bei Angstpatient:innen zur Katastrophe ausarten.

Bedrohlich für Betroffene sind aber nicht nur das immense Angstgefühl, sondern auch die damit verbundenen körperlichen Symptome wie Herzrasen, ein Engegefühl in der Brust, Zittern, Schwindel.

Eine Angststörung ist durch folgende körperliche und psychische Symptome gekennzeichnet:

  • Atemnot
  • Entfremdungsgefühle (Gefühle der Unwirklichkeit, Gefühle, nicht da zu sein)
  • Schwitzen
  • Unsicherheits-, Ohnmacht- und Schwindelgefühl
  • Herzklopfen oder unregelmäßiger Herzschlag
  • Schmerzen, Druck oder Enge in der Brust
  • Erstickungsgefühle, Engegefühl im Hals
  • Taubheits- oder Kribbelgefühle
  • Übelkeit, Bauchbeschwerden
  • Zittern, Beben und Erröten
  • Hitzewallungen oder Kälteschauer
  • Furcht, zu sterben
  • Angst, die Kontrolle zu verlieren
  • Angst, verrückt zu werden

Dauerhaft existierende Angstgefühle oder akut auftretende Anfälle heftiger Angst können sowohl auf eine Angststörung hinweisen, als auch Begleitsymptome von anderen psychischen Erkrankungen (z.B. Psychose, Depression) sein.

Laut dem österreichischen Patientenbericht von 2009 geben 88% der befragten Angststörungspatient*innen eine Depression als eine Begleiterscheinung an.

Diagnose von Angststörungen

Auch von ärztlicher Seite erfordert eine Diagnose viel Einfühlungs- und Fingerspitzengefühl: In einem detaillierten Ärzt:in-Patient:in-Gespräch muss herausgefunden werden, ob tatsächlich eine krankhafte Angst besteht. Je offener die Patient:in über ihre Ängste redet, desto schneller kann eine Beurteilung erfolgen und Hilfe möglich sein.

Bei auftretenden Symptomen, wie z.B. Herzrasen oder Schwindel, wird die Ärzt:in auch eine Reihe körperlicher Untersuchungen durchführen bzw.

Am Beginn der Diagnosestellung steht die Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese). Dabei spielen auch Informationen über Beginn, Art und Ausmaß der Ängste eine große Rolle.

Bevor die Diagnose einer Angststörung möglich ist, muss eine Ärztin/ein Arzt körperliche Ursachen ausschließen. Zum Beispiel Erkrankungen der Lunge, des Herz-Kreislauf-Systems oder neurologische Erkrankungen.

Zudem wird abgeklärt, ob noch eine weitere psychische Erkrankung vorliegt. Die Ärztin/der Arzt führt eine körperliche Untersuchung durch und veranlasst eine Laboruntersuchung (vor allem Blutbild und Schilddrüsenhormone). Zudem gibt ein EKG Aufschluss über mögliche Funktionsstörungen des Herzens.

Je nach bisheriger Krankengeschichte, Symptomen oder auch bereits bestehenden Erkrankungen finden zusätzliche abklärende Untersuchungen statt (z.B. Lungenfunktionstest, EEG, MRT).

Behandlung von Angststörungen

Nicht jede Phobie muss behandelt werden. Wenn Ihre Angststörung aber Ihre Lebensqualität einschränkt, sollte Sie eine Therapie machen.

Angststörungen sollten behandelt werden. Wichtig ist, sich professionelle Hilfe zu holen. Denn eine erfolgreiche Behandlung ist möglich!

Die Behandlung einer Angststörung besteht meist aus Psychotherapie und Medikamenten. Je nach Ausprägung der Erkrankung kann zudem eine klinisch-psychologische Behandlung hilfreich sein.

Die Symptome können durch eine Behandlung gemildert werden bzw. auch komplett wegfallen. Es kann jedoch zu Rückfällen (Rezidiven) kommen. Ein wesentlicher Aspekt der Therapie ist der Umgang mit der Erkrankung. Dabei lernt die Patientin/der Patient, mit Angst viel besser umzugehen.

Tritt neben der Angststörung noch eine andere psychische Erkrankung auf (z.B. Depression, Zwangsstörung oder Sucht), berücksichtigt die Ärztin/der Arzt dies für eine maßgeschneiderte Therapie.

Psychotherapie

Als geeignete Methode wird vor allem eine Psychotherapie angesehen. Es kann äußerst hilfreich sein, eine Unterscheidung zwischen bewussten (z.B. einem Gespräch) und unwillkürlichen/unbewussten Erlebniszuständen (z.B. Angst) zu treffen. Wie bereits zuvor erwähnt, kann das Erleben von Angst meist nicht bewusst gesteuert und kontrolliert werden. Dank der systematischen Aktivierung von Erlebensprozessen kann der Angst eine nachvollziehbare bzw. fassbare Gestalt gegeben werden. Dadurch wird es während dem Therapieverlauf möglich, einen veränderten (wünschenswerteren) Umgang mit dem Angsterleben zu finden.

Dabei werden vier Ebenen unterschieden:

  • Interaktionelle Ebene: Welche Auswirkungen hat die Angst auf soziale Kontakte (Familie, Freundschaften, Arbeitsplatz)?
  • Verhaltensebene: Wie beeinflusst die Angst das allgemeine Verhalten im Leben (z.B. Flucht vor Situationen, Vermeidung)?
  • Körperliche Ebene: Wie wird die Angst körperlich erlebt?
  • Subjektiv-kognitive Ebene: Wie organisiert die Angst Gedanken, Meinungen, Selbstbeurteilung, Emotionen?

Im therapeutischen Prozess werden gemeinsam hilfreiche Ressourcenelemente erarbeitet. Diese können durch Imaginationsarbeit mit dem problembehafteten Erleben (z.B. Angsterleben) verbunden/“verhäkelt“ werden. Durch die Hinzufügung von diesen „neuen Bausteinen“ verändern sich neuronale Strukturen im Gehirn (Neuroplastizität).

Wie kann Psychotherapie helfen? Der Psychotherapie kommt in der Behandlung von Angststörungen ein großer Stellenwert zu. Der Aufbau einer therapeutischen Beziehung ist dabei wesentlich. In vertrauensvollem Rahmen können Betroffene über ihre Ängste und Lebenssituation sprechen.

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