Wann sollte man eine Psychotherapie beenden?

Psychotherapie ist ein eigenständiges Heilverfahren im Gesundheitsbereich und dient zur Behandlung von psychischen, psychosozialen oder psychosomatisch bedingten Verhaltensstörungen und Leidenszuständen. Sie besteht gleichberechtigt neben anderen Heilverfahren wie z. B. der medizinischen oder der klinisch-psychologischen Behandlung.

Im Zentrum stehen das Gespräch, der Austausch und die Beziehung zwischen Patient*in und Psychotherapeut*in. Je nach Therapiemethode kann dieser Austausch durch Übungen und andere Interventionen unterstützt und gefördert werden.

Wann ist Psychotherapie sinnvoll?

Bei Vorliegen einer psychischen Störung, einer psychiatrischen und psychosomatischen Erkrankung ist - ungeachtet des Alters - eine Psychotherapie angezeigt. Auch bei Leidenszuständen infolge von Lebens- bzw. Veränderungskrisen, in denen das Gefühl besteht, nicht mehr alleine zurecht zu kommen, ist Psychotherapie sinnvoll, oder bei der Begleitung von Schwerstkranken und Sterbenden sowie unterstützend bei einer medikamentösen Behandlung.

Psychotherapie hat aber auch eine gesundheitsfördernde Wirkung, die sinnvoll sein kann, wenn keine krankheitswertige Störung vorliegt. Beachten Sie allerdings, dass eine Refundierung seitens der Krankenkasse nur bei Vorliegen einer psychischen Erkrankung möglich ist.

Wann reicht Psychotherapie nicht aus?

Wenn Ihr Leiden eine medizinische Maßnahme erfordert, die zuerst oder begleitend zur Psychotherapie gesetzt werden muss.

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Die Dauer einer Psychotherapie

Die Dauer einer Psychotherapie kann im Vorhinein meist nicht abgeschätzt werden, da sie von der jeweiligen Ausgangssituation, Therapierichtung, Frequenz und auch der Entwicklung der Therapie beeinflusst wird. Allerdings sollte der/die Psychotherapeut*in über die Dauer Auskunft geben können. Idealerweise reflektieren Sie auch während der Therapie immer wieder mit dem/der Therapeut*in den Therapieprozess.

Wann sollte ich eine Psychotherapie beenden?

Dann, wenn Sie und die/der Therapeut*in sich darüber einig sind, dass Symptome, Ängste, Hemmungen etc. in zufriedenstellendem Mass überwunden sind, Sie konfliktfreier und selbständiger leben, wieder Freude empfinden, Beziehungen leichter gestalten können, sich selber besser begreifen und mehr Vertrauen in Ihre eigenen Fähigkeiten haben - sich auch zutrauen, erneut auftretende Schwierigkeiten selber zu verstehen und zu meistern. Dann ist die Hilfe zur Selbsthilfe gelungen.

Natürlich sind diese Ziele nur graduell zu erreichen, und oft ist die Erkenntnis, dass ein Ziel zu hoch gesetzt war, traurig, aber auch befreiend.

Aus ihrer Erfahrung als Therapeutin erklärt Barbara Haid, wie das Ende einer Therapie ablaufen soll: Therapeutinnen und Therapeuten sollten nach gewisser Zeit die festgelegten Therapieziele rekapitulieren und abwägen, ob diese schon erreicht wurden. Dann liege es in der Verantwortung der Therapeutinnen und Therapeuten, ein Ende einzuleiten.

Umgekehrt meint Haid, sollen aber auch Klientinnen und Klienten von sich aus ein Ende einleiten, wenn sie das Gefühl haben, dass sie mit der Therapie abschließen wollen, da dies ein Akt der Selbstbestimmung ist. In beiden Fällen soll das Ende aber nicht abrupt stattfinden.

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Dafür nimmt sich Haid noch ein paar Stunden mit ihren Klientinnen und Klienten Zeit, in denen sie einen Bogen von der ersten bis zur letzten Stunde spannt und schaut: Was ist in der Therapie passiert? Was war schwierig? Welche Meilensteine hat eine Person erreicht, und was können die Patienten sozusagen nach Hause mitnehmen?

Wann sollte ich eine Psychotherapie abbrechen?

Juristisch gesehen ist eine Psychotherapie ein Auftragsverhältnis, ein Auftrag kann jederzeit zurückgezogen werden, und Sie schulden der/dem Therapeut*in nur das Honorar für bereits erbrachte Leistungen (plus dasjenige für verpasste und zu kurzfristig abgesagte, bereits reservierte Stunden).

Wichtiger ist aber die Frage, weshalb eine Therapie Hals über Kopf beendet werden soll. Hat eine Äußerung des/der Therapeut*in Sie verärgert oder verletzt? Fühlen Sie sich falsch verstanden oder beschuldigt? Halten Sie etwas zurück, was Sie schon lange hätten sagen sollen? Haben Sie den Eindruck, es gehe nicht vorwärts?

Versuchen Sie, in der Therapie über Ihre Gefühle und Gedanken zu sprechen, vielleicht sogar mit Hilfe eines Briefes, holen Sie sich notfalls Unterstützung - aber gehen Sie nicht einfach weg. Krisen gibt es in fast jeder gut laufenden Beziehung und auch in Psychotherapien; sie zu verstehen und gemeinsam zu meistern, bringt einen oft einen großen Schritt weiter.

Anders liegt der Fall, wenn Ihr/Ihre Therapeut*in Ihre persönliche oder sexuelle Integrität verletzt, sich über die Schweigepflicht hinwegsetzt oder in anderer Weise den Berufskodex (PDF) bricht. Dann ist es sinnvoll, dass Sie sich direkt an die Beschwerdestelle des Österreichischen Berufsverbands für Psychotherapie wenden.

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Wann sollte ich den/die Psychotherapeut*in wechseln?

Wenn Sie das Gefühl haben, die Therapie bringt Ihnen nichts, dann macht es keinen Sinn, einfach nur so weiter zu machen. Das kann sich bereits nach wenigen Sitzungen zeigen. Oder aber auch erst mitten in der Therapie, weil es sein kann, dass man es nicht gleich in den ersten Stunden merkt. Therapie ist immer Beziehungsarbeit und Beziehungen entwickeln sich über einen Zeitraum.

Wichtig ist, wenn Sie merken, dass etwas einfach nicht stimmt: Sprechen Sie Ihre/Ihren Therapeut*in darauf an. Je nachdem, wie die/der Therapeut*in reagiert, werden Sie ein Gefühl dafür haben, ob es sich nach dem Ansprechen irgendwie gelöster anfühlt oder erst recht verkrampfter zu sein scheint.

Gründe für einen Therapieabbruch

Gründe für eine frühzeitige Beendigung kennt sie viele: „Oft liegt es daran, dass die Beziehungsdynamik zwischen Patient und Psychotherapeut in Schieflage kommt und man sich als Patient nicht verstanden fühlt. Dass Themen aufkommen, die zu belastend sind, und man nicht mehr weitermachen will, obwohl man es sollte. Auch unbeabsichtigte Kränkungen vonseiten der Therapeuten oder Therapeutinnen sind ein häufiger Grund, warum Patienten ihre Therapie abbrechen.“

Finanzielle Belange, also wenn sich Patienten ihre Behandlung nicht mehr leisten können, führten laut Haid ebenfalls oft dazu, dass die Therapie frühzeitig beendet wird.

Wie endet eine Psychotherapie?

Die Therapie endet meist, wenn die gemeinsam vereinbarten Ziele erreicht sind und es Ihnen somit besser geht. Manchmal finden zum Ende der Therapie Sitzungen nur noch alle 2 - 4 Wochen statt. Die Therapie wird - ähnlich wie manche Medikamente - so oft langsam ausgeschlichen.

Ein gemeinsames Abschlussgespräch ist sehr hilfreich um das Erreichte gut zu integrieren und für den Alltag zur Verfügung zu stellen. Dabei wird unter anderem auf folgende Fragen eingegangen:

  • Was waren meine Ziele und wohin möchte ich mich weiter entwickeln?
  • Was kann ich tun, um in der Therapie Erreichtes zu bewahren?
  • Was mache ich, falls Beschwerden wieder auftreten oder sich verstärken?

Kann ich die Behandlung jederzeit beenden?

Eine Psychotherapie basiert auf Freiwilligkeit und Selbstbestimmung des Klienten. Daher können Sie eine angefangene Behandlung jederzeit und in jeder Behandlungsphase beenden, wenn Sie es möchten. Wichtig ist mir, dass dazu ein gemeinsames Gespräch stattfindet - eine Therapie (egal wie lange sie gedauert hat) damit beendet wird und nicht abgebrochen.

Unerwünschte Wirkungen und Nebenwirkungen von Psychotherapie

Es gibt einige Aspekte der Psychotherapie, die manchmal nicht bedacht werden. Dazu gehören unter anderem die zeitliche und finanzielle Belastung. Außerdem kann es zu sogenannten “Verstrickungen” in der Beziehung zum/zur Therapeut*in kommen - bitte bedenken Sie, dass die Beziehung eine bezahlte Arbeitsbeziehung und keine private ist; sie ist nur dann tragfähig, wenn sie das auch bleibt.

Im Laufe dieses Prozesses kann es zu diversen Begleiterscheinungen kommen wie etwa Phasen der Symptomverschlechterung, partnerschaftliche, berufliche, familiäre und freundschaftliche Beziehungen können sich verbessern, verschlechtern oder einfach nur verändern. Auch in der Arbeit kann sich Ihr Alltag verändern.

Sollte es zu unerwünschten Wirkungen kommen, sprechen Sie es direkt beim/bei der Therapeut*in an und/oder wenden Sie sich an die Beschwerdestelle des Österreichischen Berufsverbands für Psychotherapie.

Tabelle: Zusammenfassung der wichtigsten Punkte zum Therapieende

Aspekt Beschreibung
Wann beenden? Wenn Therapieziele erreicht sind und Symptome überwunden wurden.
Wann abbrechen? Bei Verletzung der Integrität oder des Berufskodex durch den Therapeuten.
Therapeutenwechsel Wenn keine Fortschritte erkennbar sind oder die Beziehung nicht stimmt.
Abschlussgespräch Wichtig zur Integration des Erreichten und zur Vorbereitung auf die Zeit nach der Therapie.
Freiwilligkeit Die Therapie kann jederzeit beendet werden.

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