Ab wann gilt man als psychisch krank?

Psychische Krisen und Krankheiten können jeden treffen, und die Zahl der Menschen, die an psychischen Problemen leidet, ist im Steigen. Trotzdem fällt es vielen immer noch schwer, darüber zu sprechen und um Hilfe zu bitten. Dabei ist psychische Gesundheit und deren Erhalt so wichtig.

Definition von psychischer Gesundheit

Man weiß heute, was für einen großen Einfluss die psychische Gesundheit auf die Gesamtgesundheit hat. Jede psychische Krankheit beeinträchtigt das Leben des oder der Betroffenen, die Beziehungen, berufliche und soziale Möglichkeiten, das gesamte persönliche Umfeld.

Psychische Gesundheit ist außerdem zu einem Teil beeinflussbar. Viele Faktoren wirken dabei zusammen, wie Selbstvertrauen, Lebenssinn oder soziale Beziehungen. Auch Wohlbefinden und Lebensqualität sind wesentlich für unsere seelische Gesundheit. Zudem spielen etwa wirtschaftliche und Umweltfaktoren eine wesentliche Rolle für die psychische Gesundheit.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erachtet ebenfalls die psychische Gesundheit als grundlegend für einen guten Allgemeinzustand. Sie definiert sie als einen Zustand des Wohlbefindens, in dem sich eine Person entfalten, mit normalen Spannungen des Lebens umgehen, einer Arbeit nachgehen und einen Beitrag zum Gemeinschaftsleben leisten kann. Psychische Gesundheit bildet die Grundlage für das Wohlbefinden des Menschen und das Funktionieren einer Gemeinschaft. In diesem Sinne betrifft sie sowohl den Menschen als Einzelperson als auch die Gesellschaft als Ganzes.

Dies ist natürlich ein Idealzustand. In der Praxis ist der Zustand unserer Psyche keine Frage von komplett gesund oder krank, sondern man hat viele, viele Abstufungen, in vielen Bereichen (Antrieb, Motivation, Ängste, Denken, Konzentration u. v. m.), die manchmal sogar tagaktuell schwanken können. Insgesamt gilt aber immer: Die psychische Gesundheit soll erhalten bleiben, und dafür gibt es Mittel und Wege, viele präventive Maßnahmen, die ergriffen werden können.

Lesen Sie auch: Hilfe für den Partner bei psychischen Problemen

Definition von psychischer Krankheit

Als Gegenteil von psychischer Gesundheit wird die psychische Krankheit gesehen. Diese definiert die WHO wie folgt: „Psychische Störungen stellen Störungen der psychischen Gesundheit einer Person dar, die oft durch eine Kombination von belastenden Gedanken, Emotionen, Verhaltensweisen und Beziehungen zu anderen gekennzeichnet sind. Beispiele für psychische Störungen sind Depressionen, Angststörungen, Verhaltensstörungen, bipolare Störungen und Psychosen.“

Der Übergang von (kompletter) psychischer Gesundheit und psychischer Krankheit ist fließend, viele Personen haben manchmal Symptome von psychischer Krankheit, z. B. Ängste oder depressive Verstimmungen, ohne gleich an einer psychischen Krankheit zu leiden. Erst wenn diese schwer werden oder/und lange anhalten, kann man von einer psychischen Erkrankung sprechen.

In den europäischen WHO-Staaten erkrankt z. B. einer von 15 Menschen pro Jahr an einer schweren Depression, Angststörungen und leichtere Depressionsformen eingerechnet, sind es vier von 15.

Geschlechterunterschiede bei psychischen Erkrankungen

Von Seiten der Gesundheitsberichterstattung und -forschung wurde lange Zeit kein Augenmerk auf Unterschiede zwischen Männern und Frauen gelegt. Aber das Geschlecht spielt beim Thema Psyche, psychische Gesundheit und psychische Krankheit eine Rolle. Neben den biologischen Unterschieden wirkt sich vor allem die soziale Ungleichheit zwischen Frauen und Männern auf die Frequenz von psychischen Erkrankungen, aber auch auf den Umgang mit diesen aus. Frauen sind im Verhalten oftmals risikoscheuer, beschäftigen sich mehr mit gesundheitsbezogenen Informationen und bemerken oftmals auch schneller Symptome oder Veränderungen im Verhalten. Zudem nehmen Frauen im Schnitt öfters medizinische Versorgung in Anspruch. Daraus ergeben sich Vorteile für Frauen, da so die Krankheiten häufig schneller erkannt werden können als bei Männern.

Bei Frauen und Männern treten also andere gesundheitliche Belastungen aufgrund unterschiedlicher Sozialisationserfahrungen und Lebensbedingungen auf. U. a. tragen hier traditionelle Männer- und Frauenrollen („ein Bub weint nicht“, Doppel- und Mehrfachbelastungen bei Frauen durch Haushalt und Kinder u. v. m.) dazu bei. Auch das Gesundheitssystem verhält sich nicht neutral, so werden z. B. die gleichen Symptome bei Männern eher als somatisch diagnostiziert, bei Frauen eher als psychisch bzw. psychosomatisch. In Folge dessen bekommen Frauen bis zu zweimal häufiger als Männer Psychopharmaka verschrieben.

Lesen Sie auch: Angebote für psychisch Kranke: Wohnen mit Therapie

Professionelle Hilfe und Unterstützung

Glücklicherweise gibt es beim Auftreten von psychischen Störungen viele Möglichkeiten, Hilfe und Unterstützung zu bekommen und diese zu behandeln. Hier können verschiedene Berufsgruppen hilfreich sein: PsychiaterInnen, (klinische) PsychologInnen, PsychotherapeutInnen und auch SozialarbeiterInnen. Die meisten dieser Unterstützungsmöglichkeiten sind in Österreich kostenlos bzw. über die Krankenkasse abgedeckt.

  • PsychiaterInnen: FachärztInnen, die nach dem Medizinstudium eine sechsjährige Fachausbildung im Fach Psychiatrie gemacht haben. Es ist die Aufgabe der Psychiater und Psychiaterinnen, eine Diagnose zu stellen und die richtigen Medikamente (Psychopharmaka) für die psychischen Beschwerden zu verschreiben. Dies ist eine Leistung der Krankenkasse!
  • PsychologInnen: Haben ein Studium der Psychologie an einer Universität absolviert. PsychologInnen beraten zu den verschiedensten Themen (Arbeit, Gesundheit und Krankheit, Bildung, Schule u. v. m.). Viele haben eine zusätzliche mehrjährige Ausbildung in Klinischer Psychologie, welche berechtigt, klinische Diagnostik durchzuführen, Gutachten zu erstellen und psychische Erkrankungen mittels Gespräche und verschiedenster Techniken zu behandeln (z. B. Entspannungstechniken, u. v. m.).
  • PsychotherapeutInnen: Haben eine Fachausbildung in der von ihnen gewählten Art oder Richtung der Psychotherapie. Psychotherapie ist in Österreich vollfinanziert auf Krankenkasse möglich! In der Psychotherapie oder psychologischen Betreuung lernt man sein Erleben und Handeln, das man über die bisherige Lebensgeschichte entwickelt hat, zu verstehen.
  • SozialarbeiterInnen: Einen weiteren wichtigen Beitrag bei der Unterstützung von Menschen mit psychischen Krankheiten bieten die SozialarbeiterInnen. Auch sie können stützende Gespräche führen und helfen dabei, notwendige Anträge, z. B. auch bei finanziellen oder Wohnproblemen, zu stellen.

Behandlung mit Psychopharmaka

„Unter Psychopharmaka versteht man Substanzen, die sich auf die Steuerung von Prozessen im zentralen Nervensystem auswirken und so einen Einfluss auf verschiedene psychische Funktionen haben. Man geht heute davon aus, dass viele psychische Erkrankungen durch Störungen im Haushalt der Neurotransmitter zustande kommen.

Psychopharmaka wirken daher zwar aufs Gehirn, doch sie verändern nicht die Persönlichkeit, sondern bekämpfen die Symptome, die bei den Patienten einen hohen Leidensdruck verursachen. Sie stellen nicht ruhig, sondern setzen an den biologischen Ursachen der Erkrankung an, indem sie einen Mangel oder Überschuss von bestimmten Botenstoffen im Gehirn (Neurotransmitter) regulieren. Und die meisten Medikamente - allen voran die beiden Hauptgruppen Antidepressiva und Antipsychotika- machen auch nach jahre- oder jahrzehntelanger Einnahme nicht abhängig.

Wie bei allen Medikamenten kann es auch bei der Einnahme von Psychopharmaka zu Nebenwirkungen kommen, auch aus diesem Grund sollte eine Einnahme immer von einem Facharzt/einer Fachärztin (für Psychiatrie und/oder Neurologie) begleitet werden, diese sind die ExpertInnen bei dem Thema. Es kann länger dauern, bis eine Wirkung einsetzt (bis zu drei Monate), und ein Absetzen sollte auch nur mit Begleitung und nach Absprache mit den FachärztInnen erfolgen.

Psychotherapeutische Behandlungen

Angstzuständen, Depressionen, Zwangsgedanken und anderen psychischen Leidenszuständen liegen Fehlfunktionen im Gehirn zugrunde. Dementsprechend lässt sich eine erfolgreiche psychotherapeutische Behandlung auch im Gehirn nachweisen. Somit kann die Wirkung von Psychotherapie objektiv überprüft werden.

Lesen Sie auch: Lösungsansätze bei Beklemmungsgefühlen

Psychotherapie und (klinisch) psychologische Behandlung ist u. a. ein neues Lernen von Verhaltensweisen. Lernen bedeutet, dass das Gehirn unter anderem neue Nervenzellverbindungen - sogenannte Synapsen - ausbildet. Das ist die neuronale Plastizität, auf der Lernen beruht. Lernen hinterlässt Spuren im Gehirn. Psychotherapie und psychologische Betreuung wirken langfristig, denn es werden hier neuronale Lernvorgänge angestoßen.

Verschiedene Psychische Krankheiten

  • Angststörung: Bei einer Angststörung ist die Angst im Verhältnis zur tatsächlichen Bedrohung unangemessen und übersteigert. Angststörungen führen zu einer erheblichen psychischen Belastung und körperlichen Begleiterscheinungen. Angststörungen können mit körperlichen Anzeichen der Angst wie Herzrasen, Schwitzen, Zittern, Atemnot, Übelkeit, Brustenge und Schwindel einhergehen. Es gibt verschiedene Arten von Angststörungen. Spezifische Phobie: Angst vor einzelnen Dingen oder Situationen, die an sich nicht gefährlich sind, wie z. B.
  • Depression: Die Depression ist eine psychische Erkrankung, die mit gedrückter Stimmung, Freud- und Interesselosigkeit sowie Antriebsarmut einhergeht. Die Depression tritt sehr häufig auf. Der Entstehung einer Depression liegen meist mehrere Ursachen zugrunde. Meist sind verschiedene Faktoren beteiligt, die erst im Zusammenspiel eine Depression hervorrufen. Neben psychosozialen Triggern können auch biochemische Veränderungen im Körper oder genetische Faktoren Auslöser sein. Vereinfacht lässt sich sagen, dass es innere und äußere Umstände sind, die einen Menschen an einer Depression erkranken lassen.
  • Bipolare Störung: Bipolare Störungen oder manisch-depressive Erkrankungen zeichnen sich durch ausgeprägte Schwankungen im Antrieb, im Denken und in der Stimmungslage einer Person aus. So durchleben Menschen mit Bipolaren Störungen depressive Phasen und Phasen euphorischer oder ungewöhnlich gereizter Stimmung. Letztere gehen mit einem deutlich gesteigerten Antrieb einher. Sind diese Phasen schwach ausgeprägt, spricht man von hypomanen, in voller Ausprägung von manischen Episoden.
  • Psychosen: Psychosen sind psychische Erkrankungen, deren Ausgestaltung abhängig vom Lebenskontext der betroffenen Person verschiedene Formen annehmen kann. Allerdings existieren Symptombereiche, die übereinstimmend bei vielen Betroffenen verändert sind. So können bei einer Psychose das Denken, Fühlen, Empfinden zum eigenen Körper und der Kontakt zu anderen Menschen verändert sein. Erkrankte Menschen haben häufig Mühe, zwischen der Wirklichkeit und der eigenen, subjektiven Wahrnehmung zu unterscheiden. Für Außenstehende lässt sich die Psychose am ehesten als ein Zustand extremer Dünnhäutigkeit beschreiben. Der Begriff ‚Psychose‘ wird heute als eine Art Überbegriff für verschiedene psychische Erkrankungen benutzt, bei denen Halluzinationen oder Wahn zu den auffälligsten Krankheitsanzeichen gehören.
  • Sucht: Sucht bezeichnet die psychische oder physische Abhängigkeit von einer Substanz oder einem Verhalten. Sie entsteht, weil das Suchtmittel oder die Verhaltensweise auf das Belohnungszentrum im Gehirn wirkt und dort positive Gefühle auslöst. Sucht ist keine Charakterschwäche, sondern eine Krankheit, die auf einer Fehlregulierung im Gehirn beruht. Die Ursachen für eine Suchterkrankung sind vielfältig.
  • Essstörung: Eine Essstörung ist eine ernsthafte Erkrankung. Im Mittelpunkt steht das Thema „Essen“. Es handelt sich dabei aber nicht um ein Ernährungsproblem, sondern der Umgang mit dem Essen und das Verhältnis zum eigenen Körper sind gestört. Betroffene schränken ihr Essverhalten übermäßig stark ein, kontrollieren es ausgeprägt oder verlieren völlig die Kontrolle darüber. Es gibt verschiedene Formen: die Magersucht, die Bulimie und die Binge-Eating-Störung. Viele Essstörungen treten nicht in Reinform auf. Kennzeichnend für Essstörungen sind: ständiges Sorgen um Gewicht und Essen, Nahrungsverweigerung oder unkontrollierte Essanfälle, heimliches Essen, Panik vorm Zunehmen, Ablehnen des eigenen Körpers, hoher Leidensdruck. Die Krankheit wirkt sich auf Körper und Seele aus.
  • Persönlichkeitsstörung: Persönlichkeitsstörungen können als extreme Ausprägung eines Persönlichkeitsstils mit unflexiblen, starren und unzweckmäßigen Persönlichkeitszügen betrachtet werden, die dabei die Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen, zu (subjektivem) Leid oder zu häufigen Konflikten mit seiner Umwelt führen. Eine Persönlichkeitsstörung liegt dann vor, wenn diese problematischen Persönlichkeitszüge stabil und langdauernd vorliegen und bis ins Jugend- oder frühe Erwachsenenalter zurückverfolgt werden können. Sie ist keine Folge einer anderen psychischen Störung, der Wirkung einer Substanz (z.B.
  • Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS): Eine Posttraumatische Belastungsstörung ist eine psychische Erkrankung, die als Folge auf ein traumatisches Ereignis auftreten kann. Traumatische Ereignisse sind extrem bedrohliche oder schreckliche Situationen, die das Leben oder die Sicherheit von einem selbst oder anderen bedrohen. Beispiele für solche Situationen sind Naturkatastrophen, schwere Unfälle, Kriege, lebensbedrohliche Erkrankungen sowie körperliche oder sexuelle Gewalt. Dabei können PTBS als Folge einer oder mehrerer traumatischer Erlebnisse auftreten, wenn entweder eine Person selbst betroffen ist oder wenn eine Person zum Beispiel Zeuge eines schrecklichen Ereignisses bei andere...

Arbeitsbedingte psychische Erkrankungen

Arbeitsbedingte psychische Erkrankungen sind trotz vielfältigster Präventionsbemühungen weit verbreitet und gehören zu den häufigeren arbeitsbedingten Erkrankungen. Um diese an der Quelle zu bekämpfen, ist der Arbeitsschutz inzwischen deutlich differenzierter geworden und verfolgt einen ganzheitlicheren Ansatz.

Von arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen können wir sprechen, wenn die Erkrankung direkt von arbeitsbezogenen Risikofaktoren negativ beeinflusst wird. Arbeitsstressoren können eine auslösende Wirkung haben.

Die gängigsten arbeitsbedingten psychischen Erkrankungen sind:

  • Depressionen
  • Angststörungen
  • Burnout-Syndrom (Einstufungsdiagnose)

Darüber hinaus gibt es Zusammenhänge von arbeitsbedingten, psychischen Belastungsfaktoren zu einigen somatoformen und psychosomatischen Störungen. Auch Suchterkrankungen (z.B. Alkoholsucht) und Schlafstörungen können von der Arbeit mitbedingt sein.

Gängige arbeitsbedingte Einflussfaktoren sind:

  • „Job Strain“ (Hohe Anforderung bei zu geringem Tätigkeitsspielraum)
  • Geringe soziale Unterstützung
  • Arbeitsplatzunsicherheit
  • Gewalt
  • Geringe Bedeutsamkeit der Arbeit
  • Schwierige Emotionsarbeit
  • Geringe Entwicklungsmöglichkeiten
  • Überlange Arbeitszeiten
  • Belastung durch Schichtarbeit
  • Belastung durch Wochenendarbeitszeit
  • Überwiegend durch Arbeitgeber:innen bestimmte Arbeitszeitvariabilität
  • Arbeitsbezogene erweiterte Erreichbarkeit
  • Unzureichende Arbeitspausen

Die Existenz potenziell schädlicher Wirkungen von Arbeitsbedingungen auf die psychische Gesundheit ist unbestritten. Die psychische Gesundheit hängt mit den psychosozialen Arbeitsbedingungen kausal zusammen.

Psychische Aspekte gewinnen im Arbeitnehmer:innenschutz kontinuierlich an Bedeutung, da sich die Arbeit im Wandel befindet und sich der relative Anteil an Dienstleistungen am Gesamt-Bruttoinlandsprodukt seit Jahrzehnten erhöht. Gleichzeitig haben die Krankenstandstage aufgrund psychischer Diagnosen im letzten Jahrzehnt zugenommen.

Vielfach unterschätzt werden negative Folgen psychischer Belastung, welche sich zwar nicht in einer psychischen Erkrankung niederschlagen, jedoch trotzdem schädlich sind. Jede 5. arbeitende Person leide demnach an Symptomen, welche mit psychischen Erkrankungen assoziiert sind.

Im Arbeitnehmer:innenschutz beschränkt sich die Relevanz psychischer Faktoren nicht auf psychische Erkrankungen, sondern beinhaltet psychosomatische Auswirkungen der Arbeitsbelastung. Diese äußern sich beispielsweise in einer erhöhten Wahrscheinlichkeit für Störungen des Magen-Darm-Trakts, Muskel-Skelett-Erkrankungen und Herz-Kreislauferkrankungen. Auch die Beeinträchtigung der kognitiven Leistungsfähigkeit kann relevant werden.

Um mit den vielfältigen Belastungsfaktoren gut umgehen zu können, braucht es „Ressourcen“. Zusätzlich zu individuellen Ressourcen, können organisationale Ressourcen helfen, die Arbeitsbelastung besser zu bewältigen. Die gesetzlich verpflichtende Arbeitsplatzevaluierung psychischer Belastung kann dabei helfen, gefährliche psychische Arbeitsbedingungen zu erkennen und durch geeignete Maßnahmen an der Quelle zu bekämpfen.

Statistiken zu arbeitsbedingter psychischer Belastung

Immer mehr Menschen klagen über die krankmachende psychische Belastung am Arbeitsplatz: Zu viel Arbeit bei zu wenig Zeit, lange Arbeitstage, eine dünne Personaldecke, Freundlichkeitsdruck, Umstrukturierungen und vieles andere mehr kennzeichnen den Arbeitsalltag vieler Arbeitnehmer:innen.

Die Ergebnisse der Mikrozensus-Arbeitskräfteerhebung der Statistik Austria (2022, Zahlen aus 2020), zeigen:

  • 60 % der Erwerbstätigen fühlen sich am Arbeitsplatz mindestens einem psychischem Gesundheitsrisiko ausgesetzt.
  • Als größtes arbeitsbezogenes Gesundheitsrisiko wird am häufigsten starker Zeitdruck bzw. Arbeitsüberlastung angegeben: 38,3 % berichten, in ihrer Arbeit unter starkem Zeitdruck zu leiden bzw. überlastet zu sein.
  • Von gut von einem Drittel der Befragten wird der den Umgang mit schwierigen Personen als Risikofaktor angeführt.
  • Auch schlechte Kommunikation/Zusammenarbeit (12,6 %), fehlender Einfluss auf das Arbeitstempo (8,2 %) und unsichere Beschäftigungsverhältnisse (6,4 %) werden als Risikofaktoren genannt.
  • 4,1 % der Befragten berichten, in ihrer Arbeitsumgebung von Gewalt bedroht oder durch Mobbing (3,2 %) belastet zu sein.

In einer repräsentativen EU-Studie aus 2022 geben 47 % der Befragten in Österreich an, dass der Arbeitsdruck als eine Konsequenz der Corona-Pandemie weiter zugenommen hat.

Arbeitsbedingte psychische Belastung kann zu Fehlbeanspruchung führen und krank machen. Eine Folge können etwa psychische Erkrankungen, wie Depressionen oder Angststörungen, sein. Die Krankenstandstage durch psychische Erkrankungen haben seit 1994 deutlich zugenommen. Auch die auf diesen beruhenden Invaliditätspensionen haben einen bedenklichen Anteil erreicht.

Arbeitgeber:innen haben eine Schutzverpflichtung für die Arbeitnehmer:innen. Das ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG) stellt klar: Auch die arbeitsbedingte psychische Belastung ist Teil der betrieblichen Arbeitsplatzevaluierung. Arbeitgeber:innen müssen beeinträchtigende Arbeitsbedingungen ermitteln, beurteilen und durch wirksame Schutzmaßnahmen ausschalten oder zumindest reduzieren.

Veränderung Krankenstandstage 1994 zu 2023 (gerundet auf Tausend)

Krankheitsgruppen 1994 2023 Veränderung absolut Veränderung in %
Insgesamt 40.211.000 56.088.000 + 15.877.000 + 39,5%
Psychische Erkrankungen und Verhaltensstörungen 1.063.000 5.776.000 + 4.713.000 + 443,4%

Umgang mit psychischen Erkrankungen im Alltag

Leidet ein Mensch an einer psychischen Erkrankung, stellt das auch sein näheres Umfeld häufig vor einige Herausforderungen und Fragen. In manchen Situationen können sich Angehörige etwa sprachlos oder hilflos fühlen. Meist möchten nahestehende Personen Betroffenen helfen oder sie motivieren, Unterstützung zu suchen. Informationen über die jeweilige Krankheit sowie Austausch mit anderen Angehörigen oder Beratungsgespräche können helfen.

Der Alltag mit einem Menschen, der an einer psychischen Erkrankung leidet, kann Angehörige stark fordern. Es ist normal, dass verschiedene Gefühle auftauchen, zum Beispiel Angst, Traurigkeit, Schuldgefühle oder etwa Wut. Zudem ist es sehr gut nachvollziehbar, dass eine solche Situation überfordern kann und man alleine nicht mehr weiter weiß.

Empfehlungen für Angehörige:

  • Sich über die Erkrankung informieren: Symptome und Krankheitsverlauf zu kennen hilft, Anzeichen richtig zuzuordnen und Betroffene besser zu verstehen sowie zu unterstützen.
  • Darüber reden: Mit jemandem Vertrauten über die eigenen Situation zu sprechen entlastet meist. Da sich seelische Krankheiten auf menschliche Beziehungen auswirken, kann auch eine Beratung sehr hilfreich sein. Professionelle Helfer:innen oder andere Angehörige bringen zudem eine andere Sicht auf die Dinge mit.
  • Auf sich selbst achten: Es ist wesentlich, auch auf sich zu schauen. Wenn es Ihnen selbst schlecht geht, können Sie andere nicht so gut unterstützen.
  • Verständnisvoller, aber konsequenter Umgang mit Betroffenen: Zuhören und Mitgefühl sind wichtig, damit Menschen mit einer psychischen Erkrankung sich verstanden fühlen.

Bei einem psychiatrischen Notfall droht oft Lebensgefahr, zum Beispiel bei Risiko der Selbstschädigung. Eine akute Verschlechterung eines Krankheitszustandes mit schweren Folgen ist möglich. Daher ist bei einem psychiatrischen Notfall rasche medizinische Hilfe unumgänglich!

tags: #ab #wann #gilt #man #als #psychisch