Verstößt der Arbeitnehmer gegen arbeitsvertragliche Pflichten, hat der Arbeitgeber verschiedene Möglichkeiten, wie er darauf reagieren kann. Als Mittel stehen ihm unter anderem die Ermahnung, die Abmahnung und die Kündigung zur Verfügung. Welches Mittel er wählt, hängt davon ab, wie schwerwiegend die Pflichtverletzung ist.
Ermahnung als Reaktion auf Fehlverhalten
Die Ermahnung, auch Verwarnung genannt, ist ein mildes Mittel, um geringfügige Vertragsverstöße zu rügen. Eine Ermahnung beinhaltet immer eine Benennung des Fehlverhaltens, eine Rüge und eine Aufforderung:
- Benennung: Der Arbeitgeber benennt das Fehlverhalten des Arbeitnehmers konkret mit Datum und Uhrzeit.
- Rüge: Der Arbeitnehmer weist darauf hin, dass das benannte Verhalten unerwünscht ist und eine Verletzung des Vertrags darstellt.
- Aufforderung: Der Arbeitgeber fordert den Arbeitnehmer dazu auf, das ermahnte Verhalten in Zukunft zu unterlassen.
Unterschied zwischen Ermahnung und Abmahnung
Eine Ermahnung und eine Abmahnung haben verschiedene Gemeinsamkeiten:
- Eine Ermahnung und eine Abmahnung haben beide eine Hinweisfunktion. Das heißt, der Arbeitnehmer wird auf sein Fehlverhalten hingewiesen, damit er erkennt, dass er etwas falsch gemacht hat.
- Sowohl die Ermahnung als auch die Abmahnung können in schriftlicher Form der Personalakte beigelegt werden und somit eine Dokumentationsfunktion erfüllen.
Trotz dieser Gemeinsamkeiten sollten die Begriffe Ermahnung und Abmahnung nicht synonym verwendet werden. Die Ermahnung ist eine Vorstufe der Abmahnung, bei der der Arbeitgeber zwar offiziell Kritik äußert, aber keine weiteren Konsequenzen androht.
Eine Abmahnung hingegen hat eine Warnfunktion und bereitet eine Kündigung vor. Nach § 314 Abs. 2 BGB ist eine verhaltensbedingte Kündigung in der Regel nämlich nur zulässig, wenn ihr eine erfolglose Abmahnung vorausgeht. Verstößt ein Arbeitnehmer nach einer Abmahnung erneut in ähnlicher Weise gegen den Arbeitsvertrag, kann der Arbeitgeber eine Kündigung durchführen.
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Hinweis: Eine Abmahnung liegt immer dann vor, wenn zusätzlich zu Benennung, Rüge und Aufforderung eine Warnung erfolgt, dass im Wiederholungsfall eine Kündigung droht. Dabei spielt es keine Rolle, ob der Arbeitgeber die Rüge Ermahnung oder Abmahnung nennt.
Gründe für eine Ermahnung
Der Grund für eine Ermahnung muss ein vom Arbeitnehmer steuerbares Verhalten betreffen. Verhaltensweisen, die zu einer Ermahnung führen können, sind etwa die folgenden:
- Häufige Unpünktlichkeit
- Private Telefonate
- Zu lange oder unerlaubte Pausen
- Unerlaubter Konsum von Alkohol am Arbeitsplatz
- Respektloses Verhalten gegenüber Kollegen oder Vorgesetzten
- Internetnutzung für private Zwecke
- Verspätetes Einreichen der Arbeitsunfähigkeitsbescheinigung
- Verspätete Krankmeldung
- Unerlaubte Nebentätigkeit
Hinweis: Im Einzelfall kann aufgrund oben genannter Verfehlungen auch eine Abmahnung zulässig sein. Der Arbeitgeber hat die jeweilige Situation immer individuell zu betrachten und zu beurteilen, ob als Mittel der Rüge eine Ermahnung oder eine Abmahnung angemessener ist.
Form und Inhalt der Ermahnung
Bei einer Ermahnung besteht Formfreiheit. Das heißt, sie kann sowohl schriftlich als auch mündlich erfolgen. Die Bedeutung und die Funktion der Ermahnung bleiben gleich. Allerdings ist der Effekt auf den Beschäftigten in der Regel unterschiedlich:
- Eine mündliche Ermahnung ist ein mildes Mittel, um Fehlverhalten zu rügen. Es besteht die Gefahr, dass der Arbeitnehmer die Ermahnung nur als Kritik am Rande versteht. Wie ernst der Arbeitnehmer sie nimmt, hängt davon ab, wie der Arbeitgeber die Ermahnung vermittelt.
- Eine schriftliche Ermahnung wirkt offizieller. Es ist wahrscheinlicher, dass der Arbeitnehmer sein Verhalten danach bessert.
Hinweis: Eine schriftliche Ermahnung kann auf Wunsch des Arbeitgebers der Personalakte des Arbeitnehmers beigefügt werden.
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Damit sie aber ihren Zweck erfüllt, sollte der Arbeitgeber folgende Punkte in einer Ermahnung erfassen:
- Name, Personalnummer und Anschrift des Mitarbeiters
- Konkrete Benennung des Vertragsverstoßes (Am besten mit Datum und Uhrzeit.)
- Ausdrückliche Rüge des Verhaltens
- Konkrete Aufforderung zur Besserung des Verhaltens
- Hinweis, dass die Ermahnung in die Personalakte aufgenommen wird (optional)
- Datum und Unterschrift
Gewalt und Belästigung am Arbeitsplatz
Bedrohungen, Belästigungen, Diskriminierungen und Beleidigungen, auch tätliche Angriffe auf Beschäftigte werden zunehmend relevant. Gewaltübergriffe sind daher auch im Arbeitsschutz ein wichtiges Thema.
Der Umgang mit Gewalt erweist sich auch in der Arbeitswelt als schwierig. Das spezifische Gewaltrisiko ist in der Arbeit unterschiedlich und betrifft nicht alle Arbeitsplätze gleichermaßen. Das Risiko für Gewaltübergriffe kann höher aber auch niedriger sein. Bei Kontakt mit aggressiven Kundinnen oder Kunden kann das Gewaltrisiko beispielsweise (kurzzeitig) erhöht sein.
Gewalt kann physisch und nicht-physisch erfolgen. Der Umgang mit Gewalt kann eine belastende Arbeitsbedingung sein, darf aber nicht zu einer Gefahr am Arbeitsplatz führen.
Besonders gefährdete Personengruppen und Arbeitsbereiche
Die Zugehörigkeit zu bestimmten Personengruppen, die Ausführung bestimmter Tätigkeiten, sowie bestimmte Arbeitsbereiche in denen Arbeit ausgeführt wird beeinflussen die Wahrscheinlichkeit für das Auftreten von Gewalt. Besonders gefährdete Personengruppen sind beispielsweise Frauen. Besonders betroffen sind auch junge Menschen. Des weiteren Menschen, die häufiger als andere Menschen Ziel von Diskriminierungen werden.
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Besonders gefährdete Arbeitsbereiche sind beispielsweise:
- Pflege- und Betreuungseinrichtungen
- Krankenhäuser und Rettungsdienste
- Soziale Einrichtungen
- Ordinationen
- Einrichtungen mit Nachtarbeit oder Alleinarbeitsplätzen
- Isolierte bzw. uneinsichtige Arbeitsplätze
- Bars, Hotels und Restaurants
- Einzelhandel
- Polizei und Sicherheitskräfte
Auswirkungen von Gewalt und Belästigung
Schädigende Wirkung von Gewalt und Belästigung bei der Arbeit:
- Auf organisatorischer Ebene ergeben sich Folgeschäden durch beispielsweise:
- Negatives psychosoziales Arbeits- und Organisationsklima
- Höhere Krankenstände
- Stärkere Mitarbeiterfluktuation
- Geringere Effizienz und Produktivität
- Imageschaden
- Auf individueller Ebene steigt das Risiko für beispielsweise:
- Konzentrationsstörung
- Verunsicherung
- Verletzung der persönlichen Integrität
- Schädigung des Selbstwertgefühls
- Psychische und psychosomatische Gesundheitsbeeinträchtigungen und Störungen
Gesetze zur Verhinderung von Gewalt und Belästigung
Zur Verhinderung von Gewalt und Belästigung gelten verschiedene Gesetze mit unterschiedlichen Rechtsfolgen:
- Gleichbehandlungsgesetze (GlBG, B-GlBG und Landesgesetze)
- Behinderteneinstellungsgesetz (BEinstG)
- Bundes-Behindertengleichstellungsgesetz (BGStG)
- ArbeitnehmerInnenschutzgesetz (ASchG)
Definitionen
Der Begriff „Gewalt und Belästigung“ in der Arbeitswelt bezieht sich auf eine Bandbreite von inakzeptablen Verhaltensweisen und Praktiken oder deren Androhung, unabhängig davon ob es sich um ein einmaliges oder ein wiederholtes Vorkommnis handelt. Auch Online-Interaktionen sind erfasst.
Belästigung: Eine Belästigung in der Arbeit liegt vor, wenn eine Person im Arbeitskontext unerwünschten und würdeverletzenden Verhaltensweisen ausgesetzt ist, die im Zusammenhang mit einem geschützten Merkmal (Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter, sexuelle Orientierung oder Behinderung) oder im Zusammenhang mit einer sexuellen Sphäre stehen.
Gewalt: Gewalt im Arbeitskontext liegt vor, wenn arbeitende Personen inkl. Führungskräfte in einer arbeitsbezogenen Situation angegriffen oder bedroht werden und es dadurch mit hoher Wahrscheinlichkeit zu einer Schädigung kommt (psychisch/physisch). Gewalt ist außerdem gekennzeichnet durch ein situatives oder generelles Machtgefälle. Psychische Gewalt (z.B. Drohen) kann auch online erfolgen.
Sexuelle/sexualisierte Gewalt: Umfasst alle sexuellen Handlungen, die gegen den Willen einer Person erfolgen. Häufig geht es mit Aggression und Machtmissbrauch einher.
Mobbing: Mobbing ist ein über einen längeren Zeitraum währendes, regelmäßiges und systematisches Vorgehen von einer oder mehreren Personen gegen eine bestimmte Person. Es zielt auf deren Entfernung aus dem sozialen Gefüge.
Diskriminierung: Diskriminierung ist die Benachteiligung einer Person aufgrund eines der geschützten Merkmale: Geschlecht, ethnische Zugehörigkeit, Religion oder Weltanschauung, Alter, sexuelle Orientierung oder Behinderung.
Hass im Netz und Cybermobbing
Die meisten Formen psychischer Gewalt können auch online verursacht werden. Gängige Begriffe in diesem Kontext sind zum Beispiel „Hass im Netz“ oder „Cybermobbing“. Auf Kommunikationsplattformen (z.B. Im Arbeitskontext können auch Chatgruppen von Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern diesbezüglich relevant werden. Die fortdauernde Belästigung im Wege einer Telekommunikation oder eines Comuptersystems ist ein Strafrechtstatbestand (§ 107c StGB).
Führt Hass im Netz oder Cybermobbing innerhalb des Arbeitskontextes zu einer Gefahr für Arbeitnehmende, ist dies im Zuge der Arbeitsplatzevaluierung ebenfalls zu ermitteln und ist zu beurteilen, welche Schutzmaßnahmen diesbezüglich zu treffen sind.
Konstellation der verursachenden und betroffenen Personen
Bei der Prävention von Gewalt als Risiko kann es hilfreich sein sich klar zu werden von wem welches Risiko ausgeht und was die Gewaltneigung dieser Personen begünstigt/vermindert.
Umgang mit respektlosen Vorgesetzten
Im Umgang mit respektlosen Vorgesetzten ist es wichtig, zunächst das Gespräch zu suchen und konkret auf das respektlose Verhalten hinzuweisen. Falls das Verhalten weiterhin anhält, sollte die Personalabteilung eingeschaltet werden, um Unterstützung zu erhalten.
Auf respektloses Verhalten sollte mit einer ruhigen und sachlichen Haltung reagiert werden. Dabei ist es hilfreich, spezifische Beispiele zu nennen und zu erläutern, wie das Verhalten das eigene Arbeiten beeinflusst.
Pflichten von Arbeitgebern und Arbeitnehmern
Werden Mängel erkannt oder geschieht ein Arbeitsunfall bzw. ein Ereignis, das beinahe zu einem Unfall geführt hätte, ist dies Arbeitgeberinnen/Arbeitgebern oder - wenn bestellt - den für den Arbeitnehmerschutz im Betrieb verantwortlichen Beauftragten zu melden.
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