Suizid steht oft in Verbindung mit psychischen Erkrankungen, vor allem Depressionen. Weltweit leiden rund 350 Millionen Betroffene an Depressionen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO könnten Depressionen 2020 weltweit die zweithäufigste Todesursache sein, derzeit liegen Depressionen auf Platz vier. Die Zahl der Betroffenen ist laut WHO in den vergangenen Jahren stark angestiegen und belastet die Weltwirtschaft dadurch mit rund 900 Millionen Euro jährlich. Die hohen Kosten entstehen hauptsächlich durch Fehlzeiten am Arbeitsplatz oder Produktionsausfälle.
Depressionen bei Frauen und Männern: Ein Vergleich
Depressionen werden bei Frauen doppelt so häufig diagnostiziert wie bei Männern. Fachleute schätzen, dass in vielen westlichen Ländern 20 Prozent der Frauen irgendwann einmal in ihrem Leben eine depressive Phase durchleben. Der Grund für die häufigere Diagnosestellung von Depressionen bei Frauen ist nach wie vor unklar. Es gibt verschiedene Theorien dazu. Frauen nehmen ihre Gefühle oft bewusster wahr als Männer. Ebenso könnten Gewalterfahrungen hierbei eine Rolle spielen. Frauen sind häufiger Opfer von Gewalterfahrungen in Paarbeziehungen und Opfer von sexueller Gewalt als Männer. Auch rund um die Geburt oder die Wechseljahre kann es bei Frauen vermehrt zu Depressionen bzw. Störungen der Stimmungslage kommen.
Suizid wird oft als Problem von Männern angesehen, da die Suizidrate bei Männern viermal so hoch ist wie jene von Frauen. Hierbei gilt es allerdings zu bedenken, dass die Suizidraten nur die Zahl der vollzogenen Suizide beinhalten. Suizidversuche kommen bei Frauen häufiger vor als bei Männern. Männer sterben dreimal bis viermal so häufig durch Suizid wie Frauen. Suizid gehört in vielen westlichen Ländern bei Männern bis zum 45. Lebensjahr zu den häufigsten Todesursachen.
Der Grund, warum Männer so häufig durch Suizid sterben, kann mit verschiedenen Faktoren in Zusammenhang stehen. Bei vielen Ehepaaren ist es z.B. nach wie vor der Fall, dass insbesondere die Frau die Pflege sozialer Beziehungen und Kontakte übernimmt. In der Folge sind Männer bei Trennung oder Tod der Frau - zumindest vorerst - mit einem Verlust oder einer Einschränkung des sozialen Lebens konfrontiert. Ebenso könnte Suizidalität bei Männern mit beruflichem Stress verbunden sein. Männertypische Berufe gehen möglicherweise mit sozialer Isolation, Trennung von der Familie und großer Verletzungsgefahr einher. Weiters kann Suizid mit bestimmten Lebensereignissen in Zusammenhang stehen, die besonders Männer mittleren Alters betreffen. Zu diesen Lebensereignissen gehört etwa Scheidung. Durch diese können Männer wie auch Frauen ihr Heim, ihre Kinder, gegebenenfalls ihr Ansehen und einen Teil ihres Einkommens verlieren.
Wissenschaftliche Studie haben auch gezeigt, dass Herangehensweisen zur Bewältigung von Problemen und Stress - von der Fachwelt Coping genannt - bei Männern weniger stark ausgeprägt sind als bei Frauen. Männer begeben sich seltener als Frauen in Behandlung bei körperlichen bzw. psychischen Problemen. Oft neigen Männer dazu, persönliche Probleme oder traumatische Ereignisse eher für sich zu behalten und seltener ärztlichen Rat hinzuziehen. Auch besteht in unserer Gesellschaft nach wie vor überwiegend ein stereotypes männliches Rollenbild. Demnach sollen Männer Stärke zeigen, bei Problemen Ruhe bewahren und diese schnell lösen. Solche Vorstellungen können mitunter dafür mitverantwortlich sein, dass Männer sich seltener in Behandlung begeben. Ebenso sind Männer oft wesentlich skeptischer gegenüber Behandlungen im Bereich der Psyche.
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Suizidalität wird häufig durch Depressionen mitausgelöst. Die wissenschaftliche Forschung zeigt, dass ein Großteil durch Suizid verstorbener Männer unter einer Depression litt. Diese kann etwa die Denkweise und Wahrnehmung verändern: Zum Beispiel rückt Negatives in den Mittelpunkt, Positives in den Hintergrund. Zudem sind Fähigkeiten der Stressbewältigung beeinträchtigt. Untersuchungen zeigen auch, dass sich Depressionen bei Männern in ihrer Symptomatik von denen bei Frauen unterscheiden können.
Risikogruppen
Transgeschlechtliche, intergeschlechtliche und nicht-binäre Personen bzw. Menschen mit nicht-heterosexueller Orientierung haben ein höheres Risiko für Depressionen, Suizidgedanken und suizidales Verhalten. So sind etwa LGBTQ+-Jugendliche stärker gefährdet, mindestens einmal in ihrem Leben einen Suizidversuch zu verüben.
Ursachen und Risikofaktoren für Depressionen
Für Depressionen gibt es unterschiedliche Ursachen und Risikofaktoren:
- Familiäre Prägung: Kinder depressiver Eltern haben ein höheres Risiko selbst depressiv zu werden.
- Traumatische Erlebnisse in der Kindheit: Betroffene haben in ihrer Kindheit zwei- bis dreimal so häufig wichtige Personen verloren, etwa bei einer Scheidung oder im Todesfall.
- Körperliche Erkrankungen: Einige körperliche Erkrankungen können das Risiko einer Depression begünstigen, beispielsweise Diabetes.
- Aktuelle psychische Belastung: Schwere psychische Belastung, etwa aufgrund einer Trennung, finanzieller Probleme oder dauerhafter Belastung am Arbeitsplatz steigern das Risiko an Depressionen zu erkranken.
Symptome und Diagnose
Anzeichen für Depressionen sind nicht immer leicht zu erkennen. Depressionen sind für Betroffene und Außenstehende schwer zu erkennen und von gelegentlichen Stimmungstiefs ohne Kenntnisse oft nicht unterscheiden. Für einen gesunden Menschen sind gelegentliche depressive Phasen ein subjektives Gefühl. Depressionen zeigen sich jedoch zuerst durch körperliche Beschwerden wie Schlaflosigkeit oder Appetitlosigkeit. Auch Schmerzen, Schwindel oder chronische Erschöpfung können auftreten.
Betroffenen fällt es auch oftmals schwer zu artikulieren warum es ihnen genau schlecht geht, da sie keinen Auslöser für ihre Niedergeschlagenheit feststellen können. Bei einer Depression "können die Erkrankten nicht nur keine Freude, sondern gar keine Gefühle mehr wahrnehmen, auch keine Trauer. Der Fachausdruck ist "Gefühl der Gefühllosigkeit"", erklärt Prof. Ulrich Hegerl, Vorstandsvorsitzender der Deutschen Depressionshilfe. "Die Menschen fühlen sich innerlich wie versteinert. Im schlimmsten Falle verliert der Betroffene die Lust am Leben und auch die Lust zu leben.
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Untersuchungen zeigen auch, dass sich Depressionen bei Männern in ihrer Symptomatik von denen bei Frauen unterscheiden können. Sehr häufig sind es die Symptome der Traurigkeit, Angst, Selbstwertminderung und Lust- und Freudlosigkeit, die auch den medizinischen Laien an eine depressive Verstimmung denken lassen. Aber auch das Fehlen von stärkeren negativen Emotionen, sich nicht ärgern können, nicht traurig oder wütend sein können, kann ein wichtiges Symptom für Depression sein. Ebenso können Schlaf- oder Appetit- bzw. Dennoch führt dies den Leidenden sehr selten zum Arzt und noch seltener zum Facharzt, der die vernünftigste Hilfe dafür anbieten kann. Immer noch gelten Psychotherapeut und Psychiater als letzte Lösung, wenn es gar nicht mehr anders geht. Dabei gilt auch für diese Krankheit, dass frühe Hilfe leichter und weniger aufwendig ist.
Es ist wichtig, bei diesen Gedanken und in Krisensituationen jemanden zu kontaktieren und über die Probleme zu sprechen. Bei konkreten Suizid-Fantasien oder sich aufdrängenden Suizidgedanken sollten Sie unbedingt professionelle Hilfe in Anspruch nehmen. Rufen Sie bei einer Krisenhotline an, wenden Sie sich an einen Not- oder Krisendienst in Ihrer Nähe oder an eine psychiatrische Ambulanz, beziehungsweise rufen Sie die Rettung unter 144.
Biologische Nachweisbarkeit von Depressionen und Suizidgefahr
In einer neuen Studie haben Wissenschaftler*innen um Alexander Karabatsiakis vom Institut für Psychologie der Universität Innsbruck einen starken Zusammenhang zwischen der Schwere einer Depression und dem Gehalt des Stresshormons Kortisol in Haaren beobachtet. Das Stresshormon Kortisol ist im menschlichen Körper an lebenswichtigen Vorgängen beteiligt. Bei psychischer Belastung, aber auch bei psychiatrischen Erkrankungen, wird es verstärkt ausgeschüttet und dabei unter anderem in den Haaren gespeichert.
Studien haben bereits gezeigt, dass Menschen, die an einer Depression erkrankt sind, einen erhöhten Kortisolspiegel im Haar aufweisen können. Die Forschungsgruppe um Alexander Karabatsiakis vom Institut für Psychologie der Universität Innsbruck verglich die Daten dieser Studien nun auch mit Haarproben von Personen, die durch Suizid gestorben sind. Hierbei wurden stark erhöhte Kortisolspiegel im Vergleich zu Personen mit und ohne Depressionen nachgewiesen. Diese erste Beobachtung könnte neue Impulse im Bereich der Depressionsforschung, aber auch der Suizidprävention setzen, da Suizidalität besonders bei Menschen mit Depressionen eine sehr ernstzunehmende Komplikation darstellen kann.
„Der Kortisolspiegel im Haar steigt mit der subjektiv empfundenen Schwere der depressiven Symptome“, erklärt Karabatsiakis. „Je länger man sich zudem depressiv fühlt, desto aktiver ist wohl also auch die Stressantwort unseres Körpers.
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Prävention und Hilfe
Der Welttag der Suizidprävention 2025 am 10. September steht auch heuer unter dem Motto Mythen über Suizid zu hinterfragen und Stigmatisierung abzubauen. Mehr als 720.000 Menschen verlieren jährlich weltweit ihr Leben durch Suizid. Der Welttag der Suizidprävention wurde 2003 von der International Association for Suicide Prevention in Zusammenarbeit mit der Weltgesundheitsorganisation (WHO) ins Leben gerufen. Seither findet er jährlich am 10. September statt.
Das Österreichische Suizidpräventionsportal www.suizid-praevention.gv.at informiert seit 2017 zum Thema Suizidprävention und stellt u.a. auch Erste-Hilfe-Tipps bei Suizidgedanken und eine Übersicht über Krisentelefone und Hilfsangebote bereit. Es ist Teil des österreichischen Suizidpräventionsprogramms SUPRA.
Alarmierende Zahlen: In einer aktuellen Studie sagen 27 Prozent befragter Schülerinnen und Schüler, dass sie innerhalb der letzten zwei Wochen mehrfach daran gedacht haben, dass sie lieber tot wären oder sich ein Leid zufügen möchten. Suizid ist die zweithäufigste Todesursache in der Altersgruppe der Jugendlichen und jungen Erwachsenen, immer mehr haben Suizidgedanken. Insgesamt leiden rund 730.000 Menschen in Österreich an Depressionen - nicht zuletzt aufgrund der Nachwirkungen der Corona-Pandemie und der andauernden Teuerungen. Frauen sind doppelt so häufig von Depressionen betroffen wie Männer.
Daher ist eine vermehrte Sensibilität für den Unterstützungsbedarf in dieser Lebensphase notwendig. Es braucht maßgeschneiderte Angebote, da sich die Lebens- und Gefühlswelten von Jugendlichen deutlich von denen Erwachsener unterscheiden.
Die Webseite www.bittelebe.at wurde für Jugendliche und junge Erwachsenen entwickelt, die die Sorge haben, dass sich ein Freund oder eine Freundin etwas antun könnte. Eine zentrale Aussage: Die meisten Menschen, die einen Suizidversuch unternehmen, wollen nicht sterben, sondern können so wie bisher nicht mehr weiterleben. Gespräche können Leben retten! Hilfe ist möglich und erwünscht!
Ziel des Projektes YAM war es, Empathie, Offenheit sowie Kommunikations- und Problemlösefähigkeit im Umgang mit Depression und Suizidalität zu fördern. Dadurch soll die Suizidalität bei Jugendlichen gesenkt werden.
Therapieformen
Verschiedene Therapieformen versprechen Hilfe. Die Behandlung von Depressionen erfolgt nach Ausprägung und für jeden Betroffenen individuell. Sie ist unter anderem davon abhängig, ob eine Depression erstmals oder chronisch auftritt. Einen Überblick über verschiedene Therapie-Formen bietet das Ärztliches Zentrum für Qualität in der Medizin (äzq).
Die Rolle der Neurobiologie
Die Erkenntnis der Neurobiologie besagt: die Basis für unser Schwächegefühl, für unsere Antriebslosigkeit, das fehlende Selbstwertgefühl und alle anderen Symptome der Depression liegt in einem Ungleichgewicht der Überträgersubstanzen.
Substanzen, die sich auf die Wirkungen der Transmittersubstanzen in den für psychisches Erleben zuständigen Hirnregionen (z.B. Mittelhirn, limbisches System, Hirnstamm, Thalamus) auswirken werden Psychopharmaka genannt. Die modernen Psychopharmaka verbessern die natürliche Wirkung eines (z. B. Serotonin) oder mehrerer (Serotonin und Noradrenalin) Neurotransmitter, in dem sie deren zu raschen Abbau verhindern. Sie stören daher nicht den Hirnstoffwechsel, sondern verbessern ihn.
Nebenwirkungen: Die heute verordneten modernen Medikamente haben nur in den ersten Tagen der Einnahme wesentliche Nebenwirkungen: Müdigkeit, Übelkeit, Kreislaufschwäche, Schwindel können auftreten, verschwinden aber bald wieder. Spätestens nach 5-6 Tagen gehen diese Beschwerden zurück. Sexualstörungen oder Mundtrockenheit können länger anhalten. Meist werden die Nebenwirkungen geringer, je länger das Medikament eingenommen wird.
Je nach der im Vordergrund stehenden Symptomatik, wird der Arzt ein Medikament auswählen, das die belastendenden Symptome zuerst verbessert. Diese Hauptwirkung setzt nach 1-2 Wochen ein. Danach entwickelt sich eine Wirkung.
Informationen zu Diagnose und Therapie von Depressionen finden Sie unter Depression: Diagnose und Therapie. Nähere Informationen zu Symptomen sowie Ursachen von Depressionen finden Sie unter Depression: Was ist das? Depressionen verzerren unter anderem den persönlichen Blickwinkel, sodass man hauptsächlich die Probleme und die negativen Seiten des Lebens wahrnimmt.
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