Autismus und Asperger-Syndrom zählen zu den sogenannten Störungen des Autismus-Spektrums. Dabei treten vor allem Probleme in der Kommunikation und im sozialen Miteinander auf. Auch sich immer wiederholende Verhaltensweisen oder Bewegungsmuster sowie eingeschränkte Interessen treten auf. Zudem kann sowohl eine Überempfindlichkeit als auch eine Unterempfindlichkeit der Sinne vorliegen. Der Beginn ist in der frühen Kindheit. Jedoch ist es möglich, dass sich stärkere Symptome auch manchmal erst im späteren Kindesalter oder im Erwachsenenalter bemerkbar machen. Die Beeinträchtigungen können sich im Lauf des Lebens verändern.
Störungen des Autismus-Spektrums entwickeln sich bereits ab der frühen Kindheit. Deutliche Symptome zeigen sich mitunter erst, wenn die Herausforderungen des sozialen Lebens die eigenen Fähigkeiten übersteigen. Die Fachwelt geht jedoch davon aus, dass Vererbung eine wesentliche Rolle spielt. So haben Familien mit einem autistischen Kind ein deutlich erhöhtes Risiko, ein weiteres Kind mit Autismus zu bekommen. Sehr selten können Änderungen der Erbsubstanz auch ohne Vererbung auftreten. Dabei dürfte eine Kombination von verschiedenen spontanen Mutationen in Genen die Störung auslösen.
Frühkindlicher Autismus
Frühkindlicher Autismus ist eine tiefgreifende Entwicklungsstörung und betrifft somit verschiedene Entwicklungsbereiche. Er tritt vor dem dritten Lebensjahr auf. Auffälligkeiten der sozialen Kommunikation sind:
- Schwierigkeiten, einen Dialog zu führen
- Einschränkungen im Gesichtsausdruck bzw. des Blickkontakts während der Kommunikation und der Gestik
Beschäftigung mit sich immer wiederholenden Tätigkeiten: Diese können auch ungewöhnlich sein, zum Beispiel das Drehen von Dingen oder Aufreihen von Gegenständen beim Spielen, oder Wippen. Wie stark der frühkindliche Autismus ausgeprägt ist, ist verschieden. Die intellektuellen Fähigkeiten sind ebenso sehr unterschiedlich. Ungefähr ein Drittel der Menschen mit Autismus ist von einer Intelligenzminderung betroffen. Es ist möglich, dass Kinder mit frühkindlichem Autismus nur minimale oder gar keine sprachlichen Fähigkeiten erwerben. Autismus besteht ein Leben lang. Zudem kann es zum Beispiel zu Angststörungen, Essstörungen, starken Wutausbrüchen bzw. eingeschränkter Regulation der Gefühle sowie Schlafstörungen kommen. Der sogenannte atypische Autismus tritt erst nach dem dritten Lebensjahr auf.
Diagnose
Die Diagnose von Autismus erfolgt meist multidisziplinär durch Ärztinnen und Ärzte und weitere Gesundheitsberufe, zum Beispiel aus dem Bereich der Klinischen Psychologie oder Logopädie. Bei einer Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) ist unter anderem wesentlich, seit wann Symptome bestehen und ob sonstige Krankheiten bzw. Entwicklungsverzögerungen aufgetreten sind. Zudem findet eine körperliche Untersuchung statt. Ebenso erfolgen eine neurologische Untersuchung, die Abklärung des Entwicklungsstandes und der Kompetenzen in Bezug auf Sprache bzw. Auch standardisierte Testverfahren finden Anwendung, zum Beispiel das Diagnostische Interview für Autismus oder die Diagnostische Beobachtungsskala für autistische Störungen. Die Ärztin oder der Arzt schlägt meist auch ein EEG sowie eine Prüfung von Hören und Sehen vor. Die Ärztin oder der Arzt schließt zudem mögliche andere Erkrankungen aus. Eine Diagnose von frühkindlichem Autismus ist zumeist bereits im Alter von zwei Jahren möglich.
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Behandlung
Die Behandlung wird auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. Bei Therapieprogrammen speziell für Kinder mit Autismus werden möglichst früh gezielt Maßnahmen gesetzt. Die Fachwelt nennt diese auch programmbasierte Interventionsprogramme. Zur Behandlung bzw. Logopädie sowie ggf. Psychotherapie: vor allem Verhaltenstherapie. Zudem sind soziale Unterstützungsmöglichkeiten im Alltag eine wesentliche Säule für Kinder und Jugendliche bzw. Erwachsene mit Autismus. Dazu zählen unter anderem Assistenz in der Schule oder Hilfe durch psychosoziale Dienste. Die Zusammenarbeit mit den wichtigsten Bezugspersonen ist für den Behandlungserfolg wesentlich, zum Beispiel, um erlernte Fähigkeiten im sozialen Umfeld einzusetzen. Familien bzw. Bezugspersonen können auch selbst Unterstützung in Anspruch nehmen, z.B.
Die Ärztin oder der Arzt kann auch Medikamente verschreiben. Diese wirken jedoch nicht direkt gegen Autismus. Bei Unruhe, Reizbarkeit oder Aggressivität kommt vor allem der Wirkstoff Risperidon zum Einsatz. Liegen Symptome vor, die einem ADHS ähnlich sind, können sogenannte Stimulantien hilfreich sein. Bei Schlafproblemen kommt etwa das Hormon Melatonin zum Einsatz. Die Ärztin oder der Arzt kann auch Medikamente verschreiben, wenn begleitende Erkrankungen vorliegen.
Asperger-Syndrom
Im Mittelpunkt des Asperger-Syndroms stehen Schwierigkeiten im Umgang mit anderen Menschen. Anders als beim frühkindlichen Autismus verlaufen die intellektuelle und sprachliche Entwicklung in der Regel unauffällig. Wird das Asperger-Syndrom frühzeitig erkannt, kann durch Fördermaßnahmen und Behandlung die Entwicklung deutlich unterstützt werden. Mögliche Folgeprobleme wie soziale Isolation, Belastung durch Mobbing oder Verhaltensauffälligkeiten können so deutlich reduziert werden. Probleme, Inhalte über die unmittelbare Wortbedeutung hinaus zu verstehen, und das Auftreten von sich immer wiederholenden Bewegungen sind typisch.
Menschen mit Asperger-Syndrom haben zudem oft ganz bestimmte Interessengebiete, für die sie viel Zeit aufwenden. Vorhandene Fähigkeiten können die Symptome ausgleichen oder abmildern. Soziale Bedingungen bzw. Bestehende Symptome können sich bei starken Belastungen oder großen Veränderungen verschlechtern, zum Beispiel Scheidung der Eltern oder Schulwechsel. Betroffene können unterschiedliche Begabungen haben, zum Beispiel ein besonders gutes Gedächtnis oder Wahrnehmung von Details. Allerdings kann es zu Schwierigkeiten kommen, Probleme und Zusammenhänge zu verstehen und zu erklären. Ebenso kann zielgerichtetes Planen über mehrere Arbeitsschritte oder die Umsetzung von Abläufen einer Tätigkeit Menschen mit Asperger-Syndrom zu schaffen machen.
Die Symptome eines Asperger-Syndroms können sich je nach Lebensalter ändern. Allerdings besteht ein Asperger-Syndrom prinzipiell bereits seit der Kindheit. Es ist möglich, dass die Diagnose eines Asperger-Syndroms erst im Erwachsenenalter gestellt wird. Meist suchen Betroffene dann Hilfe auf, wenn sie Probleme im sozialen Umfeld bekommen. Erwachsene mit Asperger-Syndrom sind oft Einzelgänger und leben eher zurückgezogen. Es ist nicht leicht für sie, soziale Beziehungen aufzubauen und zu pflegen. Es kann Erwachsenen mit Asperger-Syndrom auch schwer fallen, Wichtiges von Unwichtigem im Alltag zu unterscheiden. Erwachsene haben jedoch bereits einiges an Lebenserfahrung gesammelt und konnten sich viele Fähigkeiten aneignen.
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Diagnose des Asperger-Syndroms
Die Ärztin oder der Arzt führt eine Erhebung der Krankengeschichte (Anamnese) sowie eine körperliche und eine neurologische Untersuchung durch. Dabei fragt die Ärztin/der Arzt zum Beispiel auch, seit wann Symptome bestehen und ob bis jetzt sonstige Krankheiten bzw. Die Ärztin oder der Arzt beobachtet zudem das Verhalten und schätzt bei Kindern den Entwicklungsstand ein. Es gibt verschiedene Standard-Testverfahren, die bei der Diagnose unterstützen, zum Beispiel die Marburger Beurteilungsskala zum Asperger-Syndrom. Eine klinisch-psychologische Diagnostik kann ebenso hilfreich sein. Weiters schließt die Ärztin oder der Arzt eine andere psychische bzw.
Behandlung des Asperger-Syndroms
Nicht jede Person mit Asperger-Syndrom leidet unter den vorhandenen Symptomen oder benötigt Behandlung. Eine möglichst früh beginnende Behandlung ist jedoch meist von Vorteil. Eltern bzw. Verbesserung der sozialen Fähigkeiten, z.B. Die Behandlung wird auf die persönlichen Bedürfnisse abgestimmt. Psychotherapie: In erster Linie Verhaltenstherapie bzw. verhaltenstherapeutische Ansätze. Dies ist auch in der Gruppe möglich. Ein geregelter Tagesablauf und stabile soziale Kontakte sind wichtig. Die Ärztin oder der Arzt kann zudem Medikamente verschreiben, wenn begleitende Erkrankungen vorliegen.
Soziale Unterstützungsmöglichkeiten können eine wesentliche Säule für Kinder bzw. Menschen mit Asperger-Syndrom sein. Dazu zählen unter anderem Assistenz in der Schule oder Hilfe durch psychosoziale Dienste. Für betroffene Jugendliche und Erwachsene kann zudem der Besuch einer Selbsthilfegruppe hilfreich sein. Nahestehenden Personen stellen sich manchmal Fragen bei der Bewältigung des Alltags. Beratungsangebote wie z.B. Elternberatung oder auch Selbsthilfegruppen können hier unterstützen. Zudem können praktische Unterstützungsmöglichkeiten für Betroffene den gemeinsamen Alltag einfacher gestalten, zum Beispiel persönliche Assistenz oder psychosoziale Dienste.
Weitere Informationen und Anlaufstellen
Bezüglich Autismus bzw. Ambulatorien für Sozialpädiatrie bzw. Sie können auch zuerst ein Gespräch mit Ihrer Ärztin oder Ihrem Arzt für Allgemeinmedizin oder Kinder- und Jugendheilkunde führen. Diese oder dieser leitet dann weitere Schritte ein (z.B. Überweisung an spezialisierte Stellen). Weitere Gesundheitsberufe können zur Diagnose und Therapie hinzugezogen werden.
Die e-card ist Ihr persönlicher Schlüssel zu den Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung. Alle notwendigen und zweckmäßigen Diagnose- und Therapiemaßnahmen werden von Ihrem zuständigen Sozialversicherungsträger übernommen. Bei bestimmten Leistungen kann ein Selbstbehalt oder Kostenbeitrag anfallen. Detaillierte Informationen erhalten Sie bei Ihrem Sozialversicherungsträger.
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Therapieansätze im Detail
Autismus-Spektrum-Störungen zeigen sich in sehr komplexer und vielfältiger Form. Dies legt nahe, dass die jeweiligen Therapieinhalte sehr umfassend und individuell auf das Kind oder die Person mit Autismus zugeschnitten sein müssen. Die stark strukturierten Lerninhalte müssen in kleinen Schritten erarbeitet bzw. in einzelne Lernelemente zergliedert werden, da Kinder mit Autismus auf eine andere Art und Weise lernen als nicht-autistische Kinder. Ein Transfer erlernter Fertigkeiten in Kindergarten, Schule, Arbeit, Freizeit und nach Hause stellt ein wesentliches Ziel der Therapien dar. Da über das Zusammenwirken der verschiedenen verursachenden Faktoren bei Autismus noch keine Klarheit herrscht, ist eine kausale Therapie nicht möglich. Eltern stehen derzeit einem geradezu unüberschaubaren Angebot an Therapien gegenüber.
- Eines der bekanntesten multidimensionalen Programme ist das „TEACCH“ (Treatment and Education of Autistic and Communication Handicapped Children) von Schopler und Mesibov. Die Interventionen umfassen förderorientierte Diagnostik, Elterntraining, Schulunterricht, Förderung sozialer Fertigkeiten und konstruktiver Freizeitbeschäftigungen, Kommunikationstraining, berufliche Ausbildung und Arbeitsplatz-Assistenz. Ein wesentliches Merkmal des TEACCH Programms ist die Idee, die Umgebung des Betroffenen so zu gestalten, dass optimales Lernen für die Person mit autistischer Beeinträchtigung möglich ist.
- Lerntheoretisch orientierte Methoden sind Bestandteil vieler umfassender Programme zur Intervention bei autistischen Beeinträchtigungen und scheinen unabdingbar in der Therapie betroffener Personen. Die klassischen verhaltenstherapeutischen Programme im Autismus-Bereich sind die Techniken des diskreten Lernformats und der angewandten Verhaltensanalyse (ABA - „Applied Behavior Analysis“), welche auf den Arbeiten des Autismus-Pioniers Ivar Lovaas fußen. Interventionsziele sind die Förderung der rezeptiven/ expressiven Sprache, die Erhöhung der Aufmerksamkeit gegenüber sozialen Stimuli, der Aufbau von Imitationsverhalten, das Erlernen vorschulischer Fertigkeiten und das Erreichen von Selbständigkeit in der Verrichtung von Alltagsaktivitäten. Mittlerweile haben viele Autoren den Lovaas’schen Ansatz weiterentwickelt, verändert und mit anderen Methoden ergänzt.
- Kommunikationsfördernde Maßnahmen (sprachaufbauende oder sprachersetzende Interventionen, z.B.
- Therapien, die am Spielverhalten und/oder der Bindung und Beziehung ansetzen (z.B.
- Psychopharmaka wirken nicht auf die Primärsymptomatik des Autismus, können aber bei sekundären oder co-morbiden Symptomen unterstützend sein.
Abschließend lässt sich sagen, dass die bisher wirksamsten Therapieprogramme bei autistischen Beeinträchtigungen umfassende strukturierende Programme mit lerntheoretisch orientierten Elementen sind. Zusätzlich haben sich Interventionen zur Kommunikationsförderung (bei Bedarf unter Einsatz visueller Kommunikationsstrategien, vor allem bei nicht sprechenden Betroffenen) und zur Förderung sozio-emotionaler Kompetenzen bewährt.
Generell werden folgende Punkte als wesentlich erachtet:
- ein individuell auf das einzelne Kind zugeschnittenes Programm mit definierten Zielen
- die Involvierung der Eltern sowie
- die hohe Vernetzung aller mit dem Kind arbeitenden Personen (z.B.
Die möglichen Therapieverfahren zur Behandlung von Autismus nehmen immer weiter zu und sind besonders für Eltern schwer zu bewerten. Die ÖSTERREICHISCHE AUTISTENHILFE „ÖAH“ ist gerne bereit, Ihnen weitere Informationen zu geben, Ihre Fragen zu beantworten und Sie in Ihrer Arbeit zu unterstützen.