Die Gebärdensprachvideos des ServiceCenters ÖGS.barrierefrei informieren gehörlose und hörbeeinträchtigte Arbeitnehmer:innen über ihre Rechte in der Arbeitswelt.
Der Kreis der begünstigten behinderten Menschen
Im Berufsleben kann es von Vorteil sein, wenn Menschen mit Behinderungen dem Kreis der begünstigten behinderten Menschen angehören. Begünstigte behinderte Menschen haben unter anderem Anspruch auf besondere Förderungen, besonderen Kündigungsschutz und - sofern dies im Kollektivvertrag, Dienstrecht oder in Betriebsvereinbarungen vorgesehen ist - Anspruch auf Zusatzurlaub.
Wer kann zum begünstigten Personenkreis gehören?
- Menschen mit Behinderung, die eine Lehrausbildung oder eine Ausbildung zum gehobenen Dienst für Gesundheits- und Krankenpflege absolvieren oder die an einer Hebammenakademie oder einer entsprechenden Fachhochschule ausgebildet werden.
- Personen, die nach Abschluss der Hochschulausbildung in einer berufsvorbereitenden Beschäftigung stehen.
Wer kann nicht zum begünstigten Personenkreis gehören?
- Menschen mit Behinderungen, die sich noch in Schul- oder Berufsausbildung befinden (Ausnahme: Lehrlinge).
- Menschen mit Behinderungen, die das 65. Lebensjahr überschritten haben und nicht in Beschäftigung stehen.
- Menschen mit Behinderungen, die eine Geldleistung wegen dauernder Erwerbsunfähigkeit (d.h. eine Invaliditäts- bzw. Berufsunfähigkeitspension) bzw. eine Alterspension beziehen und nicht in Beschäftigung stehen.
- Menschen, die nicht in einem aufrechten sozialversicherungspflichtigen Arbeitsverhältnis stehen und infolge des Ausmaßes ihrer Funktionsbeeinträchtigungen auch nicht in der Lage sind, auf einem geschützten Arbeitsplatz oder in einem integrativen Betrieb zu arbeiten.
Voraussetzungen für den Begünstigtenstatus
Menschen, die eine Behinderung haben, können einen Antrag bei der zuständigen Landesstelle des Sozialministeriumservice stellen. Beträgt der Grad der Behinderung mindestens 50%, wird ihnen der Begünstigtenstatus zuerkannt. Die Feststellung des Grades der Behinderung erfolgt durch ärztliche Sachverständige des Sozialministeriumservice.
Für den Begünstigtenstatus ist außerdem die österreichische Staatsbürgerschaft Voraussetzung. Österreichischen Staatsbürger:innen sind gleichgestellt:
- Unionsbürger:innen
- EWR-Bürger:innen und Schweizer Bürger:innen sowie deren Familienangehörige
- Langfristig aufenthaltsberechtigte Drittstaatsangehörige und deren Familienangehörige
- Anerkannte Flüchtlinge
Vorteile für „begünstigte behinderte" Menschen
- Förderungen im Beruf, z.B. Lohnkostenzuschüsse zur Erlangung und Sicherung von Arbeitsplätzen, Mobilitätshilfen, technische Arbeitshilfen, Arbeitsplatzadaptierungen oder Zuschüsse zur beruflichen Aus- und Weiterbildung.
- Besonderer Kündigungsschutz - der/die Arbeitgeber:in muss vor Ausspruch einer Kündigung die Zustimmung des Behindertenausschusses einholen. Den Kündigungsschutz gibt es aber erst nach einer bestimmten Dauer des Arbeitsverhältnisses:
- Bei Arbeitsverhältnissen, die bis zum 31.12.2010 abgeschlossen wurden, wurde der Kündigungsschutz nach Ablauf der ersten 6 Monate wirksam.
- Für Arbeitsverhältnisse, die ab dem 1.1.2011 neu begründet werden, wird der Kündigungsschutz für Menschen, die den Begünstigtenstatus bereits haben, erst nach Ablauf von 4 Jahren wirksam.
- Anderes gilt für Menschen, die Begünstigtenstatus innerhalb des 4-Jahreszeitraumes erst feststellen lassen: Auch für sie wird der Kündigungsschutz bereits nach Ablauf von 6 Monaten ab Beginn des Arbeitsverhältnisses wirksam.
- Anspruch auf Zusatzurlaub - sofern dies im Kollektivvertrag, Dienstrecht oder in Betriebsvereinbarungen vorgesehen ist - und Anspruch auf einen Lohnsteuerfreibetrag bzw. steuerliche Begünstigungen.
Antragstellung für den Begünstigtenstatus
Mitzubringen sind: ein formloser Antrag, ärztliche Befunde und der Staatsbürgerschaftsnachweis, sowie ein Personalausweis oder Reisepass. Damit wird ein sogenanntes Feststellungsverfahren eingeleitet, im Rahmen dessen der Grad der Behinderung durch ärztliche Sachverständige ermittelt wird. Die Zuerkennung des Begünstigtenstatus erfolgt durch einen Feststellungsbescheid der jeweiligen Landesstelle des Sozialministeriumservice. Sie können den Antrag auch online stellen. Mehr Informationen dazu finden Sie auf der Seite des Sozialministeriumsservices.
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Der Behindertenpass
Für die Inanspruchnahme von Förderungen ist in vielen Fällen bereits der Behindertenpass ausreichend. Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und dient als bundeseinheitlicher Nachweis einer Behinderung (unabhängig von der Art der Behinderung).
Das Dokument wird in deutscher Sprache seit 1. September 2016 in Form einer Scheckkarte ausgestellt. Unbefristet ausgestellte Behindertenpässe, die der davorigen Rechtslage entsprechen, bleiben weiterhin gültig. Bestehende Eintragungen in Behindertenpässen bleiben unberührt.
Der Behindertenpass ist ein Lichtbildausweis, der bei Anträgen, die nach dem 1. September 2016 im Sozialministeriumservice einlangen, im Scheckkartenformat ausgestellt wird. Der Behindertenpass kann von allen Altersgruppen beantragt werden und gilt vor allem für den privaten Bereich. Es können auch steuerliche Vergünstigungen bei der Arbeitsnehmer:innenveranlagung (Steuerausgleich) abgesetzt werden.
Der Behindertenpass ist ein amtlicher Lichtbildausweis und dient als Nachweis der Behinderung; er enthält die persönlichen Daten des Inhabers:der Inhaberin, das Datum der Ausstellung sowie den Grad der Behinderung und ev. Zusatzeintragungen.
Ein Anspruch auf eine finanzielle Leistung entsteht durch den Besitz eines Behindertenpasses nicht. Falls kein Bescheid, Erkenntnis oder Urteil vorliegt, mit dem der Grad der Behinderung bereits festgestellt wurde, nimmt eine Ärztin/ein Arzt der zuständigen Landesstelle des Sozialministeriumservice eine Einschätzung des Grades der Behinderung vor.
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Die Vorderseite der Scheckkarte enthält u.a. die persönlichen Daten des Inhabers bzw. der Inhaberin, das Datum der Ausstellung sowie den Grad der Behinderung. Der ebenfalls auf der Vorderseite angebrachte QR-Code ermöglicht Menschen mit Behinderung, auf der Homepage des Sozialministeriumservice nähere Informationen zum Behindertenpass und den einzelnen Zusatzeintragungen abzurufen. Auf der Rückseite der Scheckkarte werden vorliegende Zusatzeintragungen größtenteils in Form von Piktogrammen vorgenommen.
Die vorgesehenen Piktogramme wurden mit Vertreter/innen der Behindertenorganisationen abgestimmt. Lediglich in jenen Fällen, in denen kein aussagekräftiges Piktogramm zur Verfügung steht (z. B. bei der Eintragung „Osteosynthesematerial“) erfolgt die Vornahme der Zusatzeintragung mittels eines Schriftzuges.
Alle Eingaben sowie die Ausstellung des Behindertenpasses sind gebührenfrei. Der Behindertenpass kann als Nachweis der Behinderung für Vergünstigungen und steuerliche Vorteile verwendet werden.
Wer bekommt den Behindertenpass?
Anspruch auf einen Behindertenpass haben Personen mit einem Grad der Behinderung (GdB) oder einer Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) von mindestens 50 %, die in Österreich ihren Wohnsitz oder gewöhnlichen Aufenthalt haben oder glaubhaft machen, dass sie sich aus beruflichen oder persönlichen Gründen regelmäßig in Österreich aufhalten.
Dazu gehören:
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- Unionsbürger:innen
- Staatsbürger:innen von Vertragsparteien des Abkommens über den Europäischen Wirtschaftsraum
- Schweizer Bürger/innen und deren Familienangehörige
- Flüchtlinge, denen Asyl gewährt worden ist, solange sie zum dauernden Aufenthalt im Bundesgebiet berechtigt sind
- Drittstaatsangehörige, die berechtigt sind, sich in Österreich aufzuhalten und einer Beschäftigung nachzugehen, soweit diese Drittstaatsangehörigen hinsichtlich der Bedingungen einer Entlassung nach dem Recht der Europäischen Union österreichischen Staatsbürgern/Staatsbürgerinnen gleichzustellen sind.
Wie erhält man einen Behindertenpass?
Den Antrag stellen Sie beim Sozialministeriumservice. Den Antrag können Sie auch online stellen.
Vereinfachung bei der Antragstellung
Ab sofort ist durch eine neue Lichtbild-Schnittstelle bei einem Behindertenpass- oder Parkausweisantrag kein Passfoto mehr beizulegen. Ihr Lichtbild wird aus den Lichtbildregistern des Bundes wie z.B. Reisepass- oder Führerscheinregister übernommen. Nur wenn in diesen Registern kein Passfoto hinterlegt ist, wird ein Foto von Ihnen angefordert. Ausgestellte Behindertenpässe behalten ihre Gültigkeit.
Notwendige Unterlagen für den Antrag
Dem Antrag unbedingt beizulegen sind:
- aktuelle medizinische Unterlagen z.B. Befunde in Kopie
- Meldezettel in Kopie
- Nachweis über ein allfälliges Vertretungsverhältnis z.B.
Diese sollten in der Regel nicht älter als 2 Jahre sein. Ausnahmen im Einzelfall: z.B. Behinderung seit Geburt, Amputationen, Fehlen aktueller Befunde etc.
Die Befunde sollten alle Leiden belegen, die die AntragstellerIn im Sachverständigengutachten berücksichtigt haben will. Geeignet sind insbesondere folgende medizinische Unterlagen, welche von der Fachabteilung einzuholen bzw. von der AntragstellerIn einzufordern sind (keine Kostenübernahme!):
- fachärztl. Befunde
- Pflegegeldgutachten
- aktuelle Krankengeschichten
- KH-Entlassungsberichte
- Kur- oder Rehaberichte
- Laborbefunde
Atteste im Sinne von Diagnosebestätigungen sind wenig verwertbar, außer sie enthalten Diagnose, Therapie, Zeitpunkt der Diagnoseerstellung und den aktuellen Status. Bei Augenleiden oder Hörbehinderungen ist unbedingt ein Visusbefund (korrigierter Visus) bzw.
Falls noch kein Grad der Behinderung oder eine Minderung der Erwerbsfähigkeit nach bundesgesetzlichen Vorschriften festgestellt wurde, erfolgt diese Feststellung durch ärztliche Sachverständige beim Sozialministeriumservice. Aktuelle medizinische Befunde und Atteste sollen in diesem Fall dem Antrag beigelegt werden. Der Ärztliche Dienst entscheidet dann, ob es zu einer Vorladung kommt oder eine aktenmäßige Beurteilung durchgeführt wird.
Die Feststellung des Grades der Behinderung erfolgt durch ärztliche Sachverständige des Sozialministeriumservices. Aktuelle medizinische Befunde und Atteste (nicht älter als 2 Jahre) müssen dem Antrag beigelegt werden. Der Ärztliche Dienst entscheidet dann, ob es zu einer Vorladung kommt oder eine aktenmäßige Beurteilung durchgeführt wird.
Bitte beachten Sie, das die ärztlichen Sachverständigen (Ärzte) keine neuen Diagnosen erstellen, das bedeutet also, dass Sie für jedes Leiden oder jede Krankheit die sie eingeschätzt haben möchten, brauchen Sie eine ärztliche Bestätigung.
Die Gutachtenserstellung erfolgt - abhängig davon, ob ein rechtskräftig festgestellter Grad der Behinderung bereits vor dem 1.9.2010 vorgelegen hat bzw. ein Verfahren zum 1.9.2010 anhängig ist- nach der Richtsatzverordnung (RVO 1965) oder nach der mit 1.9.2010 in Kraft getretenen Einschätzungsverordnung (EVO 2010).
Bei einem Grad der Behinderung von weniger als 50 Prozent wird ein abweisender Bescheid erlassen. Ab einem Grad der Behinderung von 25 Prozent kann ein pauschalierter Steuerfreibetrag beim Finanzamt beantragt werden.
Wird einem Antrag dem:der Antragsteller:innen nicht stattgegeben, erfolgt vorerst ein Parteiengehör (§ 45 AVG), welches den Antragsteller/innen das Ergebnis des Ermittlungsverfahrens mitteilt und die Möglichkeit eines allfälligen Einspruchs einräumt. Sollte kein Einspruch erfolgen, oder der Einspruch keine Änderung des Ergebnisses des Ermittlungsverfahrens bewirken, ist letztlich ein Bescheid zu erstellen, der dann an den/die Antragsteller/innen ergeht. Gegen diesen Bescheid kann innerhalb von sechs Wochen nach Zustellung des Bescheides Berufung erhoben werden.
Sonstige Bescheide und Ausweise
Feststellungsbescheid nach dem Behinderteneinstellungsgesetz:
Der Behindertenpass ist nicht gleichzusetzen mit einem Bescheid betreffend der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten im Sinne des Behinderteneinstellungsgesetztes, mit dem zum Beispiel ein erhöhter Kündigungsschutz verbunden ist.
Bescheid für die Zuerkennung einer finanziellen Leistung
Mit dem Behindertenpass ist keine laufende finanzielle Leistung wie eine Invaliditäts-, Berufsunfähigkeits- oder Erwerbsunfähigkeitspension verbunden. Eine solche Geldleistung ist bei den Sozialversicherungsträgern zu beantragen.
Parkausweis
Für den Erhalt eines Parkausweis (nach § 29b der Straßenverkehrsordnung), der das Parken auf gekennzeichneten Behindertenparkplätzen ermöglicht, ist ein zusätzlicher Antrag notwendig.
Die Feststellung der Zugehörigkeit zum Personenkreis der begünstigten Behinderten dient unter anderem der Erlangung eines erhöhten Kündigungsschutzes (ab 50% Grad der Behinderung).
Sollten Sie Schüler/-in oder Student/-in ohne Beschäftigung, bzw. Pensionist/-in ohne Beschäftigungsverhältnis sein oder das 65.
Aufwendungen, die durch eine Behinderung entstehen, können als Außergewöhnliche Belastungen bei der Einkommensteuererklärung oder Arbeitnehmerveranlagung geltend gemacht werden.
Merkmal | Behindertenpass | Begünstigtenstatus |
---|---|---|
Grad der Behinderung | Mindestens 50% | Mindestens 50% |
Staatsbürgerschaft | Bestimmte Personengruppen (siehe Text) | Österreichische Staatsbürgerschaft oder Gleichstellung |
Vorteile | Nachweis der Behinderung, Vergünstigungen | Förderungen, Kündigungsschutz, Zusatzurlaub |
Antragstellung | Sozialministeriumservice | Sozialministeriumservice |
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