Schwere Depression und Posttraumatische Belastungsstörung: Ein Vergleich

Sowohl die schwere Depression als auch die Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS) sind ernstzunehmende psychische Erkrankungen, die das Leben der Betroffenen erheblich beeinträchtigen können. Obwohl beide Störungen ähnliche Symptome aufweisen können, handelt es sich um unterschiedliche Krankheitsbilder mit jeweils eigenen Ursachen und Behandlungsansätzen.

Posttraumatische Belastungsstörung (PTBS)

Eine Posttraumatische Belastungsstörung (Abkürzung PTBS; Englisch posttraumatic stress disorder, Abk. PTSD) ist eine psychische Erkrankung (ICD-10: F43.1). Einer PTBS gehen definitionsgemäß ein oder mehrere belastende Ereignisse von außergewöhnlicher Bedrohung oder katastrophalem Ausmaß (Trauma) voran. Dabei muss die Bedrohung nicht unbedingt die eigene Person betreffen, sondern sie kann auch bei anderen erlebt werden (z. B. wenn man Zeuge eines schweren Unfalls oder einer Gewalttat wird).

Die PTBS tritt in der Regel innerhalb von einem halben Jahr nach dem traumatischen Ereignis auf und geht mit unterschiedlichen psychischen und psychosomatischen Symptomen einher. Häufig kommt es zum Gefühl von Hilflosigkeit, sowie durch das traumatische Erleben zu einer Erschütterung des Ist- und Weltverständnisses.

Die PTBS stellt einen Versuch des Organismus dar, eine traumatische, mitunter lebensbedrohliche Situation zu überstehen. Daher handelt es sich ursächlich nicht um eine Störung (Fehlfunktion), sondern um eine gesunde und zweckdienliche Reaktion. Der Begriff Trauma (Mehrzahl Traumata) bedeutet psychische Ausnahmesituation („Psychotrauma“). Ausgelöst durch überwältigende Ereignisse (z.B. Gewalttat, Krieg oder Katastrophe), die eine Bedrohung für das Leben oder die körperliche Unversehrtheit des Betroffenen oder einer nahestehenden Person darstellt.

Traumatische Erlebnisse

Gemäß der Definition der AWMF, die auch Behandlungsrichtlinien für die PTBS erstellt hat, ist die: „Posttraumatische Belastungsstörung [...] eine mögliche Folgereaktion eines oder mehrerer traumatischer Ereignisse (wie z. B. das Erleben von körperlicher und sexualisierter Gewalt, auch in der Kindheit (so genannter sexueller Missbrauch), Vergewaltigung, gewalttätige Angriffe auf die eigene Person, Entführung, Geiselnahme, Terroranschlag, Krieg, Kriegsgefangenschaft, politische Haft, Folterung, Gefangenschaft in einem Konzentrationslager, Natur- oder durch Menschen verursachte Katastrophen, Unfälle oder die Diagnose einer lebensbedrohlichen Krankheit), die an der eigenen Person, aber auch an fremden Personen erlebt werden können.“

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Diese Definition ist gemeinschaftlich von der Deutschsprachigen Gesellschaft für Psychotraumatologie (DeGPT), der Deutschen Gesellschaft für Psychotherapeutische Medizin und ärztliche Psychotherapie (DGPM), dem Deutschen Kollegium für Psychosomatische Medizin (DKPM) und der Deutschen Gesellschaft für Psychoanalyse, Psychotherapie, Psychosomatik und Tiefenpsychologie formuliert worden.

Daher sind von obiger Definition Belastungen abzugrenzen, die nicht von einem außergewöhnlichen oder katastrophalen Ausmaß sind, wie z. B. Trennung/Scheidung oder der Tod eines Angehörigen (→ Verlassenheit). Psychische Symptome infolge solcher nicht-katastrophalen Ereignisse werden nicht als PTBS, sondern als Anpassungsstörung (IDC-10: F43.2) klassifiziert.

Eine Posttraumatische Belastungsstörung entsteht weder aufgrund einer erhöhten psychischen Labilität, noch ist sie Ausdruck einer (psychischen) Erkrankung - auch psychisch gesunde und gefestigte Menschen können eine PTBS entwickeln. Es gibt jedoch bestimmte Risikofaktoren, die es wahrscheinlicher machen, dass eine Person das Vollbild der PTBS entwickelt.

Symptome der PTBS

  • Ständiges Wiedererleben des Traumas (Intrusionen)
  • Albträume
  • Allgemeine Alarmiertheit
  • Massive Angst
  • Betäubung und Erstarrung
  • Flashbacks

Bei Betroffenen wechselt der Wunsch, sich immer wieder mit dem Ereignis auseinanderzusetzen, mit dem Gefühl, nicht darüber sprechen zu wollen. Daraus folgend versucht der Mensch unter Umständen alles zu vermeiden, was sie/ihn an das Trauma erinnern könnte.

Neurobiologische Aspekte der PTBS

Im Falle eines Traumas handelt es sich um Extrembelastungen, die auch im Gehirn Spuren hinterlassen können. In akuten, massiven Belastungssituationen ist das stressverarbeitende System überfordert. Als Folge können die typischen sogenannten peritraumatischen Symptome auftreten.

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So zeigen sich etwa nach Kriegserlebnissen, Unfällen, zivilen Katastrophen, Gewalttaten und kindlichen Traumata Veränderungen im Gehirnstoffwechsel manchmal sogar Strukturveränderungen des Hirns. Durch die übermäßige Ausschüttung von Stresshormonen und die stärkere Aktivierung des sympathischen Nervensystems (z.B. erhöhter Puls, hoher Stresshormonspiegel, Schlafschwierigkeiten) zu einer körperlichen Übererregtheit. Hält die extreme Stressreaktion an, kommt es zur negativen Auswirkung auf die Informationsverarbeitung.

Bildgebende Verfahren mittels MRT konnten zeigen, dass die Hippocampus-Region bei chronischer Posttraumatischer Belastungsstörung ein vermindertes Volumen zeigen kann. Eine durch das Trauma ausgelöste Störung im Hippocampus kann dazu führen, dass die Speicherung des traumatischen Erlebnisses im Gedächtnis unmöglich wird (vor allem im Kurzzeitgedächtnis), Lernen wird schwierig.

Die mit dem Trauma in Verbindung stehenden Sinneseindrücke, körperlichen Zustände und Gefühle werden also in den sogenannten Mandelkernen im Gehirn gespeichert. Sie zerfallen mitunter bei/nach einem Trauma wie die Splitter eines zerbrochenen Spiegels in viele Einzelteile und können daher nicht mehr als sinnvolles Ganzes wahrgenommen bzw. zugeordnet werden. Diese Fragmente beginnen ein Eigenleben und können auf allen Sinneskanälen als sogenannte Intrusionen (innere Bilder des traumatischen Erlebnisses) wiederkehren. Sie überlagern die aktuelle Realität. In solchen Situationen werden zusätzlich einzelne Hirnfunktionen unterdrückt, z.B. ist das Broca’sche Sprachzentrum nicht mehr uneingeschränkt arbeitsfähig. Damit fehlen die Worte, um das Erlebte auszudrücken.

Schwere Depression

Das Aufstehen fällt schwer, man hat zu nichts mehr Lust. Alles ist einem egal, nur das unterschwellige Grübeln bleibt: Depressionen sind ein sehr komplexes Krankheitsbild, das häufig viel zu spät erkannt wird. Dabei kann es jeden Menschen in jedem Alter treffen.

Betroffene Menschen erleben häufig eine gedrückte Stimmung, geminderten Antrieb mit Denkhemmung oder häufiges Grübeln, Interesse-, Freud- und Lustlosigkeit. Verfestigt sich diese Störung, führt es beinahe zwangsläufig zur Vernachlässigung von Freunden, Freizeitaktivitäten oder Sexualität. Hinzu kommen Gefühle von Minderwertigkeit, Schuld oder Hilf- und Hoffnungslosigkeit. Man versteht sich selbst nicht mehr - es könnte einem doch eigentlich gut gehen?

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Zusätzlich können körperliche Symptome wie Appetitlosigkeit, Schlafstörungen, Gewichtszunahme oder -abnahme, Verspannungen, Schmerzen im ganzen Körper und speziell Kopfschmerzen vorliegen. Es scheint keinen Grund dafür zu geben, aber man sieht auch keinen Ausweg, man zieht sich immer mehr zurück. Manche Männer zeigen dabei zudem eine erhöhte Reizbarkeit und der Alkohol- und Nikotinkonsum wird größer.

Frauen werden zweimal häufiger als depressiv diagnostiziert als Männer, sodass bei letzteren von einer großen Dunkelziffer ausgegangen wird. Häufig bestehen bei Depressionen starke Wechselwirkungen zwischen physischen und psychischen Erkrankungen.

Symptome der Depression

  • Antriebslosigkeit
  • Rückzug
  • Vernachlässigung von Freunden
  • Gedrückte Stimmung
  • Interesse-, Freud- und Lustlosigkeit
  • Gefühle von Minderwertigkeit, Schuld oder Hilf- und Hoffnungslosigkeit
  • Appetitlosigkeit
  • Schlafstörungen
  • Gewichtszunahme oder -abnahme
  • Verspannungen
  • Schmerzen im ganzen Körper und speziell Kopfschmerzen

Unterschiede zwischen PTBS und schwerer Depression

Obwohl es Überschneidungen in den Symptomen geben kann, ist der Hauptunterschied zwischen PTBS und schwerer Depression die Ursache. PTBS ist immer die Folge eines traumatischen Erlebnisses, während Depressionen verschiedene Ursachen haben können, darunter genetische Faktoren, biochemische Ungleichgewichte im Gehirn, Stress und belastende Lebensereignisse, die jedoch nicht den Schweregrad eines Traumas erreichen müssen.

Ein weiterer Unterschied liegt in der Art der Symptome. Während bei beiden Störungen gedrückte Stimmung und Interessenverlust auftreten können, sind Flashbacks, Albträume und Vermeidungsverhalten typischer für PTBS.

Behandlung

Sowohl PTBS als auch schwere Depression sind behandelbar. Die Behandlung kann Psychotherapie, Medikamente oder eine Kombination aus beidem umfassen.

Behandlung der PTBS

Ein frühzeitiges Hilfsangebot - unmittelbar nach dem Ereignis (möglichst noch vor Ort) - hilft bei der Bewältigung und setzt das Risiko für die Entwicklung späterer Traumafolgestörungen herab. Dieses Angebot sollte sich jedoch flexibel an den Bedürfnissen der Betroffenen orientieren. Ist das Trauma sehr schwerwiegend oder ist die/der Betroffene sehr beeinträchtigt, sollte anschließend an die Erstintervention eine Krisenintervention Anspruch genommen werden. Dabei wird durch Gespräche akut geholfen, die belastende Situation zu bewältigen. In den folgenden Wochen sollte die/der Betroffene je nach Ihren/seinen Bedürfnissen begleitet werden, um verzögerte Traumafolgen rechtzeitig zu erkennen und zu behandeln.

Behandlung der Depression

Die Behandlung im AMEOS Privatklinikum Bad Aussee basiert auf einer Einzelpsychotherapie zur Analyse der Denk- und Verhaltensmuster. Eine Gruppenpsychotherapie mit gegenseitiger Stärkung und Austausch über depressionsverursachende Lebensumstände ist ein weiterer Baustein der komplexen Therapie. Ebenso wichtig sind soziales Kompetenztraining, Genusstraining, um die Sinne zu stärken und Psychoedukation, die bewusste Auseinandersetzung mit der Krankheit. Durch Kreativität, beispielsweise während einer Körper- und Ausdruckstherapie oder Musiktherapie, wird die nonverbale Ausdruckskraft gestärkt, durch Entspannungsverfahren und Meditation wird der Fokus bewusst auf das Innere gelegt. Zum ganzheitlichen Heilungsprozess gehören auch Sport, physikalische Behandlungen und Physiotherapie. Nicht zuletzt kann es hilfreich sein, unter ärztlicher Betreuung eine Pharmakotherapie durchzuführen.

Ihr Aufenthalt im AMEOS Privatklinikum Bad Aussee soll Ihnen helfen, die Ursachen und Auslöser für die Depression zu erkennen. Um den Kreislauf zu durchbrechen, erarbeiten Sie sich eine Tagesstruktur. Die Wiedergewinnung sozialer Kompetenzen und Kontakte, vor allem in Ihrem Alltag, sind eine wichtige Zielsetzung. Am Ende steht der Wiedereinstieg in das Berufsleben, möglicherweise mit einer veränderten Perspektive. Wir möchten, dass Sie Ihren Lebenssinn neu entdecken, sich Aufgaben stellen und das Leben wieder zu genießen lernen.

Es ist wichtig zu betonen, dass sowohl PTBS als auch schwere Depression ernstzunehmende Erkrankungen sind, die professionelle Hilfe erfordern. Eine frühzeitige Diagnose und Behandlung können die Lebensqualität der Betroffenen erheblich verbessern.

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