Psychologie der Pubertät: Entwicklung und Veränderungen

Unter Pubertät (von lat. pubertas „Geschlechtsreife“) versteht man etwa seit dem 16. Jahrhundert den Teil der Adoleszenz, in welchem der entwicklungsphysiologische Verlauf der Geschlechtsreifung die Geschlechtsreife im Sinne von Fortpflanzungsfähigkeit, unter anderem durch funktionsfähige Fortpflanzungsorgane, erreicht und im weiteren Verlauf auch durch Wachstum und Körperformveränderungen auch zu einem ausgewachsenen Körper führt.

Dieser Abschnitt des Lebens beginnt, wenn die Hirnanhangdrüse ein hormonelles Signal an den Körper sendet, in bestimmten Organen verstärkt Geschlechtshormone herzustellen und in das Blut auszuschütten. Bei Jungen ist es in erster Linie das Testosteron, bei Mädchen das Östrogen.

Körperliche und hormonelle Veränderungen

Im Normalfall wird die Pubertät bei Mädchen zwischen dem 10. und 18. Lebensjahr und bei Jungen zwischen dem 12. und 21. Lebensjahr durchlaufen. Dazu tritt das Wachstum von Achsel- und Schamhaar.

In diesem Entwicklungsstadium kommt es unter der deutlich erhöhten Konzentration der Geschlechtshormone dann bei beiden Geschlechtern zur vollständigen Ausprägung der sekundären Geschlechtsmerkmale, wie etwa der geschlechtsspezifischen Körperbehaarung und der weiblichen Brust.

Bei Mädchen beginnt in der Pubertät die Menstruation (Menarche) und kurz danach die Bildung von befruchtungsfähigen Eizellen (Ovulation) in den Eierstöcken, bei den Jungen Vermehrung der Muskelmasse, Wachstum von Penis und Hoden, die Spermienproduktion in den Hoden (Spermarche), der Bartwuchs und das Tieferwerden der Stimme.

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Der Beginn und der Verlauf der Pubertät werden in erster Linie genetisch gesteuert, wobei den Pubertätsgenen KiSS1 und KiSS1R (ehemals GPR 54) eine besondere Bedeutung zukommt.

Physiologische Grundlagen Unabhängig vom Geschlecht findet bei Kindern auch schon lange vor der Pubertät eine gleichzeitige, doch im Vergleich zum Lebensabschnitt der Geschlechtsreifung geringfügige Produktion von Östrogenen und Androgenen wie beispielsweise Testosteron statt, allerdings bei Jungen und Mädchen in jeweils verschiedenen Mengenanteilen.

Da bei Mädchen deutlich mehr Östrogene und bei Jungen mehr Androgene hergestellt und ausgeschüttet werden, bezeichnet man Östrogene als weibliche und Androgene als männliche Geschlechtshormone.

Hormonelle Veränderungen vor der Pubertät

Heutzutage beginnen im gesunden, wohlernährten menschlichen Körper in der Regel ab einem Alter von acht oder neun Jahren die der Pubertät zugrunde liegenden hormonellen Veränderungen. Durch die erhöhte Produktion von Geschlechtshormonen wird die sexuelle Reifung ausgelöst und befördert.

Auf Grund einer Wechselwirkung zu den vermehrt gebildeten Geschlechtshormonen werden einerseits unter Regulation des im Hypothalamus produzierten Somatotropin-releasing-Faktors (SRF = GhRH = GRF) und dem Somatostatin auch im Hypophysenvorderlappen verstärkt Wachstumshormone (Somatotropin) und andererseits in der Schilddrüse (3) Thyroxin hergestellt und ausgeschüttet.

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Diese führt im Verlauf der Geschlechtsreifung neben der Testosteronwirkung ebenfalls zu einer verstärkten Zunahme der Körpergröße (Pubertätswachstumsschub). Mit Einsetzen der Pubertät bildet sich bei beiden Geschlechtern der Thymus (4) zurück (Involution), so dass später bei Erwachsenen nur noch ein Thymusrestkörper bzw. retrosternaler Fettkörper übrig bleibt, der hauptsächlich aus Fettgewebe besteht.

Jungen

Unter dem Ansteigen der Gonadotropinkonzentration im Blut erhöht sich bei Jungen schon deutlich vor der eigentlichen Pubertät die Testosteronproduktion in den Leydig-Zellen der Hoden. Dieses männliche Geschlechtshormon prägt ganz allgemein die sekundären Geschlechtsmerkmale, führt zu Muskel- und Körperwachstum und ist auch verantwortlich für die zunehmende Körperbehaarung.

Das Gonadotropin steuert zunächst den Beginn der Scham- und Achselbehaarung (Pubarche) und im Verlauf der Pubertät auch die Ausprägung von Barthaar, Brustbehaarung und übriger Körperbehaarung.

Als Folge der Testosteronspiegelerhöhung um das Zwei- bis Dreifache kurz vor der Pubertät, wird im Einzelnen das Wachstum von Penis, Hodensack, Hoden, Nebenhoden, Samenleiter, Samenblase, Prostata, Präputial- und Bulbourethraldrüsen stimuliert.

Deshalb ist es bei Jungen möglich, dass auch schon kurz vor Eintritt der Pubertät erstmals bei einem Orgasmus eine – wenn auch sehr geringe – Ausscheidung von überwiegend Prostatasekret stattfinden kann (Ejakularche), welche sehr oft auch als Ejakulation im Sinne von „samenloser Erguss“ bezeichnet wird.

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Voraussetzung dafür sind ganz allgemein eine besonders starke Ausprägung beziehungsweise Entwicklung der primären Geschlechtsorgane, eine leichte sexuelle Erregbarkeit, ein sexuelles Interesse und eine häufigere, als unbelastend, lustvoll und befriedigend empfundene sexuelle Aktivität (meist Masturbation).

Mädchen

Auch bei Mädchen beginnen die Eierstöcke schon vor der Pubertät unter dem Ansteigen der Gonadotropinkonzentration im Blut langsam und kontinuierlich vermehrt Östrogene herzustellen und ebenfalls in das Blut auszuschütten. Dieser Geschlechtshormonanstieg löst dann den Beginn der Brustentwicklung (Thelarche) und die Entwicklung der Gebärmutter und der Scheide aus.

Die Ausbildung weiblicher Proportionen und die Regulation der Menstruationszyklen ist auch von den Östrogenen abhängig.

Andererseits werden auch vor Beginn der Pubertät in den Nebennieren der Mädchen in geringen Mengen Androgene gebildet, welche das Längenwachstum und den Beginn der Schamhaarentwicklung (Pubarche) anregen.

Reifung in der Pubertät

Das Eintrittsalter in diese Veränderungen ist variabel, die Reihenfolge der Veränderungen ist jedoch in aller Regel konstant. Die Tanner-Stadien klassifizieren diese Veränderungen und gliedern die pubertäre körperliche Entwicklung in fünf Kategorien vom Kind bis zum Erwachsenen.

Jungen

Unter dem Einfluss des durch die erhöhte Gonadotropinkonzentration ausgelösten Testosteronspiegelanstiegs setzen sich im Verlaufe der Pubertät die Vergrößerung der Hoden fort und beginnt eine Veränderung der Oberflächenbeschaffenheit und Färbung des Hodensacks.

Außerdem wird durch diese Hormonstimulation das Wachstum des Penis, der Nebenhoden, und der akzessorischen Geschlechtsdrüsen weitergeführt und spätestens zu Beginn der eigentlichen Pubertät erscheinen auch die ersten Schamhaare.

Erst danach nimmt das Körperwachstum der Jungen zu. Noch vor dem Höhepunkt dieses Wachstums beginnen die Hoden meist in der Mitte der Pubertät erste Spermien zu produzieren. Die Spermarche trat innerhalb der Jahre 1980 bis 2001 um 1,7 Jahre früher auf.

Am Ende dieser Zeitspanne lag sie im Mittel zwischen 11,9 und 12,4 Jahren. Obwohl nach Hochrechnungen und Schätzungen seit 1860 bei Mädchen die erste Menstruation ebenfalls um mehrere Jahre eher auftritt, verglichen mit Beginn der Erhebungen gegen Ende des 19. Jahrhunderts, zeigt sich bei Jungen eine stärkere Verfrühung der Geschlechtsreife als bei Mädchen.

In zeitlicher Nähe dazu – etwa 14 Tage – kommt es anschließend zu einer ersten Ejakulation im Sinne von „Samenerguss“ (Ejakularche), entweder bei einem durch sexuelle Aktivität bewusst ausgelösten Orgasmus oder bei einer ersten Pollution (Polluarche). Damit hat die Geschlechtsreifung ihren Zielpunkt, die „Geschlechtsreife“ erreicht.

Mit der Funktionslust ist wegen der synchronen zentralen Steuerung durch die Hypophyse auch der psychische Bestandteil der Fähigkeit zur Wahl und Akzeptanz von Partnern geregelt und ebenso wie die Fertilität vorhanden.

Anfänglich enthält das Ejakulat nur wenige Spermien mit zumeist geringer Qualität, so dass die Fruchtbarkeit zunächst deutlich vermindert, aber nicht völlig ausgeschlossen ist.

Wenn im Durchschnitt mit etwa 13 Jahren das Körperwachstum auf dem Höhepunkt angelangt ist, sind die Vergrößerung von Hoden und Penis fast vollständig abgeschlossen. Die ersten Schamhaare zeichnen sich als Haargrenzen nach der Spermarche ab (Tannerstadium 2).

Nach Ende der Pubertät steigert sich außerdem der erhöhte Testosteronspiegel bei männlichen Heranwachsenden mit seiner anabolisierenden Wirkung zusammen mit Somatropin, den Schilddrüsenhormonen und Insulin das Knochenwachstum bis zu der genetisch festgelegten Extremwert, in dem dann die Epiphysenfugen geschlossen werden und damit auch das Längenwachstum beendet wird.

In der Pubertät steigern die Hoden andererseits auch die Östrogenproduktion und -ausschüttung, die allerdings im Vergleich zur Testosteronproduktion wie auch schon vor der Pubertät deutlich geringer ausfällt. Bei etwa 50 % der Jungen kann im Verlauf der Pubertät ein in aller Regel vorübergehendes und meist schmerzloses Anschwellen der Brust auftreten.

Lange Zeit glaubte man, dass diese Pubertätsgynäkomastie durch die erhöhte Östrogenbildung und eine dadurch bedingte Verschiebung des Östrogen/Testosteron-Verhältnisses in Richtung Östrogen verursacht ist.

Folgende Tabelle gibt an, wann die einzelnen Veränderungen stattfinden:

Veränderung Zeitraum
Hodenwachstum 9.–14. Lebensjahr
Erster Erguss ohne Samen (nicht zwingend) 10.–12,5 Lebensjahr
Peniswachstum 10.–14. Lebensjahr
Erste Schambehaarung 9,5.–12,9 Lebensjahr
Erster pubertärer Längenwachstumsschub 11.–14. Lebensjahr
Erste Achselbehaarung etwa 12.–14. Lebensjahr
Oberlippenflaum und Stimmbruch 12.–15. Lebensjahr
Erste Samenzellen (Spermarche) im Durchschnitt mit 9,14–12,9 Jahren
Erster Samenerguss 13 nach dem Zeitpunkt der Spermarche
Akne (nicht zwingend) 14.–21. Lebensjahr
Ende des Längenwachstums 15.–21. Lebensjahr

Mädchen

Über eine Mehrproduktion der hypothalamischen Gonadotropin releasing Hormone und der Gonadotropine FSH und LH setzt sich auch während der Pubertät bei Mädchen die gesteigerte Produktion und Ausschüttung von Östrogenen in den Eierstöcken fort. Die Wirkung dieser Östrogene bestimmen zum wesentlichen Teil die folgende Pubertätsentwicklung.

Sie sind zu Beginn für die Fortführung der Brustentwicklung verantwortlich und fördern das allgemeine Wachstum der Milchdrüsen (Mamma, -ae; lat. Glandula mammaria, 3) – und damit auch die Brustvergrößerung – zugleich auch eine allmähliche, differenzierende Weiterentwicklung dieser Drüsen.

Außerdem verstärkt sich die Entwicklung der insgesamt typisch weiblichen Körperform mit zugehöriger Fettverteilung (hier an der Brust: 7).

Allerdings schließen diese gesteigerten Östrogenkonzentrationen dann im Verlauf der Pubertät bei Mädchen auch die Epiphysenfugen und beenden damit das Längenwachstum.

Außerdem wird von den Östrogenen auch die relativ glatte Begrenzung der Schambehaarung verursacht.

Auch die Vulva verändert sich im Laufe der Pubertät deutlich, da das äußere Genitale ebenfalls auf Geschlechtshormone reagiert. Die Hautfarbe wandelt sich, und die Strukturen der Vulva werden größer und ausgeprägter. Diese Entwicklung betrifft die Klitoris (5) und die inneren (Labia minora pudendi) und äußeren Schamlippen (Labia majora pudendi), ganz besonders jedoch die hormonsensible Haut der Vagina und deren Vorhof.

Die Menarche (erste Menstruation) tritt erst auf dem Höhepunkt des Körperwachstums auf, wenn der Körper des Mädchens groß genug ist, ein Kind auszutragen. Dabei hat allerdings zuvor noch keine Ovulation stattgefunden, weshalb eine solche Blutung auch als „Abbruchblutung“, und ein derartiger Zyklus als „anovulatorischer Zyklus“ bezeichnet wird.

Erst nach einigen weiteren, unregelmäßigen Blutungen dieser Art, kommt es zur ersten Ovulation (Ovularche) und anschließend auch zu einer ersten echten Menstruation.

Die im Vergleich zu der Östrogenproduktion wesentlich geringere Herstellung und Ausschüttung von Androgenen in den Nebennieren der Mädchen setzt sich in der Pubertät fort, regt das Längenwachstum und das Ausbilden der Schamhaare an und ist später auch für das Auftreten der Achselbehaarung und gegebenenfalls weiterer Körperbehaarung verantwortlich.

Die Entwicklung der Brüste, der Scham- und Achselhaare ist meist am Ende der Pubertät abgeschlossen.

Folgende Tabelle gibt an, wann die einzelnen Veränderungen stattfinden:

Veränderung Zeitraum
Erste Schambehaarung 8.–13. Lebensjahr
Erster pubertärer Wachstumsschub 8.–15. Lebensjahr
Wachstumsbeginn von Scheide und Gebärmutter 9.–13. Lebensjahr
Beginn der Brustentwicklung 9.–16. Lebensjahr
Die erste Monatsblutung (Menarche) 10.–16.

Psychische und soziale Veränderungen

Die Pubertät ist eine schwierige Zeit, für Teenager und auch für Sie als Eltern. Sie können sie jedoch positiv mitgestalten.

Wann es mit der Pubertät genau losgeht, ist sehr verschieden. Bei frühentwickelten Kindern sind schon erste Veränderungen spürbar, bevor sie zehn Jahre alt sind. Die Pubertät kann aber auch erst mit 15 bis 16 Jahren einsetzen.

In der Vorpubertät sind erste Anzeichen wie unabhängigeres Verhalten, Wachstumsschübe oder Hautveränderungen zu erkennen. In dieser Zeit können «schwierige» Themen (zum Beispiel Liebe und Sexualität), sowie Ängste und Unsicherheiten noch sehr gut besprochen werden. Genießen Sie gemeinsame Momente und Erlebnisse ganz bewusst!

Die «eigentliche» Pubertät beginnt bei den Mädchen mit dem Einsetzen der ersten Menstruation und bei den Jungen mit dem Eintreten des ersten Samenergusses. Teenager kämpfen in dieser stürmischen Zeit nicht nur mit den körperlichen und seelischen Veränderungen. Sie werden auch mit den steigenden Leistungserwartungen von außen konfrontiert.

Von der Nachpubertät wird ungefähr ab 17 Jahren gesprochen. Sie kann bis zum 25. Lebensjahr andauern. Teenager werden einerseits geradezu von Hormonen überschwemmt. Andererseits verändert sich das Gehirn in der Pubertät stark.

Anfangs suchen Teenager noch die Nähe der Eltern, gehen aber immer mehr auf Distanz. Die Ablösung von den Eltern ist eine wichtige Aufgabe für Jugendliche. Vielleicht macht Sie das als Mutter oder Vater traurig. Stimmungsschwankungen sind unangenehm für Eltern, plagen aber auch die Jugendlichen.

Sie können ihre Gefühle kaum steuern und reagieren deshalb empfindlich und aufbrausend. Das ist nicht, weil Ihr Kind Sie als Eltern nicht mehr respektiert und liebt, sondern ist eine natürliche Entwicklung.

Chillen und Abhängen können zur Lieblingsbeschäftigung werden. Geht es um Entscheidungen für die schulische und berufliche Zukunft, kann es nötig sein, dass Sie Ihren Teenager vorübergehend mit klaren Abmachungen auf Touren bringen. Bleiben Sie hartnäckig, aber bieten Sie auch Ihre Unterstützung an.

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